Hier nun also mein Versuch, dieses große Wunder in Worte zu fassen...
Der Dienstag begann ja schon sehr warm, trotzdem bin ich mit meinen Töchtern zum Alexanderplatz runter gefahren, um noch ein Spielzeugsabteilungsversprechen im dortigen Kaufhof einzulösen. Mit zwei neuen Plüschpferden (Nixe und Nixe) im Gepäck sind wir dann Richtung Hackescher Markt gelaufen, um uns dort mit meinem Mann zum Mittagessen zu treffen. Das war auch richtig schön und ich glaube, keinem war bewusst, dass sich noch in dieser Nacht unser Baby auf den Weg machen würde. Wir haben darum auch noch besprochen, dass ich dann doch Mittwochmorgen die Kinder mit zum CTG ins Geburtshaus nehme und mein Mann dafür früher kommt, weil die Wetterprognose ja weiterhin recht sonnig war.
Den restlichen Tag habe ich mit den Kleinen auf dem Spielplatz verbracht und außer ein bisschen Appetitlosigkeit deutete nichts auf die Geburt hin. Gegen 18 Uhr zog es dann immer wieder mal etwas unangenehmer, was aber ja durchaus zu einer fortgeschrittenen Schwangerschaft gehört. Trotzdem bin ich um 19 Uhr zum Yoga geradelt. Lustigerweise gab es zu Kursbeginn noch kurz die Diskussion, woran man denn nun die Geburtswehen erkennt. Die anderen Frauen waren an diesem Abend alles Erstgebärende, die so zwischen ein bis vier Wochen vor dem ET waren. Also gab ich noch meinen Standardsatz dazu ab: „Wenn Du noch darüber nachdenken musst, ob das Geburtswehen sind, sind es meist noch keine.“ Mit der ersten Übung kam dann bei mir erstmalig eine Wehe, die ich veratmen musste. So ging das bei etwa jeder zweiten Übung weiter, aber ich habe dies eher auf den sehr warmen Tag und das Yoga geschoben. Um 21 Uhr musste ich dann noch mal vor dem Losfahren eine Wehe veratmen, bin dann aber entspannt nach Hause geradelt.
Zu Hause kam dann auch die eine oder andere Wehe dazu, aber da ich ja bisher bei mir nur den Blasensprung als sicheren Geburtsbeginn kannte, habe ich dem noch nicht allzu viel Bedeutung beigemessen. Ich habe mich dann noch mal selbst untersucht und die 2 Zentimeter Muttermundsöffnung nicht als relevant empfunden. Also habe ich geduscht und mich versucht hinzulegen. Kaum im Bett, kam die erste Wehe, die ich recht laut veratmen musste, so dass auch mein Mann nun auf einen eventuellen Geburtsbeginn tippte. Für mich war das ohne Blasensprung irgendwie ausgeschlossen. Ja, ja - der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Da die Abstände mit zehn Minuten recht groß waren, habe ich einfach versucht zu ruhen und zwischendurch die doch schon recht kräftigen Wehen tönend zu veratmen.
Um Mitternacht bin ich dann in die Badewanne, wo sich die Wehen gut verarbeiten ließen. Allerdings kam eine heftige Wehe genau mit Betreten der Wanne und ich habe es doch tatsächlich geschafft, die Duschhalterung dabei abzureißen. Die kleinen Risiken von Hausgeburten. Auch wenn ich immer noch nicht ganz so überzeugt davon war, dass unser Baby heute kommen möchte, haben wir dann meine liebe Freundin und auch Kollegin dazugerufen, die auch geplant zur Geburt dabei sein sollte. Irgendwie hatte ich das Bedürfnis nach einer zweiten fachlichen Einschätzung, wollte aber auch nicht die Geburthaushebammen schon vorzeitig aktivieren. Schließlich war ja alles gut: unser Baby war aktiv, mir ging es bestens bis auf etwas Müdigkeit und die Großen verschlummerten seelig mein Getöne.
