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Baby-Tagebücher

Hautnah. Intensiv. Liebenswert. Folgt hier den Babytagebuch-Bloger:innen und erlebt regelmäßig, wenn frischgebackene Mütter und Väter ihr Leben mit euch teilen. Jede Woche lassen sie euch an ihrer neuen Lebenszeit mit Baby teilhaben und geben ganz persönliche Einblicke: Was hat der Sprössling diese Woche Tolles gelernt? Wie geht es den jungen Eltern mit dem kleinen Knirps? Welche Herausforderungen begegnen den Neu-Mamas und Neu-Papas mit ihrem Neugeborenen? In den Baby-Tagebüchern seid ihr live dabei, von ersten Arztbesuchen bis zu holprigen Gehversuchen. Ob liebenswert chaotisch oder rührend besinnlich: Immer erhaltet ihr einen unverfälschten, authentischen und persönlichen Einblick in das aufregende Leben einer Jungfamilie.
0. Woche

Unser Weg zum Baby

Zwischen Naivität und Realität

Ihr Lieben,

um euch auf unserer anstehenden Reise mit Kind mitzunehmen, gehe ich heute mit euch einen Schritt zurück. Ganz zum Anfang quasi…

Rückblick: Willi und ich sprachen schon früh über einen passenden Startzeitpunkt, um unsere Familie zu vergrößern. Denn zwei Kinder sollen es mindestens werden, tatsächlich sogar eher drei. Junge Eltern wollten wir sein, das war schon immer so. Und das mit uns, das passt einfach. Also los.

Nach über 10 Jahren Verhütungspille setzte ich zum besprochenen Zeitpunkt ab und – wie sollte es auch anders sein? – kam die Periode wunderbar regelmäßig schon im ersten Zyklus. Unsere Naivität kannte keine Grenzen! Uns war schon immer klar: Wenn wir ein Baby wollen, dann klappt es sofort. Denn unsere Familie ist kinderreich und die meisten sprechen von dem berühmten „1. Schuss“.

Im ersten Zyklus war ich noch etwas vorsichtig: Will ich wirklich jetzt schon schwanger werden? Ich bin mir unsicher. Wie verändert sich unsere Beziehung mit einem Kind? Bin ich zu jung? Doch geübt wurde trotzdem. Rückblickend vermutlich einer der wenigen Zyklen ohne Hoffen und Beten. Denn wenige Monate darauf steht ein Routine-Besuch bei meiner Frauenärztin an und ich erzähle ihr von unserem Kinderwunsch. Die Ärztin checkt meine Blutwerte und rät mir zur Clomifen-Therapie. Was? Tabletten-Unterstützung mit einem riesigen Nebenwirkungskatalog? Jetzt schon? Sie ist eine rationale Frau. Im Gegensatz zu mir. Ich löse das Rezept nicht ein.


Vielleicht solltet ihr wissen - Willi und ich waren schon immer Fans von Kindern, ganz selbstverständlich vergöttern wir unsere vielen Nichten und Neffen. Unsere Freunde mit Nachwuchs besuchen wir immer gern und nicht selten verbringen wir Nachmittage mit entsprechenden Kinderaktivitäten. Daher war unserem engen Kreis immer klar, dass wir eigene Sprösslinge möglichst früh in diese Welt setzen werden. Und sowieso: Willi und ich sind Glückskinder, so die allgemeine Meinung. Alles, was wir uns wünschen passiert und meistens noch besser. Jaja, ein bisschen rollen wir die Augen.


Mittlerweile habe ich meine Frauenärztin gewechselt, bei der ich mich rundum wohlfühle. Ich erzähle, dass wir es seit vielen Monaten probieren und lege die Blutuntersuchungen von Arzt 1 vor. Der linke Eierstock will nicht so richtig und der rechte gleicht ihn nicht aus. Es werden weitere Untersuchungen angefordert. Überall finden wir Wehwehchen: Die Schleimhaut baut sich nicht auf, der Eisprung löst nicht aus, die Zyklen werden unregelmäßig, kein Follikel wächst über 1cm Größe.


Das erste Jahr üben ist längst vorbei und es hat sich nichts getan. Wir sind verunsichert, langsam kommt die Panik. Meine Frauenärztin schickt Willi zum Urologen: Traumwerte! Also bin ich die Stellschraube – oder sagt man Schwachstelle? Ich fühle mich hilflos und die Zweifel beginnen. Warum klappt es nicht? Ich bin gesund und munter und bereit Mutter zu werden. Der menschliche Körper wird mir immer mehr zum Mysterium. Je mehr man sich mit ungewollter Kinderlosigkeit beschäftigt, desto mehr Geschichten hört man. Wie viele Frauen jahrelang für ein Baby kämpfen. Dass eben gar nichts selbstverständlich ist. Und dass der Vorgang des Schwanger Werdens mindestens so ein großes Wunder ist wie die Schwangerschaft selbst.

Meine Frauenärztin rät mir zu Clomifen, dieses Mal mit Erklärungsarbeit und abgestimmt auf mein emotionales Nervenkostüm. Wir starten und ich könnte nicht aufgeregter sein. Jeden zweiten Tag bin ich in der Praxis. Man untersucht mich auf Wasser im Bauch, die Größe der Follikel und behält die Nebenwirkungen im Blick. Meine Ärztin flippt fast aus vor Freude: So eine tolle Entwicklung, es läuft lehrbuchmäßig. Klar, sagt mein eingeweihtes, enges Umfeld. Bei euch klappt doch immer alles.
Die Enttäuschung bei der nächsten Periode ist riesig. Die ganzen Nebenwirkungen umsonst? Die sehen bei mir so aus: Ich weine bei jeder Gelegenheit, fühle mich elendig, bin gereizt und wechsle zwischen Kopfschmerzen und Schwindel. Willi hält das mit Bravour aus und ist immer für mich da. Jede Träne wird getrocknet. Es sind doch nur 5 Tage Tabletten und die Auslösespritze. Gebracht hat es nichts.

