Es geht um verlorene Socken und Heldinnen.
Hej Sockenfindenen,
erst mal muss ich hier eine große Entschuldigung für das orthographische und inhaltliche Kauderwelsch in einigen Tagebucheinträgen zuvor und besonders in dem letzten Schriftstück aussprechen. Mich persönlich stört es selbst sehr, wenn ich etwas Fehlerhaftes lese, weil ich dann direkt denke, dass es nicht qualitätsvoll sei und einfach nur schnell runtergeschrieben wurde. Aber ein Tagebucheintrag ist immer auch ein Stimmungsbild, und wenn der Eintrag nicht perfekt ist, zeigt das, dass in der Woche nicht alles glatt gelaufen ist.
Wie ihr wisst, erscheint jede Woche dienstags ein neuer Artikel und beim letzten Mal wurde der Eintrag dienstagmorgens vollendet, aber da Salome gerne lautstark brüllt, so wie es sich für eine Löwin sternzeichengemäß gehört, konnte der Eintrag nicht mehr Korrektur gelesen werden, und wenn man das Geschrei des eigenen Babys hört, funktioniert das Gehirn leider nicht mehr.
Wir haben jetzt schon Mitte November und befinden uns auf der Zielgeraden zur Weihnachtszeit. Salome hat ihren ersten Herbst hinter sich und erlebt das Winterdebut. Standardgemäß hängt auch ihr erster Adventskalender. Hierbei befindet sich hinter jedem Türchen ein kleines Bilderbüchlein. Ob Salome dieses Jahr noch Schnee sehen wird? - Nur die Wettergöttin weiß es. Als ich im Februar und März 2020 schwanger war, gab es viel Schnee – sogar noch zu Ostern im Jahr 2020. Am sechsten Dezember ist bereits der Nikolaustag beziehungsweise Nikoläusinnentag – ich bin der Meinung, dass die Helden der Kindheit endlich auch mal zu Heldinnen werden müssen. Vielleicht war der heilige Martin, den wir beim Laternenumzug huldigen, eine Sankt Martina. Jean D´Arc musste sich schließlich auch immer als Mann verkleiden, um ernst genommen zu werden.
Zurück zum Nikolaustag: Für gewöhnlich stellt man die Stiefel heraus. Salome macht das anders, sie verteilt vorab überall ihre Socken - vermutlich schon mit dem Hintergedanken, dass diese Socken gefüllt werden sollen. Überall verliert sie ihre Fußwärmer absichtlich oder strampelt sie ab. Intuitiv weiß sie, dass Stiefel oder wahlweise Socken, wenn man noch nicht laufen kann, am Nikoläusinnen Tag gefüllt werden. Übrigens bin ich dazu übergegangen, auch die Helden Figuren der Kindheit zu gendern. Es gibt bestimmt einen Nikolaus oder eine Nikoläusin – aber ich glaube, dass in der Vergangenheit das Geschlecht standardmäßig immer als männlich gesetzt wurde.
Der einzige Weg, Salomes Sockenverlust zu umgehen, ist es, ihr eine Hose mit angenähtem Fuß anzuziehen. Abends beim Ankleiden des Schlafanzugs denke ich immer, dass die Anzüge mit Fuß genau das Richtige für Salome sind. Falsch gedacht! Sie mag es am liebsten barfuß und findet immer einen Weg nacktfüßig unterwegs zu sein. Wenn man morgens ihren Schlafsack öffnet, hat sich ein kleiner Marzipanfuß nämlich immer heimlich einen Ausgang erschlichen. Ich habe euch unten mal ein Foto angehängt. Der Fuß hat dann immer schon einen extra Kuss für seine heldenhafte Tat verdient, ihr wisst ja: Ein Kuss ist ein Muss!
Ich finde, Füße sind ein sehr symbolisches Bild, wer weiß, wohin sie Salome überall tragen werden und wann sie ihre ersten Schritte macht. Ich hoffe, sie macht die ersten Schritte noch in ihrem ersten Jahr, denn dann könnt ihr es lesen. Ich wünsche mir einfach, wenn diese kleinen Marzipanfüße durch diese Welt laufen werden, dass es hoffentlich nicht mehr ungewöhnlich sein wird, dass nur die Mama sie ohne den biologischen Papa erzieht und solche Sätze wie: „Eine Alleinerziehende hatten wir schon mal!“ der Vergangenheit angehören.
Eine Ergänzung zu meinem Kleidungs-TÜV. Baby-Kleidung sollte nicht mehr mit innen liegenden Schildern produziert werden. Gerade bei Mützen und Strumpfhosen ist das sehr unangenehm. Man könnte die Informationen von den Schildern doch einfach in die Kleidung drucken – manche HerstellerInnen machen das schon. Ich bin mal gespannt, ob das in einigen Jahren standardmäßig Vorschrift ist.
