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Unsichtbares Band: Zu Kids + zur Heimat - Baby-Tagebücher von Tanja aus Vöhringen, München und Shenyang

Hautnah. Intensiv. Liebenswert. Folgt hier den Babytagebuch-Bloger:innen und erlebt regelmäßig, wenn frischgebackene Mütter und Väter ihr Leben mit euch teilen. Jede Woche lassen sie euch an ihrer neuen Lebenszeit mit Baby teilhaben und geben ganz persönliche Einblicke: Was hat der Sprössling diese Woche Tolles gelernt? Wie geht es den jungen Eltern mit dem kleinen Knirps? Welche Herausforderungen begegnen den Neu-Mamas und Neu-Papas mit ihrem Neugeborenen? In den Baby-Tagebüchern seid ihr live dabei, von ersten Arztbesuchen bis zu holprigen Gehversuchen. Ob liebenswert chaotisch oder rührend besinnlich: Immer erhaltet ihr einen unverfälschten, authentischen und persönlichen Einblick in das aufregende Leben einer Jungfamilie.

18. Woche

Unsichtbares Band: Zu Kids + zur Heimat

Bei der Qual der Wahl denke ich normalerweise immer an: 2 Hände, 3 Kinder? Jetzt aber Bundestagswahl und Valentinstag

Ein Politiker aus Washington sprach vom Trumptempo. Das bedeutet: „Heute bekommst du eine Aufgabe und morgen wirst du gefragt, warum sie nicht erledigt ist.“ Mir geht’s als Mama auch oft so. Alles geht so wahnsinnig schnell. Die Kids werden so schnell groß, auch wie jetzt vor dem Wochenende, wie ich mir das Wochenende vorstelle, was wir alles tolles in Liebe und Lachen als Familie machen und am Ende heißt es Augen zu, Augen auf Montag.

Und seit mein Alltag selbst hier in Shenyang, von der Weltpolitik noch mehr getrieben wird, von Washington von Moskau von Bornhagen oder Überlingen und Einsiedeln, mei, also da, ich komme nicht mehr mit. Als alles noch einen Tick langsamer ging, hat es mir nicht gut getan, jetzt komme ich gar nicht mehr mit.

Und ich weiß gar nicht, mit was anfangen oder aufhören und da ist so ein 4-monatiger kleiner Dino (andere erinnert das Alter an Schildkröten ;)) einfach das Beste. Ruhe. Sicherheit. Moment. Atmen, einfach gucken, wie die kleine guckt und schaut und macht und tut und lächelt <3

Wie es ist als Deutsche im Ausland zu wählen, wollte ich eigentlich lang und breit erzählen, weil es so spannend war, klappt es: Ob mit oder ohne Wohnsitz, die Unterlagen müssen beantragt werden, rum und num geschickt, zu uns, dann ordentlich gewählt und rechtzeitig wieder ankommen.

5 Tage vor der Wahl sind sie bei uns eingetroffen, wir haben über einen Monat gebibbert, ob es klappt, sind am Dienstagvormittag informiert worden, dass wir Dienstagnachmittag und Mittwochvormittag 2x 2 h Slots bekommen und Mittwoch 11:45 Uhr geht alles per Express nach Deutschland.

Unsere Jüngste war dabei und hat nicht geschrien  Dafür hätte ich beim blauen Ergebnis schreien können und der Konsulatsbeamte hätte auch gern geschrien, weil ich Fotos gemacht habe, aber seine chinesische Harmoniekultur (das unterstelle ich) hat ihm das Schreien nicht erlaubt.

Im Gegensatz zu vielen anderen Deutschen im Ausland gewählt. Vor allem in den USA hat es bei vielen nicht geklappt, was auch daran liegt, dass es sich nicht so easy digital beantragen lässt, wie es in Frankreich möglich ist. Mehr dazu brauche ich ja nicht erzählen, weil die Deutschen im Ausland in der neuen Partei, die den Bundestag knapp verpasst hat, „eine Stimme gefunden haben.“ ;)

So viel zum unsichtbaren Band zur Heimat. Egal wie lange ich weg bin, egal wie anders es ist, egal wie toll es ist. Je weiter, je toller, je mehr merke ich wie Deutsch ich bin, wie stolz ich bin, wie sich über die deutsche Kultur lachen lässt und wie sie sich lieben lässt, also das hat diese Wahl schon echt gezeigt.

