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Baby-Tagebücher von Silke

Hautnah. Intensiv. Liebenswert. Folgt hier den Babytagebuch-Bloger:innen und erlebt regelmäßig, wenn frischgebackene Mütter und Väter ihr Leben mit euch teilen. Jede Woche lassen sie euch an ihrer neuen Lebenszeit mit Baby teilhaben und geben ganz persönliche Einblicke: Was hat der Sprössling diese Woche Tolles gelernt? Wie geht es den jungen Eltern mit dem kleinen Knirps? Welche Herausforderungen begegnen den Neu-Mamas und Neu-Papas mit ihrem Neugeborenen? In den Baby-Tagebüchern seid ihr live dabei, von ersten Arztbesuchen bis zu holprigen Gehversuchen. Ob liebenswert chaotisch oder rührend besinnlich: Immer erhaltet ihr einen unverfälschten, authentischen und persönlichen Einblick in das aufregende Leben einer Jungfamilie.

35. Woche

Baby-Godzilla ist los

… rette sich, wer kann. Außerdem: die Laktationshilfe hat ausgedient, Annas Breiexperimente, die „U5“ und Japan in Coronazeiten.

Hallo zusammen,

von vergangenem Montag habe ich ja schon berichtet. Was noch fehlt, ist, dass die Laktationshilfe am Montagmorgen kaputt gegangen ist. Beziehungsweise, war einfach ein Schlauch ab am Morgen, als ich sie anlegen wollte. Letzte Woche habe ich davon nicht geschrieben, weil schon so viele andere Themen dran waren und der Bericht schon so lang geworden war… Schon die Woche davor hatte ich die Laktationshilfe reduziert und sie nur noch morgens und abends angelegt, dazwischen trank Anna die Brust pur. Was ja nicht mehr so viel ist, wenn sie ihren Brei gut gegessen hat. Da hatten wir die Woche aber auch so Phasen … Manchmal wollte sie partout selbst essen und sich nicht mehr füttern lassen, riss mir den Löffel aus der Hand. Dabei ging schon oft die Hälfte daneben. Sie hatte schon immer einen zweiten Löffel, den sie selbst in der Hand hielt und damit spielte. Manchmal wechselten wir den Löffel auch. Sie ließ ihren fallen oder verlor ihn, wenn ich mit dem nächsten Löffel kam, den sie dann behalten durfte, wenn der Brei im Mund gelandet war. Das half jetzt auch nicht. Mein Mann schaffte es dann mit viel Geduld, sie weiter zu füttern und ich hab mir Sonntagabend den Löffel einfach nicht entreißen lassen. Weil der Brei sooo lecker war, ließ sie sich dann doch füttern.
Eine andere Idee von Anna diese Woche war, den Brei einfach wieder rauszudrücken. Sie aß ein paar Löffel und dann begann der „Spaß“. Ihr macht es auf jeden Fall auch Spaß, aber ich finde es nicht so prickelnd, wenn der gute Brei dann auf Lätzchen und Tisch landet. Entweder sie spielt, dass sie ein kleineres Baby ist oder sie will einfach den Brei neu erkunden. Ich glaube, sie steckt gerade mitten in einem Entwicklungssprung. Okay, müssen wir zusammen durch. Was Sonntag gut half, waren ein paar ganze Stücke vom gekochten Gemüse, die sie dann selbst versuchen konnte zu essen. Möhre und Kartoffel waren etwas schwierig und eigneten sich besser zum wieder rausschieben und mantschen. Aber die Zucchinistückchen konnte sie fast ganz essen.

