Carlo findet es spitze, ich bin unentschlossen
Hallo ihr Lieben,
es ist soweit. Am vergangenen Dienstag um Mitternacht ist meine Schwiegermutter Ana eingetroffen. Sie hat es geschafft, all ihre Verbindungen zu erreichen und heile mit zwei Stunden Verspätung anzukommen. Wir haben dann gewartet bis Carlo wieder wach wurde und ihn dann präsentiert. Sie war so hin und weg, dass sie ihn gar nicht mehr loslassen wollte.
Die nächsten Tage waren dann eine enorme Umstellung für mich. Mein Freund ist krank und kann zur Zeit nicht arbeiten. Das heißt: Statt wie gewöhnlich alleine mit Carlo zu sein, waren wir auf einmal zu dritt. Das ist an sich toll nur habe ich auf einmal zwei Hände frei, denn egal ob Bäuerchen, Windeln wechseln, in den Schlaf wiegen oder spielen: alles hat Ana übernommen. Und Carlo fand es auch noch total toll.
Eigentlich hatte ich mich auf den Moment gefreut wieder Freiheit zu haben, aber es war zu Beginn die Hölle. Ich habe mich gefühlt als hätte man mir ein Bein ausgerissen oder so. Ich habe ihn auf einmal so vermisst, obwohl er in Sichtweite war. Ich habe die Minuten gezählt bis ich ihn wieder stillen „durfte“ aber selbst da stand Oma Ana hinter mir und schaute total begeistert zu. Irgendwann bin ich sogar in Tränen ausgebrochen, weil ich mich so nach Carlo gesehnt habe. Das konnte ich aber Gott sei Dank gut verstecken. Total Panne und faszinierend wie sehr man doch an seinem Kind hängen kann. Abends habe ich dann mit einer Freundin telefoniert, die quasi alleinerziehend ist und als ich ihr mein „Leid“ klagte bemerkte sie, dass sie sich zur Zeit nichts schöneres vorstellen könne als jemanden zu haben, der ihr die Kinder oder den Haushalt abnimmt. Das hat mich etwas heruntergeholt. Am nächsten Tag war es auch direkt besser und ich konnte meine freien Hände auch ein bisschen genießen. Aber nur ein bisschen.
Das Leben mit der Schwiegermutter läuft also ganz gut bis total anstrengend. Sie trägt Carlo die ganze Zeit herum und bringt ihn mit einer Engelsgeduld zum Schlafen. Das Einzige, was mich etwas stört ist, dass sie ihn dauerbeschallt mit „Mi cocita linda precioca guchi guchi guchi nanana nanaa usw“. Sie klatscht und schnippt und raschelt unentwegt vor seiner Nase. Da werde ich ganz kirre, aber Carlo mag es bzw. er beschwert sich nicht. Balsam für meine Seele war es dann aber doch, als er Momente des Fremdelns bekam und dann doch nur bei mir auf den Arm wollte.
Meine Hoffnung war ja ebenfalls, dass ich endlich mal wieder ausgehen kann, weil meine Schwiegermutter weitaus talentierter ist als mein Freund, was das Babysitten angeht. Doch leider wurde Carlo nach einer halben Stunde wach und hat sich nicht beruhigen lassen. So musste ich dann doch nach Hause. Er ist total Brustabhängig. Er schreit, als würde man ihn Foltern und das stundenlang und sobald er dann meine Brust kriegt, ist er sofort still. Zieh ich sie wieder heraus schreit er. Hat er sie wieder ist er wieder ruhig usw. Das ist wie bei einer Kassette Stop und Play drücken. Richtig doof und lange mach ich das nicht mehr. Dann trinke ich ganz viel Schnaps, so dass ich keine Wahl habe, zwischen schreien lassen und Brust anbieten. Apropos Schnaps: Zahngel kaufe ich doch lieber nicht, denn dort ist bei fast allen Alkohol drin und das nicht zu knapp. Das hat mir eine Freundin erzählt und in Chile sind die Gele verboten.
Wie auch immer. Carlo macht sich ganz gut. Er wächst merklich und er dreht sich nun auch wieder öfter vom Rücken auf den Bauch. Auch hat er wieder mit seinem TigerWAHHH angefangen. Alle, die ihn anschauen, knurrt er an. Das ist nicht besonders höflich und wir stellen uns schon vor, wie er bei seiner Taufe den Priester anknurrt. Er hat seine Erkältung auch ganz gut überstanden und alle anderen angesteckt.
Heute sitze ich hier herum und weiß gar nichts mit mir anzufangen. Putzen; Kochen, Carlo bespaßen und so weiter ist raus, weil das Ana übernommen hat. Hier ist alles gestriegelt und geputzt, die Wäsche ist gemacht und Staubkörner sind auch nicht mehr zu finden. Ich habe mir nun vorgenommen, die freie Zeit zu nutzen um Sport zu machen. Nächste Woche berichte ich dann mehr von unseren neuen Lebensumständen.
Liebe Grüße,
Susi