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Baby-Tagebücher von Marie-Luis

Hautnah. Intensiv. Liebenswert. Folgt hier den Babytagebuch-Bloger:innen und erlebt regelmäßig, wenn frischgebackene Mütter und Väter ihr Leben mit euch teilen. Jede Woche lassen sie euch an ihrer neuen Lebenszeit mit Baby teilhaben und geben ganz persönliche Einblicke: Was hat der Sprössling diese Woche Tolles gelernt? Wie geht es den jungen Eltern mit dem kleinen Knirps? Welche Herausforderungen begegnen den Neu-Mamas und Neu-Papas mit ihrem Neugeborenen? In den Baby-Tagebüchern seid ihr live dabei, von ersten Arztbesuchen bis zu holprigen Gehversuchen. Ob liebenswert chaotisch oder rührend besinnlich: Immer erhaltet ihr einen unverfälschten, authentischen und persönlichen Einblick in das aufregende Leben einer Jungfamilie.

17. Woche

Neue Perspektiven

Eine neue Welt für Eddie und wie sich das Leben in Zeiten von Corona verändert

Hallo,

am Montag hatten wir einen Termin für Eddie bei unserer Osteopathin ausgemacht. Wir waren damals schon mit Ella bei ihr gewesen und es hatte wirklich gut geholfen. Mir war in letzter Zeit aufgefallen, dass Eddie permanent nach links schaut und nur seine linke Seite benutzt. Seine rechte Seite hat er nie benutzt. Fast schon schlaff legt es seinen rechten Arme immer auf sein Knie ab. Damit sich etwas daran änderte und auch damit Eddie mehr Freude an Bewegung empfand, war es mir wichtig zu diesem Termin zu gehen. Wir mussten ein bisschen warten bis wir endlich an der Reihe waren. Eddie blieb trotzdem tiefenentspannt. Wir beantworteten ein paar Fragen, wie die Schwangerschaft und Geburt verlief und dann ging es auch schon zur Sache. Eddie lag auf der Liege und ganz Sanft ging sie ans Werk. Er lachte und freute sich über das Mobile an der Decke. Sie hob ihn in die Luft, rollte ihn hin und her. Er wurde in die Länge gezogen und man merkte sofort, dass sich etwas an Eddie verändert hatte. Er schaute endlich nach rechts und eine ganz neue Welt eröffnete sich ihm. Wahnsinn dass da noch etwas anderes war auf der rechten Seite. Eddie’s Augen wurden groß und man konnte sein erstaunen erahnen. Für mich war das wieder einer der Momente, die mir vor Freude die Tränen in die Augen treiben. Die Osteopathin fragte nach, ob alles ok bei mir sei. Na klar. Sie hate unser Problem gelöst und Eddie schien noch entspannter und glücklicher als sonst zu sein. Sie hatte Blockaden in der Schulter, den Brustwirbeln und im Becken gelöst. Einen zweiten Termin brauchen wir aber noch um einen Rückfall zu vermeiden.
Es hatte so lang gedauert, dass ich nicht mehr zur letzten Rückbildungsstunde gehen konnte. Tschüß Sport. Es hätte so schön werden können mit uns. Mit meiner Hebamme habe ich mich nächsten Montag noch einmal verabredet um ihr ein kleines Dankeschön zu überreichen. Eddie war nach dem Termin beim Osteopathen sofort eingeschlafen und wir konnten in Ruhe einkaufen gehen. Am Montag waren alle Regale noch gefüllt. Am Nachmittag übten wir fleißig nach rechts gucken. Eddie blickte wieder nur in die andere Richtung. Ich bekam schon fast wieder Angst, dass es doch nichts gebracht hatte.