Entsprechend der geringeren Breimengen an manchen Tagen trank Anna danach dann wieder mehr Brust. Tagsüber brauchte ich auch kaum eine Flasche. Nachts aber, wenn ich das Gefühl hatte, dass sie beide Seiten inzwischen abgetrunken hatte und/oder ich nicht mehr auf der Seite liegen konnte, bat ich meinen Mann, wenn ich hörte, dass er gerade auch wach war, mir eine Flasche zu bringen. Ließe ich Anna in so einem Moment allein, würde sie schnell losschreien.
Wenn sie aufgeregt nach der Zitze sucht und ich nicht schnell genug in Position komme – ich muss mir dann noch das Seitenschläferkissen ranziehen, – passiert es manchmal, dass sie dann schreit und richtig aufwacht.
An dieser Stelle einen lieben Dank an Stephanie für deine Buchempfehlung. Ich habe mir das Buch „artgerecht“ von Nicola Schmidt gekauft und auch schon angefangen zu lesen.
Einiges, was darin berichtet wird, ist mir auch schon aufgefallen. Zum Beispiel wache ich tatsächlich, seit Anna direkt bei mir schläft, meist kurz vor ihr auf. Manchmal habe ich sogar Zeit, auf Toilette zu gehen. Manchmal, wenn sie sich meldet, ist es gar nicht, weil sie trinken möchte.
Auch, dass sie morgens nach dem Aufstehen gleich Pipi machen muss, habe ich schon bemerkt. Manchmal ist die Windel sogar noch trocken. Mal sehen, ob ich nach der Lektüre beim Thema Abhalten noch vorankomme. Das Kaka abhalten klappt inzwischen super, was ich lange nicht für möglich gehalten hätte. Aber das merke ich Anna jetzt sehr zuverlässig an.

In Deutschland werden wir uns aber definitiv um gute Matratzen kümmern. Das hier ist einfach kein Zustand. Ich weiß nicht, wie Japaner dauerhaft so schlafen können. Naja, auf dem Rücken hätte ich weniger Probleme. Aber die halbe Nacht auf der Seite, das macht mich immer wieder ganz kirre.

Noch einmal zum Stillen – das Fazit nach einer Woche ohne die Laktationshilfe: Anna kann Brust trinken, das ist an sich gar kein Problem. Manchmal ist sie aber wohl zu aufgeregt, um so zu trinken, dass der Milchfluss sie zufrieden stellt, da fällt es ihr mit Flasche leichter, obwohl der Sauger ein sehr kleines Loch hat. (Mit einem Vakuumsauger sind wir nie zurechtgekommen.) Aber teils ist es auch ihr „ich will selber“, dann spielt sie mit der Flasche mehr anstatt zu trinken. Morgens braucht sie manchmal die Flasche, um erst einmal eine gute Portion wegzuziehen und dann wechselt sie aber auch wieder an die Brust. Sie scheint mit dem Wechsel zumindest momentan kein Problem mehr zu haben. Vor einiger Zeit war es noch so, dass der Tag brustmäßig nicht ohne Laktationshilfe ging, wenn sie morgens im Wachzustand eine Flasche hatte. Nachts scheint die Flasche keine solche Auswirkung auf sie zu haben.

