Diese Woche war ich völlig meiner wechselhaften Laune ausgeliefert. Außerdem stand unser erster Ultraschalltermin an.
Ich mache mir Gedanken zum Ersttrimesterscreening.
Hallo liebe alle,
es ist Sonntag und es ist richtig warm. Mein Mann ist mit den Kindern ein Eis essen gegangen, damit ich in aller Ruhe den Bericht schreiben und noch etwas in der Wohnung aufräumen kann.
Eigentlich hatte ich bis vorhin gute Laune, weil wir alle richtig entspannt in den Tag gestartet sind und auch die Wohnung wieder ein bisschen auf Vordermann bringen konnten. Nach dem Mittagessen hatte ich den Kindern versprochen, im Garten mit den zweien im Planschbecken zu plantschen. Das Wasser dazu hatte ich gestern Abend schon in das Planschbecken eingelassen, damit es sich ein bisschen aufwärmen konnte. Wir wohnen ja in einem Mehrfamilienhaus, zu dem auch ein kleiner Gemeinschaftsgarten gehört. Da alle anderen Wohnungen Balkone haben, wird der Garten nur von uns genutzt und von einer alten Dame, die aber leider die Meinung besitzt, dass der Garten nur ihr zu gehören hat.
Jedenfalls bin ich dann vorhin mit den Kindern runter gegangen und kaum als ich die Tür zum Garten aufschloss, stellte sich mir diese Dame in den Weg, um mich lautstark anzuschreien. Wie es mir einfallen könnte, den ganzen Garten mit Spielzeug zu verunstalten (sie meinte das Planschbecken) und zudem hätte ich gestern ja auch zwei Spielzeuge nicht weggeräumt. Eine Unverschämtheit, sagte sie, sie wird sich beim Vermieter über uns beschweren.
Nun ist es so, dass diese Dame immer mal wieder solche Ausraster hat. Sie selbst hat keine Kinder und kann wohl nicht nachempfinden, wie kleine Kinder so sind. Sonst nehme ich also ihre Beschwerden achselzuckend hin, aber momentan bin ich einfach total empfindlich.
Läuft der Tag wie geplant, dann bin ich fröhlich und kann die Spielzeit mit den Kindern genießen. Aber dann sehe ich wieder den ganzen Haushalt und ich könnte losheulen, weil ich mich so überfordert fühle. Mit unserer Wohnsituation bin ich mehr und mehr unzufrieden. Die Flecken an der Wand, die kaputten Fliesen im Bad und die vollgeschmierte Couch lassen mich an all unseren Plänen zweifeln.
Zudem bin ich momentan wahnsinnig müde und kraftlos. Manchmal muss ich mich am Tag einfach hinlegen. Abends bin ich oft so erschöpft, dass ich nur noch meine Ruhe haben möchte. Normalerweise schauen mein Mann und ich uns abends immer noch eine Serie an oder unterhalten uns, aber das ist mir einfach alles zu viel.
In stillen Momenten, in denen ich dann etwas zur Ruhe kommen kann, kann ich über mein Verhalten schmunzeln und sehe ein, dass ich mich oft einfach in viele Dinge reinsteigere und emotional werde. Ich muss mich dann immer zwingen, mich an eine schwere Zeit in meinem Leben zu erinnern. 2007 ist mein Vater nach kurzer, schwerer Krankheit verstorben und ich habe ihn mit auf diesen Weg begleitet und ihn auch einige Zeit in seiner Wohnung gepflegt. Das war für mich als gerade 21-jährige eine Zäsur in meinem Leben und hat mich nachhaltig geprägt. Also immer, wenn mich nun negative Gedanken quälen, die anscheinend unbegründet sind, dann denke ich an die wirklich schweren Schicksale im Leben und das erdet mich dann wieder.
Ich darf nun unser drittes Wunschkind bekommen, bin problemlos schwanger geworden (was ganz und gar nicht selbstverständlich ist). Und ich bin schon mit zwei gesunden Kindern und einem wunderbaren Mann, mit dem ich durch dick und dünn gehe, gesegnet. Das ist das was zählt im Leben. Alles andere sind materielle Dinge, die noch zu mehr Lebensqualität beitragen, aber das echte Glück und vor allem Gesundheit nicht ersetzen können.
Dazu passt auch das Gespräch, welches ich diese Woche vor meinem ersten Ultraschall mit meinem Frauenarzt geführt habe. Es ging um das Thema Ersttrimesterscreening, das man jetzt innerhalb der nächsten Woche durchführen lassen müsste. Ganz einfühlsam klärte er mich über die Vor- und Nachteile der Untersuchung, in der man mögliche Gendefekte des Kindes erkennen kann, auf und es entwickelte sich zwischen uns ein außerordentlich schönes Gespräch. Wie auch bei unseren zwei anderen Kindern haben wir uns gegen eine solche Untersuchung entschieden. Mal ganz abgesehen von dem sehr hohen finanziellen Aufwand, schreckt uns allein der Gedanke ab, was man mit einem vermeintlich negativen Ergebnis denn dann anfangen würde. 97 von 100 Kindern mit vermutlichem Down-Syndrom werden abgetrieben. Was sagt das über uns als Gesellschaft aus? Gibt es einen gesellschaftlichen Druck sich gegen ein Kind mit Behinderung zu entscheiden? Zumal man ja auch kaum mehr Menschen mit Behinderung oder auch kranke Menschen auf der Straße sieht. Wie sollte man eine solche Entscheidung den Geschwistern erklären?
Ich möchte wirklich niemanden für seine Entscheidung verurteilen. Man muss immer die ganze persönliche Situation in den Blick nehmen. Das sind nur meine ganz persönlichen Gedanken. Und da wir einen Fall von Schwerbehinderung in der näheren Familie haben, käme ein solcher Schritt für uns auch einfach nicht infrage. Ich würde mir vielleicht einfach mehr Akzeptanz und Unterstützung für Familien wünschen, die sich trotz allem für ein behindertes Kind entscheiden.
Nun wollte ich euch aber noch vom Ultraschall berichten. Eigentlich ganz unspektakulär ging er über die Bühne, aber für mich war es wunderschön das kleine Krümelchen zu betrachten. Wie es sich dort in meinem Bauch kuschelt, das pochende Herzchen, mit dem starkem Willen zu wachsen und leben zu wollen. Einfach zum Weinen schön.
In diesem Sinne entlasse ich euch nun in eine warme, sonnige Frühsommerwoche und wünsche euch bis nächste Woche alles Liebe.
Eure Rena
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Anke (kidsgo-Tagebuch-Betreuerin)
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Bild: Privat
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