Alle unsere vier Kinder bereichern unser Leben, auf so unterschiedliche Weise.
Neues Jahr neues Glück, sagt immer jemand aus meiner Familie. Ich finde die Sichtweise deprimierend. Da muss ich ja immer ein Jahr warten, bis ich neues Glück habe. Das Glück ist doch jeden Morgen beim Erwachen neu.
Unser neues Jahr begann mit einem langen Frühstück und etwas Müßiggang. Unsere großen Kinder schauten mit der Mama einen Märchenfilm. Unsere Zwillinge waren recht ruhig. Wahrscheinlich waren sie noch dabei, sich zu fragen, ob das jetzt jeden Tag so sein wird. Danach brachen wir zu unserem Neujahrsspaziergang auf und waren rechtzeitig zu einer Tasse Kuchen und den restlichen Plätzchen, Lebkuchen und sonstigem Weihnachtsgebäckessen wieder zu Hause. Den Tag haben wir ausplätschern lassen. Außer das ich in einem Anflug von Sortier- und Wegheftwut den Tag unbedingt produktiv beenden wollte, passierte nichts Spannendes.
Am zweiten Tag versuchte uns dann schon der Alltag wieder einzuholen. Träge schälte ich mich viel zu früh aus dem Bett und zum Bäcker. Während mir unsere beiden Bäckereiverkäuferinnen erzählten, wie fröhlich mein Sohn morgens immer sei und so nett, versuchte ich mich irgendwie meiner Müdigkeit zu entledigen, um ihm wenigstens nah zu kommen. Nach einem kurzen Frühstück, flog meine Frau zur Arbeit und ich saß als stolzer Vater mit vier Kindern zu Hause.
Kinder können so unterschiedlich sein. So will ich mal bei unserer Jüngsten beginnen. Um Polly macht sich meine Frau zur Zeit die meisten Sorgen. Sie wirkt ihr zu schlapp und hält ihr den Kopf nicht lange genug und im entsprechenden Winkel. Gern erinnere ich sie dann immer an die Aussage unseres Kinderarztes. Die mit den Wochen natürlich auf verblast. Polly wirkt eher, als ob sie Gummigelenke hat. Das sie sich an unseren Daumen hochzieht und Körperspannung aufbaut, kommt eher seltener vor. Dafür kommt sie mit Drehungen und rollen schon viel weiter als ihre zwei Minuten ältere Schwester. Ich finde auch, dass im Vergleich zu all unseren anderen Kindern, Polly die wenigsten Anstalten macht sitzen zu wollen. Dafür finde ich bewundernswert, mit welcher Pfiffigkeit sie ihre Ziele erreicht. Jedenfalls darf unsere Jüngste mit der Mama nun viel üben. Das findet sie nicht so spannend.
Lysanne hat sich schon seit geraumer Zeit in ausgiebigen Rumpfbeugen, oder Sit-ups versucht. Dabei hat sie auch ausgiebig schimpfen können, wenn ihre Kraft nachließ. Das hat in der Form auch keines unserer anderen Kinder gemacht. Nun sieht sie, wie sich ihre Schwester fortbewegt und versucht es mit Kraft. Ganz viel Kraft. Inzwischen geht sie auf ihre Handflächen und Knie und wippt vor und zurück. Dabei schafft sie es den Rückwärtsgang einzulegen und sobald sie auf ein Hindernis stößt, beschwert sie sich ausgiebig. Dann schimpft sie, bis jemand kommt und sie einfach so dreht, dass sie weiter machen kann. Das macht sie, bis zur Erschöpfung und dann weint sie, dass ihre Kraft nicht mehr ausreicht.
