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Immer noch nicht schwanger - Tagebücher aus der Schwangerschaft von Kinderwunsch: Julia aus bei Heidelberg

Eine neue wunderbare, aufregende und vielleicht auch lang erwartete Lebenszeit beginnt. Für unsere Tagebücher-Blogs haben wir immer 3-4 schwangere Frauen in unterschiedlicher Schwangerschaftsphase, die in freudiger Erwartung über jede Woche dieser spannenden Zeit schreiben, uns und die vielen tausend Follower:innen daran teilhaben lassen und damit unvergessliche Momente schaffen.

0. Schwangerschaftswoche

Immer noch nicht schwanger

Ein kurzes Update und dann ein sehr ehrlicher, negativer (!) Geburtsbericht aus dem März vor 3 Jahren...

Eine Kopenhagener Liebesgeschichte. Seit Ende Februar auf Netflix zu finden. Thematisiert das Thema unerfüllter Kinderwunsch. Und kickt einfach bei mir so richtig rein. Schlechte Spermien. Druck um den Eisprung. Immer und immer wieder negative Tests. Schlechte Stimmung, auch in der Beziehung. Gefühlschaos. Tränen. Viele Tränen. Viele Frauen mit ähnlichen Erfahrungen. Freundinnen die einfach so mehrfach schwanger werden. Seine Gefühle teilen, trotzdem allein damit sein. Und dann... ein offenes Ende. Eine Geschichte die so unfertig wie sie ist, raus in die Welt getragen werden muss. Nicht alle Geschichten gehen am Ende gut aus, nicht allen unerfüllten Kinderwunschgeschichten kann man gerecht werden. Aber jeder kann sich dss Ende nun selbst ausmalen... und träumen.

Zwei Tage später. Eine neue Nachricht kursiert im Internet. Die Mama von Peppa Wutz ist schwanger... aha interessant. Sogar die! Nur ich einfach nicht.  So kann man natürlich auch Werbung machen. Hat irgendwie trotzdem weh getan zu lesen, auch wenn es nur eine fiktive Figur ist.

Und so melde ich mich aus meiner "Fastenzeit" zurück. Es war dann am Ende auch eine Fastenzeit vom Kinderwunsch, denn wir werden die Methode wechseln und diesen Monat hat keine weitere IUI stattgefunden. Mein Mann wäre um Eisprung vermutlich sowieso gar nicht da gewesen, der fiel vermutlich genau in den 3 tägigen JGA auf dem er war. Und nächste Woche habe ich nun einen Besprechungstermin im Kinderwunschzentrum und dann geht es hoffentlich mit dem neuen Antrag persönlich zur Krankenkasse, in der Hoffnung das die Freigabe dann genauso schnell läuft wie beim letzten Mal.

In den letzten Wochen haben wir nicht nur Fastnacht gefeiert, sondern auch den Geburtstag meines Mannes, den meines Sohnes und den der Oma, denn die hat am selben Tag wie unser kleines Wunder Geburtstag. Und in den nächsten Tagen steht noch unser 9. Jahrestag und somit auch 5. Nicht-Hochzeitstag an, die ursprünglich Standesamtliche Trauung fiel damals sehr kurzfristig wegen Corona leider ins Wasser.

Dieser Monat ist auch jedes Jahr geprägt durch die Erinnerung an die Geburt unseres kleinen Wunders, welche mittlerweile 3 Jahre zurück liegt. Aus diesem Anlass habe ich hier bei kidsgo meine alten Einträge dazu gelesen und gesehen wie sich meine Wahrnehmung dazu in den letzten Jahren geändert hat.
Über die Zeit bis es in den Kreißsaal ging habe ich damals quasi fast nichts geschrieben. Ich lag etwa 6 Stunden alleine in einem Zimmer und habe mich komplett nicht ernst genommen gefühlt. Ich weiß nicht, ob ich das einfach verarbeiten musste oder ob ich dachte, nichts so Schlechtes mit der Welt teilen zu können. Aber jetzt bin ich bereit und möchte es euch erzählen:

Achtung! Hier beginnt der ehrliche negative! Geburtsbereicht:

Mein Mann durfte mich auf Grund der Corona Regeln damals erstmal nicht begleiten. Wobei erstmal noch zu freundlich formuliert ist. Nachdem klar war das ich wirklich Fruchtwasser verloren habe und regelmäßig Wehen habe, bekam ich einen Wehenhemmer um die Geburt um mindestens 48 Stunden hinauszögern. Sowie "Lungenreife" um das Baby noch etwas zu unterstützen für den frühen Start in diese Welt, denn ich war ja erst an 32+3.

