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Baby-Tagebücher

Hautnah. Intensiv. Liebenswert. Folgt hier den Babytagebuch-Bloger:innen und erlebt regelmäßig, wenn frischgebackene Mütter und Väter ihr Leben mit euch teilen. Jede Woche lassen sie euch an ihrer neuen Lebenszeit mit Baby teilhaben und geben ganz persönliche Einblicke: Was hat der Sprössling diese Woche Tolles gelernt? Wie geht es den jungen Eltern mit dem kleinen Knirps? Welche Herausforderungen begegnen den Neu-Mamas und Neu-Papas mit ihrem Neugeborenen? In den Baby-Tagebüchern seid ihr live dabei, von ersten Arztbesuchen bis zu holprigen Gehversuchen. Ob liebenswert chaotisch oder rührend besinnlich: Immer erhaltet ihr einen unverfälschten, authentischen und persönlichen Einblick in das aufregende Leben einer Jungfamilie.
16. Woche

Zugebissen

Reisen erweitert den Horizont: Über geplatzte Reifen und den Geschmack von Gummilösung.

Wir brauchen eine Werkstatt. Nachdem es uns noch in Kroatien den Reifen vom Buggy zerlegt hat, wollen wir ihn im slowenischen Koper endlich reparieren. Eine Fahrradwerkstatt hatte zuvor bereits abgelehnt; zu unrentabel, zu viel Aufwand. Auch hier schüttelt der Mann hinterm Tresen direkt den Kopf. Dabei habe ich noch gar nichts gesagt, sondern trage nur den Reifen auf Brusthöhe vor mir her. Ich schaue flehend. Ich brauche sein Mitleid und damit seine Hilfe. Hinter mir stehen Tim und Smilla. Jeppe sitzt, nur mit Windel bekleidet, in seiner Babytrage. Alle schwitzend und sind mäßig gut gelaunt.

Ich erkläre, dass ich bereits Flickzeug besitze, dass ich aber weder über einen Eimer mit Wasser, noch über eine Luftpumpe verfüge. Wir sind inzwischen seit beinahe vier Wochen auf Reisen. Wir haben einiges an Gepäck dabei, aber Ersatzreifen oder ein Eimer gehören nicht dazu.
Der Mann hat ein Einsehen. Ich darf den Schlauch an Ort und Stelle reparieren und sein Werkzeug nutzen. Während ich die defekte Stelle mit dem Schmirgelpapier bearbeite, damit der Flicken gleich gut hält, beißt Smilla herzhaft in die Tube mit der Gummilösung. Als sie sich darüber beschwert, dass ihr etwas nicht gut schmeckt, wundere ich mich noch. Was kann sie denn gerade essen? Denn meines Wissens nach müssten wir auch unsere Snackvorräte dringend aufstocken. Ich schaue auf und sehe, wie Gummilösung über das Kind meiner zweijährigen Tochter rinnt.

Aus den Lautsprechern des auf Kühltruhe-Niveau klimatisierten Geschäfts dröhnt Elektro-Sound. In meinem Kopf hämmert es auch. Giftnotruf? Wie viel hat sie davon schon runtergeschluckt? Baby Jeppe liegt derweil auf einer kleinen Sitzbank. Hoffentlich fällt er nicht herunter. Ich stelle den Rucksack schützend davor und betrachte dann das Chaos.

Smilla fordert Wasser. Tim spült ihren Mund aus. Spuren unseres experimentierfreudigen Kindes finden sich überall auf dem Fußboden und den Polstermöbeln. Schnell werfe ich Jeppes Spucktuch über den größten Fleck und hoffe, dass der Mann hinterm Tresen von all dem nichts mitbekommt. Glücklicherweise hat der sich inzwischen einem offenkundig sehr lästigen Telefonat hingegeben und scheint darüber verärgert und somit abgelenkt.

Wie schnell trocknet Gummilösung? Was kann das chemische Zeug sonst noch alles auflösen? Müssen wir in ein Krankenhaus? An meinem Bein rinnt eine Lache von dem stinkigen Zeug herab. Überall in der Tube sind kleine Löcher von kleinen Zähnen. Und es ist erstaunlich viel drin.

