Zuletzt aktualisiert: 07-2021
Die Schwangerschaft ist eine ganz besondere Zeit und für die meisten Eltern eine Phase des Glücks. In die Vorfreude auf das Baby – und auch das ist völlig normal – mischen sich aber oft noch andere Gefühle: Sorgen, Ängste und Unsicherheit, ob alles gutgehen wird. Viele vergessen dabei, dass die meisten Kinder gesund zur Welt kommen. Mit den Möglichkeiten der modernen Medizindiagnostik hoffen werdende Eltern, sich während der Schwangerschaft Sicherheit zu verschaffen und die Chance auf ein gesundes Kind zu erhöhen. Und tatsächlich gibt es heute immer mehr Möglichkeiten, Abweichungen von einer normalen Schwangerschaft und bestimmte Krankheiten des Kindes frühzeitig zu erkennen. In einigen Fällen können Babys dann schon vor der Geburt erfolgreich behandelt werden. Immer mehr Ärztinnen und Ärzte bieten heute aber auch Leistungen an, die medizinisch nicht wirklich notwendig sind. Es gibt vorgeburtliche Tests, die sinnlos sind, zu uneindeutigen Ergebnissen oder nur zu Wahrscheinlichkeiten führen, schwer verunsichern können oder werdende Mütter und Väter vor schwierige Entscheidungen stellen.
Aber wo hört die sinnvolle Schwangerschaftsvorsorge auf? Und wo beginnt eine Pränataldiagnostik, die im schlimmsten Fall sogar mehr schadet als nützt? Welche Vorsorgeuntersuchungen werden als regelmäßige Kontrollen durchgeführt, und welche sind zusätzliche Untersuchungen – also rein optionale Tests?
Diesen Fragen gehen wir für 35 Schwangerschaftsuntersuchungen auf den Grund. Dazu unterziehen wir verschiedene Vorsorgeuntersuchungen einer Überprüfung: von regulären Vorsorgeuntersuchungen wie Blutdruck- und Gewichtsmessung über Ultraschall-Untersuchungen bis hin zu Chorionzottenbiopsie, Triple-Test und ähnlichen Diagnostik-Verfahren, die vermeintlich das Risiko für Chromosomenabweichungen des ungeborenen Babys berechnen (z. B. Trisomie 21). Für jede medizinische Untersuchung stellen wir einen übersichtlichen „Steckbrief“ bereit, in dem die Abläufe der Vorsorgeuntersuchung beschrieben und Risiko und Nutzen für Mutter und Baby abgewogen werden. Und besonders wichtig: Für jede Schwangerschaftsuntersuchung geben unsere fachkundigen Experten ihre Einschätzungen ab.
Über die Suchfunktionen auf dieser Seitekannst du filtern, welche Schwangerschaftsuntersuchungen dir angezeigt werden. Du möchtest herausfinden, welche Untersuchungen von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen werden oder welche Patientinnen als individuelle Gesundheitsleistung aus eigener Tasche bezahlen müssen (also als IGeL-Leistungen kostenpflichtig sind)? Du willst wissen, welche Vorsorgeuntersuchungen von einer Hebamme, einem Arzt oder nur in einem Krankenhaus durchgeführt werden? Oder möchtest du erfahren, bei welchen Verfahren der Aufwand für die Schwangere eher gering oder eher hoch wäre? – Mithilfe unserer Suchfilter wirst du bestimmt fündig: Grenze deine Suche sinnvoll ein!
Prof. Dr. Sven Hildebrandt
Sven Hildebrandt ist Professor für Frauenheilkunde und Geburtshilfe an der Hochschule Fulda. Er arbeitet als niedergelassener Frauenarzt in einer großen Praxis in Dresden, die mit einer Hebammenpraxis und einem Geburtshaus kooperiert. Er lebt in der kleinen sächsischen Burgstadt Stolpen, ist verheiratet und hat vier Kinder.
Dr. Ulrike Bös
Dr. Ulrike Bös ist seit 1992 gynäkologisch und geburtshilflich tätig. Nach klinischer Tätigkeit in verschiedenen Kliniken im Rhein-Main-Gebiet, in Ecuador und Großbritannien arbeitet sie seit 2006 als niedergelassene Gynäkologin in eigener Praxis in Staufen bei Freiburg. Sie engagiert sich u. a. im Arbeitskreis Frauengesundheit (AKF) und bei Greenbirth und ist Co-Autorin von „Die Geburt meines ersten Kindes“. Frau Dr. Bös ist verheiratet und hat drei Kinder.
