Und die große Frage: Bin ich zum Schmerz aushalten gemacht?
Liebe Mitfieberinnen und Mitfieberer,
die 38. Schwangerschaftswoche ist angebrochen. Demnach darf ich bereits seit einer Woche offiziell in meiner Wunschklinik entbinden. Die nehmen Frauen nämlich erst ab der 37. Woche auf. Denn ohne Kinderintensivstation wäre alles andere zu riskant. Und somit stand am vergangenen Freitag nun auch das Geburtsplanungsgespräch und mein erster persönlicher Besuch im Krankenhaus an.
Bisher kenne ich die Klinik ja nur vom Homepage-Auftritt, ich bin somit das allererste Mal in den heiligen Hallen gestanden. Hier wird sich mein Leben also in ein paar Tagen grundlegend verändern. Ich war noch nie in einem Krankenhaus. Also natürlich schon beim Besuch meiner Schwester nach ihren zwei Entbindungen. Oder als meine Oma stürzte. Aber noch nie selbst als Patient in einem der Betten. Ich bin aber auch ziemlich in Watte gepackt durchs Leben marschiert. Meine absolut schlimmste Krankheitsgeschichte ist die vom „Fahrradunfall“: Mit 7 Jahren auf dem Gepäckträger eines Nachbarsjungen ist mein rechter Fuß in die Fahrradspeichen gekommen. Ja, ihr rollt zurecht mit den Augen… Glaubt es mir oder nicht: Das waren die bisher schlimmsten Schmerzen meines Lebens. Nicht, weil etwas sonderlich Schlimmes passiert ist, sondern weil einfach nie etwas noch Schmerzhafteres eingetreten ist. Ob ich also dafür gemacht bin Schmerzen auszuhalten? Höchstwahrscheinlich nicht. Wissen tue ich es aber auch nicht…
Zurück zur Klinik: Wir haben uns bewusst für ein „kleineres“ Krankenhaus entschieden. Denn ich hätte ja auch zum Beispiel die Mainzer Uniklinik auswählen können. Die beeindruckend hohe Zahl an Geburten dort strahlt für mich persönlich aber nicht nur Routine aus, sondern eben auch irgendwie Hektik. Es begleitet mich die Angst, dass am gleichen Tag wie ich zahlreiche Frauen entbinden werden. Und was, wenn mein Baby und ich dann irgendwie untergehen?!
Außerdem gibt es für mich eine absolute Priorität, wenn ich an mein erstes Kind denke: Stillen! Alternativlos habe ich mir das vorgenommen und bin bereit, alles dafür zu geben. Ich sehe unseren Sohn nicht bis zum zweiten Lebensjahr an meiner Brust. Aber der Anfang soll unbedingt mit Muttermilch klappen. Daher habe ich meine Klinik auch nach diesem Kriterium ausgewählt: Stillfreundlich mit Unterstützung, falls es Startschwierigkeiten geben sollte.
Mein Instinkt sagt mir, dass ich keine Kinderintensivstation benötige, um mich sicher zu fühlen. Es wäre schön, wenn meine Wunschklinik routiniert im „Kinder-Kriegen“ ist, aber bitte keine Fließbandarbeit. Und genau so ein Krankenhaus habe ich für mich gefunden. Kleiner Wehmutstropfen: Unser Kind wird damit also Hesse werden und kein Rheinland-Pfälzer. :)
Im Gespräch war die Ärztin großartig! Eine wunderbare Mischung aus realistischer Aufklärung – es handle sich bei einem Kaiserschnitt immer noch um eine nicht zu unterschätzende Bauchoperation – und einfühlsamer persönlicher Komponente. Sie hätte in der gleichen Lage wie ich gesteckt und sich damals auch für einen Kaiserschnitt entschieden. Sie strahlt Ruhe aus, das mag ich ganz besonders. Unser Baby wurde noch einmal ausgemessen und alle meine Fragen beantwortet.
