Jeder Karriereknick ist anders und Kinder sollten kein Luxus sein.
So, heute muss ich mich mal ein bisschen ärgern. Nicht über irgendwelche kleinen Beschwerden, sondern über einseitige und realitätsferne Urteile über das Thema Kind und Karriere, über die Arroganz von Frauen, die meinen, sie hätten in puncto Karriere- und Familienplanung die Weisheit mit Löffeln gefressen, wobei sie in Wirklichkeit nur so entscheidungsfrei sind ("man kann ja nach zwei, drei Jahren Pause problemlos wieder an der Karriere weiterbauen"), weil sie einen gutverdienenden und klaglos 60 Stunden die Woche arbeitenden Mann im Rücken haben. Besonders gewisse "Akademiker-lastige" Wochenzeitungen bringen gerne mal Artikel über die Qual der Wahl zwischen Champagner und Austern und gehen auf Gefälligkeitsstimmenfang bei kinderlosen Doppelverdienern mit Titeln wie "Karriereknick nach Babypause? Frauen hört auf zu jammern!" ....?!?
Mal ehrlich - wer kann denn schon frei entscheiden, ob er nur ein paar Monate oder ein-zwei Jahre Babypause macht. Und dann noch an seiner "Karriere" weiterbasteln "möchte". Wenn man bis dato eine hatte, die nach oben führte, wird man wohl kaum nach zwei-drei Jahren an dem Punkt wieder einsteigen können, an dem man ausgestiegen ist.
Und in Wahrheit arbeiten ja wohl die wenigsten in einem Job, wo es stetig nach oben geht und die große Karriere und der Chef(innen)posten winken.
In meinem Fall hätte ich aber so oder so diese "Qual" der Wahl gar nicht, sondern muss mich knallhart fragen: Wie lange geht es überhaupt, auszusteigen? Rein praktisch aber auch finanziell. Mein Arbeitgeber wird mich am ehesten "loswerden" wollen, wenn ich plane, allzu lange wegzubleiben (wie dieser Zeitraum bemessen ist, weiß ich noch nicht).
Dazu kommt, dass mich kürzlich auch schon ein Artikel mit dem Titel "Kann man von einem Gehalt und Elterngeld leben?" zum (bitteren) Lachen reizte, denn bei uns stellt sich vielmehr die Frage: "Kann man von Elterngeld eine Familie ernähren?". Für viele mag das Elterngeld so eine Art Taschengeld für die Mami sein, während die Rechnungen weiter vom Gehaltskonto des Hauptverdieners abgebucht werden, aber in unserem Fall bin ich die Haupt- nein sogar die Alleinverdienerin.....so wird die Frage ob das Kind die Karriere bedroht direkt mal ein bisschen existentiellerer Natur...
Doch ich will auch gar nicht leugnen, dass das bestimmt auch viele Paare, die auf zwei Gehälter angewiesen sind, betrifft und es nicht so leicht verkraften können, dass ein Gehalt auf einmal wegfällt oder nur noch zu gerade mal 65 % weiterexistiert.
Worüber ich mich aber vor allem beschwere, sind solche ewig süffisanten Artikel, die der Wirtschaft und der Außenwelt suggerieren, niemand zwinge eine Frau zur Wahl zwischen dem Nachwuchs und Beruf (Arbeit/Existenz!) (Karriereknick ist da wohl manchmal eher ein vorgeschobenes oder zumindest sekundäres Luxusproblem) Wie kommt es dann, dass viele erst Mutter werden, wenn der biologische Wecker ohrenbetäubend laut tickt. "Ich will erst mein Studium zu Ende machen", "ich muss erst so gut verdienen, dass das Elterngeld reicht", "demnächst" bin ich in einer Position, in der ich es mir leisten kann meine "Karriere" zu unterbrechen... und schwupps ist man (zu) alt. Und dann heißt es vielleicht noch: "man kann halt nicht alles haben!"
Gerne wird auch argumentiert, wir wären schließlich die best ausgebildetste Generation von Frauen überhaupt und alles stünde uns offen...Jaaaaa....
Das habe ich auch mal geglaubt. Aber spätestens als ich nach meinem ersten Kind der Arbeitgeberwelt, erstmal mit einem unterbezahlten und unwürdigem Vollzeit-Praktikum über Monate beweisen musste, dass ich tatsächlich auch als junge Mutter ein vollwertiges Mitglied der Erwerbstätigenwelt sein kann, sehe ich das anders. Und selbst da bin ich unangenehm aufgefallen und habe auch mal relativ offensichtlich erfahren dürfen, dass ich einen Job nicht gekriegt habe, weil ich von Anfang an gesagt habe, dass ich nicht jeden Abend (!) 3-4 Stunden länger im Büro bleiben kann.
Und das ich schließlich doch noch einen relativ guten Job gekriegt habe, hatte viel mit Glück und einem menschenfreundlichen Arbeitgeber zu tun. Und nicht zuletzt mit der großartigen Unterstützung durch meinen Mann, der als Hausmann und Vater das geleistet hat, was seit Jahrhunderten Frauen leisten, um ihrem Mann die "Karriere" zu ermöglichen.
Naja, wie gesagt, ich ärgere mich. Jetzt aber genug geärgert. Zum Glück überwiegt am Ende das Gefühl und der Wille: Und wir schaffen es trotzdem! Und Geld ist ja Gott sei dank auch nicht alles!
Sonst ist alles bestens. Die erste richtige Vorsorgeuntersuchung ist übermorgen, dann ist erst einmal eine Woche voller Familienbesuche auf dem Programm. Der Sommer hält unermüdlich an und ich will es nicht beschreien, aber langsam wird das mit der Übelkeit besser...meine ich. Am besten hilft es wenn ich mich permanent mit irgendwas vollstopfe, scheinbar kriegt der leere Magen am ehesten ne Krise... aber das kann im Hinblick auf meine sowieso schon schwindende Taille auch nicht die ultimative Lösung sein. Wo ich mir sonst verbiete irgendwas Schwangerschaftrelevantes zu googlen, habe ich doch tatsächlich mal das Thema "Übelkeit" gegoogelt und zum Glück scheinen sich zumindest alle einig zu sein, dass das ein zeitlich begrenztes Phänomen ist! Daher warte ich jetzt einfach ab und mache so lange das, womit es mir am besten geht (essen;-)
Unser Großer verhält sich im Moment wie eine lebende Reklame für´s Kinderkriegen. Superniedlich und so selbstständig, verständnisvoll und mitfühlend: "Papa, warum ist meine Mama immer so müde?" Heute morgen ist er aufgestanden, hat kurz bei uns im Schlafzimmer vorbeigeguckt und sich dann, als er sah, dass wir noch nicht ans Aufstehen zu denken schienen, selbst "Frühstück" gemacht (Zucker auf einen Teller geschüttet...). Zum Glück hat er nur ein zwei halbe Händchen voll in seinen Mund geschaufelt...Die Stimmung am Frühstückstisch war im Anschluss entsprechend gehoben!
Bis nächste Woche, dann wieder mit News aus dem Babybauch!
Julia