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Tagebücher aus der Schwangerschaft von Marina

Eine neue wunderbare, aufregende und vielleicht auch lang erwartete Lebenszeit beginnt. Für unsere Tagebücher-Blogs haben wir immer 3-4 schwangere Frauen in unterschiedlicher Schwangerschaftsphase, die in freudiger Erwartung über jede Woche dieser spannenden Zeit schreiben, uns und die vielen tausend Follower:innen daran teilhaben lassen und damit unvergessliche Momente schaffen.

Geburt

SIE

und mein tolles Geburtsteam

****

Die Fruchtblase ist gegen sieben am Abend geplatzt, also kurz nachdem ich den letzten Satz für meinen vorigen Tagebuch-Beitrag für kidsgo geschrieben hatte. Dieser wurde dann schon nicht mehr von mir, sondern von Max an die Redaktion weitergeleitet.

Das erste, was ich empfand, als ich mich plötzlich in einer Pfütze in meinem Hochbett aufgefunden habe, war dieses angenehme Kribbeln, als ob ich bald Fallschirm springen würde – eine Mischung aus Angst vor der Ungewissheit und doch Freude. Endlich gibt es mal Action! Endlich werde ich SIE sehen.

Das mit dem Kaiserschnitt war schon lange keine Selbstverständlichkeit mehr für mich. Einerseits haben die Ärzte in meinem Heimatland seit Kenntnis des Problems darauf bestanden, dass ich, wenn es dazu kommt, nur per Kaiserschnitt gebären soll. Andererseits habe ich eine Menge Information im Internet und in den Büchern gefunden, die beim gleichen Risiko eine natürliche Geburt befürworteten. Meine Doula war die erste, die mir Informationen über die Möglichkeit der natürlichen Entbindung zukommen lassen hat. Später wurde ich eigenhändig in der Informationssuche tätig. Die Aussagen der Ärzte aus meiner Heimat hielt ich langsam nicht mehr für absolut. Schließlich musste ich selber entscheiden, ob ich dieses Risiko eingehen wollte. Und ich beschloss an diesem Abend, meinem Bauchgefühl zu gehorchen und spontan zu entscheiden.

Wir waren zu dritt – meine Doula, Max und ich. Ein tolles, perfekt zusammenarbeitendes Team, wie es sich im Laufe der Nacht herausstellte. Die Wehen wurden immer stärker: eine Menge davon habe ich bereits zu Hause überlebt, da ich sie vor dem Blasensprung immer noch für falsche Wehen hielt. Aus dem Aufzug in der Klinik kam ich kriechend auf Händen und Knien. Auch später an diesem langen Abend fand ich es immer wieder bequemer, mich auf diese Weise fortzubewegen. Die erste ärztliche Untersuchung hat die Eröffnung des Muttermundes um 2 cm ergeben. Dann ging es zurück ins Wehenzimmer. Seitdem kamen mir viele Dinge wie im Karussell vor. Über viele Ereignisse musste ich später selber lachen.

Max und ich hatten noch nichts zu Abend gegessen, und ich wollte unbedingt einen Döner in den Kreissaal geliefert haben. Die Doula war aber dagegen und forderte etwas Gesünderes für mich an. Max kehrte bald zurück mit einer Tüte voller Leckereien wie Krabbenstäbchen oder Milchreis, und wir naschten zu dritt davon in den Pausen zwischen den Wehen. Je mehr Zeit verging, desto stärker wurden die Schmerzen. Oft stand ich vorm offenen Fenster – mein Atemproblem von früher wurde plötzlich zu einer zusätzlichen Belastung während der Geburt. Ich aß viel Schokolade, wie ich es auch geplant habe. Ich forderte, laut der Doula, eine Zeitschrift zum Lesen an, als ich auf dem Klo saß. Irgendwann wollte ich ein Bad nehmen. Ich krabbelte auf allen vier durch den langen Flur und regte mich dabei auf, weil die Badewanne kleiner und gar nicht rot war, wie die, die ich beim Rundgang durch die Klinik im Sommer gesehen hatte. Schließlich konnte ich doch kein Bad nehmen, da es kein Fenster und somit keine frische Luft im Badezimmer gab. Mal saß ich auf dem Ball, mal legte ich mich wieder ins Bett und kommandierte dabei viel herum: Wasser – Waschlappen – Schokolade – Fenster auf [danach kam in der Regel der Höhepunkt einer Wehe] -- Fenster zu – Waschlappen (kalt!!) – Was-auch-immer noch und so weiter und so fort. Anscheinend war ich eine ziemlich unerträgliche Gebärende. Die ganze Zeit wurde ich von vier liebevollen Händen von Max und der Doula massiert und gestreichelt.