By the way: Als Mama könnte man mir eine leichte Hyperaktivität unterstellen. Ständig muss das Kind in Bewegung sein, damit es nicht schreit. Entweder im Auto oder im Kinderwagen. Wenn Salome dann ihre Schreiphase hat, jogge ich mit ihr durch die Wohnung. Oftmals liegt es an den Blähungen. Bei Bewegung werden diese kolossalen Flatulenzen Salomes dann zum Ausgang bewegt. Dabei bleibe ich definitiv fit. Letztens hatte ich sie sogar im Café auf dem Arm und habe parallel noch den leeren Kinderwagen geschaukelt. Manchmal frage ich mich dann, wo mein Gehirn ist.
Abschließend eine Mama-Life Geschichte: Salome und ich erlebten letzte Woche eine dreifach fettige Autofahrt, nicht die 3Gs waren das Motto, sondern die drei Fs: Erstens eine fettige Sonnenbrille, weil Salome mit ihren eingecremten Händen immer in meinem Gesicht rumfährt. Zweitens hatte ich fettige Haare, weil ich morgens kein Zeitfenster mehr zum Duschen hatte, und drittens umfassten die fettigsten Finger das Lenkrad, so als ob diese ein Ölpeeling bekommen hätten. Als ich meine Freundin aus München zum Bahnhof brachte, bestellte ich mir bei einer Art Imbiss eine Margherita-Pizza. Diese hatte erwartungsgemäß wenig mit einer guten italienischen Pizza gemein, sondern war sehr fettig, weil es der Bäcker gut mit dem Käse gemeint hat. Meine Lippen fühlten sich den ganzen Tag ein, als ob sie frisch mit Vaseline imprägniert wurden.
Was treibt mich in unserem Mama-Life noch um – die Sonntage sind furchtbar. Sonntage sind auserkorene Familientage. Letztes Jahr um diese Zeit hat der Vater des Kindes sogar einen Umweg von Hamburg nach Schwerin in Kauf genommen, nur um diesen Abend mit mir zu verbringen. Ein Jahr später sieht die Welt ganz anders aus. Salome und ich gehen zu zweit spazieren und liegen abends zu zweit im Bett. Wir erzählen uns auch gegenseitig viel, allerdings verstehe ich ihre Sprache noch nicht ganz. Eine Freundin fragte mich sonntags per digitaler Kurznachricht, wie einsam ich mich fühlen würde, und ich antwortete, dass „unendlich einsam“ noch untertrieben wäre.
Die Sonntagabende, bevor Salome auf dieser Welt war, verbrachte ich oft in der Gemeinschaft mit Arbeitskollegen und Arbeitskolleginnen. Im Studium habe ich sonntags immer gekellnert. Am siebten Tag der Woche war ich also immer unter vielen Menschen. Ich weiß, dass viele eine Familie gründen, um nicht mehr einsam zu sein. Aber mich hat dieses kleine Wesen erst mal einsam gemacht, obwohl ich natürlich nie mehr allein sein werde.
Zu Beginn der Corona-Pandemie wusste man noch nicht, was Corona in der Schwangerschaft bewirken kann. Außerdem hat die STIKO noch keine Empfehlung für eine Impfung bei Schwangeren herausgegeben. Daher riet mir meine Frauenärztin auf Kontakte weitgehend zu verzichten oder die Menschen, die sich mit mir treffen würden, sollten sich unbedingt, zuvor testen lassen. Wenn Salome das hier mal lesen wird, hoffe ich, dass sie bewusst nie wieder eine Pandemie miterlebt und vielleicht sogar erstmal den Begriff STIKO recherchieren muss. Aber ich antwortete der Freundin auch auf die Frage nach der Einsamkeit, dass, wenn Salome einen anlächelt, es für alles entschädigt. Ein Babylächeln ist wie eine Art Seelen-Radiergummi und alle Probleme sind sekundenschnell verschwunden.
Ich lebe jetzt wieder in meiner alten neuen Heimat und habe zwei coole Mamis in Köln zurückgelassen. Übrigens sind beide so karnevalistisch, weil sie schon den 11.11 mit den Kleinsten Zuhause feierten. Eine schickte mir ein herrlich jeckes Karnevalsbild mit ihrem Baby. Ich glaube, wenn man Kölnerin oder Kölner ist, bekommt man das Karnevalsgen schon mit in die DNA gelegt. Ich freue mich auf unendlich viele bunte Kostüme von Salome.
Bis nächste Woche und: Ein Kuss ist ein Muss!
Salome und Vroni
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