Individuelle Schwangerschaftsberatung
Individuelle Lebenssituationen verlangen nach einer individuellen Beratung. So betont auch Elisabeth Kastner, Leiterin der pro familia Beratungsstelle in Göttingen: „Im Prinzip gibt die Frau vor, was wir hier besprechen, welche Fragen sie hat. Wir werden die Frauen hier nicht mit Informationen zuschütten, die sie gar nicht benötigt, sondern ganz zugeschnitten auf sie.“ Und dennoch steht jeder Frau erst einmal eine Reihe an Hilfsangeboten zur Verfügung, die es sich zu prüfen lohnt. Dabei helfen die Beratungsstellen gerne durch den Dschungel finanzieller und sozialrechtlicher Fragen und Angebote: „Es ist eine sehr komplexe Beratung“, so Hildegard Schütz von der Beratungsstelle für Schwangere und Familien des Caritasverbands Südniedersachsen e.V. Man sei mit der Materie aber mittlerweile mehr als vertraut und könne hier gute Hilfestellung leisten.
Finanzielle Unterstützung: Überblick
- Schwangere in der Ausbildung haben immer Anspruch auf Grundsicherung durch das Jobcenter. Der Schwangeren steht es frei, eine eigene Wohnung zu beziehen oder ggf. bei den Eltern zu wohnen.
- Generell besteht für Azubis und Studierende der Anspruch auf Kindergeld und Elterngeld.
- BAföG: Du kannst einen gesonderten Kinderbetreuungszuschlag in Höhe von 130 Euro pro Monat beziehen, der nicht zurückgezahlt werden muss. Generell kann bei einer schwangerschaftsbedingten Unterbrechung der Ausbildung eine Verlängerung der Förderungshöchstdauer beantragt werden.
- Zusätzlich besteht der Anspruch auf Einmalzahlungen durch das Jobcenter und die Bundesstiftung Mutter und Kind. Das jeweilige Bruttoeinkommen muss sich dafür unter der Grenze von 1872 Euro (bzw. bei Paaren unter 2702 Euro) bewegen.
- Erhält die Schwangere kaum oder gar keine Zuschüsse, kann sie Fördergelder aus dem Caritas-Stiftungsfonds beantragen (Überbrückungsgelder z.B. für große Anschaffungen oder Renovierungen).
Schwangere und Auszubildende: Unabhängigkeit durch Grundsicherung
So hat eine junge schwangere Frau in der Ausbildung beispielsweise stets Anspruch auf Grundsicherung, völlig unabhängig davon ob sie noch bei den Eltern wohnt oder nicht: „Auch wenn eine Auszubildende oder junge Frau noch bei den Eltern lebt: Das wissen viele nicht, dass dann aufgrund des Schwangeren- und Familiengesetzes dieser Frau Leistungen vom Jobcenter zustehen, auch wenn sie im Haushalt der Eltern lebt, oder auch noch unter 25 Jahre alt ist“, so Kastner. Auch das Vermögen der Eltern werde dabei nicht angerechnet. Die Frau bildet mit ihrem Kind eine eigene Bedarfsgemeinschaft. Sie kann dann entscheiden, ob sie anschließend weiterhin im Haushalt der Eltern leben, oder eine eigene Wohnung beziehen möchte. Vor allem für sehr junge Mütter bietet zudem das Wohnen in einer Mutter-Kind-Einrichtung viele Vorteile: „Dort kann sie ein Zimmer mit ihrem Baby bekommen. Und da sind immer Sozialarbeiterinnen, eine Gemeinschaftsküche und andere Schwangere. Sich gegenseitig zu unterstützen, ist der Gedanke. So können sie ihre Schule oder Ausbildung zu Ende bringen. Das nehmen viele wahr“, berichtet Doris Winkler von der AWO.
Kindergeld, Elterngeld
Neben der Grundsicherung bestehen für Schwangere in der Ausbildung aber auch weitere finanzielle Ansprüche, die sie jederzeit geltend machen können: Zuzüglich zum 2018 abermals erhöhten Kindergeld, welches sich für das erste und zweite Kind auf 194 Euro, für das dritte auf 200 Euro und ab dem vierten Kind auf 225 Euro monatlich beläuft, hast du auch als Student Anspruch auf Elterngeld. Hast du bisher kein Einkommen erzielt, erhältst du allerdings nur den Mindestbetrag von 300 Euro. Hast du bereits neben deinem Studium gearbeitet, gilt die Berechnung nach § 2 des Bundeselterngeld und Elternzeitgesetzes (BEEG). Ausführliche Informationen zu den Themen Elternzeit und Elterngeld erhältst du u. a. bei den erwähnten Beratungsstellen sowie in unserem kidsgo-Elternzeit-Ratgeber.
