Für wen ist eine Samenspende das Richtige?
Ann-Kathrin Klym: Für Menschen mit wirklich starkem Kinderwunsch, die auf anderem Weg kein Kind bekommen können. Eine Samenspende kommt für Paare in Frage, bei denen die Samenqualität des Mannes nicht für eine Befruchtung ausreicht oder für lesbische Paare, aber auch für alleinstehende Frauen mit Kinderwunsch.
Welche Voraussetzungen muss ich erfüllen, um eine Samenspende zu bekommen?
Ann-Kathrin Klym: Jeder Anbieter kann selbst entscheiden, an wen er vermittelt. Die Berliner Samenbank vermittelt
grundsätzlich Samenspenden an alle Gruppen: An heterosexuelle und lesbische Paare genauso wie an alleinstehende Frauen. Es gibt auch Anbieter, die nicht an alleinstehende Frauen vermitteln. Das hat vor allem rechtliche Gründe. Es besteht ein minimales Rechtsrisiko, dass der Arzt in diesem Fall als Erzeuger angesehen und auf Unterhalt verklagt werden könnte.
Wie läuft die Befruchtung mit der Samenspende ab?
Ann-Kathrin Klym: Die tiefgefrorenen Samenzellen werden an die Kinderwunschpraxis oder Klinik geschickt. Dort werden sie in den meisten Fällen mit einer einfachen Insemination übertragen, also mit einer Kanüle in die Gebärmutter eingebracht. Erst wenn das bei mehreren Versuchen nicht geklappt hat, kann eine künstliche Befruchtung in Frage kommen. In jedem Fall sollte man schon vorab Kontakt zu einem Kinderwunschzentrum aufnehmen, da es dort oft längere Wartezeiten gibt.
Können Paare den Samenspender selbst auswählen?
Ann-Kathrin Klym: Ja, die Empfänger können immer zwischen mehreren Spendern auswählen. Sie treffen diese zwar nicht persönlich, bekommen aber Informationen zugeschickt. Kurze Profile der Spender sind im Internet einsehbar – wir empfehlen aber, uns die Vorauswahl zu überlassen, weil wir die Spender aus regelmäßigen persönlichen Gesprächen kennen.
Wir können sie so auswählen, dass sie am besten den Wünschen der Empfänger entsprechen und es auch vom Aussehen her passt. Das funktioniert recht gut:
Für uns ist es jedes Mal ein Wunder, wie gut die Kinder später optisch zu ihren Eltern passen, da würde niemand vermuten, dass der Vater nicht der biologische Vater ist
Was kann ich vorab alles über die Spender erfahren?
Ann-Kathrin Klym: In allen Profilen sind Größe, Gewicht und Haarfarbe angegeben. Manche, aber nicht alle, haben bei uns auch Fotos hinterlegt. Darüber hinaus können Sie noch vieles erfragen. Manche Interessenten bitten den Spender zum Beispiel um eine charakterliche Selbsteinschätzung oder fragen ihn, was er für Werte und Ziele im Leben hat. Einige bitten ihn auch, eine Nachricht an das Kind zu verfassen. Sie können auch ein Kinderfoto des Spenders anfordern. Manchen Frauen ist es auch wichtig, dass sie den Spender "riechen können”. Dann kann dieser als Geruchsprobe ein getragenes T-Shirt von sich schicken. Die Empfänger entscheiden dann schließlich nach Sympathie.
Wer kann Samenspender werden? Warum entschließen sich Männer dazu?
Ann-Kathrin Klym: Nur etwa acht Prozent aller Männer sind als Samenspender geeignet. Alle unsere Spender sind gesunde junge Männer, die eine sehr gute Spermienqualität haben.
Sie sind zwischen 20 und 38 Jahre alt und stammen aus unterschiedlichen sozialen Schichten und Berufsgruppen. Bevor wir einen Spender annehmen, wird mit einer Untersuchung und einem Vorgespräch geprüft, ob er geeignet ist. Es sprechen mehrere Gründe dafür, Samenspender zu werden. Die meisten Spender wollen gerne anderen helfen und freuen sich gleichzeitig über die gute Aufwandsentschädigung. Viele von unseren Spendern sind übrigens privat bereits Vater und können daher den Kinderwunsch anderer gut nachvollziehen.
Wie bringt man seinem Kind bei, dass es aus einer Samenspende stammt?
