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Tagebücher aus der Schwangerschaft von Marina

Eine neue wunderbare, aufregende und vielleicht auch lang erwartete Lebenszeit beginnt. Für unsere Tagebücher-Blogs haben wir immer 3-4 schwangere Frauen in unterschiedlicher Schwangerschaftsphase, die in freudiger Erwartung über jede Woche dieser spannenden Zeit schreiben, uns und die vielen tausend Follower:innen daran teilhaben lassen und damit unvergessliche Momente schaffen.

21. Schwangerschaftswoche

Weitere Erkenntnissuche und Ultraschall

Du bist ein Mädchen; die Ärztin war sich darüber ziemlich sicher.

Ich habe es schon immer irgendwie gedacht und gehofft – und endlich hat es sich bestätigt. Jetzt wurde mir bewusst, dass ich sogar Angst hatte, dass du ein Junge sein könntest (obwohl ganz so schlimm ist es sicherlich auch nicht!) – so sehr habe ich mich geistig auf deine Weiblichkeit eingestellt. Aber du bist kein Junge und es ist auch gut so. Während der letzten Ultraschalluntersuchung konnte man ganz deutlich deinen Kopf und deine Wirbelsäule erkennen und du hast gewackelt, als ich lachte. Dein Vater war wieder dabei. Wie vor einem Monat, hatten wir noch vierzig Minuten vor dem Termin totzuschlagen. Wir kauften uns Eis und saßen auf der Bank in einem Park und ich fragte ihn wieder, ob die Beziehung mit seiner Freundin gut funktioniere. Und er sagte ja, und diesmal habe ich viel weniger Schmerzen gespürt, als ich es hörte. Es war mir jetzt ganz klar – wie es mir einige Berater und Leute aus dem Freundeskreis bereits gesagt haben – dass meine vorige Entschlossenheit, mit ihm das Sorgerecht und Elternzeit zu teilen nur auf dem unbewussten Wunsch basiert hatte, wieder mit ihm zusammen zu sein. Jetzt brauche ich es aber nicht mehr. Und er hatte es auch nie vor, wollte nur das Sorgerecht ohne die Pflicht, jegliche Sorgen mit mir zu teilen. Während meiner Schwangerschaft hat er dafür gesorgt, dass meine Sorgen größer wurden. Du bist immer noch in mir – und dein Vater kann mich nicht umgehen, falls er etwas Gutes für dich tun möchte. Und bisher waren es nur Schmerzen, die von ihm durch mich auf dich übertragen wurden. Für dein seelisches und leibliches Wohl kann ich nur sorgen, indem ich weniger Kontakt zu unserer Schmerzensquelle habe. Später am Tag habe ich ihm gesagt, dass er kein Sorgerecht mit mir teilen wird. Er ist aufgestanden und weggegangen. Es war der Anfang von einem dreitägigen Telefon- und Emailterror, den ich ruhiger, als ich befürchtete, überstand.
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Das mit dem Joggen klappt nicht mehr so wie ich es will – ich muss öfter gehen, Pausen machen, im Gras rumliegen. Ich habe ans Schwimmen als Ersatz gedacht – war auch die Empfehlung meiner Ärztin während der letzten Ultraschalluntersuchung. Also war ich am nächsten Tag mit einer Kollegin im Freibad. Davor bin ich noch ganz kurz in die Stadt gefahren und habe mir einen zweiteiligen Badeanzug angeschafft, der meinen Bauch bedeckt. Der Schrecken kam, als mir plötzlich das Oberteil der Größe 42 passte. Das Höschen dieser Garnitur war zu groß, aber ich musste beides kaufen. Ich hoffe aber, dass es doch ein Fehler vom Hersteller war, da meine normale Hose und Jeans in Größe 38 mir immer noch passen. Ich lasse sie einfach auf und ziehe ein längeres Oberteil dazu an.
Also lag ich da, im Freibad, zum ersten Mal offensichtlich schwanger unter vielen Menschen, im kühlen Schatten, und knabberte beim Lesen verschiedene Köstlichkeiten. Einfach herrlich! Und – wie im Märchen – schon nach einer Stunde sind um meine Kollegin und mich herum viele Freibadbesucher mit kleinen Kindern zugezogen. Suchen etwa alle (werdenden) Eltern instinktiv Nähe zueinander? Ein Pärchen mit einem winzigen Baby in der Babyschale legte sich gleich neben uns, und ich hatte das Glück, viele Stunden nacheinander dieses erst vor ein paar Monaten geborene Wesen zu beobachten.
Das Kind lag fast die ganze Zeit auf seinem Rücken und tat so, als ob es Marathon läuft oder zumindest versucht, dafür zu trainieren. Dabei hat es erstaunlicherweise keinen einzigen Laut produziert – ich war ihm sehr dankbar dafür. Irgendwie faszinierten mich diese Bewegungen und gleichzeitige Ruhe, die dieses Baby ausstrahlte, und ich musste immer wieder hingucken und lächeln.
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Ich möchte einen Blick auf die katholische Kirche in meinem Stadtviertel werfen. Zwar bin ich nicht katholisch, aber diese Kirche ist – wie jedes andere Bauwerk Gottes -- ein Haus des Geistes und der Ruhe. Also auch für mich geeignet . Außerdem ist es so angenehm kühl dort bei dem Wetter! Ich sitze eine Weile, oder ich stehe vor der kupfernen Skulptur Marias mit ihrem kleinen Sohn und bitte sie um Schutz für mein Kind und um vieles mehr. Dann gehe ich zum Priesterstand und gucke die leere Kirche von dieser herrlichen Perspektive aus an. So nachsichtig beobachtet dein Vater seine Zuhörerschaft, wenn er seine Vorträge hält. Wie wohltuend muss es für seine Selbstbehauptung sein. Ob diese Trennung von mir nicht genau so gut für seine Selbstbehauptung war?
Das letzte Mal, dass ich in der Kirche war, war mit ihm – im Winter, als wir zu Besuch in seiner Heimat Rheinland-Pfalz waren. Es war die Idee der Eltern deines Vaters, dass wir die katholische Kirche in der Nähe ihres Zuhause anschauen. Er wollte nicht unbedingt hin, da er sich für keinen eifrigen Katholiken hält. Er wollte mehr, dass ich die Umgebung sehe, wo er großgeworden ist – sein Spielplatz, seine Schule, die Brücke, auf der er zum ersten Mal im Leben betrunken einen Kopfstand machte. Doch wir gingen in die Kirche. Und, nachdem wir eine Weile da geblieben sind, öffnete er das Wunschbuch, das am Ausgang lag, und schrieb eine Bitte an den lieben Gott rein. Der liebe Gott sollte auf mich aufpassen. Als wir rausgingen, fragte ich ihn, warum er es tat, warum er es so formulierte, als ob er selber nicht mehr auf mich aufpassen könnte. Er sagte nichts dazu. Und in diesem Moment habe ich zum ersten Mal ganz deutlich gespürt, dass ich bald ganz allein sein werde. Und doch nicht ganz – mit Gott an meiner Seite eben.