Die nächsten Tage verliefen getreu dem Motto ‘Gib mir Busi Mama, ich will wachsen’. Fast schon stündlich wollte Eddie an die Brust und blieb auch dort eine halbe Stunde lang. Es regnete den ganzen Tag lang, jedoch hatte ich mich mit meiner Freundin aus dem Labor verabredet. In meinem Lieblingseinkaufscenter, weil dieses aber nicht besonders groß war entschlossen wir uns über meinen geliebten Brühl spazieren zu gehen. Eddie macht es nichts aus. Er lag sicher in seinem Regenverdeck. Eigentlich wollte ich alle Neuigkeiten im Labor erfahren. Wenn ich wieder komme wird wohl alles anders sein. Keine Blutentnahme Runden mehr auf Station, vielleicht andere Schichten. Eine andere Kollegin in schwanger, eine ist ganz gegangen. Ich frage mich wie ich mich dann an den neuen Alltag gewöhnen soll, aber bis November ist ja noch Zeit. Das Kredo der neuen Krankenhauschefin lautet sparen, sparen, sparen. Ich weiß nicht, ob es in diesen Zeiten der richtige Ansatz ist einfach den Rotstift anzusetzen. Atemmasken sind so teuer, dass man eine den ganzen Dienst tragen muss und wehe es fliegt eine Vire darauf. Am Ende ist man noch selbst Schuld wenn man sich ansteckt. Schutzkittel werden im Schwesternzimmer versteckt, weil Besucher auf die Idee kamen diese zum Beispiel von der Kinderstation zu klauen. Was ist nur mit den Leuten los? Ich bin froh, dass Eddie in unser Leben gekommen ist. Nicht auszumalen wie wir die Probleme lösen könnten. Ein bisschen durchfroren tranken wir einen Kaffee beim Bäcker. Mitten in der Woche in Chemnitz und das noch bei Regen ist nicht gerade viel los. Eddie hat wieder alle verzückt mit seinem freundlichen Wesen.

Am Mittwoch bin ich irgendwie mit einem komischen Gefühl aufgewacht. Ich weiß, dass wir jetzt alle zurück stecken müssen, doch irgendwie fühle ich mich in meinen Freiheiten eingeschränkt. Keine Buchmesse, leere Klopapierregale. Warum auch immer Klopapier. Das Konzert zu dem wir Ende März gehen wollten stand auf der Kippe. Im Minutentakt laß ich in den sozialen Medien, dass Hotels geschlossen werden, dass Kitas dicht gemacht werden, dass es immer mehr infizierte werden. Mein Mann hatte Nachtdienst und schaute sich wirklich jede Sondersendung an, die man im Fernsehen so ansehen konnte. Das alles macht einen irgendwie wahnsinnig. Und will ich eigentlich zurück stecken, nur weil unser Gesundheitssystem schlechter ist als immer behauptet wird? Werden wir Ende Mai in den Urlaub fahren können? Und was für eine Welt ist das eigentlich? In meiner Jugend als ich noch zur Schule ging dachte ich immer, dass ich gern dabei gewesen wäre als Geschichte geschrieben wurde. Jetzt ist es soweit und es ist irgendwie unreal und unheimlich, vor allem wenn man zwei kleine Kinder hat. Ich habe weniger Sorge, dass ich daran erkranken könnte, als an den Folgen dieser Krise. Und ein bisschen bin ich froh, dass wir krisensichere Jobs gelernt haben.
Nachmittags kam unsere Kindergärtnerin auf uns zu und sie hatte tolle Neuigkeiten. Ella hatte sich in den letzten Wochen richtig toll entwickelt. Sie war auf einmal aufgeschlossen, spielte gern mit ihren Freunden und hatte gar keine Bockanfälle mehr. Mir war auch aufgefallen, dass sie sich verändert hatte. Richtig fröhlich, auch wenn sie dazu neigte manchmal etwas zu sehr aufzudrehen. Aber so ist das nun mal. Den Mittwoch hatte Eddie übrigens die meiste Zeit geschlafen, denn wer wachsen will, der muss auch schlafen.

Am Donnerstag erledigte ich mein üblichen Postgänge. Fast jeden Tag war ich bei der Post. Die Frau in der Filiale lachte schon. Ich ging noch ein bisschen spazieren. Das Wetter vormittags war endlich ein bisschen besser geworden. Die Chemnitz hatte hochwasser und während ich unterwegs war, haben Eddie und ich unseren ersten Eisvogel gesehen. Ich dachte immer, dass es die nur im Spreewald gibt. Eddie beobachtete alles und erzählte munter dabei. Kaum zu glauben, dass mein kleines Baby an diesem Tag schon 4 Monate alt geworden ist.

