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Zyklus-Hormone: Auf diese Hormone kommt es beim Kinderwunsch an

Ein Gleichgewicht der Hormone ist eine der wichtigsten Voraussetzungen dafür, dass es mit dem Kinderwunsch klappt. Umgekehrt können Störungen des Hormonhaushalts die Fruchtbarkeit beeinträchtigen. Ein Experte erklärt, wie hormonelle Dysbalancen entstehen und was man dagegen tun kann.

In diesem Artikel:

Welche Zyklus-Hormone gibt es?

Thomas Strowitzki

Prof. Dr. Thomas Strowitzki

Ärztlicher Direktor der Abteilung Gynäkologische Endokrinologie und Fertilitätsstörungen, Frauenklinik in Heidelberg

Die bekanntesten weiblichen Sexualhormone sind die Östrogene. In der ersten Zyklushälfte bilden die im Eierstock heranreifenden Follikel das Östrogen Östradiol, während der zweiten Hälfte des Zyklus wird es vom Gelbkörper produziert. Östradiol spielt eine wichtige Rolle bei der Eireifung und fördert den Aufbau der Gebärmutterschleimhaut, wodurch diese auf die Einnistung einer befruchteten Eizelle vorbereitet wird. „Doch an einem regelmäßigen Zyklus ist noch eine Reihe weiterer Hormone beteiligt“, sagt Thomas Strowitzki, Leiter der gynäkologischen Endokrinologie am Universitätsklinikum Heidelberg. „Eine wichtige Rolle spielt hierbei zum Beispiel das GnRH (Gonadotropin-Releasing-Hormon), das im Mittelhirn gebildet wird und die Ausschüttung von LH (luteinisierendes Hormon) und FSH (follikelstimulierendes Hormon) anregt. Das FSH regt die Reifung der Follikel an, das LH schießt in der Zyklusmitte hoch und löst den Eisprung aus und leitet die Bildung des Gelbkörpers ein.“

Den Spiegel an GnRH zu bestimmen ist aber nicht möglich, denn er unterliegt zu hohen Schwankungen, sagt der Hormonexperte: „Das GnRH kann man nicht messen: Es hat nur eine geringe Halbwertszeit und wird alle 90 Minuten neu ausgeschüttet.“ Indirekt lasse sich aber aus den Spiegeln von LH und FSH ableiten, ob die Ausschüttung von GnRH funktioniert: „Die Werte von LH und FSH in den ersten drei bis fünf Zyklustagen sind ein prima Marker für die Funktion des Zyklus.“

Hormonelle Störungen mindern Fruchtbarkeit

Ein regelmäßiger Zyklus mit Eisprung und Empfängnisbereitschaft kommt durch ein kompliziertes Wechselspiel der Hormone zustande. Wenn es auch dem Gleichgewicht gerät, kann dies einer Schwangerschaft im Wege stehen.

Zyklus-Hormone im Ungleichgewicht durch Schilddrüsen-Funktionsstörungen

Gestört werden kann die Balance zum Beispiel durch eine Über- oder Unterfunktion der Schilddrüse, so Strowitzki. Werden zu viele oder zu wenige Schilddrüsenhormone produziert, kann das Unregelmäßigkeiten im Zyklus auslösen und die Fruchtbarkeit vermindern. „Eine Unterfunktion der Schilddrüse wirkt sich dabei stärker negativ als eine Überfunktion aus“, sagt der Experte. Sowohl eine Unter- als auch eine Überfunktion der Schilddrüse können aber mit Medikamenten behandelt werden, wodurch die Chancen auf eine Schwangerschaft steigen können.

Erhöhter Prolaktin-Spiegel kann zum Ausbleiben der Regel führen

Wenn die Regel ausbleibt oder unregelmäßig ist, könne das auch an einer zu starken Ausschüttung des Hormons Prolaktin liegen. „Ursache kann in diesen Fällen ein gutartiger Tumor der Hirnanhangsdrüse sein, der sich meist gut behandeln lässt. Auch Medikamente oder Stress können den Prolaktin-Spiegel in die Höhe treiben.“

PCO-Syndrom als Grund für Hormonstörungen

Eine häufige Hormonstörung bei Frauen, die zu verminderter Fruchtbarkeit führt, sei zudem das polyzystische Ovar-Syndrom (PCO-Syndrom). Hierbei weisen die Eierstöcke eine besonders große Anzahl kleiner Eibläschen (Follikel) auf. Beim PCO-Syndrom stehen die Produktion von LH und FSH im Ungleichgewicht: Es wird im Verhältnis zu viel LH gebildet. In der Folge werden zwar viele neue kleine Follikel gebildet, die aber seltener ausreifen und zudem vermehrt das männliche Sexualhormon Testosteron produzieren. Das PCO geht oft mit Übergewicht einher und kann sich daher durch eine Ernährungsumstellung und Gewichtsverlust verbessern.

