Meine Geschichte mit vier Sternenkindern
Liebe Baby-Tagebuch-Leser und Leserinnen,
noch immer lassen sich meine Gefühle und Gedanken schwer in Worte fassen, denn ihr müsst wissen, die vergangenen vier Jahre haben mir und meinem Partner einiges abverlangt. Doch fangen wir von vorne an:
Ich heiße Janine, bin 32 Jahre alt und lebe mit meinem Partner Toni, 31 Jahre und unserem Bauchbewohner “Baby Glückskeks” am schönen Senftenberger See. Seit knapp zwei Jahren bewohnen wir in einem Ortsteil von Senftenberg eine Doppelhaushälfte aus dem Jahre 1935, die wir seither eigenständig umbauen. Als Paar meistern wir unseren Alltag hingegen bereits seit 9 Jahren. Satte 300 km standen zu jenem Zeitpunkt zwischen uns, doch die Liebe kannte keine Grenzen, weshalb ich wenig später mit Katze und Koffer unter dem Arm zu ihm zog.
Bereut habe ich diese Entscheidung bis heute nicht, auch wenn es anfangs alles andere als einfach für mich war. Von Bayern nach Brandenburg - unzählige Kilometer, die mich von meiner Familie und meinen Freunden trennten. Eine unbekannte Stadt, viele neue Gesichter und Eindrücke. Doch im Herzen wusste ich, dass ich genau die richtige Entscheidung getroffen hatte.
Nach einigen Jahren Beziehung sprachen wir erstmals über eine Zukunft zu dritt. Zu jenem Zeitpunkt war uns nicht bewusst, wie steinig dieser Weg werden würde. Immerhin waren wir beide gesund, im besten Alter und bereit für Nachwuchs.
Anfang 2019, es war gerade Valentinstag, lächelte uns plötzlich ein positiver Schwangerschaftstest an. Wir konnten unser Glück kaum fassen und strahlten bis über beide Ohren. Doch wenige Wochen später zogen abrupt dunkle Wolken auf: Unser Baby trat seine Reise zu den Sternen an.
Im selben Jahr folgte ein weiteres Sternchen.
Kurz vor Weihnachten 2019 nahmen wir als Paar Abschied von unseren Kindern, die inzwischen auch einen Namen bekamen. “Rosalie und Conner” wurden in einem sogenannten Sternenkindergrab beerdigt, das wir seither regelmäßig besuchen. Heute würde ich sagen, dass wir zu jenem Zeitpunkt als Paar gewachsen sind und nur gemeinsam diese Herausforderung meistern konnten. Alleine wären wir gewiss an der Trauer und den vielen Gedanken zerbrochen.
In den nachfolgenden Jahren folgten zwei weitere Sternenkinder. Mit jedem weiteren Verlust wuchs die Verzweiflung. Wir wussten nicht, woran es liegt und wagten uns auf die Suche nach Antworten. Der Weg wurde steiniger, mühsamer und schien kaum noch zu überwinden. Unzählige Arztbesuche, Tränen und Gedanken überrannten uns regelrecht. Mit ihnen schwand die Kraft und die Hoffnung auf ein gemeinsames Wunder. Wir fingen an zu akzeptieren und stellten uns auf ein Leben ohne Kind ein. Es war okay, auch wenn innerlich der Schmerz kaum auszuhalten war.
Anfang 2021 bezogen wir schließlich eine schnuckelige Doppelhaushälfte nahe dem Senftenberger See. Wir sehnten uns nach Ruhe und fanden sie in einem 1700 Seelen Dorf.
Zwischen Bauschutt und Tapetenwechsel konnten wir den Schmerz vergangener Tage ruhen lassen und mit dem Umbau des Altbaus Abstand zu unserem unerfüllten Kinderwunsch gewinnen. Zwar sprachen wir immer wieder davon, wie wundervoll es wäre, Kinderlachen im Garten wahrnehmen zu können, jedoch wussten wir beide, dass es dazu niemals kommen würde.
Tja, unverhofft kommt oft.
Am 19. Juni 2022 lächelte mich erneut ein positiver Schwangerschaftstest an. Doch statt Freude empfand ich in diesem Moment nur eins: Angst. Angst vor einem weiteren Verlust. Erst Tage später erzählte ich meinem Partner davon, dessen Reaktion der meinen ähnelte.
Es folgte der erste Besuch bei der Frauenärztin, ein erstes Ultraschallbild, zugleich aber auch der erste Krankenhausaufenthalt. In der Frühschwangerschaft bekam ich plötzlich Blutungen, woraufhin wir sofort in die Notaufnahme fuhren. Gefangen zwischen Hoffnung und Ängsten, waren die nachfolgenden Minuten kaum auszuhalten, bis plötzlich folgender Satz unsere Herzen erfüllte:
“Hier ist das schlagende Herz.” Trotzdem musste ich einige Tage zur Kontrolle im Krankenhaus bleiben.
Inzwischen befinden wir uns in der 38. Schwangerschaftswoche und Baby Glückskeks könnte jeden Moment auf die Welt kommen. Wir durchlebten eine Schwangerschaft, die man am besten mit einer rasanten Achterbahnfahrt vergleicht. Nach jedem überwundenen Hindernis folgte eine neue Kurve, die uns den Atem raubte und tiefer in den Sitz drückte. So wurde bei mir bereits früh Schwangerschaftsdiabetes festgestellt, dass mit Insulin behandelt werden musste. Auch die Versorgung der Gebärmutter sorgte für Probleme, erfolgte nur einseitig, weshalb zusätzlich die Einnahme von ASS auf dem Plan stand. Immer wieder war der Blutdruck zu hoch, Baby Glückskeks während des CTG zu ruhig und schließlich auch beim Gewicht deutlich hinter dem Durchschnitt. Doch auch diese Hürden wurden gemeinsam überquert. Hand in Hand bestritten wir jeden Termin und jede Diagnose.
Unser Durchhaltevermögen wird in wenigen Tagen mit einem wundervollen kleinen Jungen belohnt. Er erhellt schon jetzt unseren einst tristen Alltag. Jeder Tritt gegen den Bauch lässt unsere Herzen schmelzen, jedes Ultraschallbild unser Lächeln heller als die Sonne strahlen. Vielleicht haben wir auch genau deshalb den Namen Noah für ihn ausgesucht, denn der aus dem Hebräischen stammende männliche Vorname bedeutet nichts Geringeres als “Trost oder Ruhe schaffen”. Nach all den schmerzhaften Verlusten vergangener Tage hätte es für uns keinen schöneren Namen geben können.
Wir sind gespannt, wann Baby Glückskeks das Licht der Welt erblicken wird. Heute? Morgen? Übermorgen? - egal wann, wir können es kaum abwarten!
In den nächsten Wochen und Monaten nehmen wir euch mit auf unsere ganz persönliche Babyreise. Wir freuen uns darauf, von unseren Erfahrungen, Ängsten und Gedanken zu berichten und unseren Alltag mit Regenbogenbaby teilen zu dürfen.
Eure Janine