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Tagebücher aus der Schwangerschaft

Eine neue wunderbare, aufregende und vielleicht auch lang erwartete Lebenszeit beginnt. Für unsere Tagebücher-Blogs haben wir immer 3-4 schwangere Frauen in unterschiedlicher Schwangerschaftsphase, die in freudiger Erwartung über jede Woche dieser spannenden Zeit schreiben, uns und die vielen tausend Follower:innen daran teilhaben lassen und damit unvergessliche Momente schaffen.
19. Schwangerschaftswoche

Der Schwangerschaftsabbruch und das Leid

Eine Diagnose, die einem das Herz zerreißt und das Leid, das immer bleiben wird

Liebe (Bald) Mamas,

immer wieder gibt es Momente, an denen man verstärkt an Vergangenes erinnert wird. So zum Beispiel am Muttertag. Zum einen an die eigenen Eltern, die nicht mehr da sind und zum anderen an die eigenen Kinder, die nicht mehr da sein dürfen.
Vor 3 1/2 Jahren war ich zum vierten Mal schwanger, ich wünschte mir immer, dass wenigstens zwei meiner Kinder mal etwas näher aneinander geboren werden, da wir so große Abstände bisher hatten. Alles lief anfangs gut, der Embryo war deutlich zu erkennen, das Herzchen schlug und mir war es, wie immer, die ganze Zeit übel. Ab der 7 Woche ging es mir zunehmend schlechter, ich habe eine chronische Colitis und hatte plötzlich einen enormen Schub mit viel Blutverlust. Ich wollte das Baby nicht gefährden also lies ich mir nur die geringste Dosis an Medikamenten geben und versuchte weiter meinen Alltag zu beschreiten. Der nächste Ultraschall stand an und die Frauenärztin war ganz still und nachdenklich. Als ich nachfragte, sagte sie, dass der Embryo nicht wirklich gewachsen sei, aber das Herzchen schlug und manchmal kann man es so früh auch schlechter erkennen. Sie wollte mich aber bereits nach zwei Wochen wiedersehen. Dann das gleiche Szenario, Stille und ein leerer Gesichtsausdruck. In mir zog sich alles zusammen, denn mir war klar, was das zu bedeuten hatte. Mittlerweile in der 11 Woche bat sie mich noch mal in ihren separaten Besprechungsraum. Da das Herzchen weiterhin schlug, sollte ich mich entscheiden, ob ich die Schwangerschaft vorzeitig beende, bis nach der 12. SSW warte und unter Umständen das Baby durch eine normale Geburt auf die Welt bringe oder warte, ob das Baby selbst "geht".
Diese Worte haben mich fast in Stücke gerissen, mir ging es rein körperlich immer noch sehr schlecht und nun soll ich/wir diese Entscheidung treffen?
Weinend fuhr ich nach Hause, ich hatte nach der ersten unsicheren "Diagnose" niemanden von meiner Schwangerschaft erzählt, ich konnte also niemand anrufen und darüber reden. Meinen Mann wollte ich nicht beim Arbeiten davon erzählen, also wartete ich, bis er zu Hause ankam.

Er war ganz resigniert, für manche Männer ist scheinbar dieses kleine Wesen noch nicht real und somit war für ihn gleich klar, das wir einen Abbruch vornehmen sollten. War es Angst? War es Unsicherheit? Wieso war es so klar?
Ich hatte Angst, große Angst. Ich informierte mich über die verschiedenen Methoden und KEINE war das, was ich für das Kind und für mich wollte. Ich hatte ebenso große Angst, irgendwann auf der Toilette zu sitzen und das Kind zu verlieren, ich wollte aber auch keine Geburt, da ich nicht wusste, wie ich das psychisch verarbeiten soll. Möchte ich es dann sehen? Oder lieber nicht, mache mir dann aber hinterher Vorwürfe.
Es war eine schreckliche Woche bis zum nächsten Termin beim Spezialisten knapp 100 km entfernt.

Er bestätigte das fehlenden Wachstum des Embryos und erklärte mir, was wäre, wenn die Organe stetig wachsen, aber der Körper nicht mit und auch andere Szenarien, die ich eigentlich nicht wissen wollte, sondern nur, was ich tun soll.
Schlussendlich entschied ich mich für den Abbruch kurz vor der vollendeten 12 SSW, ließ mir aber ein Ultraschallbild von meinem kleinen Sternenkind geben. Das Bild war die richtige Entscheidung. Wenn ich möchte, kann ich es hervorholen und wenn nicht, ist es in meinem Mutterpass an dem Platz, wo die Schwangerschaft hätte eingetragen werden sollen.
Ich bereue jeden Tag meine Entscheidung, weil ich für den Abbruch verantwortlich bin, so fühle ich mich wie eine Verbrecherin. Aber ich weiß auch, dass ich hätte einen natürlichen Abgang nicht so leicht weggesteckt, ich hätte nicht gewusst, was ich dann hätte tun sollen?! Ebenso eine eingeleitete Geburt, bei der man sein Baby aber nicht mit nach Hause nehmen darf ...

Und das alles am 18. Dezember, kurz vor Weihnachten ...
Ein Jahr später habe ich alle Kindersachen verschenkt oder verkauft. Ich dachte, dass wir so viel Glück mit unseren 3 gesunden Kindern gehabt haben und nun eben keins mehr kommen sollten ... Bis dann über drei Jahre später der Wunsch doch noch gesiegt hat und wir noch einmal JA gesagt haben ... Danke, dass bisher alles so gut läuft!

Danke fürs Lesen, das zu schreiben fällt mir sehr schwer, da ich noch heute nur meinen engsten Freundinnen je davon erzählt habe.

Passt auf euch auf!



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In diesem Beitrag geht's um:

Schwangerschaftsabbruch. Abtreibung, Diagnose, Leid, Weinen, Sorgen, Ängste, Vorwürfe