Alexanders Kampf mit seiner Krankheit ist noch keineswegs gewonnen. Er hustet und spuckt. Und wir sind auch wieder alle erkältet. Aber es gibt auch Positives.
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
war mir schon bewusst, dass meine Ausführungen zum Elterngeld den ein oder anderen verärgern würden. Ja, mir ist es klar, dass es in vielen anderen Staaten so großzügige staatliche Unterstützung nicht gibt. Und mir ist auch klar, wie gut es uns (also mir und meiner Frau) im Vergleich zu vielen anderen Eltern finanziell geht.
Es ärgert mich einfach beim Elterngeld, dass der Staat mit der einen Hand mit großer Geste etwas gibt und mit anderen Hand klammheimlich teilweise wieder aus der Tasche zieht. Da soll er von Anfang an mit offenen Karten spielen und einfach die Leistung etwas tiefer ansetzen – kommt aufs Gleiche raus. Dann wäre es auch mit viel weniger bürokratischem Aufwand verbunden. Und besonders ärgert mich diese willkürliche Festlegung, dass man Elterngeld möglichst parallel zu den Lebensmonaten des Kindes nehmen muss, um die volle Leistung zu erhalten. Wie viele Bezieher dieser Leistung schaffen denn das? Im Übrigen denke ich dabei nicht nur an mich, sondern auch und gerade an die Eltern, die auf dieses Geld wirklich angewiesen sind und darauf ihre Elternzeit aufbauen.
Leider geht es Alexander immer noch nicht besser. Zeitweise sah es mal so aus, als würde sich sein Husten bessern. Aber er hustet mal mehr, mal weniger und spuckt seine Mahlzeiten immer wieder aus. Zwar ist das im Durchschnitt „nur“ ein bis zwei Mal am Tag, aber das reicht, um uns bei jeder seiner Mahlzeiten in Alarmstimmung zu versetzen. Einer von uns muss ihn dann erst mal eine ganze Weile so halten, dass er möglichst nichts ausspuckt.
Bei meiner Frau macht sich diese Belastung in Verbindung mit dem permanenten Schlafentzug doch sehr bemerkbar, sie ist ganz fertig mit den Nerven. Ich selbst mache mir natürlich auch Sorgen, bin aber nicht ganz so angespannt. Hauptsache, die meisten Mahlzeiten bleiben drin und es wird nicht noch schlimmer.
Mittwoch war ein Tag wie ein Griff ins Klo. Tanja war angeschlagen und konnte deswegen nicht in den Kindergarten gehen. Da kam dann alles zusammen. Ein kranker Säugling, eine müde, quengelige Tanja, ein müder, quengeliger Papa und eine müde, quengelige Mama. Dazu dann der erneute Wintereinbruch, der unsere Hoffnungen auf wärmeres und damit hoffentlich endlich mal erkältungsfreies Wetter wieder zerstört hat. Ach ja, und meine Frau hatte nach einer Woche ohne Erkältungssymptome (davor war sie ja gut 8 Wochen dauererkältet) wieder mal Halsschmerzen und Schnupfen. Da war dann der Ton zeitweise recht gereizt untereinander. Das sind dann echt Tage, wo man froh ist, wenn sie endlich rum sind. Aber die Nacht auf den Donnerstag war dann auch nicht besser. Zwei stundenlange Wachphasen von Alexander mitten in der Nacht und zweimal Ausspucken seiner Mahlzeiten.
Donnerstag war dann zwar wieder Tanja im Kindergarten (bei ihr geht das immer so schnell vorbei wie es kommt), dafür wurde meine Frau durch einen Besuch bei der Kinderärztin verstört. Die meinte nämlich, dass Alexander besser übers Wochenende zur Beobachtung ins Krankenhaus gehen sollte. Meine Frau nimmt so was sehr schwer (sie selbst meint, ihr sei es schon peinlich, wie sehr sie bei den Kinder mitleidet) und kam tränenüberströmt aus dem Behandlungsraum (ich hatte mit Tanja draußen gewartet). Ja, klasse.
