Unser unkonventionelles, erstes Weihnachten mit Anna. Und meine Versuche, zu mehr Sport zu kommen.
Hallo ihr Lieben,
ich hoffe, ihr alle hattet schöne Weihnachtstage und konntet sie mit lieben Menschen verbringen. Ich habe Weihnachten bereits in sechs verschiedenen Ländern gefeiert. Wenn man den Skiurlaub in Österreich als Kind mitzählt, dann sogar sieben.
Japan finde ich dabei sehr faszinierend, weil es so gut wie keine christliche Tradition hat, Weihnachten aber überall präsent ist. Es gibt schon im November Prospekte für den Chrisumasu Keki (Christmas Cake), die Kaufhäuser und Geschäfte dekorieren mit Glöckchen und Christbaumkugeln und verkaufen Nikolausstiefel mit Süßigkeiten, in vielen Läden und auch z.B. in der Kinderarztpraxis stehen Weihnachtsbäume schön geschmückt. Auch die typischen Weihnachtslieder dürfen nicht fehlen. Das traditionelle Essen für den Weihnachtsabend ist hier Hähnchen nach der Art von Kentucky Fried Chicken. (Kann ich mir so gar nicht vorstellen.) Auch einige Privathäuser mit Lichterketten und Figuren habe ich gesehen, die so manchem us-amerikanischen Weihnachtsfan aus den typischen Filmen Konkurrenz machen kann.
Aber die Geschichte hinter Weihnachten, die kennt kaum jemand. Ich habe mal meine Tandempartner letztes Jahr danach gefragt und, ob und wie bei ihnen gefeiert würde. Eine erzählte, dass sie als Kind ein Geschenk bekam, das lag dann morgens einfach neben ihrem Bett. Sonst hätte Weihnachten aber keine Bedeutung gehabt. Ein anderer meinte, seine Familie feiere das überhaupt nicht.
Ich habe ihnen dann die Weihnachtsgeschichte erzählt, ich glaube, sie fanden es ziemlich abstrakt. Man kann da eigentlich auch nicht mit Weihnachten stehen bleiben. Die Bedeutung von Weihnachten wird ja erst durch die weitere Geschichte klar. Und es ist ja eigentlich auch eine ziemlich abgefahrene Geschichte, wenn man mal vergisst, dass man damit aufgewachsen ist, und sich alles frisch anhört oder liest.
Gott schickt seinen eigenen Sohn auf die Erde und lässt ihn von einer Frau geboren werden, alles durchmachen, was auch unsere kleinen Wutze durchmachen. Jetzt mit Anna bekommt das noch mal eine andere Tiefe. Alles das erste Mal erfahren, die mentale Entwicklung, die Abhängigkeit von den Eltern. Widerspricht das nicht der Vorstellung eines allwissenden Gottes? Nun, die Theologen streiten durchaus darum, wann Jesus erkannt hat, dass er Gottes Sohn ist oder wann er es wurde.
Aber es ist doch eine wunderbare Geschichte, dass Gott den Menschen so nahe kommt, sich klein macht wie sie, dasselbe durchlebt wie jeder Mensch. Um dann derjenige zu sein oder zu werden, der Hoffnung bringt, Versöhnung schafft.
In der Familie meines Mannes gibt es überhaupt keine Weihnachtstradition, es wurde bei ihnen nie gefeiert. Für uns ist das sehr praktisch und erspart uns die jährliche Frage, wo wir Weihnachten verbringen. Dafür ist in seiner Familie der Jahreswechsel bedeutender und somit lassen sich die Tage sehr gut aufteilen.
Letztes Jahr, nachdem wir erst im September nach Kyoto gekommen waren, haben wir Weihnachten hier gefeiert. Dieses Jahr wollten wir eigentlich nach Deutschland reisen mit Anna, haben den Plan aber doch wieder geändert, wie ich ja schon mal geschrieben habe. So haben wir es uns hier gemütlich gemacht. Weihnachten sind hier keine Feiertage, aber mein Mann hat sich den Heilig Abend und den 25. freigenommen. Wir waren Heilig Abend im botanischen Garten spazieren und haben auch dort spontan zu Mittag gegessen. Anna war ganz brav, erst schlief sie im Kinderwagen, beim Essen wachte sie dann auf und durfte auf meinem Schoß dabei sein. Auf dem Rückweg erledigten wir noch ein paar Einkäufe.
Während mein Mann dann noch laufen ging, habe ich versucht einen Zitronenkuchen zu backen. Es ging letztlich auch gut, aber Anna hielt mich ziemlich viel ab, also am Stück war es nicht zu machen. Zum Glück hatten wir keinen Zeitdruck, der Kuchen war dann erst nach dem Abendessen fertig. Ich habe übrigens keine Ahnung mehr, was ich als Abendessen gemacht habe, haha.
Na, jedenfalls haben wir gegen sieben Uhr unser geerbtes, kleines Weihnachtsbäumchen aus Plastik angeknipst und die Geschenke, die meine Schwester geschickt hatte, dazu gelegt. Ich nahm Anna auf den Schoß und ließ sie die Lichter bestaunen, aber irgendwie interessierte sie sich gar nicht so sehr dafür. Interessanter fand sie wie immer die gewebten Platzdeckchen.
Als ich die Geschenke, eingepackt in dieses graue, weiche Packpapier (sehr baby-freundlich!) vor sie legte, griff sie danach. Beim Auspacken musste ich natürlich helfen. Aber die Giraffe und das Stoffbüchlein kamen definitiv gut bei ihr an! Und Fotos und kleine Videos für die Verwandtschaft konnten wir auch noch machen. Ich fand es sehr schön soweit, auch wenn es nicht so festlich und ausgeschmückt war, wie es in meiner Familie sonst gefeiert wird.
