Mein japanisch-englischer Mutterpass, was Schwangeren hier empfohlen wird und der Geburtsvorbereitungskurs.
Hallo liebe Leserinnen und Leser!
Vielen Dank für die Kommentare, die mich sehr gefreut haben. Auf die Sprache und das Unpersönliche gehe ich später noch ein.
Die ersten Wochen der Schwangerschaft in Japan, da hast du, liebe A.P., vielleicht auch noch die Toilettendichte als sehr angenehm in Erinnerung!
Das ist hier ein echtes Plus! Hier gibt es sehr viele sogenannte Conbinis, Convenience Stores, das sind kleine Läden zwischen Kiosk und Supermarkt, 24h offen, in denen man auch einige Rechnungen wie Gas, Wasser, Strom bezahlen oder Tickets für Events kaufen kann, und in der Regel haben sie auch eine Toilette. Bisher war es nie ein Problem, dort auch nur die Toilette zu nutzen ohne etwas zu kaufen. Und natürlich haben Shopping Center, Kaufhäuser, U-Bahnstationen und auch die größeren Schreine (die religiösen Stätten der Shinto-Religion), die frei zugänglich sind, haben öffentliche Toiletten, kostenlos. Und sie sind in aller Regel sauber bis sehr sauber und mit Toilettenpapier ausgestattet. Selbst auf größeren Spielplätzen und hier in Kyoto bei den Wiesen am Fluss gibt es öffentliche Toiletten. Was also die Toilettenversorgung angeht, ist Japan das Traumland jeder Schwangeren!
Der Arztbesuch letzte Woche verlief ohne große Besonderheiten, der Kleinen geht es weiterhin gut im Bauch. Einem Wunsch aus meinem Geburtsplan wurde nun stattgegeben: Ich darf eigene, rote Handtücher für die Geburt mitbringen. Vorausgesetzt, die Kleine ist in Ordnung, werden diese dann statt der weißen Handtücher des Krankenhauses verwendet. Ich habe gelesen, dass sich Babys damit schneller beruhigen, weil das Rot einfach mehr Ähnlichkeit zu ihrer bisherigen Aussicht durch die Bauchwand hat.
Ab morgen werde ich bei den nun wöchentlichen Terminen jeweils 20 Minuten mit dem Nonstress-Test verbringen. Also Messung der Herztöne des Babys und Wehentätigkeit.
Ja, schade ist es schon, dass – zumindest in meinem Krankenhaus - die Patienten-Arzt-Beziehung so unpersönlich ist. Ich hatte bestimmt schon mit sechs verschiedenen Ärzten zu tun. Es gibt zwar wohl schon das Prinzip, dass man einen festen oder hauptsächlichen Arzt hat. Aber das muss man wohl selbst abstimmen mit dem Arzt/der Ärztin. Ich hatte immer noch gehofft, auf einen Arzt mit besseren Englischkenntnissen zu treffen oder besondere Sympathie zu spüren, aber da hat sich nichts ergeben. Außerdem kann ich mir auch zur Geburt nicht aussuchen, auf wen ich treffe, da das von der Schicht abhängt. Also ist es vielleicht auch gut, verschiedene Ärzte im Vorfeld einmal zu sehen.
Meine letzte Woche war sonst eher ruhig. Es gab einen Taifun weiter im Westen, der auch in Kyoto für starken bis stürmischen Wind sorgte, zwei Nächte beeinträchtigte das auch unseren Schlaf, weil es so pfiff.
Einen Tag arbeitete mein Mann lieber von Zuhause, weil zum Wind noch starker Regen angesagt war. Der blieb dann in unserem Stadtteil fast aus. Aus dem achten Stock konnten wir den Regen aber in anderen Stadtteilen peitschenartig runterkommen sehen. Ob es die Druckwechsel mit dem Taifun waren, weiß ich nicht sicher, aber ich hatte über drei Tage hinweg mit Kopfschmerzen zu kämpfen. Dafür fühle ich mich nach so Attacken oft wie neugeboren, hat auch was.
