Wir wollten tanzen gehen und haben meinen Mann auf Arbeit besucht
Hallo,
eine schöne neue Woche.
Ich schreibe folgendes am Rande des Nervenzusammenbruchs, nach einer turbulenten oder zumindest atemlosen Woche. Außerdem kreischen mein Mann und meine Tochter in der Küche lauthals „Zeige dich“ von der Eiskönigin. Er kocht mir einen Hanftee für die Nerven. Und Eddie? Der versucht die Tastatur hoch zu krabbeln, was wieder nicht klappt. Ach nein, er hat etwas interessanteres gefunden. Er kann sich schon an die Gardinen hängen. Ella habe ich es verboten. Und sie schimpft immer, wenn sie das sieht.
Der Montag begann ohne Sport. Dafür ging Ella in die Kita. Wenn mein Mann nicht Spätschicht gehabt hätte, hätte ich mich glatt entspannen können. Somit entspannte er und ich räumte auf. Was fehlte mir der Sport. Ich kann es kaum erwarten, dass es in zwei Wochen wieder los geht. Weil ich Hummeln im Hintern hatte und keine Lust hatte meinen wunderschönen Parkplatz einzubüßen, entschied ich mich den Weg in die Kita zu laufen. Es war bewölkt, doch sie hatten keinen Regen angesagt. Es kam allerdings wie es kommen musste. Gerade als kein Unterstand in Sicht war, stand ich mit Eddie im schönsten Platzregen. Innerhalb von 5 Minuten war ich komplett durchgeweicht. Den „Wet-T-Shirt-Contest“ hätte ich mit Sicherheit gewonnen. Die Kita darf man immer noch nicht betreten. So stand ich durchgeweicht vor der Tür mit beschlagenen Brillengläsern. Ellas Kindergärtnerin hatte ein mitleidiges Lächeln für mich. Sie teilte mir mit, dass es noch etwas dauern würde. Es hätte einen kleinen Disput gegeben. Ella hatte einen Wutanfall, weil sie nicht schlafen wollte. Das wäre ewig nicht vorgekommen. Ich dachte nur, vielleicht auch weil sie schon ewig nicht mehr da war? Eine halbe Stunde später war sie endlich fertig. Wir nahmen den Bus. Eddie staunte und Ella bekam von dem netten Busfahrer sogar eine Fahrkarte geschenkt.
Der Dienstag glich dem Montag, deswegen springe ich gleich zum Mittwoch. Am Mittwoch wollte ich etwas allein mit Ella unternehmen. Weil sie immer so gern singt und tanzt, dachte ich, dass es eine gute Idee wäre sie zum Tanzen anzumelden. Natürlich klappte es nicht, doch dazu später. In der Tanzschule angekommen, war es so voll, dass ich nicht einmal damit gerechnet hatte. Ich dachte in Zeiten von Abstandsregeln und Corona würde dies auch eingehalten. In der Tanzschule angekommen, traf man nur auf eine Unmenge an Leuten und den Besitzer der Tanzschule. Ich hatte keine Ahnung, wo wir hin mussten. Vorabinfos, die ich so gern mag, hatte es nicht gegeben. Der Besitzer hatte den Ruf etwas frauenfeindlich zu sein. Zumindest in dem Fitnessstudio nebenan in dem ich mit Eddie immer sportelte. Ich fragte ihn also wo wir hin mussten. Er blaffte uns an, ich solle mich an die Frau dort in der Ecke wenden. Es war die Kindertanzlehrerin. Sie zeigte uns den Umkleideraum. Überall stand geschrieben, man dürfe seine Wertgegenstände nicht mit ins Tanzstudio nehmen, sondern müsse sie weg schließen. Ich hatte kein Vorhängeschloss. Ich warf meine Tasche also in einen Spind. Dinge von Wert hatte ich eh nicht dabei. Die Tanzlehrerin führte uns in eine Bar und wollte Ella eine Limo aufschwatzen. Ich dachte nur „Oh je, mein Portemonnaie ist doch unten. Ich habe doch gar nichts eingesteckt. Kann ich auch mit Karte bezahlen? Ist das kostenlos? Und Ella soll überhaupt gar keine Limo trinken. Schon gar nicht in so einem großen Becher.“ Am Ende gab es für Ella nur einen Becher Wasser, den wir nicht bezahlen mussten. Die Kinder saßen an der Bar und schlürften an ihren Limonaden. Die Mütter tranken Kaffee. Alles in allem war zu viel Trubel. Und weder Ella, noch ich mochten das so besonders gern. Wir sollten eher da sein um irgendwas mit Corona abzuklären. Das tat niemand. Nur Ella begann zu quengeln, wann es denn endlich los ginge. Dann eröffnete uns die Tanzlehrerin, dass alle Kinder allein mit ihr in den Saal gehen sollten. Hätte ich das gewusst, hätte ich nicht gebucht. Weil Ella so weinte und sich nicht mehr beruhigen ließ, durfte ich mit herein. Es