Ann-Kathrin Klym: Wir empfehlen dringend, von Anfang an offen damit umzugehen. Wir raten zur sogenannten
Single Moms by Choice
Wenn Frauen sich den Kinderwunsch ohne Partner erfüllen
Der Wunsch, ein Kind zu bekommen, ließ Maggie Schwarz nicht mehr los. Sie entschied sich bewusst für ein Kind, aber gegen einen Vater. Eine egoistische Entscheidung? Keineswegs, sagt Soziologin Christina Mundlos im Interview und erklärt warum.
Lies hier, wie Maggie Schwarz sich ihren Kinderwunsch dank Samenspende erfüllte.
Wickeltischmethode: Eltern sollten schon dann anfangen, mit ihrem Kind darüber zu reden, wenn es noch gar nichts versteht. So wird das Ganze zur Normalität. Es gibt auch tolle Kinderbücher über das Thema, die man zum Einschlafen vorlesen kann. Und es gibt Seminare und Kurse für Eltern zum Umgang mit dem Thema Samenspende.
Können die Kinder den Samenspender kennenlernen?
Ann-Kathrin Klym: Ja. Anonyme Samenspenden sind in Deutschland nicht möglich. Seit 2018 gibt es ein zentrales Samenspender-Register, darin sind Daten zu Spendern und Empfängern gesammelt. Ab dem 16ten Lebensjahr kann ein Kind, das aus einer Samenspende stammt, dort eine Anfrage stellen. Dann werden ihm Name, Geburtsdatum und Anschrift des Spenders mitgeteilt. Umgekehrt wird auch der Spender vorab informiert, wenn ein Kind eine Anfrage gestellt hat. Wir kennen viele Fälle, in denen die Kinder Kontakt zum Spender haben. Oder auch zu ihren Halbgeschwistern, die ebenfalls mit dessen Samenspenden gezeugt wurden.
Was ist, wenn das Kind schon eher wissen möchte, wer der Samenspender ist?
Ann-Kathrin Klym: Wir hatten einmal den Fall, dass ein siebenjähriges Kind mit einem lesbischen Elternpaar ständig nach seinem Spender gefragt hat. In dem Fall haben wir selbst zu ihm Kontakt aufgenommen, und er war zu einem Treffen bereit.
Was kostet eine Samenspende und übernimmt die Krankenkasse die Kosten?
Ann-Kathrin Klym: Man sollte mit 3.000 Euro für die Samenspende rechnen, dazu kommen etwa 400 Euro für die Insemination. Verschiedene Samenbanken arbeiten mit unterschiedlichen Preismodellen. Wir erheben eine Grundgebühr,
Was ist eine Insemination?
Die Insemination (Samenübertragung) ist eine Form der künstlichen Befruchtung, bei der meist eine medizinische Fachperson die Samenzellen des Mannes direkt in die Gebärmutter der Frau überträgt.
dafür kosten bei uns die Spenden etwas weniger. Bei anderen Anbietern gibt es die Grundgebühr nicht, aber Sie müssen für die gleiche Menge Spendersamen mehr zahlen. Die Krankenkassen beteiligen sich grundsätzlich nicht an den Kosten, sie müssen vollständig selbst getragen werden.
Ist es nicht schwierig für den Vater, wenn nur die Mutter biologisch mit dem Kind verwandt ist?
Ann-Kathrin Klym: Das Wichtigste ist, dass wirklich beide Partner hinter der Entscheidung für eine Samenspende stehen. Probleme gibt es eigentlich nur, wenn einer von beiden von Anfang an nicht überzeugt war oder kein offener Umgang mit dem Thema stattfindet. Daraus können Spannungen entstehen. Falls es vorab schon Zweifel bei einem der beiden Partner gibt, raten wir durchaus zu einer psychologischen Begleitung.
Was spricht aus Ihrer Sicht für eine Samenspende?
Ann-Kathrin Klym: Wenn eine biologische Vaterschaft nicht möglich ist, dann ist es auch ein Prozess zu sagen, „wir wollen trotzdem eine Familie” sein. Bei allen, die sich bewusst für dieses Modell entscheiden, stellt sich automatisch ein ganz normales Familienleben ein. Für das Kind sind die Eltern mit denen es aufwächst, auch seine Eltern. Kinder, die aus einer Samenspende gezeugt werden sind absolute Wunschkinder, die in meist glücklichen Familien aufwachsen – vielleicht sogar mit etwas mehr Liebe.
Frau Klym, herzlichen Dank für das Gespräch!
Das Interview führte Wissenschaftsjournalistin Irene Habich.