Am Freitagabend war in Kyoto ein besonderes Event zum Ende der Obon-Woche: An fünf Berghängen rund um die Stadt werden Feuer in Form von Schriftzeichen, einem Torii (Torbogen der Schreine) und einem Boot angezündet. In der ganzen Stadt versammeln sich die Menschen und versuchen möglichst viele gleichzeitig zu sehen; alle geht, glaube ich, gar nicht. Ich blieb Zuhause und konnte von unserem Balkon aus zwei in Ruhe beobachten.
Das Obon-Fest ist eine der drei wichtigsten Festwochen in Japan. Der Glaube besagt, dass die Geister der Ahnen in dieser Woche zu Besuch kommen und die Feuer sollen ihnen den Weg zurück an ihre Ruhestätten weisen, so ganz knapp mein eingeschränktes Verständnis.
Viele Läden, Restaurants, Ärzte etc. haben in dieser Woche geschlossen.
Samstag haben wir einen Tempel mit schönen Moosgärten in den Bergen im Norden angesehen, tatsächlich war es dort auch etwas kühler als im Kessel der Stadt. Ich hatte die Steigung nicht bedacht und es gab viele Treppen. Am Abend war ich dann auch so platt, dass der Schlaf tief und fest war, gut nach den durchwachsenen Nächten davor.
Gestern war die Kleine irgendwie extrem unruhig in mir und ihre Bewegungen fühlten sich an, als würde sie sich partout weigern und mit aller Kraft wehren, weiter ins Becken zu rutschen. Teils war das echt schmerzhaft. Ich sag ihr dann immer, dass der Platz im Bauch nicht mehr viel größer werden kann, dass es draußen aber ganz viel Platz gibt zum Strecken und Bewegen. Mal sehen, wann sie kommen will, ich fände ja den 1. oder 2. September ganz toll, so von den Zahlen, und es wäre nicht mehr so lange hin…
So, heute nun zu den Infos und Empfehlungen, die ich hier bekommen habe und ein Vorwort zur Sprache.
Tatsächlich ist die Sprachbarriere doof und macht es nicht gerade leichter. Am meisten stört mich eigentlich, dass die Informationssuche dadurch so schwierig ist. Ich bin gerne gut informiert und hätte gerne anfangs erklärt bekommen, wie in Japan z.B. eine Geburt typischerweise von statten geht, welche Rolle Hebammen haben etc. Die Webseiten der Institutionen sind alle rein Japanisch und bei solchen Themen sind automatische Übersetzungsprogramme leider nicht so hilfreich. Geschweige denn, dass ich eine Seite gefunden hätte, die das übliche Prozedere skizziert. Wahrscheinlich war mein Wunsch da aber auch unrealistisch. Über Blogs verschiedener Expats und neue Bekanntschaften bin ich dann schlauer geworden. Letztlich gibt es auch hier natürlich nicht nur die Krankenhäuser, sondern auch Geburtshäuser und freie Hebammen. Aber da sieht es mit den Sprachkenntnissen dann noch schwieriger aus.
Ich habe schon in Deutschland angefangen Japanisch zu lernen und drei verschiedene Schulen und Kurse besucht, aber es ist wirklich eine sehr schwierige, da so andere Sprache (und dann kommt noch die aufwändige Schrift hinzu, drei Systeme, eines davon, die Kanji, sind über 2000 Zeichen). Auch hier habe ich zwei Sprachkurse absolviert, die ich qualitativ noch ganz gut fand. Außerdem habe ich ein paar Sprachtandems. Aber ich bin weit davon entfernt mich rein Japanisch oder ohne Vorbereitung gezielt verständlich zu machen. Verstehen ist noch schwieriger, weil es ja viele Varianten gibt, etwas auszudrücken und man im Sprachkurs natürlich mit den einfachsten beginnt. Wie überall ist es aber für Muttersprachler nicht unbedingt klar, was eine einfache Struktur für Lerner ist und so wissen sie dann auch nicht recht, wie sie sich verständlicher machen könnten.
Mein Mann lernt bereits seit über zehn Jahren und ist deutlich weiter. Aber es ist eben auch sein Hobby.