Dann aber verfiel Anna ziemlich plötzlich in eine, wie wir im Nachhinein wieder wissen, kakaeske Stimmung, war unruhig, weinte und schrie. So brachten wir sie früh zum Schlafen und guckten noch einen Film. Das läuft momentan dann immer so, dass mir nach ca. 20 Minuten die Augen zufallen und wir unterbrechen. Ich gehe dann schlafen, mein Mann lernt dann oft noch Kanji oder liest. Manchmal treffe ich ihn bei der ersten Nachtfütterung noch an.
Zurzeit schläft Anna unruhiger und wird gern früher mal wach. Weshalb ich gerade auch wieder wesentlich müder bin.
Am 25.12. nutzte ich, dass mein Mann zuhause war, Japan aber keine Feiertage hat, und ging zur Akupunktur. Ich hatte um 10 Uhr den Termin und war auch pünktlich da, musste aber fast bis 11 Uhr warten. Schwanger fand ich so Sachen nie schlimm, hatte ja eh Zeit, aber jetzt mit Baby zuhause und dem Versuch, das Stillen aufrechtzuerhalten… naja, was soll’s, ärgern hilft nicht, so machte ich das Beste draus und verschickte Weihnachtsgrüße. Ob mir die Akupunktur selbst viel gebracht hat, weiß ich nicht. Aber die Frau, die mich diesmal behandelte, bestätigte meine Vermutung, dass meine Schmerzen am Bein knapp unter der Hüfte muskulärer Natur sind und ich vor Allem dehnen und lockern muss.
Den Rest des Tages verbrachten wir mit einem weiteren kurzen Spaziergang und nahmen für das Abendessen Sushi aus dem Supermarkt mit. Klingt vielleicht nicht sehr festlich, aber es ist hier wirklich lecker und einfach pragmatisch, so ohne Spülmaschine und so… Außerdem packten wir noch zwei Päckchen für die Familien in Deutschland. Das hatten wir vorher nicht mehr fertig geschafft, aber die Süßigkeiten sind zeitlos und die Geschenke auch erst für den Geburtstag meiner Nichte Mitte Januar.
Am Donnerstag machte ich mit Anna nur einen kleinen Ausflug ins Bürgerhaus oder Bezirksamt. Ich hatte bei dem Besuch der Dame vom Amt nämlich einen Gutschein für ein Paket Mülltüten bekommen. Das klingt erst einmal schräg, aber hier muss man den getrennten Müll in verschiedenfarbigen Tüten an bestimmten Tagen vors Haus stellen zur Abholung. Die Tüten muss man im Supermarkt kaufen, also eine weitere Müllgebühr. Insofern sind die 60 geschenkten Tüten tatsächlich ein kleines Geschenk und ich nehme an, dass sie uns trotz der Windeln bis zu unserer Abreise reichen werden.
Am Nachmittag schaffte ich es tatsächlich ein ganzes Hüftdehnprogramm zu machen, unterbrochen und immer irgendwie Anna parallel bespaßend, aber es ging relativ gut. Leider klappt so etwas nicht immer, oft will sie aufgenommen werden und ist nicht zufrieden, auf dem Boden zu liegen.
Freitag hatte ich leider Kopfschmerzen und sagte meiner Freundin ab. Mittags schlief ich tatsächlich mal parallel zu Anna ein und die Arme musste schreien, damit ich wieder aufwachte. Danach mussten wir natürlich erst einmal lang kuscheln. Wir brachten später noch die Päckchen zur Post, mein Mann hatte am Donnerstag erst noch die Papiere dafür ausdrucken müssen. Danach zog ich noch ein paar Kreise auf dem Spielplatz, weil Anna schlief.
Mh, im Postamt hatte ich schon etwas gerochen und zuhause bestätigte es sich…, ab in die Badewanne.
Ich hatte es Freitagmorgen tatsächlich ins Fitnessstudio geschafft, eine Zeit gedehnt und dann noch kurz ins Wasser und Dampfbad. Samstag übernahm mein Mann Anna für ein paar Stunden und ich konnte mal ohne den gefühlten morgendlichen Zeitdruck dehnen und die Faszien rollen. Fürs Wasser reichte die Zeit dann leider nicht mehr, weil meine Mitgliedschaft nur bis 18 Uhr gilt. Sonntag hatten wir unglaublich schönes Wetter und nutzten die Zeit wieder für einen ausgedehnten Spaziergang samt Cafébesuch.
Heute ist schon Silvester, Anna war um halb 2 und um 5 Uhr wach und ich konnte sie erst um 7 Uhr wieder ablegen. Da ich gestern wieder viel mit ihr vor der Brust gesessen habe, fühlte ich mich ganz steif und wollte brav die Zeit nutzen und wenigstens ins Schwimmbad. Leider musste ich feststellen, dass das Studio schon heute zu hat. Dadong. Wenigstens ist daneben ein 24h Supermarkt und ich konnte schon ein paar Sachen einkaufen. Zuhause habe ich nun ausgiebig geduscht und dabei einige Flecken in Annas Kleidung behandelt. Seither, nachdem Anna erstaunlicherweise noch immer schlief, sitze ich daran, den Bericht fertig zu schreiben. Hätte ich gewusst, dass sie doch noch mal solange schläft …. Aber nun höre ich sie und mein Mann steht auch gerade auf.
Auf in den letzten Tag des Jahres!
Ich wünsche euch allen einen guten Rutsch, möge das neue Jahr viel Schönes für euch bereit halten und wir alle die Kraft bekommen für die weniger schönen Dinge, die nun mal zum Leben hier gehören.
Herzliche Grüße nach Deutschland und in die Welt
Silke