BAföG
Auch vom BAföG kannst du nach § 14b einen sogenannten Kinderbetreuungszuschlag in Höhe von 130 Euro pro Monat erhalten. Dieser wird als pauschaler Zuschuss gewährt, der nicht zurückgezahlt werden muss, d.h., deine allgemeinen „BAföG-Schulden“ erhöhen sich hierdurch nicht. Vorsicht ist jedoch bei einer längeren Ausbildungsunterbrechung geboten: § 15 Abs. 2a BAföG sieht eine schwangerschaftsbedingte Ausbildungsunterbrechung von maximal 3 Monaten vor. Möchtest du länger pausieren, wird die Förderung eingestellt und auch der Anspruch auf den Kinderbetreuungszuschlag erlischt. Die Förderung kann jedoch nach Ende der Unterbrechung wieder aufgenommen werden. Alternativ kannst du eine Förderung über die Förderungshöchstdauer hinaus beantragen. Hier gelten Verlängerungszeiten von bis zu acht Semestern für die Schwangerschaft und für die Pflege und Erziehung deines Kindes von bis zu 10 Jahren als angemessen. Entscheidest du dich für diese Variante, musst du weiterhin die gewohnten Leistungsnachweise erbringen. Interessant ist jedoch, dass auch im Fall der Überschreitung der Förderungshöchstdauer der Kinderbetreuungszuschlag weiterhin als Zuschuss gewährt wird.
Einmalzahlungen
Sind die finanziellen Handlungsräume bereits vor der Geburt stark begrenzt, fehlt es beispielsweise an Geld für einen Umzug oder eine Erstausstattung für das Kind, können einmalige Beihilfen beantragt werden.
Jobcenter
Dies kann bei Frauen im Leistungsbezug über das Jobcenter stattfinden. Auch schwangere Studentinnen haben, wenn sie bedürftig sind – d.h. sie selbst oder auch der Partner über kein großes eigenes Einkommen / Vermögen verfügen – Anspruch auf einmalige Leistungen bei Schwangerschaft und Geburt vom Jobcenter.
Bundesstiftung Mutter und Kind
Des Weiteren bieten alle Beratungsstellen die Möglichkeit einer Antragstellung bei der Bundesstiftung Mutter und Kind, die Schwangere in Notsituationen mit einem einmaligen Geldbetrag unter die Arme greift (das Jobcenter hilft beim Antrag bei der Stiftung): „Das ist ein recht formloser Antrag“, erläutert Winkler, „da kommen die Angaben der Schwangeren rein und ob sie schon Kinder hat. Wenn sie den Partner nicht angeben möchte, muss sie das nicht. Dann kommen die Einkommensnachweise, Grundsicherung, Minijob, BAföG, oder vielleicht haben sie schon Kindergeld. Dann wird hier noch einmal die Notsituation beschrieben. Kontoverbindung und dann Unterschrift, das war’s. Dann werden noch Kopien gemacht vom Mutterpass, dass sie wirklich schwanger ist, vom Mietvertrag, usw.“ Die daraus erfolgenden Stiftungsgelder können nur über die Schwangerschaftsberatungsstellen beantragt werden.
Es handelt sich hier also um zwei Hilfen:
- 1. Einmalige Leistungen nach §24 SGB bei Schwangerschaft und Geburt und
- 2. Hilfen bei der Mutter- und Kind-Stiftung
Achtung: Bruttoeinkommensgrenze bei Antragstellung
Obwohl diese Einmalzahlungen theoretisch von jeder Schwangeren beantragt werden kann, muss sich das Einkommen unter einer bestimmten Grenze bewegen, um die Gelder letztendlich zu erhalten. Dabei liegt die aktuelle Bruttoeinkommensgrenze für Alleinstehende bei 1.872 Euro, die Verheirateter bzw. Paare bei 2.702 Euro. „Das klären wir bereits am Telefon. Da geht es um das Bruttoeinkommen. Wenn wir hören, jemand ist im Leistungsbezug, sprich ALG II, dann brauchen wir nichts weiter erfragen, dann liegen Sie unter der Einkommensgrenze und der Antrag ist sofort zu stellen“, betont Kastner. Ebenso spiele bei der Berechnung die Anzahl der Kinder und ggf. das Einkommen des Partners eine Rolle. Solch ein Antrag kann nur über eine Beratungseinrichtung, wie beispielsweise die AWO, pro familia oder die Caritas, gestellt werden. Dieser Umstand ist jedoch auch für die werdenden Mütter von Vorteil, denn die Beraterinnen kennen die Anträge und können dabei helfen die individuelle Situation überzeugend darzustellen.
Der Caritas-Stiftungsfonds
Liegt ein besonders schwerer Fall vor, erhält die Frau also kaum oder gar keine Gelder und Bezuschussungen, kann die Caritas diese Notlage mit Geldern aus einem internen Fonds überbrücken: „Wir vom Caritasverband haben einen internen Fonds für Frauen in Notlagen“, so Schütz, „wenn z.B. große Anschaffungen gemacht werden müssen, eine Renovierung oder Kaution ansteht für Alleinstehende, Paare oder Familien, die das Geld nicht aufbringen können. Wenn das Jobcenter auch kein Darlehen gibt, weil beispielsweise die Wohnung zu groß ist, (...) dann haben sie auch die Möglichkeit, dass sie das bei uns beantragen können. Das ist ausnahmsweise.“