Insgesamt ist Anna zurzeit ein Wusel, immer in Bewegung. Auch, wenn sie eigentlich gerade trinken wollte, dreht sie sich schon wieder weg. Manchmal versucht sie, die Zitze noch möglichst lange im Mund zu behalten. Dann dockt sie ab und krabbelt ein Stückchen zurück, ich drehe mich auf den Rücken und dann kommt Anna wieder auf die Brust zugewankt mit offenem Mund und stürzt sich fast darauf. Auch die Flasche versucht sie so zu trinken, also von oben abzutrinken. Was natürlich nicht geht… Auch im Sitzen geht das Stillen inzwischen leichter, aber da immer nur ein paar Schlucke, dann muss Anna zurück auf ihre Erkundungstour. Inzwischen klappt es mit dem Krabbeln schon ganz gut. Noch legt sie keine großen Strecken zurück, dafür aber ohne Rücksicht auf Verluste. Was im Weg ist, wird gnadenlos niedergemäht. Sonst setzt sie sich lieber bald wieder hin und dabei auf was eben gerade da so liegt oder lässt sich hochnehmen. Auf dem Boden in der ganzen Wohnung sieht es nach ihren Spielzeiten immer aus, als wäre Baby-Godzilla durch Spielzeug-Tokio gekrabbelt. Das Wickeln auf dem Schreibtisch ist inzwischen eine echte Herausforderung. Anna kann sich nun selbst auf der Wickelmatte drehen und windet sich in alle Richtungen. Ich probiere derzeit auch Pants, aber ich bin nicht sicher, ob nicht die klassische Windel vielleicht doch leichter anzubringen ist.
Am Mittwoch stand die voraussichtlich letzte Impfung in Japan an. Dann geht es erst um den ersten Geburtstag herum weiter und das werden wir dann erst in Deutschland machen. Es war ein relativ kühler Morgen und Anna war den ganzen Weg zur Ärztin wach. Wir waren die einzigen Patienten und mussten daher auch nicht lange warten. Leider war es wieder die ältere Ärztin, die zwar besser Englisch versteht, aber beim Spritzen geben bisher am wenigsten sensibel vorging. Zum Glück war es aber nur eine.
Danach bat ich die Ärztin noch, sich Annas Füße und insbesondere Zehen genauer anzusehen. Wir lassen die Füße ja, wie hier üblich, praktisch immer frei, also barfüßig. Aber Annas Fußnägel von den großen Zehen sind nun mehrfach umgebogen und teils gebrochen und auch sonst bilden sich kleine Abreibungen. Das bleibt sicher nicht aus bei einem frischen Krabbler, aber ich bekam eine Creme, mit der sie die Zehen trotzdem noch unbedenklich in den Mund nehmen kann.
Da im April das Bezirksamt angerufen hatte und die anstehende Untersuchung für den sechsten/siebten Monat, die im Mai hätte stattfinden sollen, abgesagt hatte, fragte ich, ob sie diese Untersuchung machen könnte, ob es da irgendwas sehr Wichtiges gäbe. Gegen eine m.E. relativ geringe Gebühr übernahm die Ärztin die Untersuchung und Messung. Anna zeigt sich demnach als motorisch sehr gut entwickelt und auch geistig völlig normal. Für die japanische Statistik ist sie ungewöhnlich groß und schwer, aber die Verhältnisse von Kopf- und Brustumfang zur Körpergröße und dem Gewicht sind normal. Insofern passt also alles.

Ansonsten ging ich auch wieder jeden Tag an die frische Luft. Meist an den Fluss. Einmal fragte eine Japanerin mit Baby, ob sie sich – mit Abstand – neben mich und Anna setzen dürfte. Wir unterhielten uns dann etwas und wollen auch in Kontakt bleiben. Wie ich, ist sie auch schon etwas älter, mit einem jüngeren Mann verheiratet, ein Ausländer. Ihr Baby ist erst drei Monate alt. Bestimmt treffen wir uns mal wieder am Fluss oder verabreden uns auch mal dazu.

Freitag ging ich schneller nach dem Mittagessen raus. Es war kühler und ich wollte zu Fuß zu einem Laden, der – so wurde mir berichtet – auch organic Babyfood hatte. Auf dem Weg schlief Anna ein und ich wollte ihr einen möglichst langen Mittagsschlaf ermöglichen, deshalb drehte ich noch ein paar Runden im Imperial Park, der auf dem Weg lag. Irgendwann brauchte ich dann eine Toilette und da wachte Anna dann auf. Hatte inzwischen aber zwei Stunden geschlafen. Wir setzten uns auf eine Parkbank und sie konnte die wenigen Leute beobachten, die mit dem Rad oder zu Fuß vorbeikamen. Manche mit Kindern flirteten mit ihr und ich winkte für Anna, die das noch nicht drauf hat. Sie war recht fröhlich und sah mich immer wieder ganz vergnügt an, als wollte sie sagen, „das ist aber ein toller Ort, Mama!“ Wir suchten auch noch ein Plätzchen mit Gras und da wurden dann alle möglichen Halme und Laub untersucht.
Als ihr Durst nach Erkunden gestillt schien und auch der tatsächliche mit ein paar Schlucken befriedigt war, brachen wir auf in den von hier nicht mehr weiten Laden.
Tatsächlich fand ich auch einige Quetschies mit Fruchtpüree, aus Frankreich importiert. Davon wanderten einige in den Einkaufskorb. Und dann gibt es doch tatsächlich eine japanische Marke, manma, die biologische Zutaten für den Babybrei nutzt. Weiteres dazu will ich dann nächste Woche schreiben, denn ich wollte noch ein paar Fotos machen, wozu ich nicht mehr gekommen bin.
Mit Babys oder Kleinkindern einkaufen gehen ist ja immer so eine Sache… Diesmal drehte Anna im Laden plötzlich voll auf, lachte, kreischte und freute sich über „ich-weiß-nicht-was“. Total lustig!
In Punkto Corona hatte der Laden, wie inzwischen alle, am Eingang Handdesinfektionsmittel, an den Kassen Plastikfolien von der Decke hängen und für die Schlangen Markierungen am Boden, um Abstand zu halten. Auch bei den Ablagen, wo man hinter der Kasse einpackt, hatten sie Markierungen, dass nur jeder zweite „Platz“ besetzt werden soll.