Dann lag ich dort. Ab ca. 6 Uhr morgens. Alleine. Dauerhaft an das CTG angeschlossen, damit das Baby immer überwacht ist. Und damit genaugenommen an das Bett gefesselt. Die Hebamme kam nur, wenn ich klingelte oder das CTG Alarm schlug. Stunde für Stunde verging. Die Wehen wurden zunächst wirklich weniger oder schwächer, ich schlief erstmal noch. Informierte meinen Arbeitgeber und meine Eltern. Zwischendurch rief die Frauenarztpraxis an, weil ich nicht zu meinem Termin erschienen war. Den hatte ich komplett vergessen... Es wäre der letzte vorm Mutterschutz gewesen. Denn dieser hatte auch noch gar nicht angefangen. Danach überlegte ich noch ganz wehmütig, ob ich auch  direkt das Babybauchshooting im April absagen sollte oder lieber fragen soll ob man es in ein Newborn Shooting umwandeln kann!? Spoiler vorab: Beides fand am Ende nicht statt.
Dann gegen 10 Uhr wurden die Wehen allerdings wieder stärker, ich klingelte etwas später. Bekam gesagt das könnte nicht sein, das CTG würde auch nicht ausschlagen. Aber kurz drauf kam dennoch jemand der einen anderen Wehenhemmer an den Tropf hängte. Dieser brachte allerdings keine Besserung mehr.

Ich hatte in der Woche zuvor erst eine Stunde des Online Geburtsvorbereitungskurses gesehen, es war ja noch Corona, aber zum Glück startet der direkt mit Atemübungen. Durch das CTG in die Rückenlage gezwungen, veratmete ich die Wehen. Wobei ich das meiste, was mich an diesem Tag beruhigte im Schwangerschafts-Yoga gelernt hatte. Dort war ich einen Abend davor sogar noch gewesen. Irgendwann ging es nicht mehr ohne mich unter den Schmerzen auch zu winden, was dazufürhte das die Fühler des CTGs am Bauch verrutschen und dieses Alarm schlug. Die Hebamme kam sofort und fragte zwar warum ich mich soviel bewegte, rügte mich dann aber nur still liegen zu bleiben, damit dies nicht mehr passiert und war direkt wieder verschwunden. Gegen 11 oder halb 12 klingelte ich um auf Toilette gehen zu können. Ich sag es euch! So eine Wohltat. Nicht das Laufen. Aber die nächste Wehe auf der Toilette im Sitzen zu erleben, diese Position machte sie soviel erträglicher.

Allerdings dauerte der Hebamme mein Toilettengang zu lange, die Sitzposition bringt das Kind weiter ins Becken, was nicht gewollt war. Ich sollte mich beeilen, um wieder ins Bett zu kommen. Danach schrieb ich meinem Mann eine Nachricht "Halte dich bereit. Ich glaube das Kind kommt heute." Die Wehen wurden mehr und heftiger, irgendwann habe ich dabei auch geschrien oder getönt oder was auch immer. Nicht nur aus Schmerz auch aus Verzweiflung. Einmal so laut das die Hebamme wieder angeeilt kam. Ich habe da schon gewusst, das mein Kind noch an diesem Tag kommen würde. Die Hebamme fragte warum ich schreien würde. Weil die Wehen so weh tun. Das kann nicht sein, das CTG zeigt nichts an. Sie bringt Schmerzmittel für den Tropf und ein Tuch das sie mit Lavendel betropft. Zur Beruhigung. Bis heute kann ich keinen Lavendel mehr riechen. Ich habe das Tuch vom Bett geworfen, aufstehen und zum Mülleimer gehen ging ja leider nicht. Mein Kopf konnte gar nicht mehr klar denken, so schnell und heftig kamen die Wehen. Dazwischen nicke ich immer wieder kurz weg, nur um dann wieder aufzuschrecken. Alleine. Mit mir selbst. Nichtmal in der Lage zu telefonieren oder eine Nachricht zu senden. Die Telefonnummer meines Mannes hat auch noch niemand notiert. Es wäre ja noch genug Zeit hieß es jedesmal wenn ich fragte.

Dann Schichtwechsel. Es kommt eine neue Hebamme um sich vorzustellen. Sie ist mir direkt sympathisch und ich sage zu ihr "Wenn das gehemmte Wehen sind, bringe ich euch in zwei Tagen auf natürliche Weise kein Kind auf die Welt." Stille. "Sie haben immernoch Wehen!?" "Ja" Sie nahm einen Stift und stellte sich ans CTG. Ich solle Bescheid sagen wenn die Wehe kommt. Sie kam. Ein Strich wurde gezogen. Sie schaut mich an. Irritiert. Legt die Hand auf meinen Bauch. Fragt wann zuletzt ein Arzt hier war. Als ich aufgenommen wurde. Sie ging los um einen zu holen.
Als nächstes kommen andere Menschen. Die bringen Dokumente zum unterschreiben. Was ich da unterschreibe. Ich weiß es nicht.  Bis heute nicht. Ob ich spontan gebären wolle, fragt man mich. Spontan? Was soll das heißen, das Kind kommt doch schon, was ist daran denn bitte nicht spontan. Das spontan einfach nur auf "natürlichem Weg" bzw. "vaginal" heißt erklärt mir niemand. Mir wird Hose und Unterhose ausgezogen. Ich bekomm es nur halb mit.