Nun kam mir die Ankündigung der Ärztin etwas seltsam vor. Alexander geht es zwar nicht besser, aber eben auch nicht schlechter. Außer seinem blöden Husten und dem Spucken geht es ihm eigentlich gut. Er hat sogar die letzte Woche wieder zugenommen. Und im Krankenhaus am Wochenende – da sind doch sowieso kaum Ärzte. Und dann holt er sich da möglicherweise noch schöne weitere Erreger von den anderen Kindern? Ne, danke. Versteht mich nicht falsch: wenn eines meiner Kinder ernsthaft krank ist, bin ich der erste, der mit 180 durch die Stadt zum Klinikum braust. Aber einfach mal so auf Verdacht?
Also hängte ich mich richtig rein und begann das Internet zu durchstöbern und sprach mit unserer Hebamme, die das genauso seltsam fand. Irgendwann fiel mir noch ein, dass ja eine meiner Schwägerinnen Kinderärztin ist (manchmal ist man ja echt wie vernagelt) und rief die auch an. Parallel hatte die Hebamme eine ihr bekannte Kinderärztin angerufen.
Ich mache es kurz: Nach den Informationen aus dem Internet sowie denen meiner Schwägerin sowie der Hebamme wurde es mir immer fragwürdiger, ob Alexander wirklich RS-Viren hat. Okay, er hat Husten. Aber typisch für diese Viren ist auch noch eine schnelle Verschlechterung des Zustands, hohes Fieber und Atemnot – und Alexander ist fieberfrei, hat kaum Atemschwierigkeiten und ansonsten stabil. Auch der lange Krankheitsverlauf von nunmehr schon bald zwei Wochen spricht eher gegen RS-Viren.
Beide angerufene Kinderärztinnen wollten zwar RS-Viren nicht gänzlich ausschließen, tippten aber eher auf eine atypische Pneumonie, ausgelöst durch Bakterien.
Beim nächsten Termin bei unserer Kinderärztin fragte ich dann mit diesem Hintergrundwissen gezielt nach, ob sie sich denn bei ihrer Diagnose sicher sei. Und ich merkte richtig, wie bei ihr der Groschen fiel. Sofort fing sie an zurückzurudern. Nein, sie sei sich nicht sicher. Es gebe Symptome, die für RS-Viren sprächen, es könne aber eben auch eine bakterielle Infektion sein.
Jedenfalls verschrieb sie ein Antibiotikum (eine Blutuntersuchung, die mehr Klarheit bringen könnte, war Freitag Nachmittag leider nicht mehr möglich) und jetzt werden wir mal weiter sehen.
Es ist manchmal doch sinnvoll, beim Arzt wirklich mitzudenken und nicht alles einfach so hinzunehmen. Unsere Hebamme meinte, eine Untersuchung habe ergeben, dass bis zu 60 Prozent aller Diagnosen von Kinderärzten falsch seien. Sehr ermutigend.
Bevor ich nur jammere, erzähle ich etwas, was ich im Nachhinein echt lustig finde. Es geht um das unterschiedliche Einkaufsverhalten von Männer und Frauen.
Konkret zogen meine Frau und ich am Montag Morgen mit Alexander los, um in der Stadt einzukaufen. Was gar ja gar nicht so einfach ist, wenn man relativ kurze Abstände zwischen den Stillmahlzeiten hat (zum Teil tagsüber derzeit nur 2 Stunden) und nach dem Trinken vorsichtshalber noch ein paar Minuten warten muss, ob die Mahlzeit auch drin bleibt.
