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Ab wann greifen Babys und wie? - Greifreflex, Pinzettengriff & Co.

Vom angeborenen Greifreflex bis zum gezielten Greifen: Instinktiv schließen Neugeborene ihre kleinen Händchen um die Finger von Mama oder Papa. Nach einigen Wochen lässt dieser sogenannte Greifreflex dann nach. Wir erklären, wie die Greifentwicklung deines Babys danach verläuft. Außerdem fragen wir eine Expertin, ob und was zu tun ist, wenn ein Baby nicht greift.

In diesem Artikel:

Ab wann können Babys greifen?

Der Greifreflex deines Babys ist bereits vor der Geburt ausgebildet: Im Mutterleib spielt das Ungeborenen mit der Nabelschnur, die dich mit ihm verbindet. Hat dein Kleines das Licht der Welt erblickt, kann es reflexartig mit seinem Händchen deinen Finger umschließen. Auslösen kannst du es, indem du die Innenfläche der kleinen Hand berührst. Genauso funktioniert es bei den Füßchen: Die Zehen beugen sich bei Berührung.

Dieser Klammergriff– den du vielleicht auch unter dem Begriff Greifreflex kennst – ist ein Überbleibsel aus der Evolution – ein sogenannter frühkindlicher Reflex. Dieser Greifreflex schützte Kinder schon zu Urzeiten davor herunterzufallen, während sie getragen wurden. Auch bei den Affen ist er zu beobachten, wenn sich ein Junges an das Fell seiner Mutter klammert.

Greifentwicklung: Ab wann greifen Babys gezielt?

Im ersten Lebensjahr erlernt dein Kind immer besser seine Hände und Finger zu nutzen. Dabei erfährt es spielerisch, wie Gegenstände beschaffen sein können. Der Greifreflex nimmt mit der Entwicklung des gezielten Greifens ab und verschwindet dann ganz. Bei den Händen ist das zwischen dem vierten und sechsten Lebensmonat der Fall, der Greifreflex der Füße endet ungefähr vier Monate später.

Bevor dein Baby gezielt etwas halten und greifen kann, probiert es erst einmal aus, was seine Hände alles können. Das tut es zum Beispiel, indem es an seinen Fingern saugt oder ein Händchen mit dem anderen betastet oder nach seinen Füßen greift. Vielleicht beobachtest du auch, wie dein Kleines seine Finger bewegt und sie dabei neugierig betrachtet. Diese Augen-Hand-Koordination ist ganz wichtig für seine spätere motorische Entwicklung – etwa, um in der Schule die Handschrift zu erlernen.

Greifling greifen: Vom Faustgriff zum Scherengriff

Unsere Expertin

Ingeborg Krägeloh-MannKinderärztin Prof. Dr. Ingeborg Krägeloh-Mann von der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin e. V. (DGKJ) arbeitet in der Abteilung Neuropädiatrie, Entwicklungsneurologie, Sozialpädiatrie an der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendmedizin in Tübingen.

„Das aktive Greifen entwickelt sich erst über das Spielen mit den eigenen Fingern“, erklärt Prof. Dr. Ingeborg Krägeloh-Mann von der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin e. V. (DGKJ). „Mit drei Monaten bringen die Kinder die Hände zusammen. Mit fünf Monaten greifen sie im sogenannten Faustgriff und transferieren Gegenstände von einer Hand in die andere.“

Das bedeutet: Dein Baby kann schon mit einem Greifling wie etwa einer Rassel spielen und sie von einer Hand in die andere übergeben. Im Alter von neun Monaten folgt dann der sogenannte Scherengriff: Dein Baby fasst nun bereits kleine Gegenstände zwischen Daumen und Zeigefinger. Dann kann es zum Beispiel eine Laufente an seiner Schnur zu sich heranziehen.

Pinzettengriff: Verfeinerte Motorik

Der nächste Entwicklungsschritt ist in der Regel mit spätestens 18 Monaten erreicht. „Nun beherrschen Kinder einen präzisen Pinzettengriff, das heißt sie greifen Dinge mit den Kuppen von Daumen und Zeigefingerkuppe“, sagt Ärztin Krägeloh-Mann.