Irgendwann gab es nach einigen Stunden schmerzhafter Wehen keine Veränderung – der Muttermund wollte sich nicht auf mehr als 4 cm öffnen. Ich habe eine Meptid-Spritze zur Schmerzlinderung und zur Erweiterung des Muttermundes bekommen. Und es hat funktioniert – bald hörte ich die Hebammenstimme, die „4 cm“ ankündigte, und ein paar Stunden danach – „8 cm“. Es ging gut. Ich beklagte mich nur laut, dass die schmerzlindernde Fähigkeit von Meptid weit überschätzt ist: die Schmerzen wurden immer stärker. Die Doula sagte, dass es ohne Meptid viel schlimmer sein könnte. Schlimmer konnte ich es mir kaum vorstellen. Das Ende der Eröffnungsphase war das unerträglichste. Jedes Mal kam die Hebamme ins Zimmer und ich wartete verzweifelt auf ihr Kommando „Pressen!“, und es gab keins. Sie schaute mich an, hat die Decke wieder auf mich gelegt und das Zimmer verlassen. Und so hat es unendlich lange gedauert. Ich dachte, „Am liebsten Vollnarkose und Kaiserschnitt“. Aber sogar der Arzt, mit dem ich meinen Kaiserschnitt geplant habe, war in dieser Nacht immer noch in Ägypten. Und plötzlich wurde mein Bett von Ärzten umgeben, und es kam endlich der von mir lange ersehnte Befehl, und kurz danach der Dammschnitt, mein Schrei und schließlich Maria Elisa. Gewicht 2660 g, Größe 47 cm, gesund und wunderschön.

Kurz danach sollte sie mir an die Brust gelegt werden: da ich ein Knopf nicht aufmachen konnte, habe ich mein Lieblingshemd auf die Schnelle zerrissen. Maria Elisa war ganz ruhig und starrte mich mit ihren dunkelblauen Augen an: So einfach ist unsere gegenseitige Liebe – da bin ich so sicher, wie das Amen in der Kirche – sofort in Gang gekommen.

Es ist kaum möglich, das Erlebte in dieser Nacht zu beschreiben und die Gefühle danach an andere zu vermitteln. Auch die umfangreiche Danksagung an alle Beteiligten in unserer Nähe und Ferne möchte ich lieber auf den nächsten Bericht verschieben. Jetzt ist für mich immer noch, trotz schlafloser Nächte, die Zeit des Genießens unseres gemeinsamen Daseins, in dem ich Maria Elisa manchmal, laut Max, stundenlang wie eine Riesenschlange die Springmaus anschaue.



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Kommentare von Lesern:

Gast17.12.2010 23:53

Glückwunsch zur gesunden Tochter! Wer ist eigentlich Max???

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Gast19.11.2010 09:01

Alles Gute zur Geburt!
Bekommen wir denn auch ein Photo der kleinen Maria Elisa zu sehen?Würden uns sehr darüber freuen!
Viele Grüße Serafina

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Gast03.11.2010 10:24

Liebe Marina,

ich bin so froh, dass Du so eine wunderschöne Geburt erlebt hast! Du kannst voll stolz auf Dich sein: Du hast dich gut vorbereitet und alles so veranstaltet wie Du es wolltest.
Es ist super, dass Max bei Dir geblieben ist! Sei nett zu ihm, wenn (und falls) die "mood swings" kommen, er ist doch ein guter Kerl mit einer netter Mutter ))) Das muss geschätzt werden ))
Viel Liebe aus München,

Julia

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jasmin02.11.2010 20:54

erstmal ganz herzlichen glückwunsch zur geburt deiner kleinen maria elisa.
ich bin laut deiner berichte genau so weit wie du, allerdings erwähntest du mal, das das vielleicht nicht die ganze wahrheit ist, und du eigentlich schon ein bisschen weiter gewesen bist. mich würde interessieren, in welcher ssw deine kleine nun tatsächlich geboren ist, denn in der 36. woche wäre sie ja noch ein frühchen, oder nicht? vielleicht magst du mir diese frage ja beantworten
alles gute für euch 2 (oder3)

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Julia, Göttingen02.11.2010 13:58

Danke für den bewegenden Bericht. Ich bin stolz auf Dich, dass Du Deinem Gefühl vertraut hast und Ihr eine natürliche Geburt erlebt habt.

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Marie, Berlin02.11.2010 12:46

Jaja, das Meptid (wußte gar nicht mehr, dass das so heißt) - man weiß wirklich nicht, wer recht hat: die Gebärenden (keine Wirkung) oder die Hebammen (wäre noch schlimmer ohne) :)
Kleines Wesen, sei willkommen hier auf Erden, Du sollst werden glücklich!
Ich wäre auch sehr gespannt, wie es weitergeht - ob aus dem Erzeuger ein Vater werden möchte/darf, oder ob das jetzt ein anderer übernimmt ;)
viele Grüße
Marie

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Ulrike, BW02.11.2010 11:56

Herzlichen Glückwunsch und alles nur erdenklich Gute für Euch! Ich hatte beim Lesen tatsächlich Tränen in den Augen vor lauter Rührung über die Ankunft der neuen kleinen Erdenbürgerin. Lasst es Euch gutgehen!

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