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Tagebücher aus der Schwangerschaft von Marina

Eine neue wunderbare, aufregende und vielleicht auch lang erwartete Lebenszeit beginnt. Für unsere Tagebücher-Blogs haben wir immer 3-4 schwangere Frauen in unterschiedlicher Schwangerschaftsphase, die in freudiger Erwartung über jede Woche dieser spannenden Zeit schreiben, uns und die vielen tausend Follower:innen daran teilhaben lassen und damit unvergessliche Momente schaffen.

23. Schwangerschaftswoche

Sorgerecht und Geburtsvorbereitung

Alleinerziehend: der Status „nicht für jedermann“

Früh am Morgen bekam ich wieder von deinem Vater eine Mail. Erneut enthielt sie weder eine richtige Anrede noch jegliche Form der Höflichkeit. Lediglich Forderungen. An dem Tag, an dem ich ihm sagte, dass er kein Sorgerecht mit mir teilen wird, hat er den Krieg eröffnet. Wie konnte es dazu kommen, dass der einzige Mensch auf dieser Welt, der dir doch am nächsten steht und dich alle diese Monate lang durch die Bauchdecke streicheln konnte, solche Maßnahmen ergreift. Wie unnatürlich, falsch und unlogisch. Er braucht dies und das, er will Informationen haben und wieder mit zum Arzt gehen. Ich habe ihm geschrieben, dass sein Umgangs- und Auskunftsrecht erst nach der Geburt des Kindes beginnt, und bat ihn erneut um Ruhe. Immer wieder muss ich wiederholen, dass alle diese Stresshormone bei dir landen. Und du hast dank deinem eigenen Vater schon mehr als ausreichend davon bekommen. Ich konnte es nicht steuern. Am liebsten wäre ich jetzt weit weg – vom Computer, wo seine irritierenden Mails sich anhäufen, und von diesem Ort, wo ich ihn oder unsere gemeinsamen Bekannten jederzeit treffen könnte.

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Ein Geburtsvorbereitungskurs ist bereits gebucht und ich werde wohl doch alleine zur Veranstaltung für Paare erscheinen müssen. Sonst bleibt mir nur die Möglichkeit, mich selbst über die Geburt zu informieren und keinen Kurs zu machen. Ich habe keinen anderen in meiner Umgebung gefunden. Im schlimmsten Fall springt meine türkische Freundin als Partner(in) ein. Aber ich stelle mich darauf ein, dass ich doch allein hin muss und alle in der Einladung zum Kurs angekündigten Bewegungsübungen, die als Paarübungen gedacht werden, alleine machen werde. Ich glaube nicht, dass es etwas gibt, was man nur zu Zweit schaffen kann. Wenn es mit Kindererziehung geht, wird es mit Geburtsvorbereitung auch gehen. Ja, ich wurde am Telefon ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es ein Paarkurs ist und dass ich unbedingt irgendjemanden – Kumpel, Freundin, Mutter – mitbringen soll. Mal sehen, ob die mich rausschmeißen wenn ich doch alleine erscheine.