Tim schnappt sich beide Kinder, klemmt jeweils eins unter jeden Arm und läuft aus dem kühlen Fahrradgeschäft in die sengende Sonne hinaus. Es mutet fast an wie eine Szene aus einem Disney-Film. Der starke Held, der in letzter Sekunde zur Rettung herbeieilt und, natürlich unterlegt mit epischer Musik, die Bedrohung gerade noch abwenden kann.
Hier ist leider nichts episch. Tim kümmert sich um zwei laut protestierende und schreiende Kinder. Das ging alles zu schnell. Wieso darf Smilla nicht weiterspielen? Und wieso muss Jeppe raus in die Hitze? „Gemein!“ – wollen beide sagen und schaffen aber nur ein einigermaßen synchrones Geheul.

Jetzt ist Arbeitsteilung angesagt: Mein Job ist der Reifen. Tim findet mit Hilfe des Internets heraus, wie gefährlich Gummilösung ist. Ich beäuge vorsichtig den Status quo.
Überall liegt unser Zeug herum. Die schadhafte Stelle auf dem Schlauch ist nicht mehr auszumachen. Noch mal von vorne also. Ich seufze und beginne mit der Arbeit. Hoffentlich ist noch genügend Gummilösung in der Tube. Sicher bin ich mir nicht. Aber mehr als einen Versuch haben wir nun auf jeden Fall nicht mehr.

Eine Stunde später sitzen wir im Schatten eines großen Baums, jeder hält ein Eis in der Hand. Der Reifen ist aufgepumpt und scheint zu halten. Schokoeismedizin für Smilla, Jeppe trinkt lauwarme Milch und schaut interessiert auf die bunten Kugeln, die wir uns einverleiben. An meinem Bein klebt nun auch noch etwas tropfendes Eis von Smilla und etwas Milchspucke von Jeppe. Beide wollen bei 35 Grad kuscheln.

Wenn wir uns nicht gerade anschnauzen, und irgendwelche kleinen Katastrophen passieren, sind wir ein echt gutes Team mit zwei ganz tollen Kindern. Ich kann mich auf Tim hundertprozentig verlassen, der meistens die Ruhe bewahrt und so jede Woge glättet. Reisen klappt nur, wenn alle Spaß haben. Wir Eltern tragen Sorge dafür, dass es für unsere Kinder einen Gewinn darstellt und nicht in Unsicherheit, Gefahr oder Angst mündet. Ein Road Trip mit Kindern ist weit entfernt von einem gemütlichen Pauschalurlaub mit Flug, Hotel und Vollverpflegung. Es ist vielmehr ein Abenteuer mit vielen Unwägbarkeiten, das aber genau deshalb eine Menge Überraschungen bereithält.

GIFTNOTRUF
Kommt ein Kind in Berührung mit einer giftigen Substanz, ist Eile geboten. Es gibt verschiedene Giftinformationszentren in Deutschland, die alle telefonisch kontaktiert werden können. Beim Anruf bitte folgende Informationen bereithalten:
• Was ist passiert?
• Wer hat sich vergiftet? (Alter und Körpergewicht)
• Wie erfolgte die Vergiftung?
• Wann erfolgte die Vergiftung?
• Wieviel? (Anzahl, Menge oder Volumen, Häufigkeit)
Hilfe gibt es z. B. beim Giftinformationszentrum Göttingen: Tel. +49 551 19240

Wichtig: Erst anrufen, dann handeln. Ist das Kind bewusstlos, unbedingt auch einen Rettungswagen rufen über Tel. 110!


Demnächst geht es bei mir u. a. um:
• Kinderfreundliche Länder: Gastfreundschaft in Slowenien
• Geschwisterliebe: Wenn das Baby zum neuen besten Freund wird
• Notaufnahme: Pipi, Unfall, Krankenhaus

Tagebuch Marisa

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Reisen, Elternzeit, Road Trip, Giftnotruf, Slowenien, Reifen, Kinderwagen, Buggy, Gummilösung, Team