.... ermutigt uns bis zum Ende der Welt.
Hallo ihr Waldmenschen,
Ich habe fast ein Buch über das geschrieben, was in der letzten Woche passiert ist. Die Wahrheit über Salomes Vater kam ans Licht. Ein Doppelleben beziehungsweise Dreifachleben. Er schickte mir am Anfang des Jahres Erinnerungsbilder in Form eines Fotostreifens von einem Ausflug von vor zwei Tagen vor Salomes Geburt, die ich ihm zurückgab. Hätte ich bei der Aufnahme der Fotos in einem alten Bus die heutige Wahrheit gekannt, wären die Bilder nicht entstanden. Die Fotos stehen im Licht von vielen Lügen. Im Licht der Wahrheit ist alles wertlos. Jeder Erinnerung kann er zurückhaben.
Ich werde nicht mehr auf seine vielen schönen Worte hereinfallen.
Die langen Texte sind eine Niederschrift aller meiner Gefühle, die ich hatte, als ich die Lügenwelt des Vaters aufdeckte. Ich erschloss mir die Welt mit seinen WhatsApp-Nachrichten und Aussagen und legte Erklärungen von seiner Exfreundin im Memoryprinzip darüber. Das Verbindende war der gleiche Tag. Der Unterschied waren die zwei Geschichten, die er mir erzählte und das, war wirklich am Tag passierte. Er log mich hochschwanger an. Somit auch seine Tochter, die ihn mir wohnte.
Ich kann meine langen Texte hier nicht veröffentlichen. Die Gründe sind vielfältig. Außerdem langweilt euch das bestimmt auch, denn die beste Hauptperson namens Salome soll den Schwerpunkt eines jeden Textes bilden. Es ist ihr erstes Debutjahr. Ein Jahr gefüllt mit unendlichen vielen ersten Malen, in denen Mama regelmäßig vor Stolz platzt und sich von allen anhört, dass sie diese Zeit genießen muss. Leider ist man oft so geschafft, dass die Müdigkeit das Genießen erdrückt.
Die Exfreundin des Vaters ist lieb und humorvoll. Sie hat zum Glück ein paar Warnsignale gesehen und hat sich so selbst geschützt. Wir bedankten uns beieinander. Sie hätte nicht mit mir reden müssen. Am Ende stellten wir fest, dass wir froh waren, einander digital kennengelernt zu haben und dabei nochmal deutlich erkannt haben, dass nicht wir das Problem sind, sondern er.
Jetzt muss ich aufhören mit dem Lügen-Memoryspiel, denn sonst bringt es mich am Ende um. Alle meine Freunde sagten, lass das. Aber ich tue es für meine Tochter, damit sie das lesen kann, falls sie mir irgendwann nicht glaubt. Die Wahrheit verdient es, dokumentiert zu werden.
Ich habe dem Vater so oft verziehen. Hass und Ärger strahlt man aus. Das wollte ich nicht und daher habe immer wieder einen Schritt in seine Richtung gemacht. Darin hat mich sogar meine Mama bestärkt. Sanftmut und den humanistischen Gedanke, dass jeder Mensch gut ist, kann er mir nicht nehmen. Trotzdem liegt über meinem Vertrauen in Menschen jetzt eine dicke Lavalügenschicht. Meine Mama sagte, dass ich wohl ein gebranntes Kind sei in Bezug auf Vertrauen in andere Menschen. Ich arbeite daran. Und es gibt so liebe Wesen in meinem Umfeld, die mir dabei helfen wollen. Am meisten hilft Salome. Sie ist der Inbegriff von Unschuld. Da sie noch nicht sprechen kann, glaubt man ihr wirklich, dass sie noch nie gelogen hat.
Ich hasse ihn nicht. Er tut mir leid. Trotzdem kann und will ich nie wieder mit ihm reden. Ich wünsche Ihm, dass er glücklich wird in möglichst einer Welt und abends ehrlich in den Spiegel sehen kann und weiß, dass das, was er Liebe nennt durch Taten auch belegt werden will. Hier stand noch viel mehr. Ich habe es gelöscht, aus Angst den Vater zu verletzten.
Ich habe die Tage nach dem Wahrheitsausbruch mit Waldbaden verbracht. Einen Tag im Wald. Es wurde gegrillt. Schafe wurden beobachtet. Das Geschrei der Eulen summte kurz in unseren Ohren und Salome war unendlich zufrieden. Die Ruhe wurde nur von Salomes singendem Kinderspielzeug unterbrochen. Meine Freundin aus Berlin hat ein professionelles Retreat gemacht. Für mich wirkte der Tag ziemlich professionell für meine Seele.
Ich will vor meiner Tochter nicht wegen der Vergangenheit weinen.
Ich will die strahlende Mama sein.