Gegen 01:15 Uhr kam meine Freundin und ich habe dann die Wanne verlassen. „An Land“ waren die Wehen kräftiger und der Muttermund hatte sich tatsächlich auf 4 Zentimeter eröffnet trotz der noch recht gemütlichen Achtminuten-Abstände. Meine Freundin schlug vor, die Geburtshaushebamme zu informieren, da sie wohl wesentlich überzeugter von einem tatsächlichen Geburtsbeginn war als ich. Im Wohnzimmer bin ich dann um unseren Esstisch „gewandert“ und mich bei jeder Wehe darauf abgestützt und die wirklich kräftigen Wehen vertönt. Da die Wehen vor allem bei Bewegung recht stark da waren, war mir ab dem Moment klar, dass ich das Haus nicht mehr verlassen möchte. Jetzt anziehen, die Treppe runter und vor allem eine halbe Stunde im Auto sitzen, hätte ich als totale Zumutung empfunden, gerade weil es mir hier zu Hause so gut mit den Wehen ging.
Die Hebamme war Passenderweise nur 1,5 Kilometer von uns entfernt bei einem Hausbesuch bei einer Erstgebärenden mit fraglichem Geburtsbeginn unterwegs. Irgendwie passte wohl alles in dieser Nacht. Um drei Uhr war sie dann bei uns und es war zwar eine Kollegin, die ich noch nicht kannte. Aber es war sofort stimmig und sie hat mich auf angenehme und achtsame Weise mein Ding machen lassen. Die folgenden Wehen habe ich im Stehen, auf dem Pezziball und kniend verbracht und sie hatten schon enorme Intensität, weil der Muttermund sich gleichzeitig mit dem tiefer tretenden Köpfchen öffnete. Dieses Gefühl des „Es schiebt mir das Becken auseinander“ kannte ich noch gut von der letzten Geburt.
Wie sah es eigentlich mit der Hypnosegeburtsvorbereitung aus? Den Wehenschmerz habe ich gefühlt wie bei den anderen Geburten mit der Gewissheit, dass ich da jetzt durch muss und dass es diese wirklich gewaltige Kraft zum Gebären braucht. Im Gegensatz zu den anderen Geburten habe ich mich aber ein keinem Moment überwältigt gefühlt von den Geburtsschmerzen, sondern konnte wirklich jede Wehe als kleinen Schritt zu unserem Baby sehen. Wie schwere Arbeit, die jetzt aber absolut notwendig ist und gemacht werden muss. Ich hatte immer den tollen Moment vor Augen, unser Baby schon bald in den Armen halten zu dürfen. Um kurz nach Vier war der Muttermund dann vollständig eröffnet und die Fruchtblase stand tatsächlich immer noch. Mittlerweile war auch irgendwann unauffällig die zweite Hebamme zur Geburt eingetroffen.
In der nächsten Stunde machte sich doch ein wenig Müdigkeit bei mir breit und auch die Wehenfrequenz nahm etwas ab. Dies ist aber ein recht häufiger Verlauf bei einer schnellen Muttermundseröffnung, also überhaupt kein Anlass zur Nervosität. Der Körper sammelt einfach noch mal Kraft für den Endspurt. Die Herztöne von unserem Baby waren übrigens die ganze Geburt über unfassbar gut. Selbst in der letzten Phase mit viel Druck, hat sich der Kleine null davon beeindrucken lassen und zeigte sich von der besten Seite. Kurz nach fünf kam dann das Gefühl, wirklich mitschieben zu müssen. Irgendwann muss auch die Fruchtblase aufgegangen sein. Es lief aber nur wenig Fruchtwasser, weil das Köpfchen alles so abdichtete. Ich brauchte einen Moment, mich wirklich darauf einzulassen und zu trauen, jetzt ganz mitzugehen.