Starkes Übergewicht und Untergewicht beeinflussen Fruchtbarkeit

Starkes Übergewicht kann sich insgesamt ungünstig auf die Balance der Hormone und letztendlich die Fruchtbarkeit auswirken, sagt Strowitzki. „So kommt es bei einem BMI über 35 häufig zu Insulinresistenzen: Es wird zu viel Insulin gebildet, was wiederum die Bildung männlicher Hormone stimuliert.“ Behandelt werden kann die Insulinresistenz durch Bewegung, eine Diät oder Medikamente. Genauso schlecht wie Übergewicht sei allerdings Untergewicht: „Evolutionär bedingt ist der weibliche Körper auf einen Körperfettanteil von etwa 21 Prozent ausgelegt. Er bildet damit eine Energiereserve für den Fall eine Schwangerschaft.“ Fehlt eine Reserve, werde der Zyklus auf Sparflamme heruntergefahren – der Körper ist dann nicht für eine Empfängnis bereit.

Bekannt sind Zyklusstörungen oder eine ausbleibende Periode daher auch bei Ausdauersportlerinnen: „Wenn bei hoher Trainingsbelastung nicht ausreichend Energie zugeführt wird, wird nicht im richtigen Takt GnRH ausgeschüttet und der Eisprung kann ausbleiben“, sagt Strowitzki.

Hormonbestimmungen der "Fruchtbarkeitsreserve"

Auch wenn keine hormonellen Störfaktoren vorliegen, erreicht jede Frau irgendwann das Ende ihrer Fruchtbarkeit, weil ihre Eizellreserve aufgebraucht ist. „Das Alter ist damit der wichtigste Faktor für die Fruchtbarkeit“, so der Experte. Es lasse sich im Einzelfall auch nicht vorhersagen, wann eine Frau in die Wechseljahre kommt – obwohl teilweise Tests zur Bestimmung der „Fruchtbarkeitsreserve“ angeboten werden. Diese basieren in der Regel auf einer Messung des Anti-Müller-Hormons (AMH) und weiterer Hormone. Das AMH wird in kleinen, noch nicht ausgereiften Follikeln gebildet. „Ein niedriger AMH-Wert bedeutet, dass es nur noch eine niedrige Follikelreserve gibt. Er sagt aber nichts über den Zustand der Follikel aus, die Wechseljahre lassen sich damit nicht vorhersagen.“

Das bedeutet: Selbst eine Frau, auf deren Ovarien sich noch viele unreife Follikel befinden, wird nicht mehr ohne weiteres schwanger, wenn diese Follikel aufgrund ihres Alters eine schlechte Qualität haben. Umgekehrt kann eine Frau nur wenige Follikel haben, die aber von guter Qualität sind, so dass eine höhere Wahrscheinlichkeit für eine Befruchtung besteht. Eine exakte Prognose ist durch solche Hormonbestimmungen nicht möglich, das wäre Hokuspokus“, sagt Strowitzki.

Hormonbehandlungen zur Verlängerung der Fruchtbarkeit

Der Abbau der Eizellreserve lasse sich nicht aufhalten, auch wenn inzwischen bestimmte Nahrungsergänzungsmittel damit beworben werden. So wird im Internet und auch von manchen Ärzten die Substanz Pregnenolon damit beworben, sie könne die Funktion der Eierstöcke bei Frauen verbessern oder länger erhalten.

Pregnenolon kommt im Körper natürlicherweise vor und ist ein sogenanntes Vorhormon, erklärt Strowitzki: Die Ausgangsstufe sämtlicher Steroidhormone, zu denen auch die Geschlechtshormone gehören. Das Pregnenolon selbst habe nur eine schwache Wirkung, es muss vom Körper erst in andere Hormone umgewandelt werden. „Ich kenne keine einzige wissenschaftliche Studie, die eine furchtbarkeitserhaltende Wirkung für Pregnenolon belegen würde“, sagt Strowitzki.

Die verwandte Substanz DHEA habe in einer Studie tatsächlich die Eierstöcke anregen können. Strowitzki selbst hat schon versucht, es zur Stimulierung in künstlichen Befruchtungszyklen einzusetzen. Es sei aber schwer zu sagen, ob Behandlungserfolge darauf zurückzuführen seien: So verlaufe eine Eierstockschwäche oft wellenförmig, so dass es auch Zufall sein kann.

In jedem Fall sei eine Hormonbehandlung nur unter ärztliche Begleitung durchzuführen – auch wenn DHEA und Pregnenolon über das Internet erhältlich sind.

Ein Wundermittel, das den Lauf der Zeit aufhalten kann, gebe es zudem nicht, so der Experte. „Das einzige, was Frauen selbst für den möglichst langen Erhalt ihrer Fruchtbarkeit tun können, ist eine insgesamt gesunde Lebensweise, und Rauchen und Alkohol und Schadstoffe zu meiden. Und den Faktor Zeit nicht vergessen den Kinderwunsch in einer stabilen Partnerschaft also nicht zu lange aufschieben.“