Von Mangas, Annas ersten Treppenbezwingungen und unseren Urlaubstagen im Nationalpark Ise-Shima. Neues Wissen über Perlen und Wetterpech.
Hallo liebe Leserinnen und Leser,
die Woche begann heiß und endete leider doch wieder mit Regen. Hat der denn kein Ende dieses Jahr? Nachdem ich die Nacht nach dem zweiten Kakerlakenfund lange nicht in den Schlaf fand, nahm ich mir am Dienstag einige Ecken in der Küche vor, die seit Annas Geburt seltener meine Aufmerksamkeit bekommen hatten. Glücklicherweise gab es keine weiteren, schrecklichen Begegnungen. Dennoch war der Putz auf jeden Fall eine gute Sache und ich muss ja langsam sowieso überall durchgehen. Diese Woche will ich dann auch mal die restlichen Lebensmittel genauer in Augenschein nehmen und ein paar Kochpläne schmieden, wie ich die seltener integrierten Lebensmittel demnächst unterbringe.
Was war noch los in der vergangenen Woche?
Anna wehrt sich neuerdings gegen den Kinderwagen, aber ich kann sie nicht mehr so viel tragen. Natürlich tue ich es trotzdem immer wieder und dann beklagt sich mein Rücken bei mir und ich mich bei meinem Mann, dass ich unbedingt wieder zum Sport muss.
Er hatte diese Woche noch eine Arbeit fertig zu machen und war sehr beschäftigt. Auch, weil wir am Mittwoch zu unserer nächsten Kurzreise aufbrechen wollten. Das verschoben wir dann auf den Donnerstag.
Montag war Anna mal wieder so anstrengend, dass ich den Dienstag auf keinen Fall allein zuhause verbringen wollte. Ein Treffen mit meiner deutschen Freundin vom Land hier war auch mal wieder fällig. Sie war gerade von einem Familienurlaub auf Okinawa, dem japanischen Pendant zu Hawaii, zurück. Erst wollten wir ins Schwimmbad, entschieden uns dann aber doch für das Internationale Mangamuseum hier in Kyoto. Sie haben Mangas in vielen Sprachen und aus vielen Jahrzehnten. Vielleicht ist es sogar mehr eine Mangabibliothek als ein Museum. Man kann den ganzen Tag dort verbringen und lesen, darf einige Bücher sogar mit raus auf die Wiese nehmen. Ich bin kein Fan, habe dort aber doch mal einiges über Mangas erfahren. Zum Beispiel, dass man an zeichnerischen Charakteristika die Rolle des Charakters im Buch herauslesen kann. Und die Farbe der Haare lässt auf Charaktereigenschaften schließen. Ich denke, ich habe diese Literatur bisher unterschätzt. Die beiden Teenie-Töchter meiner Freundin nahmen Anna nach einer Weile in ihre Obhut und ich konnte mich eine Zeit der Ausstellung widmen. Draußen tobte ein Gewitter, Anna schlief in ihrem Wagen ein, so verging die Zeit. Ein Besuch im Museumscafé rundete den Nachmittag ab.
Am Mittwoch konnte ich dann morgens noch einmal zum Sport, dann ging es zum Kindertreff und danach regnete es leider wieder. Erst am späten Nachmittag konnte ich noch einmal mit Anna raus.
Am Donnerstag packten wir morgens schnell fertig und dann ging es los zum Bahnhof und in den Zug nach Ise-Shima, einen Nationalpark ein paar Stunden südöstlich von Kyoto an der Küste. Genau diese Küste, die Formation in viele Halbinseln und Inseln ist es, die die Gegend landschaftlich so besonders macht. Kulturell besonders hervorzuheben sind die Ama-Taucherinnen, die mit der Apnoetechnik, dem Luftanhalten, nach Meeresfrüchten tauchen. Ihre Tradition geht Jahrhunderte zurück in der Geschichte Japans.