Die Ärztin kommt. Erklärt das man eigentlich nicht vaginal untersuchen würde, wegen dem Infektionsrisiko, sie aber den Muttermund trotzdem kontrollieren muss auf grund meiner Aussagen und der der Hebamme. Währenddessen die nächste Wehe. Die Ärztin ruft "Vollständigkeit geöffnet. Presswehe." Sofort wird das Bett gelöst und los geschoben. Ich frage nach meinem Mann. Ich soll ihn anrufen. Im Flur wähle ich die Nummer, sage nur er muss kommen, das Kind kommt. Jetzt.

Im Kreißsaal sind alle so nett. Zwischen zwei Wehen werde ich auf ein anders Bett gehoben. Ich liege dort, so wie man es auch aus den Filmen kennt. Eine Frau steht neben mir nur um meine Hand zu halten, mir gut zuzureden, mich zu streicheln. Zwischen den Wehen massiert eine andere meine Oberschenkel. Ich habe das Gefühl es geht den Leuten um mich herum aber nicht schnell genug, die Abstand der Presswehen wurde länger. Dazwischen wurde auch auf meinem Bauch herumgedrückt. Mir wird Wasser gereicht. Ich schreie. Viel. Bei einer Wehe will ich mit meinen eigenen Hände alle um mich herum wegschlagen, ich versuche es und rufe "Ich will das nicht mehr, es geht nicht mehr". Es war die letzte Wehe. Die mit der unser Sohn das Licht der Welt erblickte. 35 Minuten sind seit dem Anruf bei meinem Mann vergangen. Er hat es nicht rechtzeitig ins Krankenhaus geschafft.

Ich glaube so richtig habe ich das immernoch nicht verarbeitet und ich glaube auch ich sehne mich unter anderem nach einem weiteren Kind, um eine abschließende positive Geburtserfahrung zu haben. Eine als Familie, mit meinem Mann an meiner Seite, in der ich all das machen darf, was die Wehenschmerzen erträglicher macht. Mit seiner Unterstützung. Nicht alleine. Nicht ans CTG gefesselt. Ernstgenommen und nicht belächelt, weil die Wehen auf dem CTG nicht zu erkennen sind. Um dann einfach mit dieser ersten Geburt besser abschließen zu können. Die Zeit danach, als unser Kind auf der Intensivstation und später der Neonatologie lag, hat mich damals wirklich weniger belastet, als die Stunden alleine in diesem Zimmer. Und ich weiß das der Schichtwechsel meine Rettung war an diesem Tag. Ich möchte mir nicht ausmalen, was passiert wäre, wäre die Hebamme des Vormittags komplett für mich zuständig gewesen.

Ich habe mir immer vorgenommen bei Motherhood e.V. anzurufen. Die haben eine Hotline um über schwierige Geburten zu sprechen. Kostenlos und Anonym. Gemacht habe ich es noch nicht, aus Sorge das meine Erfahrung quasi nichts ist, zu dem was die Berater sonst so alles hören. Nicht umsonst gibt es ja auch die Themen rund um Gewalt in der Geburtshilfe. Ich war ja einfach nur alleine und missverstanden. Meinen Geburtsbericht habe ich allerdings beim Verein eingereicht, die Berichte, aus der Pandemie, werden dort gesammelt und zur Aufbereitung (auch für künftige Ereignisse) an einen Fachrat weitergereicht.

Um mit etwas Positiven abzuschließen:

Mein Leben lang hatte ich Angst vor den Geburtsschmerzen. Ich habe sogar immer gesagt, ich würde einen Wunschkaiserschnitt nehmen. Und wäre Felix nicht zu früh gekommen, hätte ich mich vermutlich noch schrecklich verrückt wegen der Geburt gemacht.
Und ja auch ich bin gerissen während der Geburt, die Schamlippe bis zur Klitoris einseitig. Und dennoch habe ich nach der Geburt direkt gesagt:
So schlimm war es nicht. Ich habe es sogar ganz allein geschafft. Wir können definitiv noch ein weiteres Kind bekommen. Wenn ich bei der zweiten Geburt alles tun darf, was meinem Körper gut tut, dann kann das wirklich gar nicht mehr so schlimm werden.

An den Schmerz selbst erinnere ich mich heute gar nicht mehr. Ich weiß nur noch das er da war. Und ich hoffe, genau diese Erfahrung auch mit dem Schmerz zu machen, den ich zur Zeit Monat für Monat nach jedem negativen Test oder dem Einsetzen der Periode empfinde.
Aber irgendwie beginnt mein Kopf auch so langsam durchzuspielen, wie unser Leben aussehen würde, wenn es nicht klappt. Wie ich im Kopf sortiere, was alles unterm Dach liegt und verkauft werden könnte. Und manchmal denke ich bereits, ja das wäre auch okay. Aber nur manchmal.

Nächste Woche erzähle ich euch, wie es genau für uns weitergeht und was die Ärztin im Kinderwunschzentrum gesagt hat.

Bis dahin alles Liebe! Eure Julia




Tagebuch Kinderwunsch: Julia

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