Adventskalender parat, Stiefel raus, Wunschzettel platziert - und leise rieselt der Schnee.
„Was wünschst du dir zu Weihnachten?“, frage ich beim Abendessen beiläufig unsere Tochter. „Ein Bongbong“, sagt sie, und schaufelt einen weiteren Löffel mit Nudeln in den Mund. „Kein Problem“, verkünde ich, und Smilla strahlt.
Das ist einfach. Unsere zweieinhalbjährige Tochter hat noch kein formvollendetes Konzept von Weihnachten. Jeden Tag erweitert sich dieses Wissen. Lichterketten in den Vorgärten, Schnee und Schlitten auf den Straßen, Kerzen in Viererformation, Plätzchen mit buntem Zuckerguss, Oh Tannenbaum, Last Christmas und die Evergreens von Rolf Zuckowski, ein Weihnachtsmann im Supermarkt und jeden Tag ein neues Türchen am Adventskalender – all das ist irgendwie die Vorweihnachtszeit.
„Kommt Elim auch zu Weihnachten? Und Nea?“, fragt sie. „Nein, die fahren doch zu Oma und Opa“, versuche ich zu erklären. „Wohin fahren wir?“, fragt sie daraufhin. „Wir bleiben hier und bekommen Besuch“, erläutere ich den Plan. Denn mit Kleinkind, Baby, Gepäck, Geschenken und werweißwasnochalles möchten wir in diesem Jahr nirgendwo hin verreisen.
Letztes Weihnachten verbrachten wir in einem blauen Ferienhaus an der Nordsee. Alles war liebevoll geschmückt, der Baum riesig und der Berg an Geschenken ebenso. Als die Tante mit dem Rollkoffer um die Ecke bog, in dem ausschließliche Geschenke transportiert worden waren, der Onkel den Turm erhöhte, die Oma stapelte, die Uroma drapierte und wir unsere Gaben darlegten, sah die festlich geschmückte Stube aus wie in einem amerikanischen Weihnachtsfilm. Wie man Papier abwickelt, Geschenkbänder löst und Kartons aufmacht? Seitdem kein Problem mehr für unsere Tochter!
Aber wie macht man es denn nun richtig? Kinder, die mit der Geschenkeflut gar nicht umgehen können. Erwachsene, die schenken möchten. Ein Fest, bei dem es neben dem religiösen Kern der Weihnachtsgeschichte und dem Weihnachtsmann – in seiner heutigen Gestalt übrigens keineswegs eine Erfindung von Coca-Cola sondern bereits in Erzählungen und Darstellungen seit dem 19. Jahrhundert zu finden – ums besinnliche Beisammensein geht. Vorweihnachtswochen mit alten und neuen Traditionen. Und dann immer wieder Konsum.
Wir konsumieren überwiegend Second Hand. Wir recyclen Gegenstände à la DIY. Wir entwerfen, basteln und versuchen das alles irgendwie auszubalancieren. Im Adventskalender gibt es Kleinigkeiten vom letzten Flohmarkt und einige Leckereien. In den Stiefel kommen Mandarinen und Nüsse.
In der Kita rattert Elim seine Weihnachtswünsche runter. „Laster, Bagger, Muldenkipper…“ Da wünscht sich jemand eine ganze Baustelle. Smillas Freund hat das mit dem Weihnachtsmann schon deutlich besser verstanden. Eine Studie von Ernst & Young hat ergeben, dass es sich bei einem Drittel aller Geschenke um Spielsachen handelt. Die geplanten Ausgaben für Weihnachtsgeschenken liegen im Jahr 2023 bei einer Summe von rund 507,10 Euro pro Kopf, ermittelte Statista.
Was ich mir wünsche? Mehr Zeit, aber das gibt es leider nicht mit einer Schleife drumherum. In einem Fach im Wohnzimmer liegen noch einige Gutscheine vom letzten Weihnachtsfest, die wir bisher nicht einlösen konnten. Ein Wellnesstag zu zweit, aber wer passt auf Smilla und Jeppe gleichzeitig auf? Exquisites Restaurant? Auch lieber ohne Kinder. Kinoabend? Same! Also vertagen wir diese Wünsche aufs kommende Jahr und schauen mal, ob unsere Leihomi perspektivisch auch mit zwei Kindern zurechtkommt.
Für das Geschenkethema in diesem Jahr gab es eine wohlüberlegte Ideensammlung unsererseits, die wir allen Verwandten zugänglich gemacht haben. So passen die Geschenke vermutlich am ehesten zur aktuellen Interessenlage oder Kleidergröße. Smilla ist bescheiden, Jeppe wünscht sich aktiv nichts – schließlich ist er ein Baby. Vermutlich hat er Spaß mit dem raschelnden Geschenkpapier, bestaunt die Kerzen am Weihnachtsbaum und schläft nach Kloß mit Soß` auf dem Arm ein. Den Dresscode hat Tante Ina bereits bestimmt: Lustige Weihnachtspullover für alle – die waren heute in einem Päckchen, das mit der Post kam.
„Bald schon ist Weihnacht, fröhliche Weihnacht, es kommt die Zeit, auf die ihr euch freut“, dudelt es aus der Musikanlage. Draußen schneit es wie verrückt. Heute Nachmittag machen wir Schneeengel und bauen einen großen Schneemann im Garten. Am Abend möchte Tim einen Weihnachtsfilm ansehen. Eine gute Zeit, eine erinnerungswürdige Kindheit, tolle Erlebnisse – Dezemberträume, Weihnachtszauber, Winterspaß.
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