Mein Mann hat vorgeschlagen noch einmal zu beschreiben, wie es hier um die Ausgangsbeschränkungen steht und wie mit dem Virus bzw. der Ansteckungsgefahr umgegangen wird, also von dem, was wir mitbekommen. – Wen das Thema nicht interessiert, mag gleich zu den Grüßen springen.
Als wir zu unserer Deutschlandreise aufbrachen, lagen Deutschland und Japan noch ziemlich gleichauf mit der Zahl der bestätigten Fälle. Dann ging die Zahl in Deutschland schnell nach oben, in Japan nicht ganz so schnell, allerdings wurde schon damals deutlich weniger getestet. Was wir hier hören, ist, dass nur Leute getestet werden, die über vier Tage lang über 38,5 Grad Fieber haben. Viele Japaner waren und sind damit unzufrieden. Besonders dramatisch war, was auf der Diamond Princess im Hafen von Yokohama passierte. Viele Passagiere steckten sich wahrscheinlich erst während der Quarantäne an Bord an. Und während die Heimatländer der Urlauber ihre Heimkehrer in der Regel erst einmal erneut in Quarantäne steckten, ließ Japan sie mit den öffentlichen Verkehrsmitteln nach Hause fahren. Als sich darauf doch Empörung Luft brach, hieß es, alle würden jeden Tag von den Gesundheitsämtern angerufen und nach ihrem Befinden gefragt.
Wohl auch um nach diesem Fiasko wieder etwas zu tun, rief der Premier kurz darauf auf, alle Schulen und Kindergärten zwei Wochen vor den Frühjahrsferien zu schließen bzw. auf Online-Unterricht umzustellen. Das hielten damals noch viele für übertrieben. Im Nachhinein war es vielleicht eine erfolgreiche Präventionsmaßnahme.
Überhaupt, lange Zeit hörte man in Japan nichts von überfüllten Krankenhäusern oder einer erhöhten Sterberate. Und es wurde viel gerätselt, woran es liegen könnte, dass Japan trotz seiner Nähe zu China, den vielen chinesischen Touristen und wirtschaftlichen Beziehungen offenbar doch ziemlich verschont blieb. Sind es die Masken? Eine Kultur, die sowieso körperlich relativ distanziert ist? Kein Händeschütteln, keine Umarmungen … Ich denke, dass da durchaus etwas dran ist. Allerdings sind natürlich die öffentlichen Verkehrsmittel hier zu normalen Zeiten bzw. in der rush hour extrem gefüllt, was ein Abstandhalten unmöglich macht.