Anna schlief bereits nach einer halben Stunde im Zug ein und verschlief beide Umstiege. Ich versuchte auch zu schlafen, da ich ziemlich müde war und erste Anzeichen einer Migräne sich bemerkbar machten. Gegen 15 Uhr kamen wir am Zielort an. Das Hotel gefiel Anna sehr gut, ihre Augen leuchteten wie die Lampen im Foyer. Bei dem schlichten Bahnhof und der ebenso schlichten Dorfstraße hätte ich nie so ein schickes Hotel erwartet. Wir hatten wir zwei etwa 1,20 breite Betten, eins davon an der Wand, so dass Anna sicher und ich ruhig und mit genug Platz schlafen würde. Überhaupt war das Zimmer für ein japanisches Hotel riesig! Nach etwas Zeit zum Ankommen machten wir uns auf den Weg zu einem Supermarkt. Mir war eingefallen, dass ich zwar genügend Breipäckchen für mittags mitgenommen hatte, aber für abends hatte ich gar nichts mit. Entlang der Straße fiel wieder einmal auf, wie sehr Japan doch ein Autoland ist. Der Gehstreifen war ziemlich schmal und, wenn es mal einen Gehweg gab, war er halb überwuchert von Unkraut. Wir kauften Toastbrot und Tomaten, meist würde Anna ja inzwischen auch von uns mitessen können.
Der Heimweg führte uns dann auch schon ins erste Restaurant, wo wir auf der Terrasse japanisch-westliche Hausmannskost aßen. Tische auf der Terrasse sind bei japanischen Restaurants eine echte Seltenheit. Wahrscheinlich aber, weil es auch selten Platz davor gibt. Es gibt ja schon selten Gehwege, also auch keinen Platz vor Cafés und Restaurants.
Auf der Suche nach einem Spielplatz folgten wir nach dem Essen der Angabe 'good for kids' für einen Park auf dem Online Stadtplan. Naja, es war einfach eine eingezäunte Wiese, ein paar Bäume, ein paar Bänke. Für Annas Alter noch nicht so interessant. Aber der Papa schnappte sich seine Tochter und lief mit ihr als Flieger einmal wild herum.
Nachdem sie später fest schlief, konnte ich noch das Onsen des Hotels genießen. Das ist quasi ein Gemeinschaftsbad. Es gab dort Waschbereiche und ein heißes Becken, in dem ich hoffte, meine Nacken- und Schulterschmerzen von der Migräne loszuwerden. Mein Mann blieb bei Anna. Den heißen Bädern kann er sowieso nichts abgewinnen.
Zum Frühstücksbuffet waren die Hotelgäste auf Zeitspannen und Orte verteilt, so dass die Abstände gewahrt werden konnten. Insgesamt war es sehr früh: ab 6.30 bis maximal 9 Uhr konnte man essen. Für das Buffet musste man dünne Plastikhandschuhe und Maske tragen. Anna kam dabei voll auf ihre Kosten! Sie bekam Tomaten, Orange, Grapefruit, Udonnudeln, gegrillten Lachs, Ei und Joghurt und durfte dabei selbst zulangen. Meist brauchte sie nach kurzer Zeit die Möglichkeit sich frei zu bewegen, zu stehen. Sonst half aber auch schon, dass sie andere Leute und Kinder beobachten konnte.
Nach dem Frühstück war unser erstes Ziel am Freitag ein Aussichtspunkt, von dem man die vielen Inseln und Halbinseln sehen kann. Dafür liefen wir ca. eine Stunde bergauf. Anna schlief derweil ihren Vormittagsschlaf. Als sie wieder wach wurde, waren wir bereits auf der ersten Aussichtsplattform und erfrischten uns mit Drinks.