Am Freitag hieß es vielleicht zum vorerst letzten Mal ab zur PEKiP- Stunde. Ich musste wieder viele Umwege fahren. Überall waren Baustellen. Als ich mich vor ein paar Wochen auf den Weg dahin machte, bin ich zum ersten Mal geblitzt worden. Ich war 6 Kilometer pro Stunde zu viel. Wenigstens war es nur so wenig, denn ich war ja damals Irgendwo im Nirgendwo unterwegs gewesen. Die Stunde am Freitag begann ganz ruhig. Alle starrten gebannt auf die Leiterin. Sie fragte uns als erstes ob wir ein ungutes Gefühl hätten wegen der Gesamtsituation. Die Mamas waren weitestgehend noch entspannt. Eine Mama deren Mann bei der Feuerwehr arbeitet erzählte von den Vorkehrungen, die nun getroffen werden. Ich erzählte von der Situation im Krankenhaus. Eine andere berichtete von den Verschwörungstheorien, die nun im Umlauf waren. In mir wuchs während der Stunde irgendwie der Wunsch jetzt auch hamstern zu gehen. Im Radio welches ich bei der Autofahrt hörte, wurde vor Beginn des Kursen berichtet, dass nun alle öffentliche Einrichtungen in Chemnitz geschlossen werden. Mehrere Bundesländer hatten bereits die Schulen und Kitas dicht gemacht. Ella zu Hause zu haben bedeutete für mich auch nicht zum PEKiP gehen zu können. Den anderen Mamas ging es genauso. Die Gruppenleiterin plagten Existenzängste, wenn jetzt wirklich niemand mehr zum Kurs kommen könnte. Und während alle so berichteten, drehten sich zwei Babys, die unwesentlich älter als Eddie waren einfach auf den Bauch. Bravo. Eddie hatte endlich Augen für mich. Vor dem Termin am Montag war das nie so gewesen. Die Leiterin gab mir noch ein paar Tipps wie ich Eddie weiterhin motivieren könnte seine andere Seite zu benutzen. Wenn ich beispielsweise einen Ball nehmen würde und ihn ganz langsam von links nach rechts führen würde, dann würde Eddie auch nach rechts blicken. Und tatsächlich es funktionierte. Wieder ein tränenreicher Moment für mich. Ich merkte, dass es wirklich langsam besser wurde. Mit einem ungewissen Gefühl, ob ich die anderen Mamas bald wiedersehen würde, verließ ich den Kurs. Unterdessen hatten fast alle Bundesländer die Kitas geschlossen nur von Sachsen vernahm man Kauderwelsch. Manchmal wäre mir eine zentrale Lösung lieber. Als wir Ella abholten war sich die Kindergärtnerin auch nicht sicher. Wahrscheinlich ist Montag noch geöffnet und ab Dienstag geschlossen. Wie gut, dass ich zu Hause bin. Als wir einkaufen wollten war der Laden voll und die Regal leer. Ich wollte hamstern und wusste nicht einmal was. Einkaufen war auf Samstag verschoben. Diverse Glitzersticker, Ausmalbücher und Puzzles hatte ich im Internet bestellt

Am Samstag waren in drei Läden die Windeln ausverkauft. Wie gut, dass ich diese Woche begonnen hattte mit Stoffwindeln zu wickeln und es klappte ganz gut. Dank des Trockners ist das Wäsche waschen auch kein Problem mehr. Jetzt sitzen wie auf 6 Packungen Wegwerfwindeln, die ich bestellt hatte. Wir gingen auch noch zu Oma und Opa auch wenn man da nicht gerade hin sollte. Doch sie machen sich keine Sorgen und wir sind alle gesund. Bei Oma auf der Couch probierte Eddie auf einmal etwas neues aus. Er versuchte sich immer wieder auf den Bauch zu drehen. Fast hätte er es auch geschafft, doch irgendwann hatte er die Geduld verloren. Eigentlich müssen wir noch öfters dahin, wenn er dort immer neue Dinge ausprobiert.

Am Sonntag war der Himmel so blau, dass man unweigerlich an die frische Luft gehen musste. Kaum vorstellbar, wenn alle Hausarrest bekämen und ich mit den Kindern nur drin bleiben müsste. Nichts ist erholsamer als ein paar Sonnenstrahlen. Wir waren nicht die einzigen mit der Idee den Frühling zu nutzen.

Mal sehen was die nächste Woche so bringen wird. Ich möchte mit Ella basteln, ein Vogelhaus bemalen und den Balkon hübsch machen. Meine Hebamme kommt ein letztes Mal und mal sehen ob Eddie es geschafft hat sich zu drehen.

Bis bald,

Marie

Foto: Privat

Foto: Privat

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In diesem Beitrag geht's um:

Osteopathie, 4. Entwicklungsschub, Corona, PEKiP