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Geburtsvorbereitungskurs: Was der Kurs dir bietet

Oft als Hechelkurs belächelt bietet ein Geburtsvorbereitungskurs viel mehr als nur Atemübungen.

In diesem Artikel:

Das sagen Eltern

Was hat euch ein Geburtsvorbereitungskurs gebracht?

Bild: privat

 

Sarah hat mit ihrem Mann einen achtwöchigen Geburtsvorbereitungskurs im Krankenhaus besucht.

Sarah: „Im Nachhinein betrachtet haben wir besonders vom Kontakt zu anderen Paaren in der gleichen Situation profitiert. Wir treffen uns immer noch regelmäßig. Der Austausch war mir sehr wichtig, weil in unserem Freundeskreis zu der Zeit noch niemand Kinder hatte.
Weil wir uns in der Kurszeit nur auf die Ankunft unserer Tochter konzentrieren konnten – was sonst im hektischen Alltag oft zu kurz kam –, konnte mein Mann mehr an der Schwangerschaft teilhaben. Außerdem wusste er danach, was ihn bei der Geburt erwartet und wie er mich unterstützen kann.
Ich hätte mir allerdings gewünscht, noch etwas über die erste Zeit nach der Geburt zu erfahren: Wie ist der Start mit Baby? Das war dann doch ein Sprung ins kalte Wasser. Von einem Kind, das die ersten Wochen starke Anpassungsprobleme hat und fast ständig schrie, von einem schwierigen Stillstart, Milchstau und Clusterfeeding hatte ich noch nie gehört.“

Bild: privat

 

Judith und Daniel haben an einem Wochenend-Geburtsvorbereitungskurs für Paare in ihrer Wunschklinik teilgenommen.

Judith: „Atemübungen standen weniger im Vordergrund, aber das war auch nicht das, was ich wollte. Es ging mir mehr darum zu erfahren, welche Möglichkeiten bestehen, Schmerzen zu lindern und auch, welche Geburtspositionen es gibt – und darauf bekam ich Antworten.
Das allergrößte Glück aber war, dass der Kurs mir fünf wunderbare Freundinnen beschert hat. Gerade in der Zeit nach der Geburt haben wir uns gegenseitig unheimlich viel geholfen und ausgetauscht. Ich wüsste wirklich nicht, was ich ohne diesen Austausch gemacht hätte.“
Daniel: „Das Fachwissen war für mich nicht so relevant, vielmehr wollte ich wissen, wie ich Judith während der Geburt helfen kann, damit es ihr gut geht. Mich hat der Kurs einfach beruhigt. Denn es gab vorher doch schon Unsicherheiten, die durch dieses Gefühl, vorbereitet zu sein, dann ein Stück weit aufgelöst wurden. Und wie Judith schon sagte: Der Kontakt, den wir zu den anderen Paaren hatten, war einfach toll. Zum einen war der Austausch für uns – vor allem aber für Judith wichtig –, aber auch unsere Kinder haben so ihre ersten Spielkameraden gefunden.“

Bild: privat

 

Nadine und ihr Partner besuchten beim ersten Kind einen Geburtsvorbereitungskurs im Krankenhaus. Beim zweiten entschieden sie sich für einen Kurs im Geburtshaus, da sie  eine Hausgeburt geplant hatten.

Nadine: „Beim ersten Kurs, der über sieben Wochen ging, war es gut, mal einen groben Eindruck zu bekommen, was da auf uns zukommt. Außerdem haben wir uns auch den Kreißsaal angeschaut und konnten verschiedenes, wie beispielsweise einen Gebärhocker oder ein Seil zum Daranhängen, ausprobieren. Einfach um rauszufinden, wie sich das anfühlt. Das hat mir ein bisschen die Angst genommen.
Beim zweiten Kind haben wir dann einen Wochenendkurs im Geburtshaus besucht. Das war wichtig, weil es bei einer Hausgeburt ja dann doch noch mal um andere Dinge geht. Der Kurs war vor allem dazu gut, um uns auch gedanklich mehr auf das zweite Kind einstimmen zu können. Insgesamt ging es mehr um die Intuition von Mutter und Kind, weshalb dieser Kurs vielleicht etwas ganzheitlicher war als der erste.“

Geburtsvorbereitungskurs: Antworten auf Fragen rund um die Geburt

Wie ist das bei dir? Gehörst du zu den Müttern, die sich sogleich nach dem positiven Schwangerschaftstest mit Stapeln an Fachliteratur für die nächsten Jahre eindecken? Es kaum abwarten können auf Shoppingtour für die Erstausstattung zu gehen? Oder siehst du dem Ganzen eher gelassen entgegen und lässt gern alles auf dich zukommen nach dem Motto „Keine Panik, es ist doch etwas ganz Natürliches und Millionen Frauen haben schon vor mir Kinder bekommen“?