Die Plattform hatte zwei Ebenen, verbunden über eine flache Treppe und einen Slope. Wir hatten Anna ihre weichen Lederschühchen angezogen und ließen sie nun auf den Boden. Sie krabbelte glücklich auf die Treppe zu. Am Morgen hatte sie im Hotel eine Treppe gesehen und war mit großem Respekt davor umgedreht. Nun war sie bereit und erklomm sie zügig und von uns angefeuert. Auch sonst hatte sie einigen Spaß auf diesem Ausflug. Ein Hund oder besser Hündchen bekam ihre ganze Aufmerksamkeit und sobald sie konnte, sprich auf dem Boden war, konnte ich sie auch nicht mehr zurückhalten. Sie steuerte auf das Tier zu, das erst neugierig, aber schnell ängstlich reagierte und zu fliehen versuchte, sich hinter die Beine des Frauchens verstecken wollte. Die fand Anna aber auch süß und wollte das Zusammentreffen befördern. Nun ja, der Hund wich Annas Hand geschickt aus und sie verstand gar nicht warum. Wir beendeten das Spiel dann schnell, wer weiß, wann der Hund dann doch noch zuscIhnappt.
Es war gerade mal Mittag als wir wieder im Hotel waren. Anna war kurz zuvor eingeschlafen in der Trage, wachte im Zimmer wieder auf. Nach dem Essen versuchte ich, mich gemeinsam mit ihr hinzulegen. Letzten Endes nahm sich mein Mann ihrer an und ging mit ihr spazieren. Ich durfte die Augen schließen und etwas ausruhen. Abends gingen wir in ein benachbartes italienisches Restaurant.
Für den Samstag war nun doch wieder Regen angekündigt und wir verschoben unsere geplante Wanderung zwischen zwei Leuchttürmen entlang der Küste auf den Sonntag, der schöneres Wetter versprach.
Stattdessen fuhren wir ein Stück mit dem Zug nach Toba und sahen uns Mikimoto Pearl Island an. Wofür die Gegend nämlich noch bekannt ist, das sind die Zuchtperlen. Kokichi Mikimoto, ein Mann aus der Stadt Toba hatte nämlich Anfang des 20. Jahrhunderts wohl so ziemlich als erster nach vielen Versuchen Erfolg damit, Muscheln entsprechend zu präparieren, dass sie Perlen in runder Form bilden. Er wurde nach vielen arbeitsintensiven Jahren in Armut dafür berühmt und auch reich. Auf der heutigen Museumsinsel konnte man viel über die Perlenzucht und auch die Gewinnung von Perlen vor der Zucht erfahren. Es ist eigentlich eine für die Muscheln ziemlich grausame Geschichte. Auch heute mit der Zucht bedeutet es für die Muscheln meist das Lebensende, wenn die Perlen entnommen werden. Laut der Ausstellung überleben auch nur etwa 50% der Muscheln überhaupt die zwei Jahre nach Einsetzen der Perlennuklei bis ihnen diese als Perlen wieder entnommen werden.
Das alles war in der Ausstellung so hübsch und mit fröhlichen Muscheln dargestellt. Hmhm. Die Farm tut wohl tatsächlich auch viel für die Sauberkeit des Wassers dort und für den Erhalt des Lebensraums der Muscheln. Dennoch, ich werde wohl keine Perlen kaufen in meinem Leben. Die ich besitze, geschenkt oder geerbt, für die habe ich nun größeren Respekt.
Wir verbrachten viele Stunden auf der Insel, weit über die Mittagszeit hinaus. Sahen das Showtauchen der Ama Taucherinnen zweimal an und Anna krabbelte durch die Ausstellungsräume. Die Projektion auf dem Boden von einer Geschichte über die Entstehung von Perlen mit der Beteiligung von einer Meerjungfrau und dem Mond war Annas größter Krabbelspaß.
Viele Besucher waren nicht auf der Insel. Das Wetter hatte sich letztlich als ziemlich stabil herausgestellt und es war fast trocken geblieben. Wenn der nächste Tag noch besser würde…
Auf dem Heimweg machten wir einen Stopp fürs Abendessen, Anna schlief auf den letzten Metern zum Hotel ein. Wir ließen sie erst einmal im Wagen und genossen ein paar Minuten für eine ruhige Tasse Tee und einen Nachtisch. Dann weckten wir Anna, machten sie sofort bettfertig und ich schlief fast schon mit ihr ein. Zusammengerechnet schlief Anna dann fast zwölf Stunden in dieser Nacht.