Dr. Sven Hildebrandt ist Professor für Frauenheilkunde und Geburtshilfe. Im Mittelpunkt der Schwangerenbetreuung sollte seiner Ansicht nach die Begleitung der werdenden Mutter durch die Schwangerschaft stehen – und weniger der Ausblick in die ohnehin ungewisse Zukunft. „Es geht auch darum, Abweichungen einer normalen Schwangerschaft zu erkennen: Aber nur dann, wenn das einen Nutzen für Mutter oder Kind ergibt.“ Hildebrandt nennt als Beispiel die gezielte Suche nach Herzfehlern. Einen Nutzen habe es, nach solchen zu suchen, die die Geburt in einer Spezialklinik erforderlich machen würden. „Das Aufspüren anderer Herzfehler, die vielleicht von alleine wieder verschwinden oder gar keine Symptome verursachen, führt zu unnötiger Verunsicherung bei Eltern.“
Es gibt auch andere Gründe, die für das Aussparen von Untersuchungen sprechen. Mit der Diagnose eines Down-Syndroms etwa, sagt Hildebrandt, kommen Eltern oft besser zurecht, wenn sie erst nach der Geburt damit konfrontiert werden. „Das haben Untersuchungen gezeigt.“ Leider würden heute zudem viele Tests in der Schwangerschaft angeboten, die Eltern falsche Sicherheit vortäuschen: „Dabei kann kein einziges diagnostisches Verfahren die Garantie für ein gesundes Kind liefern.“ Letztendlich geben viele Ergebnisse nur eine Wahrscheinlichkeit wieder, die mit Vorsicht zu genießen ist.
Wichtig ist, dass man als Schwangere mit Arzt und Hebamme klare Absprachen dazu trifft, welchen „Untersuchungsauftrag“ man ihnen erteilt. Das bedeutet auch: Um spontan auf Empfehlungen des Arztes oder der Hebamme zu weiteren Untersuchungen reagieren zu können, sollten Schwangere sich vor dem anstehenden Arztbesuch mit möglichen Nachuntersuchungen – und damit, wie weit sie gehen wollen – auseinandersetzen.
Der behandelnde Arzt sollte dann umfassend über die Risiken und Nutzen einer pränatalen Diagnostik aufklären. Doch für ausführliche Gespräche im Praxisalltag bleibe nur leider oft nicht viel Zeit, sagt Dr. Marion Janke. Sie berät bei Pro Familia Schwangere und werdende Eltern zu Fragen rund um die Pränataldiagnostik. „Ich empfehle, dann ruhig öfter nachzufragen.“ Schwangere könnten sich auch an eine Schwangerenberatung von Pro Familia oder anderen Einrichtungen wenden, wenn sie sich vom Arzt nicht ausreichend informiert fühlen. Und zwar am besten, bevor sie sich für eine erweiterte Diagnostik entscheiden. Es sei wichtig, dass einem im Vorhinein klar ist, was man von einer Untersuchung erwarten kann. „Die meisten Eltern wünschen sich ganz einfach die Bestätigung, dass mit ihrem Kind alles in Ordnung ist. Doch keine Untersuchung kann schwangeren Frauen 100-prozentige Sicherheit geben.“ Stattdessen gibt es manchmal unangenehme Ergebnisse – oder solche, die nicht eindeutig sind oder deren Aussagekraft sehr eingeschränkt ist. „Anstelle einer Diagnose liefern viele diagnostische Verfahren nur eine Risiko-Einschätzung. Andere ziehen Folgeuntersuchungen nach sich, die Risiken für das Kind bergen“, sagt Janke. Eltern sollten sich deshalb vorher Gedanken zu einigen Punkten machen. Etwa zu grundlegenden Fragen, wie: Käme ein Schwangerschaftsabbruch für uns in Frage? Wollen wir Eingriffe durchführen lassen, die eine Behinderung sicher feststellen können, aber auch das ungeborene Kind gefährden? Und selbst wenn Mutter und Kind alle derzeit verfügbaren Tests durchlaufen, ist dies keine Garantie für ein gesundes Baby.
Hier ist es besonders wichtig, dass Eltern in Ruhe und gut informiert eine Entscheidung treffen. „So lässt sich am ehesten verhindern, später etwas zu bereuen“, sagt Janke. Das stetig wachsende Angebot an diagnostischen Verfahren soll Unsicherheiten beseitigen – es könne sie aber sogar verstärken: „Viele überschätzen heute das Risiko, dass während der Schwangerschaft etwas schief geht.“ In ihrer Sprechstunde kann Janke viele erst einmal beruhigen. In 96 Prozent der Schwangerschaften kommt am Ende ein gesundes Baby zur Welt.
Die von uns in Absprache mit Experten erstellten Steckbriefe beschreiben die gängigen Methoden
Sie sollen dabei als Orientierungshilfe dienen. Ob eine Untersuchung sinnvoll ist oder nicht, hängt auch vom Einzelfall ab. Und ist nicht zuletzt eine ganz persönliche Entscheidung.
Hier geht's zur PDF "35 Untersuchungen im Check":