...du bist nun schon fast 5 Monate alt und wir beide haben zum ersten Mal so etwas wie eine Routine entwickelt...
...Wenn du das liest bist du schon so groß, dass du diese deutschen Worte verstehst und vielleicht sogar meine Hilfe bei der Übersetzung nicht mehr benötigst. So jedenfalls ist der Plan. Ist das denn so, haben wir das geschafft? Bist du zweisprachig aufgewachsen? Jetzt, am 26.4.2021 haben wir jedenfalls unseren Start in die bilinguale Welt gemacht; wir hören auch deutsche Kinderlieder (unser Hit: Ich bin ein kleiner Pinguin). Ich versuche manchmal deutsch mit dir zu sprechen, obwohl es für mich noch ein ziemlich merkwürdiges Gefühl ist.
Ich schreibe hier direkt zu dir, weil das von Anfang des Tagebuches so mein Wunsch war; es war nur bisher schwer, diese Berichte an dich zu richten. Unser Kontakt war sehr einseitig, sodass ich nicht das Gefühl hatte, du würdest mich verstehen (was meine Worte betrifft, war es auch so; meine Liebe konntest du jedoch von Anfang an verstehen, das habe ich in deinen Augen gesehen und in deinen Händen, mit welchen du dich so fest an mich geklammert hast). Jetzt ist etwas anders; du sprichst mit mir. Du suchst den Kontakt zu deinem Papa und rufst ihn. Anderen Familienmitgliedern und Fremden gegenüber bist du still, beobachtest sie genau, lächelst aber ganz freundlich. Du sprichst mit uns und wir verstehen dich. "Mmmmmmmmmm" heißt, du willst zu Mama: du willst gestillt werden oder in meinen Armen einschlafen. Während du mir das sagst, starrst du ganz intensiv in meine Augen - dadurch habe ich gemerkt, dass du mir etwas konkretes mitteilen möchtest. Meine kleine schlaue Maus.
Dein Tag beginnt um 10 Uhr. Du bist zum Glück Langschläferin, wie Mama. Du weckst mich, indem du mir im Gesicht herumspielst - mich an der Nase oder an den Haaren ziehst. Du strahlst mich an, obwohl du wieder nass bist, weil die Pampers überläuft. Das ist dir egal. Du liebst es, morgens zwischen Mama und Papa zu liegen und an Papas Bart zu ziehen. Irgendwann stehen wir auf und ich ziehe dich um. Du kriegst etwas Süßes angezogen (dein kleiner Schrank quillt über vor Klamotten). Das Wickeln dauert aber neuerdings lange, weil du einfach Langeweile dabei bekommst. Du greifst nach den bereitgelegten Klamotten, nach den Feuchttüchern, nach deinem Teddy und wirfst gerne alles herunter. Dann drehst du dich auf den Bauch und schaust, was du so in den Mund schieben kannst. Du hasst es aus/angezogen zu werden, aber in der Bauchlage lässt du es über dich ergehen. Weißt du, wie anstrengend es ist, ein Baby auf seinem Bauch sauber zu machen und anzuziehen? Tja, ich weiß es. Danke dafür!
Frisch angezogen spielst du auf dem Teppich oder liegst in deinem kleinen Wagen in der Küche, während deine Eltern Kaffee trinken und frühstücken. Du hast ja schon um 10 gefrühstückt. Kurz vor 12 gehen wir spazieren - dein Papa hat Fussel an der Leine und ich habe dich in der Trage. Du schaust dich um, lachst die Bäume an und schläfst irgendwann ein. Bis 13 Uhr schläfst du, danach spielen wir weiter. Um 13:30 bist du bereit für die Mittagsportion Milch und um 14:00 probierst du deine Karotte und dein Wasser. Diese Woche kommt Brokkoli an die Reihe!
Um 15 Uhr bist du wieder müde und schläfst in der Trage ein. In der Zeit mache ich Wäsche, räume auf und koche. Manchmal esse ich auch über deinem Kopf, wenn du unruhig schläfst. Wenn du gut schläfst legen wir uns hin und du schläfst auf meiner Brust weiter. Danach isst du wieder und wir spielen weiter auf dem Teppich oder machen Turnübungen. Du bist schon flott unterwegs; du rutschst nach hinten und regst dich manchmal richtig lustig auf, wenn du dadurch plötzlich unter deiner Wickelkommode oder deinem Bett landest und deine Füßchen gegen die Wand hauen, du nicht mehr weiterkommst. Alles, ALLES möchtest du mit deinem Mund erkunden; du hast sogar schon die Tischdecke fast vom Tisch gezogen. Jetzt haben wir keine Tischdecke mehr, damit du dir nichts überkippst. Du hast deine Launen und ich LIEBE sie. Du kannst eine Augenbraue skeptisch hochziehen und wenn du ganz konzentriert an den Teppichfransen ziehst (den Teppich dadurch leicht anhebst und dich selbst mit) ziehst du die Brauen zusammen und machst einen konzentrierten Schmollmund. Ganz wie Mama (und Oma Quitte auch).