Insgesamt ist es um den Sprachunterricht hier leider schlecht bestellt. Es wird vor allem Grammatik unterrichtet und das freie Sprechen kommt zu kurz. Die meist genutzten Bücher sind auf dem didaktischen Stand von vor 30 bis 60 Jahren in Deutschland. Da ich selbst ja Fremdsprachlehrerin bin, kann ich auch nicht in irgendeinen Kurs gehen. Ich würde innerlich einfach ständig ausrasten, weil es die Art des Unterrichtens hier gefühlt so viel schwerer macht zu lernen, das blockiert mich dann zu folgen. Ich hatte einen solchen Kurs in Deutschland und genügend Erfahrungsberichte gehört. Auch meine Tandempartner bestätigen mir, dass z.B. der Englischunterricht in den Schulen so läuft und sich daher viele Japaner einfach nicht trauen zu sprechen. Das ist auch meine Erfahrung bei den Arztbesuchen.
Meinen Hausarzt habe ich aus einer Liste englischsprachiger Ärzte gewählt und die Kommunikation klappt ganz gut. Er schickte mich dann ins Universitätskrankenhaus, wo angeblich viele Ärzte und Schwestern Englisch können. Und ja, es geht so für das Nötigste und sie bemühen sich sehr, wofür ich echt dankbar bin. Das Geburtsvorgespräch mit einer Hebamme, das in diesem Krankenhaus Pflicht ist, machte tatsächlich eine Hebamme mit ziemlich guten Englischkenntnissen. Mein Mann hatte meinen Geburtsplan extra auf Japanisch übersetzt und war auch mitgekommen, das war natürlich so oder so gut.
Es gäbe zwar Krankenhäuser, die einen regelmäßigen Übersetzungsdienst haben, aber die sind nicht gerade in der Nähe und man kann auch nicht sicher sein, dass man dann zu jedem Termin einen Übersetzer hätte. Und bei der Geburt wäre der sicher nicht dabei.
Eine glückliche Begebenheit ist, dass ein paar Ehrenamtliche im International Center der Präfektur Kyoto, wo auch meine Sprachkurse stattfanden, einen Austausch- und Minisprachkurs (einmal im Monat) zum Thema Schwangerschaft eingerichtet haben. Dort habe ich nun typischen Wortschatz rund um die Arztbesuche und auch für die Geburt bekommen. Ich will noch so zweisprachige Karten vorbereiten für die Geburt, denn ob ich mich da dann erinnern kann?
Bei den Untersuchungen begnüge ich mich also damit, dass eigentlich immer bestätigt wird, dass alles in Ordnung ist. Was will ich mehr. Wenn es echte Probleme gäbe, würden die Ärzte sicher was sagen und vielleicht darum bitten, dass ich jemanden mit besseren Japanischkenntnissen zum nächsten Termin mitbringe.
Nun aber: In der 9. Woche gab mir der Arzt eine Bestätigung über die Schwangerschaft und schickte mich damit zum Bezirksamt. Dort bekam ich dann mein „Maternal and Child Health Handbook“, das es glücklicherweise auf Englisch gibt (ebenso auf Chinesisch und Koreanisch). Übrigens wurde der Mutterpass in Japan schon in den 40er Jahren eingeführt!
Die fremdsprachigen Versionen sind wesentlich umfangreicher. Es sind z.B. die ganzen Standarduntersuchungen für das Kind bis zum sechsten Lebensjahr schon aufgeführt, verschiedene Charts über die Größen- und Gewichtsentwicklung von Kindern, die Impfdokumentation und zahnärztliche Untersuchungen. Hinten drin sind dann noch Sprachhilfen Englisch-Japanisch für Arztbesuche als Schwangere und mit dem Kind, allerdings nur Englisch und Kanji, so dass ich sie ohne Recherche nicht auf Japanisch lesen könnte.
