7 Monate Babyglück - wenn die soziale Angststörung den Alltag einschränkt
Hallo 7. Lebensmonat,
Hallo liebe Baby-Tagebuch-Leser und Leserinnen,
Da ist er nun also endlich, der nächste Meilenstein in unserer Glückskeks-Timeline. 7 Monate Babyglück, mehr als ein halbes Jahr zwischen vollen Windeln, leeren Milchflaschen und unzählig vielen Entwicklungsschritten. Mittlerweile trägt unser Sohn irgendwas zwischen Kleidergröße 68 und 74, liebt es zu kreischen und zu brabbeln und flüstert uns an manchen Tagen kleine Geheimnisse zu. Aus unserem kleinen Häufchen Glück ist ein wundervoller Minimensch geworden, der unser Herz Tag wie Nacht mit Freude füllt.
Nachdem wir vergangene Woche einer Spiel- und Krabbelgruppe einen Besuch abgestattet haben, mussten wir in dieser Woche auf die Anwesenheit anderer Kinder verzichten. Papa Tonis Schichtplan war dafür einfach nicht ausgelegt und ich muss erst noch lernen, mit Kinderwagen und Säugling den Bus zu benutzen. Klingt komisch? Glaubt mir, das ist es auch. Seit mehr als 9 Jahren bin ich aufgrund von Krankheit in Frührente und seitdem auch dabei, mein Leben trotz Handicap zu meistern. Vor Noahs Geburt habe ich mehr als ein Jahr gebraucht, um meine Angst vor fremden Menschen zu überwinden und in einen Bus einzusteigen. Jetzt ist der Glückskeks stets an meiner Seite und schon ist die Angst wieder präsent.
Wie kriege ich den Kinderwagen in den Bus? Was, wenn der Glückskeks während der Fahrt schreit? Wie werden die anderen Fahrgäste reagieren?
Unzählige Fragen schwirren mir durch den Kopf und machen es regelrecht unmöglich, einfach einzusteigen und loszufahren. Ein Handicap, dem ich nun die Stirn bieten möchte, um in naher Zukunft mit dem Glückskeks ohne Angst und wirre Gedanken im Birnchen die Welt entdecken zu können.
Mama mit Handicap, schon vor Noahs Geburt haben wir uns diesbezüglich viele Gedanken gemacht. Meine soziale Phobie stellte schon vorher für alle eine Herausforderung dar und noch mehr Arbeit für Papa Toni. Er muss Anrufe übernehmen, Termine machen/ absagen, die Kommunikation in beinahe allen Bereichen übernehmen, mich beim Einkaufen begleiten und und und. Es ist eine Last, die mich immer und immer wieder zu Boden drückt.
Noahs Geburt hat diese schwere Last ein wenig gelindert. Durch ihn bin ich mutiger geworden und auch offener fremden Menschen gegenüber.
Während unserer täglichen Spaziergänge werde ich immer wieder von Passanten angesprochen, die freudestrahlend meinen Sohn bewundern.
Oftmals kreischt der kleine Glückskeks, sobald er die Pferde auf der Koppel hinter unserem Haus sieht. Momente wie diese laden zum Gespräch ein. Ein wertvoller Austausch, den ich dankend annehme und stolz von den Entwicklungsschritten meines Folgewunders berichte.
Ein großer, wichtiger und verdammt wertvoller Schritt als Handicap-Mama.
Erst gestern haben wir unterwegs eine Dame mittleren Alters angetroffen, die ihr “Hundekind” spazieren führte. Wir kamen schnell ins Gespräch, tauschten uns über den eigenen Nachwuchs aus und darüber, wie bunt die Welt mit einem Kind plötzlich ist. Ihre Worte taten unglaublich gut und bestärkten mich nochmal darin, endlich einen Schritt in die richtige Richtung zu wagen. Für mich, für meinen Glückskeks, für uns als Familie!
Nun fragt ihr euch sicher, warum ich euch heute so viele Einblicke in meine Seele gewähre? Wollten wir nicht eigentlich etwas über die Zeit mit Baby erfahren? Darüber, wie das erste gemeinsame Babyjahr läuft?
Richtig und doch empfinde ich auch Zeilen wie diese, als enorm wichtig, denn sie prägen das erste Babyjahr als Jungfamilie ebenso, wie eine Woche voller spannender Erlebnisse. Vor Noahs Geburt gab es Zeiten, in denen ich keine geraden Sätze mehr herausbekam, wenn mich jemand angesprochen hat. Inzwischen schaffe ich es, meine Unsicherheiten zu hinterfragen und mich selbst zu lieben. Ich habe durch Noah gelernt, dass ich meinen eigenen Gedanken nicht immer alles glauben muss. Zudem habe ich verstanden, dass jetzt ein kleiner Minimensch zu mir hochschaut und eine farbenfrohe und glückliche Welt kennenlernen möchte. Ich kann diese Chance nutzen und meinem Kind die Stärke mitgeben, die ich selbst nie hatte und gleichzeitig selbst heilen, um in naher Zukunft mit erhobenen Hauptes auf einen langen und steinigen Weg zurückblicken zu können.
Wir können unseren Kindern nur einmal eine wundervolle Kindheit schenken!
Janine