Aller Anfang ist ... schwer? Nein - eher verwirrend.
Wie startet man einen solchen Blog, wenn man noch nie für die Öffentlichkeit geschrieben hat?
Denn aufgeregt wegen der bevorstehenden Geburt bin ich sowieso ein bisschen. Und dann auch noch mit unbekannten Menschen meine Gedanken teilen? Gleichzeitig bin ich gerade in den letzten Tagen die Ruhe selbst und tippe diese Zeilen nicht zum zehnten Mal, sondern lasse euch hier meinen allerersten Versuch lesen. Und dann wollt ihr auch noch etwas über mich persönlich erfahren? Uff! Aber genau so beschreibe ich mich euch zum Kennenlernen wahrscheinlich am besten: Als lebendiger Zwiespalt!
Ich bin Maike, 27 Jahre, und wohne mit meinem Mann Willi, 33, in Mainz. Wir sind seit 5 Jahren absolut unzertrennlich und verbringen – bis auf die Arbeitsstunden – jeden Moment miteinander. Ich arbeite im Außendienst für ein Unternehmen in der Baubranche – das ist nicht nur aufgrund meines Geschlechts für viele immer noch eine Überraschung. Ich bin nämlich mit 1.62 Meter auch noch ziemlich klein und „girly“ sowieso. Aber auf den Baustellen zeige ich den Männern gerne mal, wie man auch mit manikürten Fingernägeln eine Wand einreißt und wie sie am besten die großen Dübel in den Boden bringen.
Ich mag Vieles, was vermeintlich im Gegensatz stehen könnte: Ich liebe die Emanzipation und finde, dass Väter genauso gut in Elternzeit gehen können wie Frauen. Und trotzdem sind mir traditionelle Dinge wichtig, wie beispielsweise unsere Liebe ganz altmodisch mit einem Trauschein 2019 besiegelt zu haben. Das zieht sich auch durch die Schwangerschaftsthemen: Krankenhäuser geben mir Sicherheit, aber die Vorstellung eines Geburtshauses finde ich spannend. Am liebsten soll es nämlich so natürlich wie möglich ablaufen. Eine Wassergeburt? Das könnte mir gefallen. Beim Duschen heute Morgen Wasser über das Gesicht laufen lassen? Absolut undenkbar.
Wie ihr merkt, ich bin mir oft selbst nicht einig und verwirre so ganz regelmäßig mein Umfeld. Für mich muss sich immer alles gut anfühlen. Rational ist das nicht immer. Ich bin emotional – verbal und körperlich: Alles besiegle ich mit Tränen, meine Erzählungen strotzen oft vor Übertreibung. Gut, dass mein Mann mich manchmal bremst. Er ist wahnsinnig gesellig, hat viel Freude am Leben und bringt mich oftmals wieder auf den Boden der Tatsachen. Ach und ja, er heißt tatsächlich Willi.
Willi fiebert in allem mit mir mit. Vielleicht weil er ahnt, dass ihn meine Euphorie sonst überfahren würde. Vielleicht auch deshalb, weil wir unser kleines Glück nicht als Selbstverständlichkeit annehmen. Dazu aber in anderen Beiträgen mehr. Doch bei all seinem Enthusiasmus war ich am Tag des positiven Tests im August doch über ihn verwundert: Das Wort Wochenbett war ihm bisher noch kein Begriff – echt jetzt? - dafür wollte er gleich mitteilen, dass ihm am allerallerwichtigsten ein Babyschwimmkurs wäre und ob man den jetzt schon buchen könnte. Echt jetzt??
Ich erlebe gerade eine Traumschwangerschaft: Mir geht es gut, ich bin aktiv und kam ohne große Beschwerden durch die bisherigen 34 Wochen. Und trotzdem ist alles anders als gedacht: War ich mir anfangs noch sicher, dass ich neben unzähligen Schwangerschaftsshootings in flatternden Kleidern meinen Gipsabdruck vom Bauch gleich ins Wohnzimmer hängen werde. Ich hätte schwören können das Kinderzimmer wäre nicht nur nigelnagelneuwertig gekauft worden, sondern würde vor liebevollen Details nur so strotzen. Und sowieso: In meiner Vorstellung würde ich sicherlich zu jedem Wochenwechsel tolle Bilder schießen, um den Bauchfortschritt akribisch zu dokumentieren.