Ganz anders und noch stärker als Osmium (stärkstes Material, wenn die Eindringtiefe das Kriterium ist), ist das Band zu den eigenen Kindern. Also bei mir halt. Ich kann da natürlich nicht für alle Eltern sprechen. Durch das Thema Sternenkindern lerne ich, dass trotz Kinderwunsch, nicht alle Menschen, alle ihre Kinder lieben, dass sogar 30 % der Menschen mindestens eines ihrer Kinder betreuen, dass viele gar nicht wissen, dass ihre Windeier, Blutungen, Abgänge oder Fehlgeburten Kinder sind, wie du und ich und Scholz und Merz und Gysi.

Zurück zum Thema, jedenfalls kann ich für mich sprechen und ich glaube auch für unseren Papa. Also diese Elterngefühle halt (die meisten nennen sie Muttergefühle, würde jetzt wieder ewig dauern, warum ich den Begriff für den Wert von Frauen und auch für Männer sinnfrei finde, deshalb belasse ich es bei dieser Klammer und schreibe mehr dazu auf meinem Blog).

Ich finde den Spruch, der so oder so ähnlich lautet: „Um ein Kind zu erziehen braucht es ein ganzes Dorf,“ super, weil ich die Erfahrung der Eltern und deren Eltern und aller anderen mitdenkenden und mitfühlenden Personen nutzen will, weil ich mich selbst nicht für kompetent fühle, in Schwangerschaft, bei Geburt, dem Jahr danach und die vielen weiteren Jahre zu wissen, was Sache ist, was das beste usw.

Schlicht, weil ich es ja auch nach 37 Jahren für mich selbst nicht weiß. Noch aus vielen anderen Gründen, sieht das in der Umsetzung so aus, dass ich direkt nach der Geburt meine Kinder vorstellen will, anderen in die Hände drücken will und es mir wichtig ist, dass nicht nur ich die Bezugsperson bin.

Klar, Herzschlag, Geruch usw. kennen die Kinder von mir am besten und weil ich ja auch stille, vielleicht noch viel mehr an mich gebunden (im körperlichen, greifbaren Sinne). Ich glaube aber, wenn Kids viel Zeit mit „anderen“ verbringen, dann lernen die sich genauso gut kennen und das passt dann schon. Also wenn meine Kids im Arm von anderen weinen, dann hole ich die nicht direkt zu mir, weil ich nicht glaube, dass im Säuglingsalter jedes Schreien, Schreien meint.

Jedenfalls war das bei meinen ersten beiden Kids so, ich war von Anfang an als Mama relativ „autark.“ Meine Jüngste hat mich eines Besseren belehrt mit ihrem Sound, aber ich spüre halt auch so, dieses unsichtbare Band, also sie ist ja auch ein Teil von mir, weil sie ist ja faktisch auch aus mir.

Ich merke das daran, dass ich super entspannt, locker, lässig wirke, wenn es darum geht, „mein Kind abzugeben,“ an „fremde Personen.“ Wenn es aber darum geht Autozufahren MUSS mein Kind bei mir im Auto sein, egal wie kurz der Weg ist, weil ich einfach nie weiß wegen Unfall, Stau oder sonst was und wenn ich dann nicht zu meiner Kleinsten und eigentlich auch nicht zu meinen Kleinen komme, oh mein Gott.

Ich merke das auch, wenn es darum geht, unterwegs zu sein. Wir waren schon ohne die Jüngste draußen, Chinese New Year Feiern, theoretisch „parents-Dating“ (also in der Theorie, gemacht haben wir es noch nicht, aber ich habe alles vorbereitet), jedenfalls auch hier, es muss in der Nähe sein, bestenfalls fußläufig, weil egal, ob mir das Stillen 2,3 h Stunden gibt, ich weiß ja nie.

Und am Valentinstag hat es mir das wieder ganz deutlich gezeigt, was das bedeuten kann: Blumen holen dauert 10 Minuten ! Normalerweise. Unserer chinesischen Oma vertraue ich alle meine Kind an, das war nicht das Problem am Valentinstag.

(Für alle die Buchrezensionen von mir lesen, können zum letzten Absatz vorscrollen, weil es sich fast wiederholt).

Unser Aufzug war das Problem. Da gehe ich am Valentinstag raus, um Blumen für meinen Mann und alle meine Kids zu besorgen, und komme 10 Minuten später zurück und zack. Nix geht. So normal es ist, dass es mal kein Wasser gibt, der Aufzug nicht geht oder oder, so sehr nervt es mich nach wie vor.

Ich stehe mit 3 riesigen Blumensträußen vor der Tür,
mit Handschuhen,
Winterjacke und
Wintermütze für minus 15 Grad in unserer Lobby.