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Ich war im Klinikum mit einer anderen Freundin, Lydia, um mich über den eventuellen Geburtsort meiner Tochter zu informieren. Dieses Klinikum habe ich erst vor einem Monat beim Joggen entdeckt und habe damals Flyer für Führungen nach Hause mitgenommen. Die Lage der Einrichtung ist wirklich perfekt – ich kann sie innerhalb von 10 Minuten zu Fuß erreichen. Lydia ist gern mitgekommen, da es nicht verkehrt ist, sich im Voraus über solche Dinge zu informieren. Wir sind im gleichen Alter. Sie kam vor etwa 12 Jahren aus Kasachstan und war fast die einzige weibliche Studentin in ihrem Studienjahr der Nanostrukturtechnologien an der Uni. Ich kenne keinen Mensch, der so schnell rechnen und Rubik-Würfel zusammenstellen kann. Noch vor drei Jahre schwärmte Lydia permanent von Kindern und wäre auch bestimmt eine wundervolle Mutter geworden. Ich meinte damals, dass ich lieber Karriere mache. Jetzt ist sie eine hochqualifizierte Nanowissenschaftlerin, und ich im sechsten Monat schwanger.
Als wir in der Klinik ankamen, sahen wir zwei Hebammen in der Mitte des Schulungsraumes und der Raum selbst voller schwangerer Paare und deren älteren Kinder. Die Hebammen erzählten über den Ablauf der Geburt, Wehen, Betäubungsmethoden und Konservierung des Nabelschnurblutes. Während der Veranstaltung hat sich ein kleines Mädchen mit hellen Locken, das vorne saß und sich offensichtlich langweilte, zu mir gedreht. Sie lächelte freundlich, grüßte mich und meine Freundin, wobei wir zwei lange Spuren grünen Nasenschleims bei ihr sahen. Ich musste schnell aus dem Fenster schauen. Die Mutter des Mädchens hat das Problem aber ziemlich schnell beseitigt.
Nach einer Fragerunde konnte die Hälfte der Besucher den Kreißsaal anschauen, die andere Hälfte lief mit einer anderen Hebamme zur Station. Das Wort „Kreißsaal“ habe ich zum ersten Mal im Leben gehört und habe es erst später zu Hause gegoogelt. Das Wort „Kreißen“ kommt aus dem Mittelhochdeutschen und bedeutet „schreien“, „stöhnen, oder „Wehen haben“. Interessant erschien mir aber folgendes: Als ich gesehen habe, dass ich fast die einzige dort ohne Mann oder Partner bin, habe ich mich irgendwie privilegiert gefühlt, als ob mein Status der „Alleinstehenden“ ausnahmsweise vorteilhaft wäre – wie im Steppenwolf von Hesse, „Nur für Verrückte!“. Ich fange langsam an, meine Marginalität zu genießen.



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Kommentare von Lesern:

H,Gö13.08.2010 18:21

Liebe Marina, leider fand ich deine Einträge erst kürzlich, hätte sie gerne viel früher aktuell verfolgt.Wir sind im selben Alter und in der gleichen SSW.Ich hatte gestern meinen ersten Kurstermin ohne Partner, weil dieser zu Beginn der Schwangerschaft jeglichen Kontakt abbrach, ohne Gespräche die Verbindung als beendet erklärte und sich um nichts schert außer um sich selbst.Ich kann nachvollziehen, wie es sich anfühlt,abgelehnt zu werden,aber in deinem Fall würde es mir auch schwer fallen, Toleranz für den Vater aufzubringen. Ich käme mir glaube ich vor wie das nötige Übel aus seiner Sicht, das er akzeptieren muß für sein Kind. Ein selbstgefälliger A..., der meint mit dir umspringen zu können wie er will. Da habe ich es beinahe noch besser, denn habe wenigstens meine Ruhe und werde nicht infantil terrorisiert.Diese gastfenster sind furchtbar,ständig sieht man seinen eigenen text nicht mehr und kippt wieder aus den Zeilen.Gibt es evtl eine möglichkeit,dir auf anderem wege zu schreiben?Liebe Grüße

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Dina, Köln08.08.2010 19:45

@Friederike
Klingt Dein Beitrag zum Thema Sorgerecht für ledige Väter nun vorwurfsvoll oder meine ich das nur? Was ist so schlecht an diesem Urteil? Es war längst überfällig. Ich erlebe es in meinem Umfeld leider immer wieder. Wieviele Männer kämpfen darum ihre Kinder regelmässig sehen zu dürfen, nur weil die Mutter den Umgang aus Rache oder sonstigen (nicht nachvollziehbaren) Gründen verbietet. Aber Ansprüche werden vehement gestellt! Wenn es um seine Pflichten geht, steht es natürlich außer Frage, dass er der leibliche Vater ist. Ich finde es gut, dass dieser Einseitigkeit nun entgegengetreten wird.