Leider hatte sich der Wetterbericht für Sonntag inzwischen verändert, der Regen hatte sich wohl vertagt. Da es am Vormittag erst noch gut aussah, machten wir uns auf den Weg. Schließlich könnten wir ja auch jederzeit abbrechen und mit dem Bus zurückfahren. Es wurde heiß und sonnig und wir schwitzten alle sehr. Anna schlief noch ihren Vormittagsschlaf, während wir auf dem betonierten Deich gen Süden wanderten. Erst ging es an wie Kolonien anmutenden Mengen von Wellenreitern vorbei, die alle auf die perfekte Welle warteten. Dann wechselte die Nutzung der Küste und schließlich wanderten wir durch ausgedehnte Dörfer. Bis, ja, bis uns der Regen einholte. Erst hielten wir ihn für eine nette Erfrischung. Dann wurden es aber eher Sturzbäche und wir suchten Unterschlupf in einem Eingangsbereich eines Gemeinschaftshauses oder so etwas. Anna freute sich, auf den Eingangsstufen klettern zu dürfen. Gerade sauber waren die ja nicht, aber wir konnten sie auch nicht ewig im Wagen sitzen lassen oder auf dem Arm halten. Wir hatten die Wahl zwischen 20 Minuten durch den Regen zu einer weiter entfernten Busstation zu laufen oder fast eineinhalb Stunden auf den Bus durch diesen Ort zu warten. Als es dann donnerte und plötzlich eine Sirene losging, entschieden wir uns fürs Warten. Die Sirene ging zum Glück gleich wieder aus, aber mulmig war es mir schon geworden. Wir fütterten Anna und so verging die Zeit irgendwann doch.
Als wir ins Hotel zurückkamen, war Anna in den Mittagsschlaf gefallen und wir konnten einmal das Mittagsbuffet quasi zu zweit als Paar genießen – tat gut.
Nachmittags, trotz Regen, fuhren wir in einen weiteren Ort und sahen uns ein kleines Aquarium an. Ich weiß, man kann auch da darüber streiten, ob man solche Einrichtungen noch mit seinem Eintrittsgeld unterstützen soll. In der Regel sind sie heutzutage aber auch wissenschaftliche Einrichtungen und kümmern sich um den Artenerhalt und die Lebensräume der Tiere in der Wildnis.
Anna bekam vielleicht noch nicht alles mit oder es war irgendwann auch einfach zu viel. Aber sie war durchaus interessiert und traute sich sogar ihre Hand in das Becken mit den kleinen Doktorfischen zu stecken, natürlich mit gewaschenen Händen. Spaß hatte sie dann aber auch wieder beim simplen Herumlaufen um eine Bank und den Guckguck-Spielen mit uns. Dass sie für den Weg zum Bahnhof durch den Regen wieder in den Kinderwagen musste, freute sie dagegen weniger.
Heute brachen wir nach dem Frühstück zur Heimreise auf, unterbrachen diese aber noch für einen Besuch in einem der ältesten und gleichzeitig jüngsten Schreine Japans, dem Ise Jingu. Wie das geht? Der Schrein, die heiligen Gebäude werden nach und mit vielen Ritualen alle 20 Jahre neu gebaut! Das letzte Mal war 2013, also erst vor sieben Jahren.
Nach dem Mittagessen setzten wir uns in den Expresszug und waren am späten Nachmittag glücklich wieder zuhause, gerade, als es wieder einmal zu regnen begann. Hört das denn hier nicht mehr auf dieses Jahr?
Ich wünsche euch eine schöne Woche, bis bald!
Eure Silke
Foto: Privat
Fotos: Privat
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