Mir wird mehr als heiß. Verbrennt ja sicher auch schon Kalorien. Zum Glück verweigere ich mich, wo ich nur kann richtiger Winterschuhe, weil ich meine Chelsea Boots über alles liebe, also ists bissle weniger heiß.

Dann höre ich das chinesische Schimpfen aus dem Treppenhaus. Also hier in Dongbei hört sich Chinesisch oft schimpfend an, obwohl sie sich entspannt unterhalten, so ging es mir in Italien oder Spanien zu Tisch auch schon öfter.

Jedenfalls weiß ich, wenn meine chinesische Nachbarschaft das Treppenhaus nimmt, dann funktioniert der Aufzug definitiv nicht. Normalerweise könnte ich ja warten oder in ein Café sitzen oder spazieren gehen oder eben das Beste aus jedem Moment machen ...

In meinem Fall ist es aber so, dass im 31. Stockwerk meine 4-monatige Tochter mit unserer chinesischen Oma wartet. Ich stille und beim 3. Kind an der Hand habe ich das Abpumpen ganz sein lassen und weil Blumenkaufen normalerweise 15 Minuten dauert (bestelle und zahle in China auch bei der Blumenlady ums Eck alles digital) habe ich natürlich meine Jüngste nicht „vorgestillt.“

Ich schreibe also auf Englisch in unsere chinesische Verwaltungsbeiratsgruppe und verstehe bei den Antworten so viel auf Chinesisch: Es lohnt sich nicht, auf den Aufzug zu warten. Ich muss 31. schnell hoch nach einem Jahr „kein Sport, weil nur schwanger und so.“

In China kann ich ohne Sorge meine Blumen, meine Jacke und meine Handschuhe vor dem Aufzug liegen lassen, weil die auch Wochen später niemand klauen würde. Und los gehts.

31. Stockwerke nach einem Jahr kein Sport, weil diese 5. und letzte Schwangerschaft was ganz besonders für mich war. Und es ist nicht nur einfach Treppenlaufen, nein, es ist ein Hindernisparkour, weil wer nutzt eine Feuertreppe schon als Feuertreppe? Brennt ja nie, ... sonst stünde ja das Haus nicht … .

Ganz oben vor unserer Tür im 31. Stock angekommen, überlege ich mir noch nass geschwitzt, ob ich jetzt nicht doch ganz typisch bayerische Beamtin in die chinesische Verwaltungsbeiratsgruppe schreibe, dass so ein Schrank im Treppenhaus dann doch too much für die Feuertreppe ist.

Zum Glück habe ich von meinem Mann gerade noch rechtzeitig erfahren, dass das unser eigener Schuhschrank ist. Asche auf mein Haupt.

Und jetzt geht’s direkt zum Stillen, ich hole nämlich auch heute wieder Blumen für meinen Mann, weil der 28. Februar ein besonderer Tag in unserer Familie ist, ich bin gespannt und klopfe auf Holz, auf dass der Aufzug heute funktioniert, weil ich mit der mittleren und großen Tochter die Blumen abhole, aber wäre nochmal ne Herausforderung: 31. Stockwerke, nach 5 Schwangerschaften, in 6 Jahren, mit 3 Kids an der Hand hochlaufen … ciao, also ich stille auch direkt davor nochmal oder nehme die Jüngste direkt mit ;)

Seid ganz lieb aus Shenyang gegrüßt

Tanja

Eure Gedanken gerne an: [email protected]


PS: Trauern mit großer Family. Das Leben mit Sternenkindern ist für mich möglich mit Kids an der Hand, aber ich denke es ist anders, wenn bereits Geschwister da sind. Ich merke das jetzt beim Tod meiner Großtante. Es ist ein "normaler Tod" für die Gesellschaft. Alle wissen was sie sagen, alle sagen etwas, aber meinen Gefühle machen da keinen Unterschied. Für mich ist es ein Loch, für mich ist es ganz schlimm und bewegt mich sehr, aber ich finde sehr schwer Zeit und Raum, mich meinen Gefühlen, meinen Gedanken, meiner Großtante zu widmen. Ich weiß, ich habe alle Zeit der Welt (meines Lebens), aber genau das ist ja das Problem oder genau der Wert, je knapper die Zeit usw. Wird zu abstrakt, also konkret, meine Kinder haben mit mir andere Dinge vor, wenn ich über den Abschied weinen, denken, fühlen, reden will. Es geht, ist aber neu, anders und ich schreibe ab und an mit einer Kerze für sie.

Tagebuch Tanja

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