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Kommentare von Lesern:

Eva, Düsseldorf20.07.2010 11:55

Hallo Marina,

kann mich Bella nur anschließen. Sie hat es genau richtig ausgedrückt: Zugang und Umgang ja, Sorgerecht nein!
Super, dass Du standhaft geblieben bist, trotz seines Terrors - obwohl dass sicher auch ein guter Grund wäre, ihn erstmal total auf Abstand zu halten! Was denkt er sich eigentlich? Dich sitzenlassen und dann auch noch Ansprüche stellen?!?
Über das Mädchen freue ich mich mit Dir. Schön, dass Du anfängst, zu genießen...eine Schwangerschaft ist schließlich etwas einzigartiges!
Alles Liebe,
Eva

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Bella20.07.2010 04:29

Marina,
es macht mich wirklich froh, ueber die letzten Wochen eine neue positive Schwingung in Deinem Tagebuch zu spueren. Am Anfang dachte ich ehrlich gesagt wie vermutlich einige andere auch "hm, wo Deine Reise wohl hinfuehrt?".
aber ich freue mich, dass du ein kleines Maedchen bekommst und so langsam (aber ganz sicher) in deine Mutterrolle waechst. und ein ganz grosses HURRA fuer Deine Entscheidung bezueglich des Sorgerechts. Ich denke, der Vater sollte Zugang und Umgang mit dem Kind haben - aber unter Euren Umstaenden halte ich Deine Entscheidung fuer gut.

Geniess die Kleinigkeiten dieser besonderen Zeit weiterhin und viel Spass beim Entdecken neuer Dinge!

Bella

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Gast19.07.2010 22:18

Liebe Marina,

wie schön, diese besondere - "schwangere" - Gelassenheit in deinem Beitrag zu spüren. Als ob wüsstest Du ein Geheimnis, bist viel mehr nach innen fokussiert und lächelst zu dich selbst. Ist auch wirklich so. Du trägst ein Wunder in Dir ))

Wünsche Dirl Mut und Freude!

Alles Gute und viel Liebe aus München,

Julia.

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