Interessant ist eine Seite am Anfang, die die Situation bei der Arbeit und zu Hause abfragt. Also was man arbeitet, wie viele Stunden, wie lang der Arbeitsweg ist und wie man hinkommt, wie und mit wem man wohnt. Leider ist Japan nicht gerade bekannt für Gleichberechtigung und in den Medien in Deutschland wird häufig über schwierige Umstände für Frauen in Japans Arbeitswelt generell und insbesondere um das Thema Schwangerschaft und Wiedereinstieg berichtet. Vielleicht ist diese Seite ein Indiz dafür, dass das einerseits ein echtes Problem ist, andererseits aber inzwischen auch wahrgenommen wird und die Frauen hoffentlich mehr Unterstützung erhalten (sollen).
Ich war sehr positiv überrascht über die vielen Informationen, die ich direkt auf Englisch bekam. In der Broschüre „With your Baby“ geht es um Schwangerschaft und Entwicklung des Fötus, die Geburt und die Entwicklung des Babys im ersten Jahr. Bekommt man so etwas eigentlich in Deutschland? Oder wird davon ausgegangen, dass man sich selbst sowieso informiert?
Viele der Infos, wie zu Tabak- und Alkoholkonsum, Listerien etc. finden sich auch auf den typischen Internetseiten im deutschen Sprachraum. Im Kopf hatte ich irgendwie, dass hier von Sushi nicht abgeraten würde, aber in dem Heft heißt es doch, dass man anfälliges Essen gut erhitzen sollte. Auch bei Gemüse ist ein interessanter Tipp, dass man es besser kochen sollte als roh essen, weil es gekocht an Dichte verliert und man so mehr davon essen könne und das wichtig sei.
Außerdem wird ausdrücklich empfohlen, täglich zu baden und Haare zu waschen, das habe ich sonst nirgends gelesen und Japaner machen das eigentlich sowieso täglich und zwar ziemlich heiß am Abend. Oder ist das ein dezenter Hinweis an die Fremden?
Es wird auch viel Wert darauf gelegt, mit der Gewichtszunahme im Rahmen zu bleiben. Gehört habe ich, dass viele Ärzte das Gewicht sehr beobachten würden, aber bei mir fand es nie Erwähnung.
Geburtsvorbereitungskurse gibt es hier auch, das Bezirksamt bietet zweimal 90 Minuten an, im Krankenhaus waren es drei Termine a 90 Minuten. Beim Bezirksamt wäre das Infoheft „With your Baby“ auch das Lehrmaterial, das hatte ich ja schon gelesen. Die Themen im Krankenhaus: Rund um die Schwangerschaft, die Geburt, das Stillen. Diese Termine haben wir besucht und ich denke, es war eine gute Hörverstehensübung für meinen Mann. Aus seiner Zusammenfassung, dem, was ich selbst verstanden habe, und den Präsentationen kann ich guten Gewissens sagen, dass wir dort nichts Neues erfahren konnten. Aber das ist bei nur drei Terminen wohl auch verständlich. Ich habe ja wirklich viel gelesen. Kontakte haben sich dort leider auch nicht ergeben. Wir waren die einzigen Ausländer und die anderen Teilnehmer schienen nicht interessiert an uns oder fürchteten die sprachliche Herausforderung. Mehr als ein paar schüchtern lächelnde Blicke gab es für uns nicht. Daran muss man sich hier gewöhnen. Allerdings – je größer der Bauch wird, desto häufiger werde ich nun auf der Straße von älteren Frauen angesprochen, die mir alles Gute wünschen und mich fragend anblicken. Wenn ich dann erkläre, dass der Geburtstermin erst im September sein soll, werden die Augen noch größer! Ich bin ja selbst erstaunt wie groß der Bauch schon ist und ob die Berechnung des Termins korrekt ist, aber um mehr als ein paar Tage kann sie eigentlich nicht falsch sein, es wurde ständig mit dem Ultraschall reingeguckt.
So, genug für heute, ein paar Themen brauche ich ja noch für die zu erwartenden folgenden Wochen 0.
Habt eine gute Woche und fragt gerne weiter.
Beste Grüße nach Deutschland und in die Welt,
Silke
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Foto: Privat
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