über Zukunftspläne, Trubel und Frühjahrsputz
Montag, 20.30 Uhr
Heute war Johann sehr unleidlich. Ich konnte ihn kaum ablegen. Eine Endlosschleife aus Weinen, Trinken, Schimpfen, An-der-Faust-saugen, Schlafen.
Darum komme ich erst jetzt zum Schreiben – heute also mehr Pflicht als Kür. Zum Glück schläft er jetzt. Ganz dicht an mich gekuschelt auf dem Arm durch die Wohnung getragen werden und dabei den Schnuller malträtieren, Johanns Schlafritual.
So, nun das Wichtigste der letzten Tage.
Wir haben einen Kita-Platz ab Januar! Juhu! Die Kita unserer Tochter. Eine Gruppe darunter. Bei einer mir bereits bekannten Erzieherin und einem Erzieher. Wunderbar! Nach der einjährigen Elternzeit werde ich wieder arbeiten gehen. 75 Prozent. Wie nach unserer Tochter. Bange und mit einem in meinem Kopf bereits vollständig ausformulierten Vortrag mit stichhaltigen Argumenten für Johanns Aufnahme machte ich mich am letzten Mittwoch zur Kita-Leitung auf den Weg. Die bereits kontaktierten Tagesmütter hatten mir entweder gar nicht erst geantwortet oder mich auf einen späteren Termin vertröstet, da mitten im Kita- bzw. Betreuungsjahr nicht gern Kinder aufgenommen werden. Im August beginnt das Kita-Jahr. Was somit Eltern machen, die außer der Reihe Kinder einfach im Herbst, Winter oder Frühling bekommen, steht in den Sternen. Verschwitzt und aufgeregt mit einem quengeligen Johann im Tuch wurde mir sofort aufgrund meiner Bewerbung im letzten Sommer (Man kann sich nicht früh genug kümmern) just als ich die ersten Argumente herauskramen wollte, der Kita-Platz für Johann in Aussicht gestellt. Ich kann es immer noch nicht glauben. Noch im Januar mit kugeldickem Bauch wollte sich die Leitung in einem Gespräch mit mir nicht festlegen, so dass Johanns Betreuungsproblem noch wie ein Damoklesschwert über mir schwebte. Hatte ich doch im Schulamt bereits Datum und Arbeitsumfang für 2017 mitgeteilt. Meine Große war sehr aufgeregt, als wir ihr die Neuigkeit mitteilten, wollte aber, dass Johann in ihre Gruppe kommt. Wenn das mal kein gutes Zeichen ist. Mein Mann wird die Eingewöhnung übernehmen. Die Kita ist toll. Ganz klein. Drei Gruppen. Sehr familiär. Und mit einem tollen Konzept. Zwar ist der Hof sehr klein, aber in der Nähe sind schöne Spielplätze vorhanden.
Vielleicht noch kurz zur Erklärung für Nichtberliner: Kita ist die Abkürzung für Kindertagesstätte und umfasst i.d.R. Krippe und Kindergarten. Unsere Kita nimmt um das erste Lebensjahr herum Kinder auf. Hier in Berlin sind, auch wenn alle stöhnen, genügend Kita-Plätze für alle Kinder vorhanden. Die Konzepte variieren, das Eintrittsalter auch. Viele Elterninitiativ-Kitas im Kiez sind heiß gegehrt, aber nicht nach meinem Geschmack. Das Gros der Müttern bleibt hier meist ein - vielleicht auch zwei -Jahre zu Hause. Alles andere ist selten. Unsere Kita, deren Haupthaus 500 Meter entfernt liegt, kämpft mit dem Problem, dass viele Eltern aufgrund ihrer beruflichen Tätigkeiten, ihre Kinder zwar erst zwischen 9.00 und 10.00 Uhr in die Kita bringen, aber es oft nicht pünktlich bis 17.30 Uhr schaffen, sie abzuholen. Unsere Tochter darf morgens auch mit Papa ausschlafen, aber ich hole sie gegen 15.00 Uhr ab. Dann haben wir noch etwas vom Nachmittag. Treffen uns mit anderen Kindern. Entdecken neue Spielplätze.
So habe ich im Babyjahr und durch die Kita neue Bekanntschaften und teilweise auch Freundschaften mit anderen Eltern geschlossen. Da gibt es Kinder in ihrem Alter, die schon an der Tür kreischend und mit den Füßen trampelnd, begrüßt werden. Ein Signal für mich, dass der Nachmittag wieder sehr turbulent verlaufen wird, wir Eltern wieder intervenieren müssen und für einen gemütlichen Kaffeeplausch wenig Zeit bleibt. Nach solchen Nachmittagen sieht ihr Kinderzimmer aus als wäre eine Bombe explodiert, unsere Große kommt nur schwer in den Schlaf, muss sie doch alle Ereignisse des Tages mehrfach erzählen „Und dann hat Paula gekreischt. Dann habe ich auch gekreischt. Und dann war da einen riesengroßen Knall etc……“ An solchen Tagen zerfleischt Johann beim Abendritual fast förmlich seinen Schnuller, bevor ich völlig erschlagen aufs Sofa fallen kann.
Und dann gibt es Kinder (und so auch am letzten Donnerstag), die kommen ganz ruhig nach oben. Unsere Große nimmt sie an die Hand und führt sie in ihr Kinderzimmer, während wir Erwachsenen auf der Couch sitzen, plaudern und nur gelegentlich einen Blick nach ihnen werfen müssen.
Ich habe mir für die kommenden Wochen fest vorgenommen, lieber die letztgenannten Kinder bei Regenwetter einzuladen und die anderen besser auf dem Spielplatz zu treffen. Nette Eltern hin oder her!
Und zu guter Letzt habe ich in einer großen Wochenend-Aufräum-Aktion unsere Kleiderschränke durchforstet, ausgemistet und alte Babysachen sortiert. Einiges kam zum Secondhand, einiges in die Kleidersammlung und für ein paar sehr schöne aber nicht mehr getragene Kleider habe ich einen Kontakt zum nahegelegenen Flüchtlingswohnheim aufgebaut. Ob ich noch ein paar Babysachen aufheben werde, habe ich für mich noch nicht entschieden. „Ja, ja“, sagte mein Mann, „ich sehe dir schon an, was in deinem Kopf so vor sich geht….“ Aber erstmal will ich wieder arbeiten gehen und dann die Familienplanung ggf. ad acta legen oder neu überdenken.
Grüße, Antje
PS: Die „Schonfrist“ für unsere Große habe ich jetzt für beendet erklärt. Nach drei Monaten „Johann- ist- jetzt -da -und –wir- nehmen- ganz-viel- Rücksicht-auf –dich-in-der-neuen-Situation“ fordere ich sie jetzt wieder mehr: allein anziehen, allein aufräumen, allein spielen. Und siehe da, obwohl sie natürlich weiterhin ihre eingeforderten Kuschelzeiten von mir erhält, steht sie jetzt oft blitzschnell für den Spielplatz angezogen an der Tür, während ich Johann und mich noch fertigmache. Kindern kann man schon fast zutrauen.
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