Wie auch immer: Früher oder später kommen die meisten Schwangeren – und mit ihnen die werdenden Väter – an den Punkt, an dem sich unter die Vorfreude Fragen, Sorgen und Bedenken mischen: Wie fühlen sich Wehen an? Wann ist der richtige Zeitpunkt, um ins Krankenhaus zu fahren? Was ist, wenn etwas nicht so läuft wie geplant? Wie geht das mit dem Stillen? Wie kann ich meine Partnerin unter der Geburt unterstützen?

Auch Judith und Daniel spukten viele Fragen im Kopf rum und Unsicherheit machte sich breit. Genau das war die Motivation, gemeinsam einen Geburtsvorbereitungskurs zu besuchen. „Ich wollte mich informieren und Antworten auf meine Fragen bekommen“, erklärt Judith. Und hat der Kurs ihre Erwartungen erfüllt? „Auf jeden Fall. Ich bin mit dem Gefühl herausgegangen, gut vorbereitet zu sein. Und vor allem hat mich der Kurs beruhigt.“ Ihrem Mann Daniel hat der Kurs Sicherheit gegeben: „Zu wissen, wie ich Judith unterstützen und helfen kann, das war mir am wichtigsten.“

Vor allem aber sollte der Kurs, so Hebamme Juliana Unckel, die in der Hebammerei Hannover selbst Geburtsvorbereitungskurse leitet, den Eltern helfen, sich mental und körperlich auf eine Geburt einzulassen.

Darum geht´s im Geburtsvorbereitungskurs

  • Informationen rund um die Geburt: Welche Geburtsphasen gibt es? Wie läuft eine Geburt ab? Wer ist dabei? Was passiert beim Kaiserschnitt? Wie kann man Schmerzen lindern?
  • Atemübungen: So können Schmerzen gelindert und der Fortgang positiv beeinflusst werden.
  • Entspannungstechniken: Gebären heißt auch loslassen und entspannen.
  • Übungen: Diese helfen den besonders beanspruchten Beckenboden und Rücken beweglich zu halten.
  • Massagetechniken: Dank ihnen kann der Mann seiner Partnerin Erleichterung verschaffen sowohl in der Schwangerschaft als auch beim Wehenschmerz während der Geburt.
  • Austausch: Auch Fragen und Gespräche über Ängste gehören dazu. So merken die Paare, dass sie nicht allein sind mit ihren Sorgen und bereiten sich mental auf die Geburt, aber auch auf das Elternsein vor.

Welcher Kurs passt zu dir?

Geburtsvorbereitungskurse gibt es in vielen Variationen. Welches Format passt am besten zu deiner bzw. eurer Situation? Ein Geburtsvorbereitungskurs für Paare, bei dem dein Partner bei jedem Termin dabei ist? Oder ein Geburtsvorbereitungskurs für Frauen, an dem dein Partner nicht oder nur zu bestimmten Themen teilnimmt?

Bei Geburtsvorbereitungskursen für Paare gibt es häufig auch ein Element, in dem sich die Männer und Frauen kurz trennen und in der Gruppe die Themen besprechen, die für ihre jeweilige Rolle im Geburtsprozess wichtig sind. So können sich die Männer zum Beispiel mit den anderen Vätern über ihre Gedanken und Gefühle bezüglich der Geburt austauschen, während die Frauen Raum finden, um über körperliche Veränderungen und Ängste zu sprechen. „Nicht jede Frau möchte im großen Kreis Themen wie Beckenbodenübungen und Darmentleerungen besprechen. Im kleinen Kreis der Frauen kommen dann solche Fragen eher auf“, weiß Hebamme Juliana Unckel.

Hebamme früh suchen

Positiver Schwangerschaftstest? Herzlichen Glückwunsch! Unser Rat: Begib dich möglichst bald auf Hebammensuche, denn angesichts des zunehmenden Hebammenmangels kann es etwas dauern, bis du die Hebamme deines Vertrauens gefunden hast.

Es empfiehlt sich, sich frühzeitig über die Kursangebote zu informieren und anzumelden, denn oft sind solche Kurse früh ausgebucht, gerade in Ballungszentren. Spätestens aber bis zur 20. Schwangerschaftswoche, denn der Kursbeginn sollte zwischen der 25. und 30. Schwangerschaftswoche liegen. Ein klassischer Geburtsvorbereitungskurs findet einmal die Woche in den frühen Abendstunden statt und geht über circa acht Wochen. Wer im Alltag sehr eingebunden ist, kann auch einen Kompakt-Wochenendkurs besuchen. Anbieter sind Geburts- und Krankenhäuser, Hebammenpraxen, Volkshochschulen und Familienbildungsstätten. Die Kosten werden in der Regel von der Krankenkasse übernommen, sofern der Kurs von einer Hebamme geleitet wird. Ob auch der Beitrag des Vaters übernommen wird, hängt von der jeweiligen Krankenversicherung ab.