Doch wie sind eigentlich die Altersspannen zu verstehen? „Die Zeitangaben geben jeweils an, wann etwa 90 Prozent der Kinder das Beschriebene können. Es sind also viele Kinder schon früher dran.“ So können viele Kinder bereits gegen Ende ihres ersten Lebensjahres mit dem Pinzettengriff geschickt selbst kleinste Krümel und Fusseln fassen.

Vom Greifreflex zum Pinzettengriff: So prüft der Kinderarzt die Greifentwicklung

Greifen lernen ist elementar für alle weiteren Entwicklungsschritte. Wenn dein Baby das kann, lernt es auch komplexere Spiele, sich im Alltag zu bewegen und das Essen und Trinken.

Hast du den Eindruck, dein Baby ist unsicher beim Greifen nach einem Gegenstand? Dann könnte das auf eine Sehschwäche hinweisen. Bei solch einem Verdacht solltest du sicherheitshalber einen Kinder- und Jugendarzt oder Augenarzt aufsuchen.

Die regulären U-Untersuchungen seien sehr wichtig, betont Medizinerin Ingeborg Krägeloh-Mann. „Hierbei überprüft der Kinderarzt regelmäßig die Entwicklung des Kindes. Dazu gehört neben zum Beispiel der Sprachentwicklung und Grobmotorik auch die Feinmotorik, das heißt die Handmotorik, das Greifen.“

Baby greift nicht? - Entwicklung untersuchen

Auch außerhalb dieser Vorsorgeuntersuchungen kann es nötig sein, den Kinderarzt zu konsultieren. „Wenn das Baby nicht greift, sollte dort die gesamte Entwicklung untersucht werden“, ergänzt die Expertin für Kinderheilkunde. „Es kann dann eine Bewegungsstörung vorliegen, die es dem Kind schwer macht, seine Hände gezielt einzusetzen.“ Diese Bewegungsstörung kann vom Gehirn ausgehen oder auch durch eine schwere neuromuskuläre Erkrankung bedingt sein.

Aber auch eine allgemeine Entwicklungsstörung kann vorliegen: „Greifen braucht Interesse an der Umwelt, durch Greifen entdeckt und versteht das Kind seine Umgebung. Wenn es daran nicht oder kaum interessiert ist aufgrund einer kognitiven Entwicklungsstörung, fängt es auch nicht altersentsprechend an zu greifen.“ Ingeborg Krägeloh-Mann weist auch darauf hin, dass Säuglinge und Kleinkinder noch keine ‚Händigkeit’ zeigen, also sowohl mit rechts als auch mit links greifen. „Wenn ein Kind konstant nur mit einer Hand richtig greift, muss man schauen, ob die andere zum Beispiel durch eine Halbseitenlähmung beeinträchtigt ist.“

Warum greifen Babys?

Damit dein Baby das gezielte Greifen erlernt, brauchst du es ihm nicht vorzumachen. Kinder eignen sich diese Grundfunktionen nicht durch Anweisungen oder Nachahmung an. Vielmehr handelt es sich bei dieser Entwicklung um einen ganz natürlichen Reifungsprozess, der von selbst abläuft. Dabei weckt alles die kindliche Neugier, was sich in Reichweite deines Babys befindet: Was es fassen kann, nimmt es in die Hände und untersucht es genau. Dabei setzt es mehrere Sinne ein, steckt Dinge in den Mund, befühlt und betrachtet sie oder bewegt sie hin und her. So lernt es auch, wie sich verschiedene Materialien anfühlen und noch vieles mehr. Aus den verschiedenen Wahrnehmungen beim Greifen entwickelt dein Kind allmählich eine Vorstellung von den Dingen, während es die Greifbewegung selbst als Handlung verinnerlicht.

Greiflinge und anderes Greifspielzeug

Spielzeug zum Greifen-Üben ist in vielen Varianten erhältlich: etwa in Form von Ringen, Kugeln, Tieren, Autos oder anderen Gegenständen. Außer diesen sogenannten Greiflingen eignen sich aber auch alle Dinge, an denen das Kind interessiert ist – sofern sie ungefährlich sind, also zu groß zum Verschlucken und aus ungiftigen Materialien ohne scharfe Ecken oder Kanten. Sei es zum Beispiel Papas Nase, ein Waschlappen zum Knautschen oder ein unbedrucktes Blatt Papier zum Zerfetzen, vieles kann dein Kind begeistert Erfahrungen sammeln lassen.