Unsere Expertin
Sandra Runge ist selbstständige Rechtsanwältin, Bloggerin und Autorin aus Berlin. Als man ihr am ersten Tag nach der Elternzeit netterweise die Kündigung überreichte, wurde ihr klar: (Werdende) Eltern benötigen dringend Hilfe, sowohl gegenüber fiesen Arbeitgebern als auch im undurchsichtigen Paragrafen- und Behördendschungel. Daraufhin spezialisierte sie sich auf das Thema Elternrechte und schrieb den Eltern-Rechtsratgeber „Don’t worry, be Mami“. 2016 gründete sie Coworking Toddler, Deutschlands erste Kita mit Coworking Space.“ Der Blog von Sandra Runge über Mama-Rechte: www.smart-mama.de
Zwischenzeugnis vor Mutterschutz: Spart Zeit und Nerven
„Es tut uns außerordentlich leid, wir können Sie jedoch nicht weiter beschäftigen“ – mit diesen Worten wurde Rechtsanwältin und zweifache Mama Sandra Runge empfangen, als sie ein Jahr nach der Geburt ihres Sohnes Nick an ihren Arbeitsplatz zurückkehren wollte. Der Schock saß tief. „Mein Chef teilte es mir gleich am ersten Arbeitstag nach der Elternzeit mit. Zum Glück hatte ich mir bereits vor dem Mutterschutz ein Zwischenzeugnis ausstellen lassen und konnte mich daher nun sofort neu bewerben.“ Der Zeitfaktor ist für sie ein wesentlicher Grund: Zwischen einer Kündigung und der endgültigen Aufhebung des Arbeitsvertrags liegen mitunter Wochen oder Monate, manchmal kommt es sogar zu einer Klage. Bis das Zeugnis geschrieben ist, vergeht auch etwas Zeit. Und dann kann es auch noch passieren, dass man mit den Inhalten nicht einverstanden ist, womöglich noch rechtlich dagegen vorgehen muss. „In meinem Fall traf einiges hiervon zu, daher war es für mich total super, weil ich alles schon hatte, als ich von der Kündigung erfuhr“, erinnert sich die Juristin.
Viele Gründe für ein Zwischenzeugnis
Sandra Runge nennt noch weitere Gründe, sich vor dem Mutterschutz ums Zeugnis zu kümmern: „Viele Mütter oder Väter orientieren sich während der Elternzeit neu und benötigen dann vielleicht kurzfristig ein Zwischenzeugnis. Selbst wenn man im Betrieb bleibt, kann es als interner Nachweis oder bei Rechtsstreitigkeiten hilfreich sein, weil es vieles dokumentiert. Ein häufiger Streitpunkt ist zum Beispiel, dass jemand beim Wiedereinstieg plötzlich ganz woanders eingesetzt wird. Das ist nicht unbedingt immer rechtmäßig.
Buchtipp
Dont worry, be Mami
Elterngeld, Mutterschutzgesetz, Elternzeit, Wiedereinstieg oder Sorgerecht: Rechtsanwältin und Zweifachmama Sandra Runge versteht es – ganz ohne juristisches Kauderwelsch, dafür mit vielen Beispielen – die rechtliche Lage zu erklären. Sie gibt Eltern unverzichtbare Tipps, um sie vor juristischen Fallgruben zu bewahren. Ein Buch, das Eltern den Start erleichtert und Zeit schenkt, um sich den wichtigen Dingen des Lebens zu widmen: dem eigenen Kind.
Sandra Runge, Dont worry, be Mami. Juristisches Know-how rund um die Schwangerschaft, Geburt und Elternsein, Blanvalet 2017, 12,99 Euro, ISBN 978-3-7645-0576-9
Da kann es sich als wertvoll erweisen, wenn man die Aufgaben und die Position, die man im Unternehmen zuvor hatte, im Zeugnis nachweisen kann.“ Auch könnten während einer längeren Abwesenheit Vorgesetzte wechseln und der neue Chef kennt die eigenen vorherigen Aufgaben und Fähigkeiten nicht gut genug, um ein Zeugnis zu verfassen. „Oder aber es ist nach der Babypause keiner mehr da, der ein Zeugnis unterschreiben könnte, weil der Arbeitgeber wegen Insolvenz nicht mehr existiert“, ergänzt Sandra Runge. „Dann klafft auf einmal ein unschönes Loch in den Bewerbungsunterlagen.“
Hast du ein Recht auf ein Zwischenzeugnis?
Zwar gibt es kein Gesetz, dass eindeutig einen grundsätzlichen Anspruch auf ein Zwischenzeugnis regelt, doch in der Rechtsprechung und Rechtsliteratur sind Rahmenbedingungen festgelegt. Voraussetzung ist demnach ein besonderes berechtigtes Interesse an solch einem Nachweis. „Mamas haben Glück: Persönliche Veränderungen und längere Arbeitsunterbrechungen gelten als eine der wenigen Sonderfälle bei denen ein Anspruch auf die Erteilung eines Zwischenzeugnisses bejaht wird“, erläutert die Juristin. „Dazu gehört auch die Elternzeit.“ Sie rät dazu, spätestens zwei bis drei Monate vor Beginn der Mutterschutzfrist das Zeugnis zu beantragen – aber erst, wenn der Chef schon von der Schwangerschaft weiß. „Dann hat man eine gute Begründung. Ansonsten könnte auch der weniger förderliche Eindruck entstehen, dass man sich einen neuen Job sucht.“
Auf korrekte Inhalte und Form achten
Auch auf die korrekten Inhalte und Formalien des Zwischenzeugnisses sollten werdende Mütter oder Väter achten.
Das Zwischenzeugnis
Hinweise zum Inhalt eines Zwischenzeugnisses und Mustervorlagen zum Download gibt es auch unter karrierebibel.de/zwischenzeugnis
„Wichtig ist zum Beispiel, dass es in der Gegenwart geschrieben ist, weil man ja davon ausgeht, dass das Arbeitsverhältnis weiterhin besteht und das es keinen Beendigungszeitpunkt enthält“, sagt Sandra Runge. „Ansonsten unterscheidet sich das Zwischenzeugnis grundsätzlich nicht von einem normalen Arbeitszeugnis. So können sich auch in scheinbar netten Formulierungen abwertende Botschaften verbergen. Im Zweifelsfall sollte man daher das Zeugnis prüfen lassen.“ Zum Thema gibt es auch Einiges an Informationen und Vorlagen im Internet (siehe Infokasten).