Mutter-Kind-Workouts: So kommst du wieder in Form
Max ist ein Pfundskerl. Niemand weiß das besser als seine Mutter Sonja. Die liegt auf dem Rücken, Beine angewinkelt, und stemmt ihren vier Monate alten Sohn mit beiden Armen up and down. Fünfeinhalb Kilo im Rhythmus der Musik. Immer wieder. Max feixt und quietscht vor Vergnügen; die blauen Augen leuchten. Sonja spürt allmählich ihre Brust- und Bauchmuskeln. Gut so! IDen anderen acht Frauen auf dem Mattenkreis geht es ähnlich. Ein kurzer Ruf der Trainerin – dann hat die Erde Max wieder. Sonja knuddelt ihn. Und lächelt.
Willkommen beim Mutter-Kind-Workout! 18 Arme, 9 Babys und ein Ziel: fit werden mit Baby. Dieses Ziel verfolgen immer mehr junge Mütter: Sie wollen ihr Ursprungsgewicht bald nach der Geburt wieder erlangen und etwas für ihre Figur und ihr allgemeines Wohlbefinden tun – ohne schlechtes Gewissen, ihr Kind deshalb zu vernachlässigen.
Baby an Bord
Im Gegenteil: Max und Co. werden bei den Mutter-Kind-Workouts voll integriert. „Ich war nach der Geburt meines ersten Kindes in der gleichen Situation wie viele junge Mamas“, erklärt Rebecca Köhler, Entwicklerin des Kurs-Konzepts „fitdankbaby“. „Ich wollte als Mutter wieder sportlich aktiv werden, merkte damals aber schnell, dass es kein entsprechendes Angebot für junge Mütter mit Babys gab. Mein Kind abzugeben war für mich keine Option.“
Also nahm die Groupfitness-Trainerin ihren Sohn mit und bezog ihn in die Übungen so weit wie möglich mit ein. Rebecca Köhler: „Er hatte solch einen Spaß!“ Und so war klar: „Das ist es, was Mamas und Babys wollen – zusammen aktiv sein und die gemeinsame Zeit genießen!“
Fit mit „fitdankbaby“
Natürlich sind nicht nur die Arme im Spiel. Bein- und Rumpfmuskulatur, Po, Bauch und Becken – alle sind in die Übungen einbezogen. Ein „fitdankbaby“-Kurs umfasst acht Kurseinheiten à 75 Minuten. Die Stunde beginnt mit kurzem Austausch für die Mamas und Begrüßungslied für die Babys. Dann folgt die Gelenk-Mobilisation und das Stretching von im Alltag verkürzten Muskelgruppen. Beim Warm-up mit einfachen Aerobic-Schritten ist das Baby im Bauchgurt der Mama ganz nah und genießt die Bewegung. Danach kommt der große Trainingsblock mit Übungen für Mamas und Babys. Zum Stundenausklang wird die beanspruchte Muskulatur gedehnt. Nach einer kurzen Entspannungsrunde mit dem Schluss-Ritual „fühlen sich die Mamas gut, weil sie etwas für sich tun konnten, und die Babys schlafen meist noch auf dem Weg nach draußen zufrieden ein“, weiß Rebecca Köhler.
Rückbildungskurs – was dich dort erwartet
Im Rückbildungskurs lernst du, wie du Muskel- und Bindegewebe nach der Geburt wieder stärken kannst. Ist ein Rückbildungskurs das Richtige für dich? Finde es hier heraus! Schau dir an, was unsere Manu im Kurs erlebt hat:
Sport mit Beutel: Kanga-Training
Gute-Laune-Rhythmen, ein Fitnessprogramm, das den Namen „Sportliche Ertüchtigung“ verdient und das Baby als Trainingspartner – auch Kanga-Training macht dank Beuteltier-Methode Mütter-Sport selbst dann möglich, wenn kein Babysitter verfügbar ist oder das Baby gerade nicht schlafen will.
Während ihrer dritten Schwangerschaft kam der Wiener Fitnesstrainerin Nicole Pascher die Idee, ein Workout für Mütter nach der Geburt zu entwickeln, das speziell auf körperliche Veränderungen nach einer Schwangerschaft abgestimmt ist, und bei dem das Baby im Tragetuch oder in der Babytrage einfach mit dabei sein kann. Und da das Ganze, mit Humor betrachtet, ein bisschen an hüpfende Beuteltiere erinnert, lieferte Känguruh-Mutter „Kanga“ aus dem Kinderbuch-Klassiker „Winnie Pooh“ den Namen zum Programm.
Auch Kanga-Training punktet damit, dass es zwei wesentliche Aspekte des Mutter-Kind-Turnens geschickt vereint. Das Baby genießt Mamas Nähe und gleichzeitig die Bewegung. „Viele Babys, die vorher ganz unruhig waren, schlafen während der Trainingseinheit ein“, erzählt Nicole Pascher. Und für die Mutter bedeutet der kleine Rucksack vor dem Bauch oder auf dem Rücken einen zusätzlichen Trainingseffekt. Und dieser „Rucksack“ wächst und macht die Übungen immer effektiver.
Training mit dem Kinderwagen
Auch vorm Kinderwagen macht die Fitness-Welle nicht halt. So lädt zum Beispiel "LaufMamaLauf", "Mom in Balance" und „BuggyFit“ sportliche Mamas und ihre Babys zur Outdoor-Fitness ein: Der Mix aus Kraft- und Ausdauertraining, Rückbildungsgymnastik sowie Dehnübungen an der frischen Luft bezieht den Kinderwagen als Trainingsgerät mit ein – gerade im Sommer attraktiv.
