Müde Gedanken zum Wiedereinstieg
Zzzfffssscchhh, Zzzfffssscchhh...
Es ist halb 5 Uhr morgens und ich ziehe Anton mit dem Sauger Allerlei aus der Nase. Ekelig.
Ja, meine Nächte waren schon glamouröser. Aber Antons Nase ist abwechselnd mal dicht, mal fließt es. In beiden Fällen wälzt er sich von links nach rechts und weint im Schlaf. Durch sein eigenes Schnarchen wird er immer wieder wach. Ich werde davon nicht geweckt, denn ich kann bei diesem verschnupften Atmen gar nicht erst einschlafen. Grandios.
Gerade erst haben wir Antons ersten Hautausschlag überstanden und nun der erste fiese Schnupfen. Der Ausschlag zeigte sich in Form von kleinen roten Punkten, die erst auf Brust und Rücken zu sehen waren. Einen Tag später zog sich alles schon über Bauch und Beine. Drei Tage lange beobachteten wir und überlegten, einen Termin beim Arzt zu vereinbaren. Aber ohne weitere Symptome entwickelte sich alles wieder zurück. Ob es sich letztendlich um einen Infekt-Ausschlag handelte oder eine Reaktion auf ein neu eingeführtes Lebensmittel war ...? Keine Ahnung.
Überstanden hat Anton es auf jeden Fall relativ protestfrei.
Weniger protestfrei läuft die volle Nase ab. Anton ist einfach quengelig - vermutlich aber einfach auch saumüde. Und so manifestiere ich den Gedanken, dass es gut ist, dass er nun einige kleine Schnupfen mitnimmt. Um Antikörper zu bilden. Denn spätestens, wenn unser Anton in eine Betreuung gehen wird, klopft sicherlich regelmäßig die Erkältung an. Und Sinn und Zweck der Betreuungszeit wird es ja sein, dass ich wieder arbeiten gehe. Oder heißt es arbeiten gehen darf? Denn ich möchte gerne. Das habe ich schon in der Schwangerschaft so gefühlt und kommuniziert, dass ich gerne nach einem Jahr wieder einsteigen will.
Die meisten aus meinem Umfeld meinten weise, ich solle das Kind erst mal kriegen. Die Hormone würden dann schon regeln, dass ich lieber noch länger mit dem Baby zu Hause bleibe. Ich konnte mir das noch nie vorstellen und tue es heute noch nicht. Denn ich liebe meine Arbeit. Ich liebe es, produktiv zu sein und erfreue mich an Erfolgen.
Willi unterstützt mich in dem Wunsch, Anton mit einem Jahr einzugewöhnen und wieder zu arbeiten. Trotzdem kommuniziert er seine Sorgen klar: Denn ja, wie sind die Regeln, wenn Anton plötzlich von der Krippe abgeholt werden muss, weil er fiebert? Oder nach welchen Kriterien wird entschieden, wer den Tag 'Kind krank' einlöst?
Wir merken es jetzt an dem ersten Schnupfen sehr deutlich – Mit krankem Kind geht halt nichts. Da kann ich mir kaum vorstellen, im Homeoffice noch eine Mail zu verschicken. Und vermutlich nimmt man jede zweite Erkältung als Elternteil dann auch noch selbst mit.
Wir haben beide Respekt vor dem ersten Betreuungsjahr und all den Kinderkrankheiten. Denn wir haben keine Verwandtschaft hier, die uns spontan unter die Arme greifen kann. Am Ende müssen Willi und ich es gemeinsam wuppen. Und das bedeutet auch, dass wir darüber sprechen müssen, welcher Job wichtiger ist. Die Antwort kennen wir alle. Und trotzdem muss klar sein, dass auch ich berufliche Ambitionen habe, die ernst genommen werden müssen.
Ein Spagat zwischen Kind und Beruf? Keine Ahnung, ob wir das spielend schaffen. Und wie oft werden Willi und ich dabei aneinandergeraten? Trotzdem möchte ich gleich nach einem Jahr Elternzeit wieder ran. Nicht nach eineinhalb und nicht nach zwei.
Doch glücklicherweise hat die Stadt Mainz mit ihrem Betreuungsangebot auch noch ein Wörtchen mitzureden. Keine 12 Stunden nach dem Kaiserschnitt füllte ich Formulare, Briefe und Anträge bei städtischen, kirchlichen und privaten Trägern au, damit ich bloß nicht zu spät bin und ganz hinten auf der Warteliste lande. Trotzdem trudeln nach und nach Schreiben mit enttäuschenden Aussagen ein: dass es einfach zu wenig Kapazitäten gäbe, dass es noch dauern wird, dass sie mir aktuell keine Planungssicherheit geben können.
Die Benachrichtigung zu den Plätzen werden wohl im März 2022 versendet. Doch was, wenn man - wie wir - ab April einen Platz beantragt hat? Ich frage mich, wie das Familien machen, in denen beide Elternteile arbeiten müssen und nicht nur wollen ...
Über all das denke ich nun also hier im Dunkeln nach. Während Anton zwar eingeschlafen, die Nase aber wieder voll ist. Herrgott, wie kann das so schnell passieren?!
Ich kuschel mich neben ihn, lausche seiner Atmung. Wie privilegiert ich bin, kommt mir in den Sinn. Denn es geht hier nicht darum, dass ich Geld verdienen muss, sondern dass ich möchte. Dafür muss man dankbar sein.
Und bei all den Gedanken um Berufstätigkeit, Geld und Mamasein ist meine größte 'Sorge', wann ich wieder an diesem ekligen Sauger ziehen muss. Ich höre Anton wieder röcheln. Vermutlich also ganz bald.
Gute Nacht und bleibt gesund
Maike