@Marina
Schön, dass Du nun mittlerweile so gelassen und oft auch positiv klingst.

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Bella, Berlin05.08.2010 08:31

Liebe Marina, ich verstehe Dich vollkommen, dass Du den Kontakt zum Ex momentan verringern musst um dich zu schützen, um alles geregelt zu bekommen udn die Kraft für Dein Kind zu konzentrieren. Aber auch, wenn du das nicht gerne lesen wirst, solltest du versuchen ihn zu verstehen. Er will nicht mit Dir zusammen sein, das ist brutal aber immerhin ehrlicher als die Heuchelei für ein Kind zu Heiraten oder Ähnliches. Er leht aber euer Kind nicht ab. Für dieses Wesen will er da sein und das wird auch Dich entlasten, weil Du den Schmerz des nicht vorhandenen Vaters nicht auch noch tragen musst. Ich verstehe das Deiner des fehlenden Partners groß genug ist aber vielleicht tröstet es Dich, wenn Deine Tochter ihn nicht missen muss. Für sie wird er wichtig sein, irgendwann. Gib dem Zorn und der Trauer ruhig Platz aber versuch einen Platz für den Vater deiner Tochter zu lassen...Viele Grüße, b

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Friederike, Melsungen04.08.2010 17:06

Oha, und jetzt kommt das Urteil zum Sorgerecht für ledige Väter und er kann immerhin vor Gericht ziehen... Ich wünsche Dir, dass er noch vernünftig wird!

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Carola, Berlin03.08.2010 19:59

Hallo Marina,
wenn du in die klinik willst denk doch mal über eine beleghebamme nach. die ist dir dann schon von den vorsorge Us vertraut, begleitet dich bei der geburt und im wochenbett. in berlin gibt es übrigens einige die auch russisch sprechen... und die idee mit der doula find ich auch super.

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Andrea, London03.08.2010 15:46

Liebe Marina, also ich persoenlich wuerde nicht alleine zu dem Geburtsvorbereitungskurs gehen sondern mir jemanden mitnehmen. Man bekommt dort soviele Informationen und 2 Koepfe sind da besser. Single sein heisst ja nicht das Du alles alleine machen musst. Hast Du schon mal ueberlegt wen Du mit zur Geburt mitnimmst? Die Idee von Julia mit der doula ist glaube ich ganz gut. Das gesagt, bei unserem Geburtsvorbereitungskurs war auch eine Dame alleine erschienen, weil ihr Mann unbedingt zum Rugby musste, und sie wurde natuerlich auch nicht rausgeschmissen!

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Gast03.08.2010 14:07

Hallo Gerd,

obwohl Du offensichtlich provozieren wolltest, würde ich deine Frage trotzdem beantworten.
Der Exfreund kümmert sich, das stimmt. Er kümmert sich aber ausschließlich um eine Person - sich selbst. Es ist ihm in dieser Situation am wichtigsten, dass SEINE Wünsche und Erwartungen respektiert werden. Ist sein gutes Recht auch. Das heißt aber nicht "kümmern", sondern "Forderungen stellen".
Wenn er sich wirklich um Marina und das Baby kümmern wollte, wäre das z.B. ihr ein Urlaub am Meer zu verschenken, so dass sie sich ausruhen kann und ihr und dem Baby gutgeht. Bioprodukte einkaufen und vorbeibringen, so dass sie im sechsten Monat nicht einkaufen gehen müsste. Oder schlicht Sie im Ruhe lassen, wenn es das ist, was sie jetzt braucht.

Jetzt ist es für ihn gar nicht einfach. So mitten im Leben plötzlich herauszufinden, dass du kein Nabel der Welt bist. Böse, böse Aufwachen.

Viele Grüße aus München,

Julia.