Irgendwann wirst du wieder müde und nickst kurz ein. Alle 2/3 Tage badest du kurz nach 18 Uhr und setzt dabei das Badezimmer unter Wasser. Danach stille ich dich und wir schauen uns den Sternenhimmel an (ich habe einen tollen neuen Projektor gekauft). Wenn du gebadet hast, spazieren wir in der Wohnung ab 20:00 Uhr umher bis du einschläfst. Ansonsten gehen wir um die Uhrzeit wieder mit Papa und Fussel spazieren und du schläfst draußen ein. Ab 21:00 bis 10 Uhr schläfst du und wirst ca alle 3/4 Stunden zum Stillen wach. Du trinkst mit geschlossenen Augen und schläfst danach von alleine in deinem Bettchen (neben unserem Bett) wieder ein. So sah diese Woche fast jeder Tag aus und wir freuen uns beide sehr über unsere Routine. Ich glaube, wir haben es beide gebraucht.
Du hast dich übrigens letztens zum ersten Mal richtig erschrocken; du spieltest im Gitterbettchen und Mama hat sich neben das Bett gekniet und dich gerufen. Hast du gedacht, Mama ist hinter Gittern? Du arme hast so geweint! Diese komischen Stäbe vor Mamas Gesicht mussten wirklich gruselig für dich aussehen. Dafür hast du Mama angelacht, als sie eine Gesichtsmaske aufgetragen hatte - das war für dich nicht gruselig. Ich erinnere mich, wie ich als Kind geweint habe, als ich meine Mama zum ersten Mal mit einer Maske auf dem Gesicht sah - ich dachte, sie würde für immer so bleiben! Du nicht, ich glaube, du bist etwas schlauer als deine Mama. Zum Glück ;) !
Mein kleines Röschen, du hast unser neues Abenteuer mit der Beikost heldenhaft beschritten. Es ist Tag 5 unserer Reise mit der Karotte. Ich habe mithilfe des babymoov Karotten gegart, püriert und mit Wasser verdünnt. Du probierst sie jeden Tag und machst ein lustiges Gesicht dabei. Es sieht nicht so aus, als würde es dir schmecken. Trotzdem greifst du immer wieder nach deinem Plastiklöffel und stopfst ihn dir in den Mund. Danach packst du den Silikonteller und schwappst dir das ganze Karottenwasser ins Gesicht. Meine süße Maus, du musstest auf die harte Tour lernen, dass Karotte nicht durch die Nase gezogen werden sollte und auch im Ohr wenig Sinn macht. Du LIEBST es dafür, Wasser zu trinken, mit dem Wasser im Mund zu blubbern und es dir überzuschütten. Ich liebe es, dir dabei zuzugucken und bin ganz verwundert, wie du selbständig den Becher hältst und trinkst. Ich musste es dir nur ein Mal zeigen - alles machst du alleine.
Nächste Woche ist der 5 Monat deines Lebens außerhalb meines Bauches rum. Ich warte sehnsüchtig auf deinen ersten Zahn, obwohl ich Angst vor deinen Schmerzen habe. Genauso ungeduldig warte ich darauf, dass du richtig krabbeln lernst - auch davor habe ich Angst. Mutter sein ist ja so von polaren Gefühlen begleitet es beginnt bei der Geburt - toll und schmerzhaft zugleich. Bittersüß.
Ich stelle mir dich vor, wie du das liest. Ich sehe jetzt schon, dass du blond bist, wie Mama. Du hast blaue Augen wie ich, aber die Form hast du von Papa. Du hast ein definiertes Kinn mit einem kleinen Strich wie Oma (jede Oma ist der Meinung, du hast es jeweils von ihr, hihi). Und hast du immernoch diese kleine Einkerbung zwischen den Augen, die aussieht wie eine Narbe von einem Pickel? Papa hat an der gleichen Stelle ein solches Mal. Aber das weißt du sicherlich, weil er es jedem 100 Mal erzählt hat und dir sicherlich auch schon. Ich freue mich so darauf, dich besser kennenzulernen mein kleines, liebstes Töchterchen.
Bis nächste Woche!
Mama Laura
Fotos: Privat
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