Der Besuch bei der Frauenärztin bringt leider keine guten Neuigkeiten. Die Schwangerschaft kommt zu ihrem Ende.
kidsgo 17.8.
Liebe Leserinnen,
leider ist es wieder passiert. Ich hatte euch ein schönes Bild vom kleinen Würmchen aus der 11. Woche versprochen. Stattdessen hat die Frauenärztin am letzten Freitag wieder eine Fehlgeburt festgestellt. Sie musste es gar nicht erklären. Ich habe es auch gleich gesehen. Da waren keine Ärmchen und Beinchen zu erkennen und der kleine Fleck im Ultraschall war auch kaum gewachsen im Vergleich zur 8. Woche. Ach, so schade.
Ich war vorher so aufgeregt gewesen. Ich hatte mich die ganze die ganze Woche davor irgendwie „unschwanger“ gefühlt. Aber mit dem ganzen Umzugsstress und unseren abwechselnden Erkältungen in der Familie wollte ich nichts überdramatisieren. Und auch vor der letzten Untersuchung hatte ich mich so gefühlt.
Die Ärztin erklärte mir kurz die Optionen (abwarten, Tabletten, Ausschabung) und bestärkte mich in meinem Wunsch, wieder die Tabletten zu nehmen. Sie meinte, dass ich auch noch etwas abwarten könne und gab mir die Tabletten mit nach Hause.
Ich war zwar gefasst aber stand ganz schön unter Schock. Ich schrieb meinem Mann kurz eine Nachricht und fuhr wieder nach Hause. Zum Glück war der Kleine in der Kita und mein Mann hatte schon Urlaub. Er hatte meine Nachricht noch gar nicht gelesen und begrüßte mich fröhlich „Na, was macht unsere Kleine?“ und dann schossen die Tränen erst einmal aus mir heraus.
Es hätte alles so gut gepasst: Umzug fertig, alle wieder halbwegs gesund, Urlaub vor der Tür und dann unseren Familien vom Nachwuchs erzählen. Stattdessen war der Plan für die kommenden Monate futsch, die Vorfreude wie eine Seifenblase zerplatzt und nun musste ich die Einnahme der Tabletten und den Abgang des Fötus irgendwie in den Reiseplan einbauen.
Zum Glück hatten wir den Tag für uns. Wir werkelten beide in der neuen Wohnung, trösteten uns immer mal gegenseitig und konnten damit schon etwas Abstand gewinnen.
Trotz der Traurigkeit dieser Nachricht ist es ja auch toll, dass die Natur genau hinguckt, ob das kleine Wesen auch lebensfähig ist. Und wenn es das nicht ist, dann muss diese Schwangerschaft eben beendet werden.
Natürlich gingen mir tausend Fragen durch den Kopf: Bin ich zu alt? War es die Erkältung? War es der Stress der letzten Wochen? Habe ich mich gestoßen oder aus Versehen einen Tritt von Fiete bekommen? Habe ich etwas Falsches gegessen? Habe ich einen unbemerkten Infekt aus der Kita bekommen? Wir wünschen uns ein zweites Kind, aber muss es um jeden Preis sein? Wie oft würde ich das Risiko einer Fehlgeburt noch eingehen?
Da ich im Verlauf der Wochen verschiedenen Freundinnen von der Schwangerschaft erzählt hatte, musste ich nun von der Fehlgeburt berichten. Für mich war das aber im Rückblick hilfreich. Damit wurde es mehr zu einer Tatsache und außerdem bekam ich von allen Seiten Trost. Es tut so gut, statt irgendwelcher Fragen oder Mutmaßungen einfach nur mitfühlende Worte zu hören und zu lesen. Jede Freundin hat es entweder selbst schon erlebt oder kennt eine andere Frau, die es erlebt hat. Ich finde das sehr tröstlich. Es ist einfach normal und natürlich. Ja, mein Alter spielt sicherlich eine Rolle, möglicherweise auch andere Faktoren. Aber ich bin froh, dass sich das nie herausfinden lassen wird. Es muss nicht sein. Und ob wir noch einen Versuch starten wollen, müssen wir jetzt nicht entscheiden. Im Moment ist nur wichtig, sich von den Gedanken an ein kleines Wesen in meinem Bauch zu verabschieden und darauf zu achten, dass es mir gut geht bis der Abgang vollständig ist.
Unsere erste Urlaubsstation war der Besuch bei meiner Schwiegerfamilie. Das war schon lange geplant und da wir uns nur selten sehen, wollten wir den Plan nicht ändern. Ich war froh, dass es dort genügend liebe Menschen gibt, die sich mit großer Hingabe auch mal um unseren kleinen Mann kümmern konnten. Oma und Opa sind einfach durch nichts zu ersetzen! Wir erzählten auch von der Fehlgeburt. Alle waren sehr verständnisvoll, dass ich mich mal zurückziehe. Das tat mir so gut. Ich hatte beschlossen, mit den Tabletten noch ein paar Tage zu warten. So gern ich meine Schwiegerfamilie habe, war es mir doch etwas zuviel Trubel, um dort die Ruhe für eine „kleine Geburt“ zu haben. Ich ging stattdessen noch zu einer anderen Ärztin (in einer fremden Stadt war es eine mittlere Odyssee von Krankenhaus und verschiedenen Praxen bis mich endlich jemand kurzfristig aufnehmen wollte). Ich wollte nur noch einmal Gewissheit haben, dass wirklich alles vorbei ist. So ein Blick auf das Ultraschallbild ist zwar deutlich aber dann doch so kurz, dass ich es gern noch einmal bestätigt haben wollte.
Die Ärztin war wirklich sehr nett. Sie bestätigte die Fehlgeburt und sagte: „Gehen Sie davon aus, dass es mit allergrößter Wahrscheinlichkeit ein genetischer Defekt war und dass die Natur hier ihre Arbeit gut gemacht hat.“
Sie meinte auch, dass ich getrost noch ein paar Tage warten könnte bis ich die Tabletten einnehme. Der Körper braucht manchmal bis zu vier Wochen, um den abgestorbenen Fötus abzustoßen. Sie zeigte mir, dass im Vergleich zur Untersuchung vor 3 Tagen der Fötus noch kleiner geworden ist und weiter in Richtung Muttermund gerutscht ist. Außerdem war auch die Gebärmutterschleimhaut schon weniger gleichmäßig.
Diese Tage haben mir geholfen, mich innerlich zu verabschieden. Ich war von den Wochen der Schwangerschaft und den anderen Herausforderungen der letzten Wochen so erschöpft, dass ich mich tagsüber zum schlafen hinlegte und froh war, den kleinen Mann öfter mal abzugeben. Gestern haben wir unsere Reise fortgesetzt und sind auf dem Weg zu meiner Familie. Jetzt legen wir aber ein paar Tage Zwischenstopp ein, damit ich in Ruhe die „kleine Geburt“ durchführen kann. Diesen Begriff fand ich früher sehr befremdlich. Aber ich habe es bei der letzten Fehlgeburt wirklich so erlebt: leichte Wehen und Kontraktionen um das Gewebe aus der Gebärmutter auszustoßen. Das fand ich sehr faszinierend und hat mir noch einmal geholfen, mit dieser Schwangerschaft abzuschließen. So wünsche ich mir das auch dieses Mal.
Von dieser Erfahrung berichte ich euch dann in der kommenden Woche, bevor dieses Tagebuch leider zu seinem Ende kommt.
Viele liebe Grüße,
Simone