In der Stadt meinte dann meine Frau, dass wir für Alexander noch Strumpfhosen bräuchten, damit ihm auch immer warm ist. Das verstehe ich schon mal gar nicht. Denn nach meiner Erfahrung neigen sowieso alle Eltern dazu, die Babys in der kalten Jahreszeit zu warm anzuziehen. Wenn ich sehe, in wieviel Schichten man sie packt, dann noch in die warme Softtasche des Kinderwages, Decke oben und unten, bis allenfalls noch die Nasenspitze zu sehen ist, warte ich eigentlich immer nur drauf, dass aus diesem Haufen eine weiße Flagge winkt und eine Stimme ruft: „Nehmt mich raus, nehmt mich raus ich bin schon ganz gar.“
Aber gut, da Diskussionen in diesem Punkt nichts bringen, kaufen wir eben Strumpfhosen. Meine Frau meinte, das ginge ganz schnell, „nur mal eben zu ......“.
Was würde jetzt wohl ein Mann machen, wenn er den Wunsch verspürt, in einem bestimmten Geschäft Strumpfhosen zu kaufen? Genau, er würde reingehen, Strumpfhosen raussuchen, kurz die Größenangabe überprüfen, zur Kasse stiefeln, beim Bezahlen die Figur der Verkäuferin taxieren und wieder rausstiefeln. 5 Minuten – Maximum.
Nicht so bei einer durchschnittlichen Frau. Meine Frau stolperte nämlich zuerst über einen Stand mit Haarreifen und Haarspangen für Kinder. Und erinnerte sich daran, dass Tanja vor undenklichen Zeiten mal gemeint hatte, sie hätte gerne neue Haarspangen (alle Haarspangen, die sie hat, verliert sie nämlich binnen eines Tages).
Okay, wenn ich als Mann so etwas aussuchen müsste, würden mir 30 Sekunden reichen. Kurz die Ware taxieren, irgendwas rausnehmen (eh egal, weil bei Tanjas Geschmack alles okay ist, solange es rosa ist) und das war es.
War ja klar, meine Frau verbrachte erstmal geschlagene 10 Minuten an diesem blöden Stand. Warum müssen eigentlich Frauen alles antatschen, befummeln und dann wieder zurücklegen? Freudestrahlend präsentierte mir meine Frau also ein bestimmtes Paar Haarspangen. Toll, bin echt begeistert.
Dann endlich zur Kinderabteilung, Strumpfhosen kaufen. Ach ne, war ja klar, erst mal müssen natürlich sämtliche Bodys, Strampler und sonstige Bekleidungsstücke der gesamten Babykollektion ausgiebig hochgenommen, befummelt und zurückgelegt werden.
Ich mache es kurz. So nach weiteren 20 Minuten kommt meine Frau wieder zum Vorschein, freudestrahlend mit einigen Teilen. Gut, dass ich in der Zwischenzeit die Strumpfhosen mit einem Griff aus dem Regal geholt hatte, die hatte sie natürlich vergessen. Jedenfalls waren es dann an der Kasse sage und schreibe 8 Teile zu bezahlen, wo eines gekauft werden sollte. (Ich bin ja echt froh, dass Babyklamotten wirklich günstig sind.)
Ich enthielt mich zunächst jedes Kommentars. Als ich dann abends meine Frau darauf ansprach, konnte sie sich selbst ein Lachen nicht verkneifen. Sie musste selbst zugeben, dass in so einem Moment bei ihr die Sicherungen durchbrennen.
Ach ja und noch etwas Positives: Mit Tanja haben wir im Augenblick viel Freude. Sie trotzt gar nicht mehr, ist richtig lieb und fröhlich und entwickelt sich toll. So ganz, ganz langsam überwindet sie sogar ihre Schüchternheit, hat Fasching mitgefeiert und hat sogar den Zahnarzt in ihren Mund schauen lassen (für sie wirklich eine Heldentat).
Und Höhepunkt der Woche – das können jetzt nur die verstehen, die selbst Kinder haben: Sie wischt sich selbst den Hintern ab. Ja!!!
Bis dann,
Euer Gerd