Pustekuchen!
Ich bin froh, wenn ich es schaffe, jeden zweiten Abend meinen Bauch einzucremen ohne meinen veränderten Bauchnabel zu berühren – den finde ich nämlich irgendwie eklig. Wer hätte das gedacht.
Eine echte Sorge gibt es dennoch, die ich gerne mit euch zum Start teilen möchte: Unser Baby hat sich in der 29. Woche für eine Drehung in die Beckenendlage entschieden und verharrt bis jetzt in dieser Position. Na toll! Da spreche ich sieben Abende lang jeweils zwei Stunden in meinem Geburtsvorbereitungskurs über Wehen, übe Geburtspositionen und die Rolle des Partners während der langen, anstrengenden Stunden auf dem Weg zu unserem Kind. Willi und ich probieren im heimischen Wohnzimmer Atemübungen aus – für uns in der Trockenübung etwas unangenehm… - und ich befasse mich mit Dammschnitt versus Dammriss.
Und dann dreht sich das Kind kurz vor Schluss mit dem Köpfchen nach oben und schon schreit alles nach einem Kaiserschnitt. Datiert, terminiert, unemotional.
Osteopathie, Moxen, die indische Brücke, das volle Programm… nichts mobilisiert bisher unser Kind. Das Schicksal ist ein mieser Verräter!
Mit Sicherheit gibt es einige von euch, die eine Beckenendlage auch natürlich auf die Welt gebracht haben. Auch hier in der Nähe findet sich eine Klinik, die sich auf Spontangeburten dieser Position spezialisiert hat. Ich habe mich eingelesen, meine Frauenärztin um Rat gefragt und mich mit meiner Hebamme besprochen. Die Meinungen gehen dabei weit auseinander. So ist meine Frauenärztin ganz klar in ihrer Einstellung, dass ich keinesfalls – besonders bei der ersten Geburtserfahrung – natürlich gebären sollte. Meine Hebamme ist absolut pro Spontangeburt. Man könne im Zweifelsfall ja auch währenddessen abbrechen und auf einen Kaiserschnitt umschwenken. Das Thema ist vielschichtig und für mich emotional. Trotz aller Informationen und Abwägungen bleibe ich skeptisch und verspüre Angst vor dem Schritt, in dem der Kopf als Letztes geboren werden soll.
Während ich diesen Absatz tippe, merke ich, dass ich oft die Worte „kritisch“ und „falsch“ in Bezug auf die Position des Babys verwende und sie wieder ablösche. Mein Kopf weiß, dass eine BEL nicht unbedingt eine falsche Position ist. Dennoch habe ich diesen Gedanken manifestiert. Und genau deshalb entscheide ich mich gegen eine Spontangeburt. Mit Sorgen und Ängsten in eine solche Situation zu gehen, halte ich nicht für sinnvoll. Ich möchte mit Sicherheit und Vertrauen ein Kind auf die Welt bringen. Alles andere fühlt sich für mich nicht gut an. Und darauf höre ich.
Ja, alles soll am liebsten so natürlich wie möglich ablaufen, das ist mein Wunsch. Und trotzdem höre ich auf meinen Instinkt. Und der sagt momentan Kaiserschnitt.
In den nächsten Wochen wird es also meine Reise zum Miterleben für euch geben. Und die werden vermutlich verlaufen wie die bisherigen 27 Jahre meines Lebens: Emotional mit Höhen und Tiefen, oftmals verwirrend und schon gar nicht stringent. Vermutlich werde ich morgen etwas niederschreiben, worüber ich übermorgen selbst überrascht sein werde. Lasst es euch von mir sagen: Ich bin selbst gespannt, was hieraus wird.
Ich freue mich, wenn ihr dabei bleibt.
Maike