Lastenfahrrad: Ein Spaß für die ganze Familie
Seit sieben Monaten sind wir mit unserem Lastenfahrrad unterwegs. Keine leichte Entscheidung, denn die Dinger sind einfach unheimlich teuer. Doch im Rückblick eine der besten Entscheidungen, die wir in diesem Jahr trafen.
Bereits einige Zeit nach der Bekanntgabe unseres baldigen Familienzuwachses diskutieren wir im vergangenen Winter logistische Fragen. Eine der wichtigsten: Wie transportieren wir, möglichst zeitnah nach der Geburt, zwei Kinder gleichzeitig durch Hamburg? Kinderwagen und Babytrage? Anstrengend und langsam. Alles mit einem Geschwister-Kinderwagen bestreiten? Ebenfalls zu langsam und damit zu mühselig. Auto? Nicht überall kann man parken, also hat sich diese Option als Allheilmittel auch schnell erübrigt. Fahrrad? Gerne, aber wie?
Vor der Kita bewundere ich in den folgenden Wochen alle Arten von Vehikel. Besonders beliebt sind Fahrradanhänger, wahlweise mit Babyhängematte. Diese soll man aber erst verwenden, wenn das Baby die Belastung der Fahrt auch körperlich aushalten kann. In Anhängern mit extrem guter Federung sei ein Transport ab dem zweiten Lebensmonat möglich, so heißt es von Herstellerseite. So einer müsste es dann mindestes sein. Ich recherchiere spaßeshalber nach Lastenfahrrädern im Netz und falle bei den Preisen fast vom Stuhl. Abends rechnen wir. Mindestes die nächsten vier Jahre werden wir die Transportlösung bauchen, vielleicht auch länger. Unsere Fahrräder sind allesamt alt und ungeeignet, um einen Anhänger mit zwei stetig wachsenden und schwerer werdenden Kindern zu ziehen. Bei Kosten für ein neues Rad, vielleicht mit ein bisschen elektrischer Unterstützung, und einen Anhänger müssten wir auch einiges investieren.
Am nächsten verregneten Samstag fahren wir zu einem Geschäft für Lastenfahrräder. Gucken kostet ja nichts! Smilla darf bei allen Probefahrten platznehmen. Einige Exemplare sind unglaublich behäbig, andere lassen sich schwer lenken, oder fliegen fast aus der Kurve. Wir testen, was das Zeug hält und sind schnell begeistert. Besonders mögen wir ein Modell, das ein bisschen ausschaut wie eine kleine Rikscha für Kinder. Als uns die nette Dame einen Kostenvoranschlag ausdruckt, muss ich laut schlucken. Mit allen zusätzlichen An- und Einbauten kostet das Teil so viel wie ein Auto.
„Schön, ne?“, fragt Tim. „Schon. Vielleicht, wenn wir uns was davon zu den nächsten Festtagen wünschen, oder zur Geburt?“, sage ich. Wir überlegen, verwerfen, denken neu. Fakt ist: Wir wollen nicht ein solches Vermögen für ein Fahrrad ausgeben. Nicht von unseren Ersparnissen und auch nicht mit finanzieller Bezuschussung.
Ich checke die Kleinanzeigen und tatsächlich will jemand sein Rad verkaufen. Gleich bei uns um die Ecke. Wir treffen Micha am nächsten Mittag. Es nieselt, wieder fahren wir Probe. Es ist genau das Rad. Die Familie hat es weniger als ein Jahr genutzt, die Herstellergarantie läuft noch. Jetzt ist das dritte Kind da und das Modell kann nur zwei transportieren. Wir verhandeln und werden uns schnell einig. Noch mal eine Nacht darüber schlafen. Wir schlagen zu.
Jeppe ist wenige Wochen alt, als wir die erste Probefahrt zu viert unternehmen. Mit einem speziellen Adapter lässt sich der Maxi Cosi befestigen. Außerdem ist der gesamte Vorderbau mehrfach gefedert. Wir nutzen nur gerade Wege, fahren langsam und geben gut Acht auf unsere wertvolle Fracht.
Seither fahren wir alle Rad. Jeppe macht es inzwischen richtig Spaß und er freut sich, wenn es in Richtung Fahrradkeller geht. Smilla feiert den Elektroantrieb und ruft immer: „Hinterher, schneller Mama!“ Meine Aufgabe ist dann die Verfolgung des Autos vor uns. Im Regen sind die zwei gut geschützt, dank Neigetechnik fährt sich unser Lastenrad wie ein ganz normales Fahrrad und geschaltet wird sogar automatisch.
Unser Leben ist so sehr viel leichter. In wenigen Minuten bin ich bei der Kita, düse im Anschluss zur nachmittäglichen Verabredung und komme mit zwei schlafenden Kids nach Hause. Ich transportiere Spielplatz-Equipment und Picknick, kann im Supermarkt auf dem Rückweg noch schnell etwas einkaufen und Jeppe kann dabei gemütlich im Maxi Cosi sitzen bleiben, den ich in den Einkaufswagen stelle. Ich fahre am Feierabendverkehr vorbei und bin auch ohne Stau schneller unterwegs, als mit dem Auto.
Übrigens: Ich lag in der Theorie verrückterweise furchtbar falsch. Ich dachte immer, dass ich mich mit einem dreirädrigen Rad und großer Holzkiste vorne drauf wohlfühlen würde; es hat sich angefühlt aus würde ich uns gleich gegen den nächsten Baum fahren. Unsere Mini-Rikscha passt sehr viel besser zu uns.
Unsere Empfehlung daher: Unbedingt herausfinden was die Familie braucht und welche Zwecke erfüllt sein müssen. Und dann auf jeden Fall testen und ausprobieren. In speziellen Fachgeschäften wird man gut beraten und darf in der Regel alles auf Herz und Nieren prüfen.
Egal ob Kinderwagen, Öffentliche Verkehrsmittel, Auto, Rad oder deine spezielle Art der Fortbewegung, Hauptsache es macht euer Leben leichter und allen beteiligten Personen Freude!
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