Individuelle Situation berücksichtigen

Wenn du besonders jung Mutter wirst, Zwillinge erwartest, als Alleinerziehende dein Baby begrüßt oder schon das zweite oder dritte Kind erwartest, kann es sich lohnen, nach einem Kurs zu suchen, der auf diese besonderen Voraussetzungen zugeschnitten ist. So stellst du nicht nur sicher, dass auch die für dich relevanten Themen behandelt werden, sondern hast zudem den Vorteil, dass du andere Schwangere triffst, die sich in einer ähnlichen Lebenssituation befinden.

Immer prominenter wird die Beteiligung der Väter an der Geburtsvorbereitung – die Nachfrage nach reinen Männerkursen steigt. Um die Rolle des Vaters rund um die Geburt und in der neuen Familiensituation zu stärken, gibt es heute auch Kurse, die ausschließlich für Väter konzipiert sind. Um die Frau im Geburtsprozess optimal zu unterstützen und ein starker Partner zu sein, kann es helfen, Sorgen, Ängste und Fragen in einem speziell für Männer ausgerichteten Kurs zu besprechen.

Doch unabhängig davon, für welchen Kurs du dich entscheidest: Wichtig ist am Ende, dass ihr – dein Partner und du – euch gut auf die Geburt vorbereitet fühlt und an Sicherheit gewonnen habt, um stark und voller Optimismus in das Abenteuer Geburt zu starten.

Unsere Expertin

Bild: ©Lutz Beyer

Hebamme Juliana Unckel ist Mitinhaberin der Hebammerei Hannover.

Ihre Motivation: Eltern in ihrer Intuition stärken.

Experten-Interview:
"Auf die Geburt einlassen"

kidsgo: Warum empfehlen Sie Eltern, einen Geburtsvorbereitungskurs zu besuchen?
Unckel: Eltern bekommen in den Kursen ein Grundverständnis und nützliche Informationen für das natürliche und physiologische Geschehen in der Schwangerschaft und vor allem während der Geburt, aber auch für die ersten Wochen danach. Außerdem schaffen sie sich so Zeit und Raum für den Austausch und Kontakt unter Frauen beziehungsweise Paaren in einer ähnlichen Lebenssituation. Sowohl den Müttern, aber auch den Vätern kann die Zeit des Kurses aber in erster Linie dazu dienen, sich mental und körperlich auf das Erleben und Geschehen der Geburt einzulassen.

Was leistet ein guter Geburtsvorbereitungskurs auf mentaler Ebene?
Die Ängste und Sorgen zu nehmen, durch eine gute Aufklärung über die normalen und gesunden Abläufe einer Geburt. Außerdem kann es auch sinnvoll sein, sich seiner eigenen Wünsche und Vorstellungen bewusster zu werden, sie zu äußern und auch einzufordern. In Kursen werden dazu zum Beispiel Geburtspläne geschrieben und die Frauen kommen mit dem Partner oder der Person, die sie zur Geburt begleitet, ins Gespräch.

Ist es wichtig, dass der Partner im Kurs dabei ist?
Das ganz klar zu beantworten finde ich schwierig. Denn das hängt ja in der Tat von der Partnerschaft ab und sollte auch im besten Fall unter den Paaren gut besprochen sein. Grundsätzlich bevorzuge ich Paarkurse und leite diese auch schon viele Jahre.  Aber auch von Kolleginnen, die Frauenkurse leiten, weiß ich, dass die Frauengruppen auch andere und interessante Gesprächsverläufe erfahren und besonders intimere Fragen einen geschützten Raum finden, um professionell beantwortet zu werden. Letztlich profitiert ein guter Geburtsvorbereitungskurs auch von der Gruppendynamik und der Atmosphäre, die alle Kursteilnehmerinnen und -teilnehmer ausstrahlen.

Was macht einen guten Geburtsvorbereitungskurs aus?
Natürlich sollte eine motivierte und erfahrene Hebamme den Kurs leiten und Spaß und Freude am Kurs haben und somit auch die werdenden Mütter und Begleitpersonen inspirieren. Auch die Gruppendynamik ist entscheidend. Manchmal unterscheiden sich die Erwartungen und Ansprüche an den Kurs sehr stark. Die verschieden Menschen mit ihren Wünschen und Vorstellungen, Sorgen und Gefühlen um die Geburt gleichermaßen gut mit Informationen, Anregungen und Übungen zufriedenzustellen ist eine der Herausforderungen für die leitende Hebamme. Das sollte aber prinzipiell möglich sein.

Frau Unckel, haben Sie vielen Dank für das Gespräch!

Buchtipp

Deine selbstbestimmte Geburt im Krankenhaus
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