Gesundheitlich scheint es bei uns allen bergauf zu gehen. Das wird auch Zeit. Noch bevor meine Frau von der Arbeit kommt, holt Oma unseren großen zu einem Museumsbesuch ab. Somit bin ich nun nur noch mit meinen Mädchen zusammen. Nicht lange danach trifft schon die Mama ein und zieht mit der ganzen Schar zu Kita-Bekanntschaften. Ich nutze die Zeit und telefoniere mit unserem Finanzamt, Steuerberater und Auto-Versicherung. So habe auch ich meine Kontakte und kann einiges abarbeiten, was uns sonst zu sehr gedrückt hätte. Als ich danach noch Zeit habe, topfe ich noch eine unserer großen Zimmerpflanzen um und rücke sie an ihren neuen Standort. Danach trudelt langsam die Familie wieder ein und nach einem gemeinsamen Frühstück begeben sich alle ins Bett und ich widme mich noch Recherchearbeiten. Sofern man Kinder hat, sollte man die auch irgendwie sichern. Unser Großer wird mir diese am Folgetag alle löschen und damit sind zweieinhalb Stunden Suche dahin. Und ich kann ihm nicht böse sein, habe ich ihm doch auch beigebracht, die Geräte wieder runter zu fahren. So viel schon mal zum Folgetag.
Der beginnt entspannter. Wir frühstücken stressfreier. Dann geht es für meine Frau wieder zur Arbeit und für mich um die Kinder und den Haushalt. An diesem Tag wünschte ich mir, dass ich mal irgendetwas ohne Unterbrechung fertig machen könnte. Irgendwie bin ich mit weniger Geduld ins neue Jahr gestartet und bin schneller von den beständigen Störungen aus der Ruhe zu bekommen. Irgendwie schaffe ich dann doch alles, fühle mich aber platt. Als meine Gattin nach Hause kommt, will ich unbedingt raus. Das verbinde ich gleich mit Einkäufen und der Besorgung eines Geburtstagsgeschenkes. Dafür nehme ich den Großen mit, der mich den ganzen Weg unterhält und irgendwie finde ich das dann knuddelig. So kommt zwischen uns beiden richtig gute Stimmung auf, während sie die regnerische Dunkelheit um uns herum danieder senkt. Abends ist mit mir dafür nichts mehr los. Irgendwie bin ich fertig. Toller Start ins neue Jahr.
Nun ist die Wochenmitte überschritten. Am Folgetag dreht sich alles um die Kinder. Obwohl der Große wieder seinem Unterricht lauschen darf, ist das Gewirr noch größer. Die Bedürfnisse unserer dreijährigen Tochter lassen sich nicht immer mit denen ihrer kleinen Schwestern in Einklang bringen.
Rückblickend muss ich sagen, dass uns unser Sohn schon sehr verwöhnt hat. Sicherlich hatten wir damals auch mehr Zeit für ihn. Immerhin waren wir zu zweit und der „arme“ Kerl allein mit uns. Doch was seine größere Schwester in ihren jungen Jahren schon alles fabriziert hat, ist wirklich kein Vergleich zu ihrem Bruder. So gibt es einen schönen Vergleich aus der Vorweihnachtszeit. Unsere beiden Großen malen gern. Unser Sohn schon immer gern auf Papier. Seine Schwester braucht nur etwas zum Malen in ihrer Hand. Flächen lassen sich schon finden. So hatte sie vor einiger Zeit mit ihren Filzstiften ihre Möbel neu gestaltet und ihr Puppenhaus. Von den Möbeln ging alles wieder ab. Das Puppenhaus hat zum Teil bleibende farbliche Umgestaltung erfahren. So haben wir ihr danach erklärt, dass sie bitte auf den mit uns vereinbarten Flächen malen soll. Danach hat sie einen Schrank gefunden, an dem sie die Rückseite umgestaltet hat. Sie hatte es wohl missverstanden. Sie dachte, dass sie sie nicht erwischen lassen sollte. Nun steckt ja in der Vorweihnachtszeit auch viel Heimlichkeit. So hat sie ihre Tapete im Zimmer mit einem grünen Wachsmalstift überarbeitet. Als ihr Bruder sie dabei überraschte – Und nun wird es tatsächlich spannend – hat sie ihn nicht nur überzeugen können nichts zu sagen, sondern ihr zu helfen noch ein Haus an die Wand zu malen. Überredungskunst scheint sie ausreichend zu haben und ihr Bruder hatte ausreichend Ärger.