Um die Zeit unserer Rückkehr wurde klar, dass die Olympischen Spiele dieses Jahr nicht mehr würden stattfinden können. Daraufhin stieg die Zahl stärker, als ob nun mehr getestet würde. Die Bürgermeisterin von Tokio appellierte an die Bürger, an den Wochenenden zuhause zu bleiben und sich nicht zum traditionellen Kirschblüten-Picknick in den Parks zu treffen. Andere Amtsträger taten es ihr gleich. Es wurde immer wieder davon gesprochen, die drei C’s zu vermeiden:
- Closed spaces with poor ventilation – geschlossene Räume mit schlechter Belüftung
- Crowded places with many people nearby – Ansammlungen vieler Leute
- Close-contact settings such as close-range conversations – Situationen mit engem Kontakt wie eng beisammenstehend Gespräche zu führen.
Je nach Zeitung oder Quelle, hielten sich sehr viele an diese Aufrufe oder es wurde bemängelt, dass die Straßen weiter genauso voll waren. Dann wurde am 17. April schließlich der „state of emergency“ ausgerufen. Aus Osaka und Tokio hörte man nun Berichte von Notständen in Krankenhäusern und sogar Bitten an die Bevölkerung, Regenkleidung als Schutzkleidung für Kliniken zu spenden. Jede Präfektur konnte nun eigene Maßnahmenkataloge erlassen. In Tokio hieß es zum Beispiel, dass die Menschenströme im öffentlichen Nahverkehr um 70-80 % reduziert werden sollte. Hauptansatz war von zuhause zu arbeiten.
(Dazu gab es interessante Zeitungsartikel zu lesen: Offenbar ist es für viele Arbeitnehmer mindestens einmal die Woche notwendig ins Büro zu fahren, da sie dann irgendwelche Unterlagen gegenzeichnen und mit ihrem Hanko (persönlicher Namensstempel, das Gegenstück zur Unterschrift) versehen müssen. Dies wurde kritisiert und die Situation scheint eine Veränderung in Gang zu bringen. Japan ist eben eine Mischung aus altmodischen Traditionen und Hightech-Moderne; und viele Dinge ändern sich nur, wenn sie müssen.)

Die Präfektur Kyoto setzte eine Task Force ein und die Bevölkerung wurde gebeten, zuhause zu bleiben und nur notwendige Gänge nach draußen zu unternehmen. Veranstaltungen sollten rigoros abgesagt werden egal welcher Größe. (Meine Freundin mit dem Pilatesstudio hatte schon im März berichtet, dass größere Yogaevents abgesagt wurden.) Theater, Kinos etc. wurden gebeten zu schließen. Restaurants aufgefordert, die Öffnungszeiten zu begrenzen. Viele Restaurants bieten nun vermehrt Essen zum Mitnehmen an, einige haben auch komplett geschlossen. Darunter sicher auch einige, bei denen es unsicher ist, ob sie wieder öffnen können oder das Virus ihr Aus bedeutet.
Natürlich gibt es auch hier staatliche Hilfsprogramme für die Wirtschaft, da haben wir aber zu wenig mitbekommen. Ansonsten war eine Aktion des Premiers noch, als es gerade keine Einwegmasken mehr zu kaufen gab, an alle Haushalte im Land je zwei waschbare Stoffmasken zu schicken. Auf der Social Media Plattform haben sich Leute gemeldet, dass sie welche bekommen haben und, dass es Organisationen gäbe, denen man die Masken weiterschicken kann, die sie wirklich brauchen. Manche bemerkten, dass die Masken sehr klein, eher Kindergröße hatten. Wir haben bis heute keine bekommen, also vom Staat. Natürlich haben wir selbst welche gekauft und tragen diese auch.

Da wir uns ja bereits sozial distanzierten, änderte das für uns nicht mehr allzu viel. Allerdings schloss nun das Einkaufscenter und auch das Fitnessstudio. Museen und zum Beispiel der botanische Garten und der Zoo, als sozusagen Staatsbetriebe waren schon vorher geschlossen worden. Tempel und Schreine sind in der Regel weiter offen, Tempelmuseen allerdings geschlossen.

