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Baby-Tagebücher von Judith

Hautnah. Intensiv. Liebenswert. Folgt hier den Babytagebuch-Bloger:innen und erlebt regelmäßig, wenn frischgebackene Mütter und Väter ihr Leben mit euch teilen. Jede Woche lassen sie euch an ihrer neuen Lebenszeit mit Baby teilhaben und geben ganz persönliche Einblicke: Was hat der Sprössling diese Woche Tolles gelernt? Wie geht es den jungen Eltern mit dem kleinen Knirps? Welche Herausforderungen begegnen den Neu-Mamas und Neu-Papas mit ihrem Neugeborenen? In den Baby-Tagebüchern seid ihr live dabei, von ersten Arztbesuchen bis zu holprigen Gehversuchen. Ob liebenswert chaotisch oder rührend besinnlich: Immer erhaltet ihr einen unverfälschten, authentischen und persönlichen Einblick in das aufregende Leben einer Jungfamilie.

42. Woche

Laufversuche & Erziehungsphilosophie

Erste Schritte alleine mit dem Mülleimer, wieder mal die Suppe und Gedanken über Erziehung.

Ruben schob heute früh (laufender Weise) einen leeren Mülleimer. Erst in der Küche umher, dann weiter in den Flur und dann ins Schlafzimmer, um Papa zu wecken. Ich habe nichts gemacht. Das hat er sich ganz selbstständig so ausgedacht. Wenn ich ihn absetzen möchte bleibt er nun auch oft stehen und fängt an zu gehen. Natürlich nur wenn ich ihn weiter festhalte. Aber die Ambition ist definitiv da.

Die letzte Woche war sowieso wieder voller neuer Dinge.
Ruben bot mir beim Wickeln seinen Becher zum Trinken an, dann später mal seinen Schnulli. Das hat er vorher noch nicht gemacht. A propos Wickeln. Mittlerweile lässt er sich wieder ganz gut ablenken, so dass ich einigermaßen unfallfrei durch den Stoffi-Anzieh-Prozess komme. Nicht immer, aber ab und an.
Auch besser werden die Nächte! Ruben wurde z.B. letzte Nacht nur 2- oder 3-mal wach und wollte gar nicht trinken. Sonst hat er meistens noch einmal getrunken. Heute hat er nur um halb 7 gefrühstückt. Wenn ich trinken schreibe, meine ich Stillen.
Seit wenigen Tagen isst er mehr und mehr mit Begeisterung mit mir oder uns. Alles. Von Fisch und Kohlrabipüree, Rote Beete Suppe und alle möglichen Käsesorten (ich versuche Kuhmilch zu vermeiden), auch Frischkäse, Quark und Obst, Gemüse. Hauptsache: kein Brei. Kein Kinderteller oder Kinderlöffel. Es muss der Löffel sein, den ich auch benutze, dann lässt er sich sogar füttern. Benjamin und ich treffen uns fast täglich zum Mittagessen. Oft in einem wunderbaren Bistro mit kreativen Gerichten und regional-saisonalen Produkten. Manchmal zu Hause, wenn ich etwas gekocht habe. Das ist für Ruben das Beste. Wenn alle zusammen sind. Da wirkt er so gelöst und glücklich. Was Mama und Papa gemeinsam für Kinder bedeutet verstehe ich nun erst richtig. Da futtert er im Hochstuhl richtig mit.
Jedenfalls habe ich den Eindruck, als hätte sich Ruben durch die gewonnene Selbstständigkeit ein ganzes Stück aus seiner „Abhängigkeit“ mir gegenüber befreit. Das ist manchmal richtig komisch für mich.

Gestern Abend gab es Möhren-Pastinaken-Suppe. Zuerst wollte er nichts, sondern spielen. Dann kam er doch hinzu. Nach vielen Löffelchen griff er nach dem Ziegenfrischkäse, den ich in die Suppe (ziemlich dick, eigentlich Breiähnlich) gerührt hatte. Ich ließ ihn. Und es war so witzig, wie er erst mit einem Fingerchen in die weiße weiche Pampe und später die ganze Hand. Dann das Ganze in Richtung Mund; bzw. ganzes Gesicht und Haare…. Zum glorreichen Abschluss durfte er dann noch Wasser putschern. Dabei stelle ich ihn auf das Unterschränkchen im Bad und er macht den Wasserhahn an und wieder aus. Und natürlich plantscht er mit den Händen im Waschbecken herum. Auf diese Art und Weise kann ich aber protestfrei seine Nase säubern.
Der erste Schnupfen. Nach dem letzten Wochenende war Ruben das erste mal so etwas wie krank. Ich habe kein Fieber gemessen, aber sein Energieniveau war deutlich herab gesenkt. Er schlief schlecht ein, weil er durch die Nase keine Luft bekam. Beim Trinken begann er manchmal zu weinen, weil das mit Sauerstoffnot überhaupt nicht gut klappte. Einschlafen dauert immer noch länger als vorher, aber es ist besser geworden. Schnupfen muss jedenfalls, wenn man nicht ausschnauben und Nase abwischen schrecklich findet, richtig doof sein.

Vielleicht noch einmal etwas zur Erziehung. Ich hatte ja bereits mehrfach beschrieben, dass Ruben alles andere als ein Kinderwagenbaby ist. Ich setze ihn dennoch fast täglich hinein, wenn ich versuche zu joggen. Das funktioniert auch sehr gut. Nur eben nicht lange, maximal waren, während er so platt war, 30 Minuten, bevor er sich dann gegen die Gurte aufbäumt und auch anfängt zu weinen. Ich höre immer wieder so was wie, auch im Bezug auf generelle Dinge: Das müssen die lernen; da müssen die durch; das hat uns früher auch nicht geschadet; später kann auch nicht immer alles nach ihm gehen; und so weiter und sofort. Benjamin und ich sprechen da immer wieder drüber. Mein Empfinden dazu ist ein ganz anderes. Ich möchte weder Rubens Willen noch seine Bedürfnisse mit Gewalt (ich bin ja definitiv stärker und kognitiv bevorteilt) brechen, dass er sich den Meinen anpasst. Das genau ist der Punkt. Wenn ich denke, dass Ruben wieder quengelt oder nervt oder so was, ist das meistens, weil ich etwas unbedingt will und es auf Ruben projiziere. Der macht das natürlich nicht freiwillig mit.
Er versteht ja kein „mach das nicht“; nein; er hört nur, dass mein Tonfall ablehnend oder wütend ihm gegenüber ist. Er versteht es nicht. Ich übe derzeit sehr mich in seine Welt als Anfass- und IndenMundsteck-Automaten hinein zu versetzen. Er ist ein kleiner Forscher, der aus allem eine Pioniers-Studie macht. Zwangsläufig. Er kennt es noch nicht.
Mich entspannt diese Sicht auf ihn und die Rahmenbedingungen sehr. Den Zeitdruck habe wenn dann ich, er will nur stundenlang Wasser putschern, im Käse matschen oder Steine im Mund umherwälzen.
Soweit.

Liebe Grüße, Judith





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