Ich bin gespannt, was sich unsere Jüngsten einfallen lassen.
Die Nacht zum Freitag war gar nicht gut. Polly schrie, sobald sie lag und Lysanne hatte auch wieder eine intensiv verstopfte Nase. Oh man, das nimmt wohl gar kein Ende mehr. Da es meiner Frau nun auch wieder schlechter ging, fiel mein Männerfrühstück aus und Arztbesuche dafür an. Meine Frau saß fast drei Stunden und beim Kinderarzt dauerte es nochmal länger. Warten. Nur warten. Das kann ich im Augenblick gar nicht. Als dann mein Sohn noch hustend von der Schule kam, sagte ich sein Training gleich ab und wir verordneten uns einen ruhigen Abend. Ich verstehe nicht, was die Bazillen so an uns finden. So toll ist es bei uns nun auch wieder nicht.
Während meine Frau beim Arzt wartete und unsere Große in ihrem Zimmer spielte, hatte ich zwei müde kranke Babys, die abwechselnd in den Kurzschlaf fielen und eigentlich immer getragen werden wollten. So lief ich mit der einen im Wohnzimmer auf und ab, während die andere entweder schlief, oder gerade so noch ruhig war. Ich kam mir vor wie die Raubkatzen im Zoo. Für das hin und her tigern gibt es doch auch einen Begriff. Doch der fiel mir nicht ein. Dafür die Frage, ob Kängurus eigentlich Zwillinge bekommen können und wie die das mit nur einem Beutel machen. Zuerst habe ich versucht, zwischen Schreien, Nase putzen und wickeln, die Frage selbst zu beantworten. Eigentlich spricht ja nichts dagegen. Doch ich wollte es genau wissen und ich entdeckte abends verblüffendes.
Gleich zum Anfang, Kängurus können Zwillinge bekommen und tragen beide Jungtiere im Beutel. Da wir Menschen die eigentliche Geburt nicht mitbekommen, gelten in den Zoos die Tage als Geburt, wenn der Nachwuchs zum ersten Mal den Beutel verlässt. 2,5cm sind die Jungtiere am Anfang groß und wiegen unter einem Gramm. Die Tragezeit dauert 20-40 Tage. Nach rund einem halben Jahr verlässt das Jungtier zum ersten Mal den Beutel. Die wirkliche Überraschung für mich war, dass die Weibchen die Entwicklung des Embryos verzögern können.
Bei vielen Arten kommt es zu einer „verzögerten Geburt“: Unmittelbar nach der Geburt eines Jungtieres paart sich das Weibchen erneut. Dieser Embryo wächst jedoch kaum weiter, bis das große Jungtier den Beutel endgültig verlassen hat. Erst dann entwickelt er sich weiter und kommt zur Welt. Der Sinn dahinter dürfte in den teils unwirtlichen Lebensräumen dieser Tiere stecken: sollte das Jungtier sterben oder die Mutter es verlassen müssen, ist sofort ein Nachfolger da. https://www.gutefrage.net/frage/kaengurus-wie-entstehen-die
Was die Natur so alles eingerichtet hat. Wahnsinn. Im letzten Jahr, gab es im Zoo von Basel Zwillinge bei den Kängurus (http://www.infoticker.ch/news/artikel/kaenguru-zwillinge-im-zoo-basel-100660). Während ich also für mich eine neue bezaubernde Welt entdeckte und mich vom Tierreich beeindrucken ließ, stieß ich noch auf eine alte Forschung, aus dem letzten Jahrhundert (1993-1996) ;-). Hier spielen auch Kängurus eine Rolle, wenn auch eine ganz andere.