Clomifenzyklus zwei läuft auf dem Papier ähnlich gut. Nur die Schleimhaut baut sich nicht so gut auf. Ich mache mir Druck, dass es doch endlich klappen muss. Was machen wir falsch? Ich supplementiere mittlerweile alle Vitamine dieser Welt in gefühlten hundert Kapseln, Tütchen und Tabletten. Und doch kommt die Periode.

Unsere Familie weiß um unsere Probleme, womit sich zwangsläufig die Kommentare häufen. Jeder hat eine Meinung, jeder eine Idee. Alle meinen es lieb. Trotzdem kann ich es nicht mehr hören. Mein Favorit? „Entspannt euch!“ – Danke für nichts.

Clomifenzyklus drei. Wir verdoppeln die Dosis, die Nebenwirkungen sind brutal. Ich habe zunehmend Probleme in der Arbeit mit 100% abzuliefern, setze mich selbst unter Druck. Es darf doch keiner merken, dass wir derzeit unsere Energie in das Kinderthema legen. Also Augen zu und durch. Der Alltag ist richtig herausfordernd. Ergebnis? Alles umsonst.


Da stehen wir also nun im Juni 2020 hilflos und traurig. Die Frauenärztin ist ebenso ratlos, meint selbst, dass sie es sich nicht ganz erklären kann. Ihre Unterstützung findet ein Ende. Wir müssen ins Kinderwunschzentrum und uns mit dem Gedanken der künstlichen Befruchtung auseinandersetzen. Horror! Nie hätte ich gedacht, dass es uns treffen wird.
Die Meinungen aus unserem Umfeld sind geteilt: Lager 1 meint, dass es doch die richtige Entscheidung ist. Dort sitzen Experten, die uns schnell helfen können. Lager 2 ist fassungslos. Wir sollten uns doch nicht so unter Druck setzen. Das dauere eben und sowieso wären wir noch so jung. Eingreifen wäre noch nicht notwendig.

Wir entscheiden uns für das Zentrum und führen ein erstes Beratungsgespräch. Es fehlen noch ein paar Untersuchungen und im August steht noch eine Bauchspiegelung an. Wir befassen uns mit den Kosten, suchen Unterlagen zusammen und stellen uns mental auf die Reise ein. Ich höre auf, jegliche Medikamente und Supplemente zu nehmen. Ich bin durch, kann die Enttäuschungen nicht mehr ertragen, es ist mir alles zu viel. Geübt wird trotzdem weiter. Die Hoffnung geben wir nicht ganz auf.

Die ersten Tage im August sind unerträglich heiß. In unserer Stadtwohnung steht die Luft und vom Urlaubsloch ist bei mir in der Arbeit nichts zu spüren. Es stehen viele Termine an und natürlich ändern auch 35 Grad im Schatten nichts an den Umsatzzahlen, die ich mir für den Monat vorgenommen habe. Wir haben viel Besuch an den Wochenenden. Jedem wollen wir bei uns ein schönes Erlebnis bieten. Denn wir freuen uns über jeden, der uns in der neuen Wohnung besuchen möchte. Aber mir wird es irgendwie zu viel. Ich bin gereizt und müde. Aber es ist auch wirklich unerträglich heiß…

09. August 2020: Wir sind gerade im Urlaub in Österreich angekommen – im Gepäck 2 Schwangerschaftstests. Denn die Periode sollte jeden Moment kommen. Und falls ich es nicht aushalten kann zu warten, kann ich mir – analog zu den letzten hundert Zyklen – das Nein auch vorher schon auf dem Test abholen. Das hilft mir, das emotionale Tief bei Eintreten der Periode besser abzufedern. Denn dann wusste ich ja schon Bescheid, dass die Blutung zwangsläufig kommen wird.

16:30 Uhr – Willi bittet mich, den Test noch vor dem Abendessen zu machen. Dann wüssten wir Bescheid und könnten die Traurigkeit vielleicht ab dem ersten richtigen Urlaubstag etwas beiseiteschieben. Also pinkle ich auf den Streifen und lasse ihn im Bad liegen. Ich kann die Tests nicht mehr sehen. Ich lege mich aufs Bett und schaue auf mein Handy – stelle mich auf die Enttäuschungswelle ein, die ich seit so langer Zeit kenne.
Ich höre Willi aus dem Bad lachen, frage nach was los sei. 2 Striche. Klar und deutlich. Ohne Hilfe.


 


Liebe Grüße, 


Maike


 


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Kommentare von Lesern:

Gast04.04.2023 01:39

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Silke18.03.2021 22:20

Liebe Maike, schön, dass du euren Weg teilst! Sehr bewegend und am Ende ja unglaublich. Ich freue mich auf mehr! LG

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Kristin15.03.2021 11:58

Auch jetzt wieder Gänsehaut. Brutal!

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In diesem Beitrag geht's um:

Kinderwunsch, Clomifen, Schwangerschaft