Auf unseren Spaziergängen am Fluss sehen wir, dass Fitnessgeräte (Streckbänke, Reckstangen) mit rot-weißen Bändern abgesperrt sind und Schilder tragen, dass dies wegen des Corona-Virus ist. Aber dort wie auf dem Spielplatz gegenüber von unserem Haus beobachten wir weiter frohes Treiben. Kann natürlich sein, dass dabei immer nur Personen eines Haushalts eng miteinander agieren. Aber bei den etwas älteren Kindern sieht mir das nicht danach aus. Auch die Jugendlichen, die ein Schild mitten auf dem Sportplatz am Fluss ignorieren, sind bestimmt nicht aus einer Familie. Anders als in vielen Ländern mit Lockdown beruht hier die Mithilfe der Gesellschaft auf Freiwilligkeit, es gibt keinerlei Kontrollen, keine Ordnungshüter, die jemanden ermahnen würden. Insofern wird vielleicht den Einzelnen mehr Verantwortung zugetraut, aber es gibt auch keine gesetzliche Möglichkeit, die Rechte so einzuschränken. Anders als in anderen Gesellschaften funktioniert es im Großen und Ganzen hier aber vielleicht besser, da der Einzelne sich in dieser Gesellschaft schon immer viel stärker unterordnet, dem Gemeinwohl verpflichtet ist. So berichtete mir eine japanische Freundin im März, dass eine Freundin von ihr im Zug schon Maske trug, wegen einer Allergie niesen oder husten musste und von den Mitfahrern gebeten wurde, doch bitte auszusteigen.
Ach ja, falls jemand tatsächlich immer noch nicht mitbekommen haben sollte, dass es gerade ein gefährliches und stark ansteckendes Virus gibt, fahren derzeit Wagen mit Lautsprechern durch die Straßen und informieren die Bevölkerung auf diese Art.

Bei allem, was man inzwischen über das Virus und die Ansteckungswege weiß, wundert es uns allerdings, dass die Fitnessgeräte und der botanische Garten geschlossen sind. Die Leute würden sich schließlich besser verteilen, wenn sie in einer Großstadt wie Kyoto mehr Platz dafür hätten. Denn trotz vieler schöner, begrünter Schrein- und Tempelflächen hat die Stadt besonders im Zentrum kaum Erholungsflächen. (Also für eine japanische Stadt enorm viele, aber sonst ….)
Kurz vor Ende der Golden Week Anfang Mai wurde der Notstand dann bis 31. Mai verlängert. Nichts anderes hatten wir erwartet. Die Zahlen waren weiter hoch und was wohl mehr Ausschlag gab, einige Krankenhäuser weiter an der Belastungsgrenze.
Es wird noch immer kaum getestet. Angeblich ist ein Grund, dass positiv Getestete, egal wie leicht die Symptome sind, nach japanischem Infektionsgesetz klinisch behandelt werden müssen und dafür fehlen natürlich die Kapazitäten. Das habe ich aber nur aus einer Gruppe einer Social Media Plattform. Ich kann nicht nachvollziehen, ob die Information stimmt. Dieselbe Person schrieb auch, dass sie einen Antikörpertest machen lassen wollte, da sie der Meinung sei, das Virus im Februar gehabt zu haben. Darauf habe sie die Antwort bekommen, dass nur diejenigen zum Antikörpertest zugelassen würden, die zuvor positiv auf das Virus getestet worden wären. Nun ja…
Nachdem die Zahlen allerdings deutlich zurückgingen hieß es letzte Woche nun überraschend, dass in 39 der 47 Präfekturen der Notstand bereits wieder aufgehoben werden kann. Kyoto ist leider nicht dabei, könnte aber nächste Woche folgen. Also etwas früher als geplant. Natürlich heißt es auch hier, dass dann nicht alles auf „normal“ zurückfahren kann. Große Malls planen die Menge an Menschen, die gleichzeitig drinnen sein dürfen, zu begrenzen. Und alle sollen weiter Distanz wahren, die drei C’s meiden. Eine zweite Welle müsse verhindert werden.
Da reihen wir uns ein und hoffen, dass auch der heiße Sommer dazu beitragen wird, dass das Infektionsgeschehen eingedämmt wird.

Damit verabschiede ich mich heute. Ach ja, die Testergebnisse meiner Eltern und auch meines Bruders waren alle negativ, also alles positiv – wofür ich sehr dankbar bin!

Seid herzlich gegrüßt aus Kyoto und bleibt gesund!
Silke



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