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Gast03.08.2010 13:45

Liebe Marina,

sicher kann man (genauer gesagt frau))) die Geburt alleine schaffen. Meine Mutter hat das nicht nur allein und ohne Geburtsvorbereitungskurs geschafft, sondern auch im Kreißsaal mit mehreren anderen Frauen. Das Baby kommt raus sowieso, egal ob Ambiente stimmt, ob das Support ausreichend ist.
Meine Mutter würde aber nie sagen, dass es schön war. Es war ein Alptraum. Sie war heilfroh, nach zwei Kinder nie mehr gebären zu müssen.
Wenn Du jemanden hast, mit dem Du jammern und schreien kannst, vor dem Du unschön sein und total loslassen kannst, der kann ein Fels für Dich sein, an den Du dich anlehnen könntest. Vielleicht jemand, der Russisch spricht, weil das auch loslassen hilft. Solche Person wäre eine fantastische Geburtsbegleitung. Und es kann wirklich "make the difference", was die Eröffnungsgeschwindigkeit angeht sowie das Gefühl danach. Wenn Du keinen hast, vielleicht lohnt es sich, eine Doula zu nehmen? Ich war allein bei der ersten Geburt und nicht allein bei der zweiten, also ich weiß wovon ich rede.
Die Hebammen in großen Kliniken sind schlicht überfordert und Du kannst zwei-drei Stunden allein herumschreien, ohne dass da jemand reinkommt. Am Anfang ist das kein Problem, wenn es aber weiter mehr und mehr weh tut, dann wünschte man sich ein bisschen mehr persönlichen Wärme.

Alles Liebe aus München,

Julia.

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Eva, Düsseldorf03.08.2010 13:25

Klar, Gerd, dass Du das nicht verstehst...:-))) Du bist ja auch "nur" ein Mann...*g*
Ich verstehe es so, dass Marina sich endlich genug vom Kindsvater abnabeln konnte und beginnt, ihr Single-Dasein (wobei sie eigentlich kein Single, sondern strenggenommen im Moment Double ist) zu akzeptieren und vielleicht sogar Vorteile darin zu erkennen.
Liebe Marina, ich freue mich, wie man an Deinem Tagebuch erkennt, dass es auf- bzw. vorwärts geht. Bestimmt werden Deine Kleine und Du ein super Team. Man muss aus jeder Situation das Beste machen und Alleineerziehend zu sein ist nicht das Schlimmste, was ich mir vorstellen kann.
Ich freue mich auf Deine nächsten Berichte, es macht richtig Spaß, Dein Tagebuch zu lesen.
Liebe Grüße,
Eva

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Gerd, Norddeutschland03.08.2010 10:28

Sorry, das verstehe ich nicht. Meistens jammerst Du doch rum, dass Du keinen Partner mehr hast, aber wenn er sich kümmert, dann stimmt es auch wieder nicht? Erklär mir das mal.

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Kira, Hamburg02.08.2010 21:44

Liebe Marina, deine Zeilen rühren mich sehr und ich kann mir vorstellen, wie schwer es sein muss in dieser Situation allein zu sein. Jedoch war es in meiner Schwangerschaft auch oft so, dass der Vater zwar da war, aber vieles (meinem Empfinden nach) falsch gemacht hat und meine Bedürfnisse auch nicht das bekamen was sie brauchten. Inzwischen ist mein Sohn schon 8 Monate alt und es gibt zwischen mir und meinem Partner viel Streit und Missverständnisse die sehr schmerzhaft sind. Ich gebe zu, dass ich mir manchmal gewünscht habe, allein zu sein, weil dann nur ich die Regie führen könnte, wann ich raste, wann ich arbeite, wann ich traurig oder gut gelaunt bin. Ich wünsche dir sehr viel Kraft und dass dir wenigstens dieser Pluspunkt des Alleinseins gegönnt sein wird. Ich wünsche dir alles Gute und viel Freude an dem kleinen Wesen, dass dich als Mutter hat!

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