Wir wechselten darum noch ein paar Mal die Position. Um kurz nach 05.30 Uhr habe ich dann sein Köpfchen und seine ersten Haare getastet. Sein Köpfchen habe ich dann auch nicht mehr losgelassen und in meine Hand hinein mitgeschoben. Mittlerweile war die linke Seitenlage, unterstützt von meinem Mann auf dem Teppich vor unserem Sofa für mich am angenehmsten. Um 5.53 Uhr war das Köpfchen geboren, gerade als seine Schwestern mit meiner Freundin ins Wohnzimmer kamen. Sie hatten wirklich bis kurz vor Sechs durchgeschlafen - trotz meiner Lautstärke in dieser Nacht. Sie kamen beide zu uns aufs Sofa. Unser Baby machte dann noch mal eine Komplettdrehung für die Geburt der Schultern und war um 5.57 Uhr geboren.
Ich konnte es trotz des längeren Endspurtes kaum fassen, unser Baby schon im Arm zu halten. Dieser Augenblick ist auch beim dritten Kind unfassbar wundervoll und schön. Unsere Töchter küssten und herzten das kleine Bündel Glück sofort und die Große sagte, dass wir jetzt aber nachschauen müssen, was es denn ist. Eindeutig ein kleiner wunderhübscher Bruder war da in unsere Familie geboren. Eigentlich könnte ich jetzt eine Seite über diesen großartigen Moment schreiben, aber andererseits gibt es auch gar keine Worte dafür. Alle, die ein Kind geboren haben, wissen wohl, was ich meine...
Um 6.20 Uhr kam dann mit einer etwas verstärkteren Lösungsblutung (600 ml) die Plazenta. Die Gebärmutter hat sich aber mit einem Beutel Tiefkühlerbsen auf dem Bauch so gut kontrahiert, so dass keine weiteren Aktionen notwendig waren. Von unserem Teppich bin ich dann mit unserem Kleinen aufs Sofa umgezogen, wo wir auch bis zum Abend blieben und nackig gekuschelt haben. Dort fand dann auch das erste Geburtstagsfrühstück mit Sekt zum Anstoßen und die Erstuntersuchung unseres Söhnchens statt.
Alles war bestens und der Kleine hatte seinen 10/10/10-APGAR mehr als verdient. Mit 4320 g und 54 cm ist er das Kleinste, aber eindeutig das Schwerste von unseren Kindern. Getrunken hat er auch direkt nach der Geburt und noch viele Male danach an diesem Tag. Gegen neun Uhr machte sich dann unsere Hebamme auf den Nachhauseweg. Wir hatten schon an diesem Tag das große Glück, von wirklich guten Freunden unterstützt zu werden, so dass der Patenonkel unseres Kleinen morgens um Sieben die Frühstückbrötchen brachte und später noch mit den Großen spielte und raus ging.
Meine Hebammenfreundin war sowieso eine großartige Unterstützung in der ganzen Zeit. Und von einer anderen lieben Freundin gab es sogar schon feinste Patisserietörtchen, die wir am Nachmittag feierlich zum Geburtstagskaffee verspeisten. Das Netzwerk aus Freunden und Familie funktioniert wirklich gut und so hatten wir auch bis jetzt ruhige und recht entspannte Wochenbetttage. Ich kann wirklich entspannt mit dem Kleinen im Bett bleiben, werde bekocht und verwöhnt und kann viel mit ihm kuscheln und natürlich rund um die Uhr stillen. Wir sind alle verliebt in den Kleinen und unendlich dankbar, dass wir diesen wunderbaren kleinen Menschen so gesund und munter in solch einer wunderschönen Atmosphäre empfangen durften.
Mit diesem Geburtsbericht endet die wirklich schöne Reise unserer Schwangerschaft, aber die Reise in ein Familienleben zu Fünft hat gerade erst begonnen. Ein bisschen was davon, kommt dann noch in meinem Nachbericht in ein paar Wochen. Jetzt genießen wir erst mal unsere Babyflitterwochen. Auf dem Foto ist unser Söhnchen knappe drei Stunden alt.
Liebe Grüße aus dem Wochenbett,
Anja
P.S.: Herzlichen Dank an kidsgo für die wunderschönen Blumen.
Bild: privat