Zum Beispiel: Ja, Willi darf zur Operation mit in den Saal, sofern er einen aktuellen PCR-Test vorlegen kann. Jeden Tag darf er zwischen 10 und 11 Uhr für eine Stunde seinen Sohn sehen und ihn mit möglichst viel Liebe überschütten. Eine kurze Zeit, findet mein hormongesteuertes Mutterherz. Aber wir können es nicht ändern. Corona gibt den Ton an.
Vergessen habe ich nur einen Punkt, den wir gerne abklären möchten: Wir würden gerne das Nabelschnurblut spenden. Initiativen wie die DKMS bieten über Partnerkliniken diese Möglichkeit an. Das kläre ich die Tage nochmal telefonisch ab. Wäre schön, wenn wir unser wunderbares Geburtsereignis mit etwas Sinnvollem verbinden können. Wer weiß, vielleicht hilft es irgendeinem kleinen Wesen auf dieser Welt.
Themenwechsel:
Ich möchte mich nicht selbst loben, doch halte ich mich für eine sehr entspannte Schwangere. Klar, mein Willi musste mehr als eine Träne während der letzten Wochen trocknen – aber das war auch schon vor der Schwangerschaft der Fall. Doch nehmen wir ansonsten alle Termine und Aktionen wahr:
Ganz selbstverständlich bin ich in der 33. Schwangerschaftswoche noch alleine 320 km am Morgen nach Augsburg gefahren, um meine Oma noch ein letztes Mal in den Arm zu nehmen, bevor mir der Weg vermutlich dann doch zu weit wird – und am Abend 320 km zurück.
Natürlich darf Willi mit seinem Lieblingsnachbarn gemütliche Abende verbringen, bevor er dann schnarchend irgendwann nächtlich ins Ehebett geklettert kommt.
Nichts möchte ich uns verbieten, möchte mich selbst nicht einschränken. Wir machen das gut, wir sind entspannt. Und trotzdem gibt es die Momente der plötzlichen Unsicherheiten. Beispielsweise eines Nachts, als mein Mann aufwacht und mich auf dem Rücken liegend vorfindet. Sofort packt ihn die Angst, denn er hätte mal gelesen, dass Schwangere nicht auf dem Rücken liegen können. Und im schlimmsten Fall das Kind nicht mehr ausreichend versorgt wird. Also pirscht er sich an und überprüft – übrigens höchst anfängermäßig – meine Atmung.
Einschub plus Notiz an mich: Willi zum Erste-Hilfe-Auffrischungskurs anmelden!
Ich wache in dem Moment auf, in dem er sein Ohr an meinen Hals legt, um meine Atmung zu checken und den Puls zu fühlen. Ich schrecke hoch, denn mit so viel Nähe hatte ich jetzt nicht gerechnet und fahre ihn an, er solle mich nachts gefälligst in Ruhe lassen.
Oder die wilden Träume, die uns beide plagen mit allen möglichen Horrorszenarien. So träume ich von plötzlichen Sturzgeburten in Supermarktgängen und von der Angst, das Baby fällt vom Wickeltisch. Davon wache ich schweißgebadet auf. Willi wiederum beschreibt - ebenfalls schweißgebadet - er hätte geträumt, anstatt mir müsse er das Kind austragen und würde so schrecklich unter Rückenschmerzen wegen des großen Babybauchs leiden. Nunja… jeder hat ein anderes Angstlevel.
Im Großen und Ganzen sind wir aber locker. Und das soll sich im besten Fall auf unseren Sohn übertragen. Ich glaube ganz fest daran, dass die Gelassenheit der Eltern eine Auswirkung auf das Neugeborene haben kann. Und deshalb rede ich mir selbst ein, dass das alles ein Spaziergang wird. Wenn es in dieser Community also Tipps und Tricks zum Ruhigbleiben in der Schlussphase gibt, immer her damit!
Somit werde ich mir jetzt nochmal meinen Himbeerblättertee aufgießen und eine Meditation aus der Reihe „die friedliche Geburt“ anhören. Vermutlich schlafe ich noch vor dem ersten Teeschluck ein. Aber so darf sich Gelassenheit ja sicherlich auch anfühlen...
Liebe Grüße
Maike
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