waren noch eine Oma mit Enkelin und ein Mann mit Sohn neu. Ella weinte immer noch. Nachdem jeder Beruhigungsversuch nicht half, wurde ich schon etwas wütend. Am Anfang sollten sich die Kinder vorstellen. Für Ella war der Tag eh gelaufen, ich musste für sie antworten. Dann sollten sie sich erwärmen. Ich fragte sie, ob sie nicht mit Hopserlauf machen wollte. Das machte sie ja so gern. Nein, aber ich war nicht allein. Kaum hatten sich die Kinder alle erwärmt, mussten sie reihenweise zur Toilette gehen. Die Tanzlehrerin war genervt, doch setzte ein Lächeln auf. Ich dachte nur, dann sollte man den Kindern vielleicht nicht vorher Limonade einflößen. Die Tanzlehrerin kam zuerst auf den kleinen Jungen mit seinem Papa zu, der ebenfalls nur am Rand gestanden hatte. Sie fragte, ob sie nicht gehen wollten. Sie könnten ja in drei Jahren wieder kommen. Anschließden kam sie auf uns zu. Wir sollten in drei Jahren wieder kommen. Ich war so wütend. Auf mich, dass ich dachte dort zu tanzen, könnte was für Ella sein. Auf Ella, die sich nicht beruhigen ließ, obwohl man ihr angesehen hatte, dass sie schon Lust gehabt hätte. Auf dieses kommerzielle Tanzstudio, aus dem wir quasi geworfen wurden und das Geld, was sie uns schon vorher abgezogen hatten. Ich glaube in drei Jahren, wenn Ella etwas reifer ist, würde ich nicht mehr dahin gehen. Ich wollte nicht glauben, dass meine Trainerin Recht hatte, als sie erzählte, dass das Tanzstudio speziell sei. Ich war im ersten Moment so sauer, dass ich Ella sagte, ich wollte nie mehr mit ihr tanzen gehen. Ich hatte mich von meiner Wut leiten lassen und es an ihr ausgelassen und anschließend so ein schlechtes Gewissen gehabt, dass ich nicht mehr schlafen konnte.
Am Wochenende musste mein Mann arbeiten und wir wollten ihn gern auf dem Stellwerk besuchen. Es wurde Anfang der 90’ger erbaut und versprühte noch echten Zonencharme. Es war eine Mischung aus DDR-Knast und Nasakontrollzentrum. Man konnte von oben aus auf alle Gleise schauen. Viele davon endeten irgendwo im Nirgendwo. Es roch nach abgestandenem Rauch und altem Mief. So hatte es in der Bowlingbar immer gerochen, in der ich während meiner Ausbildung arbeiten musste. Es gab eine ganze Menge Schalter und Knöpfe, die Ella zu gern einmal betätigt hätte. Eddie lag auf dem Teppichboden. Einerseits soll das ja abhärten, andererseits hatte er auf dem Boden den nötigen „Grip“ um endlich los zu krabbeln. Er schafft schon ein paar Schritte. Und irgendwie kommt er ziemlich schnell voran. Ich glaube bei seiner Neugier sollten wir alles weg räumen. Ich habe nur keine Ahnung wohin. Umziehen würde helfen. Er hangelt sich gern mal am Vogelkäfig entlang. Oder zieht meine Ordner aus den Schränken oder räumt unseren Drucker leer. Nur Blödsinn im Kopf. Doch zurück zur Eisenbahn. Vier Mal in der Stunde fuhr der Zug vorbei. Wir standen am Fenster und schauten den leeren Zügen nach. An der grünen Nasawand flackerten die Lichter und die Signale klingelten. Mein Mann hatte mich gefragt, ob ich gesehen hatte, dass die Lokführer einem winken, wenn man am Fenster steht. Ich hatte nicht gewunken. Der arme Lokführer musste sich total zurück gesetzt gefühlt haben.
Wir gingen am Sonntag gleich noch einmal meinen Mann besuchen. Nur um den Lokführer zu winken.
Morgen fahren wir nach Leipzig um einen Mietwagen zu holen. Warum Leipzig? Weil man in Chemnitz wieder einmal die Station geschlossen hatte. Dann muss ich am Dienstag zu meinem Test. Ich habe geübt, jedoch habe ich nicht den leisesten Schimmer was sie mich fragen könnten. Dann heißt es entweder hop oder top. Mein Mann fährt mit beiden Kindern am Dienstag schon einmal nach Nürnberg und geht mit ihnen ins Eisenbahnmuseum. Ich komme mit dem Zug nach. Es ist 10 Jahre her, dass ich allein unterwegs war. Am Mittwoch wollen wir Plastikponys streicheln im Playmobil Funpark und dann geht es drei Tage ins Luxusfamilienhotel auf die Zugspitze. Hoffentlich wird niemand krank, denn ich habe mir die totale Entspannung vorgenommen.
Macht es gut,
Marie
Foto: Privat
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