Meine Leichtigkeit, die ich immer in mir hatte, kommt mit Abstand zu dem Vater wieder. Manchmal überkommen mich Tränen aber trotzdem, wenn wir Autofahren und Salomes kleinen Augen geschlossen sind. Da schläft Salome und ich kann mir zu meiner Lieblingsplaylist ein bisschen Wischwasser von der Seele drücken. Dabei kam mir eine Idee. Ich möchte den dunklen grauen Winter nicht in Deutschland verbringen, sondern wir werden weit wegreisen. Psychologische Ratgeber würden das als Flucht bewerten, ich sehe es als den schönsten Ausflug für Salomes noch kurzes Leben.
Ich werde dieses Jahr im grauen November 30 Jahre alt. Ich dachte, ich feiere es in meiner ehemaligen Rheinwohnung in meiner Lieblingsstadt Köln. Das habe ich nämlich deutlich gesagt, als ich die Wohnung bezog. Ich malte mir schon eine coole Mottoparty aus und wie man am Ende einer Partynacht auf dem Balkon sitzt und dem Sonnenaufgang zusieht und vielleicht Kaffee trinkt. Pläne zerbrechen. Aber es gibt andere. Ein wunderbarer Mensch sagte zu mir, dass ich nicht so weit in die Zukunft planen sollte. Deshalb planen wir nun nur den nächsten Herbst und Winter.
Wenn ich hier unseren Australientraum aufschreibe, gelingt es mir vielleicht leichter, es auch wirklich zu machen. Letztes Jahr waren wir in der Weihnachtszeit und über Silvester allein wegen unserer Coronainfektion. So stellt man sich die erste Weihnachtszeit und sein erstes Neujahr mit Baby nicht vor. Aber dieses Jahr stelle ich es mir bewusst allein oder mit einer neuen Gastfamilie so vor. Ich möchte mit Salome nach Australien fliegen. Irgendwas muss in mir muss heilen und das geht am Meer mit Salzwasser und Sonnenstrahlen besser. Ihr wisst, dass Neujahr für mich jedes Jahr die besondere Bedeutung hat, weil ich an Neujahr 2021 zwei Striche auf meinem Test sah.
Salomes Vater beschrieb mir sein Neujahrestag am Telefon. Es war gelogen. Er verbrachte den Tag und die Nacht mit seiner neuen Freundin. Er wird sagen, er habe nicht gelogen - nur nicht alles erzählt.
Salome und ich werden unter Garantie das nächste Neujahr so viel erleben, dass mein geschundenes Herz für das letzte Jahr entschädigt wird.
Aber jetzt zum Main Act: „Tattatattaaa“ (Zirkusmusik) – Salome liebt es, wenn ich ihr das Intro von einer Zirkusmusik vorsumme. Salome kann einwandfrei winken und stehen. Gerade ist Salome die inflationäre Winke Katze. Sie beherrscht diesen Move so perfekt, dass sie gefühlt alle Menschen aus depressiven Verstimmungen einzig mit einem Winken lösen könnte.
Wir Erwachsenen haben schon so oft jemanden gewunken, dass wir es nur noch als Erwiderung der Höflichkeit machen. Salome winkt einfach jedem beim Einkaufen oder bei Spaziergängen zu. Alle erwidern es. Salome versprüht einfach gute Laune. Ich glaube, dass alle Kunden und Kundinnen im Supermarkt mehr kaufen, wenn ihnen die kleine rechte Hand von Salome unbeholfen zuwinkt. Eigentlich sollte Salome am Gewinn beteiligt werden.
Einhändig stehen funktioniert bei Salome lange gut. Freihändig schafft sie es nur ein paar Sekunden. Mal sehen, wann ich euch verkünden kann, dass sie die Schritte, die sie am Geländer des Kinderbettes macht, freihändig allein schafft.
Salome besitzt übrigens eine unbändige Leidenschaft dafür, Taschen auszuräumen. Am meisten liebt sie den Wickelrucksack. Wenn ihre kleinen Marzipanfinger jedes Fach erkunden und sie mit dem Kopf tief in den Rucksack hineinkrabbelt, berühren meine Mundwinkel gefühlt meine Augenbrauen.
Wir freuen uns sehr auf den kommenden Donnerstag. Bis Samstag werden uns nämlich Salomes Tante und ihre Cousinen besuchen kommen. Bis jetzt sieht die Wettervorhersage mit einer Regenwahrscheinlichkeit von 70% für Freitag noch sehr schlecht aus. Aber wir hoffen auf Sonnenschein.
Letzte Woche habe ich meine ehemalige Tennispartnerin gesehen. Sie kommt aus Peru und hat zwei Kinder. Am kommenden Sonntag werden wir gemeinsam ein Fest namens Wackelpeter besuchen. Wir freuen uns und beenden den Text mit der Vorfreude auf die kommenden Tage und planen diese Woche noch nicht so weit in die Zukunft. Übrigens: Genau jetzt wird meine Tochter wach und wenn sie mich morgens so unglaublich verträumt und schlaftrunken begrüßt, entschädigt das für jede lange anstrengende Einschlafzeremonie zehn Stunden zuvor.
Ein Waldkuss ist ein Muss.
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