Bei dem Kraft- und Ausdauertraining liegen die Kinder sicher im Wagen oder schauen den Mamas vom Boden aus zu. Dabei werden sie spielerisch mit eingebunden, während die Mamis schwitzen. Die können das Training jederzeit unterbrechen, um ihr Kind zu stillen, zu füttern oder zu wickeln.
Ganz wichtig bei allen Mutter-Kind-Konzepten ist der soziale Kontakt zu den anderen Müttern. Noch wichtiger aber ist grünes Licht vom Frauenarzt: Das Training sollte frühestens sechzehn Wochen nach der Geburt begonnen werden; der Beckenboden muss wieder gefestigt sein. Diese Sportangebote sind kein Ersatz für Rückbildungs-Gymnastik.
Rückbildung abschließen
Das gilt für alle Mama-Kind-Workouts: Manche Übungen können einen noch instabilen Beckenboden zusätzlich überfordern – und wer möchte das schon? „Fitnesskurse für Mama und Baby sind eine tolle Sache – aber nur dann, wenn die Rückbildungsgymnastik abgeschlossen ist und die Kursleiterinnen im postnatalen Training ausgebildet sind“, betont Verena Wiechers. Die Sportwissenschaftlerin aus Hennef bei Köln hat sich auf den Fachbereich „Prae- und Postnatales Training“ spezialisiert und bildet Hebammen, Physiotherapeuten sowie Trainerinnen aus – und gibt Tipps, woran Frau einen guten, für sie angemessenen Kurs erkennt.
Viele Kursangebote werden von den gesetzlichen Krankenkassen unterstützt. Die Mamas können sich bis zu 80 Prozent der Kursgebühr bei ihrer Krankenkasse zurückholen. Dennoch warnt Expertin Verena Wiechers vor übertriebenen Erwartungen: „Einen perfekten After-Baby-Body anzustreben ist nicht nur unrealistisch, sondern auch psychisch und physisch gefährlich. Besser sind angemessene Trainingsangebote, die Müttern ein sicheres und vitalisierendes Workout ermöglichen. Im Vordergrund steht das Wohlbefinden der Frau.“
Wie erkenne ich ein gutes Kursangebot?
Kursangebote gibt es wie Sand am Meer und Mutter-Kind-Workouts liegen voll im Trend. Die Fitness-Angebote schießen wie Pilze aus dem Boden. Sportwissenschaftlerin Verena Wiechers, Expertin für Prae- und Postnatales Training, erklärt, wie du die Spreu vom Weizen trennst.
- Die Kursleiterin sollte eine Qualifikation aus dem Fachbereich „Postnatales Training“ nachweisen. Hat sie Erfahrung mit Kursen für Mütter? Hat sie eigene Kinder und so selbst durchlebt, mit welchen körperlichen und emotionalen Schwierigkeiten junge Mütter zu kämpfen haben?
- Wird ein abgeschlossener Rückbildungskurs vorausgesetzt? Eine verantwortungsbewusste Anbieterin wird keine Frau ohne Rückbildung in die Trainingsgruppe aufnehmen. Die Geburt muss mindestens 16 Wochen zurück liegen.
- Die Anbieterin sollte vor Kursbeginn schriftlich den Gesundheitszustand von Mutter und Kind abfragen – etwa, ob beim Hüpfen Urin abgeht, ob die Rectusdiastase (Muskelspalt am Bauch nach der Geburt) geschlossen ist und ob das Baby reif geboren wurde.
Experten-Tipps
Sportwissenschaftlerin Verena Wiechers, Expertin für Prae- und Postnatales Training erklärt, wie man ein optimales Mutter-Kind-Workout für sich findet.
- Maximale Gruppengröße von zehn Müttern mit Baby. Sonst wird ein konzentrierter und wohltuender Trainingsablauf schwierig.
- Bei Training mit Tragehilfe muss eine ergonomische Tragehilfe gewährleistet sein – plus eine Beratung vor der ersten Stunde durch eine Trageberaterin. Fitness-Übungen mit falsch eingestellter Tragehilfe gefährden die Gesundheit von Mutter und Kind.
- Bei Outdoor-Training mit Buggy muss der Wagen ein gutes Federungssystem und spezielle Reifen haben, um Stoßbelastungen für das Kind zu verhindern. Der Lenker muss so verstellbar sein, dass frau auch bei großer Schrittlänge den Rücken aufrecht halten kann.
- Organisation: Wie wird bei Outdoor-Training die Wickel-, Fütter- und Wetterproblematik gelöst?
- Entspannter Ablauf: Ein immer gleicher Kursablauf wirkt beruhigend auf die Kinder und entlastet die Frauen vom Stress, wöchentlich neue Übungen zu lernen. Wer seine Übungen kennt, kann sich in Ruhe auf die saubere Ausführung konzentrieren. Die einzelnen Übungen sollten in verschiedenen Schwierigkeitsstufen angeboten werden. Und es sollte unbedingt Beckenbodentraining in die Übungen integriert sein.
- Gezielt nachfragen, ob man gut aufgehoben ist: „Kannst du prüfen, ob meine Rectusdiastase (Muskelspalt am Bauch) verschlossen ist? Kannst du mir Übungen nennen, die das Schließen fördern oder es gar behindern?“ „Mein Beckenboden ist noch nicht wieder so stabil. Welche Übungen sind für mich ungeeignet?“ Eine gute Trainerin sollte solche Fragen souverän beantworten können.
- Probe-Trainingsstunde vereinbaren: Nur so kannst du feststellen, ob dir das Kursangebot Spaß macht.