...oder einfach nur quengelig?
Die letzten Tage waren extrem anstrengend. Gerade, als ich dachte, dass ich wunderbar alleine zurechtkomme, begann Carlo ab Mittwoch nur zu quengeln. Er ließ sich gar nicht beruhigen, es sei denn, ich trug ihn im Fliegergriff durch die Gegend. Und wehe ich hielt für einen Moment still. Ich habe an diesem Tag nichts anderes gemacht als auf der Couch zu sitzen mit klein-Quengel und ihn auf meinem Bauch zu schuckeln. „Naja“, dachte ich mir, „jeder hat mal einen schlechten Tag“. Dass daraus Tage werden würden, ahnte ich nicht.
Am nächsten Tag fuhr ich mit meinen Eltern nach Soest, um meine Patentante zu besuchen. Auf dem Rückweg fuhr ich mit zu meinen Eltern um dort die letzte Tage zu verbringen, bis mein Freund kommt. Gott sei Dank war Carlo einigermaßen friedlich und quengelte nur ab und zu. Doch als wir bei meinen Eltern ankamen, ließ er sich nur noch schwer beruhigen und an Schlaf war gar nicht zu denken. Den Höhepunkt (hoffentlich) erreichte er dann von Freitag auf Samstag. Ich war ohnehin schon übermüdet, in meiner Brust kündigte sich mal wieder ein Stau bzw. eine Entzündung an. Zudem war mir ständig schwindelig und Carlo schrie, schlief kurz und schrie dann wieder. Es ist beängstigend, was man für einen Hass entwickeln kann, obwohl man den Kleinen so sehr liebt. Man bekommt tatsächlich das Bedürfnis, etwas zu tun, was man nicht tun sollte. Natürlich konnte ich mich zusammenreißen. Die Situation kenne ich von anderen und auch von mir selbst. Ich hatte mal meine Oma gepflegt, die mich so in den Wahnsinn trieb, dass ich zeitweise den Raum verlassen musste, um dort ganz laut zu fluchen, um dann lächelnd zurück zu kommen. Statt mein Kind also an die Wand zu schmeißen, habe ich es ganz sanft gestreichelt und geklopft bis das Bäuerchen kam und es dann geduldig wieder in den Schlaf gesummt.
Nach einem Telefonat mit meiner Hebamme, die mir zu absoluter Bettruhe riet, sagte ich alle meine Pläne ab (Geburtstag und Klassentreffen) und blieb im Bett. Meine Mutter nahm mir Carlo Gott sei Dank ab, weil ich einfach nicht mehr konnte. Sie kämpfte gemeinsam mit meinem Vater dann eine Stunde mit Carlo. Ich duschte derweil ausgiebig, damit ich das Schreien nicht hörte. Meine Eltern probierten alle möglichen Musikrichtungen bis ihn eine norwegische Sängerin endlich zum schlafen brachte. Jetzt schläft er selig bzw. ziemlich unruhig mit wilden Träumen und zuckender Atmung, aber er schläft.
Man bekommt irgendwann Zweifel und fragt sich was man falsch macht, dass das Kind einen so fertig macht. Fragt man andere Muttis wird immer behauptet, dass die eigenen Kinder immer nur geschlafen haben und ganz friedlich waren. Ich frage mich dann immer, ob das wirklich so war, oder ob man die Phase, wie die Geburt auch, einfach verdrängt hat. Ich hoffe ich verdränge das, sonst bleibt Carlo ein Einzelkind. Nett finde ich den Gedanken meiner Freundin, die sagt: wenn das Kind etwas hat, gibt man sich immer die Schuld daran, wenn aber das Kind lacht und fröhlich ist vergisst man, sich dafür zu loben. Schließlich ist das auch eine Leistung.
Ach ja und wir waren auch bei der U3. Ich hatte extra eine halbe Stunde Zeitpuffer eingeplant, um ja pünktlich zu kommen. Carlo machte mir aber einen Strich durch die Rechnung, denn er schaffte es, sich komplett einzusch... kurz bevor ich loswollte. Also habe ich ihn nochmal gewickelt und angezogen und als wir dann aus dem Haus waren fiel ihm ein, dass er genau jetzt Hunger hat. Sein Essrythmus ist nämlich seit letzter Woche irgendwie durcheinander. Mal reicht einmal in vier Stunden und manchmal fordert er nach 1 ½ Stunden schon wieder. Ich dachte, er würde im Kinderwagen schön einschlafen: Fehlanzeige. Also musste ich in das nächste Café, ausgerechnet eine Raucherkneipe, zum Stillen. Ich rief den Arzt an und sagte, dass es 5 Minuten später wird. Die fanden das nicht toll, denn ich war die letzte Patientin. Also rannte ich mit Carlo zum Arzt. Dort angekommen, war er gerade eingeschlafen. Toll. Wieder musste ich ihn aus dem Schlaf reißen. Er rächte sich, in dem er nochmals ein Geschäft auf dem Kinderarzttisch verrichtete. Gott sei Dank hatte ich Wickelzeugs dabei. Die Untersuchung zeigte keine Auffälligkeiten. Er wiegt jetzt 4200 Gramm und ist drei cm gewachsen. Interessant wäre zu sehen, wie viel er nächste Woche gewachsen ist, wenn er gerade wirklich einen Entwicklungsschub hat.
Naja, um noch was Schönes zu berichten: Ich war mit meiner Schwester in einem super schönen Kinderladen, der viele Ökoklamotten anbietet. Dort habe ich Carlo für teuer Geld ein hübsches Weihnachtsoutfit gekauft. Eine süße Latzhose aus Schurwolle und ein grün-weiß gestreiftes Oberteil dazu. Er wird entzückend aussehen. Bleibt zu hoffen, dass er bis dahin weniger grimmig guckt, sonst ist er nur halb so schön.
Liebe Grüße und schöne Feiertage,
Eure Susi
PS: Danke für eure Kommentare zu den Berichten, es gibt einem immer ein bisschen Rückhalt, dass man nicht die Einzige ist, der es so ergeht ;-)