Tragen Mütter ihre Frühchen viel am Körper, wärmen und stillen sie, kann sich das auch Jahre später noch auf das Leben der Kinder auswirken. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie, die Frühchen 20 Jahre lang begleitet hat.
http://www.spiegel.de/gesundheit/schwangerschaft/fruehchen-kaenguru-methode-koennte-ein-leben-lang-nuetzen-a-1125467.html
Die Studie war mir gänzlich unbekannt und ich habe mich gefragt, wie und unter welchen Bedingungen das funktioniert. Unsere beiden Zwillinge waren späte Frühchen und Polly nach ihrer Geburt auch einige Tage auf der Neo. Mit dem Wissen, hätte ich damals gern noch ein paar andere Fragen gestellt. Ich fand spannend, was ich las.
Frühgeborene Babys profitieren auch noch Jahrzehnte später, wenn sie in ihren ersten Wochen auf der Welt intensiven Körperkontakt mit ihren Eltern hatten. Das hat eine Langzeitstudie zur sogenannten Känguru-Methode ergeben, die mit Unterstützung kanadischer Forscher in Kolumbiens Hauptstadt Bogota durchgeführt wurde.
Auch die Sterberate war bei den Känguru-Frühchen merklich niedriger als bei der Kontrollgruppe im Brutkasten. Ihr Gehirn wuchs, speziell in den für das Lernen wichtigen Bereichen, stärker. Vor allem unter den sehr zarten Babys war der Intelligenzquotient 20 Jahre später etwas höher. Die Kinder aus dem Känguru-Programm schnitten in der Schule besser ab und fehlten seltener im Unterricht. Als junge Arbeitnehmer verdienten sie im Durchschnitt mehr.
Zeitgleich beim Lesen beschlich mich ein ungutes Gefühl. So hatte doch Polly nach der Geburt wesentlich mehr zu tun und ihre Aufgaben waren in den ersten Tagen ungleich größer. Doch trage ich sie seltener als Lysanne. Lysanne fordert das Tragen im Sack massiv ein, während Polly immer noch sehr genügsam ist und sich eher beruhigt und auch mal in der Wippe in den Schlaf findet. Und nun hatte ich erst einmal ein schlechtes Gewissen. Super. Seitdem ich das alles gelesen hatte, versuche ich mich noch mehr darauf zu konzentrieren, dass sie nicht zu kurz kommt.
Am Samstag war unser Start recht ruhig und meine Frau sehr unausgeschlafen. Nach dem Frühstück radelten meine Sohn und ich in die Bibliothek. Bei der Gelegenheit fanden auch zwei Atlanten ihren Weg zu uns nach Hause. Mich beutelt es, dass geografische Eckpfeiler noch so schwammig sind. Zugegeben, dass ich da der Schule vorgreife. An dieser Stelle trifft es bei mir jedoch einen Nerv. Nach kurzer Pause zu Hause, radelten wir zur Geburtstagsfeier, bei der mein Sohn eingeladen war und vier Stunden später holte ich ihn wieder ab. Die Trennung fiel ihm schwer, aber sein Vater war nicht so gesellschaftsfähig, mit all den Kranken zu Hause. Kaum angekommen, schienen die Medikamente für meine Frau ihre Wirkung zu entfalten. Sie hat natürlich darauf geachtet, dass sie weiterhin stillen kann. Und ich weiß auch nicht, was der Wirkstoff genau war. Inzwischen vermute ich aufputschende Inhaltsstoffe. Jedenfalls fing sie an, ihre Arbeitsmaterialen und den Unterricht für den folgenden Montag vorzubereiten. Das führte zwischen uns zu einigen Diskussionen, die bis zu einer leichten Schärfe hatten. Ich fand es unvernünftig, angeschlagen durch Berlin zu gondeln und sie notwendig. Da unser Auto noch in der Werkstatt stand, verdoppelte sich auch die Fahrzeit, was ich für den Genesungsprozess fraglich fand und sie fand, dass es ihr schon wesentlich besser ging.
So verpufften alle meine Argumente und deshalb ging ich dazu über, meinen Sohn an gute Musik heranzuführen. So verbrachten wir den Abend musikalisch zusammen und starteten am Sonntag recht erholt. Die Nacht war erheblich besser und Polly und Lysanne zeigten deutliche Genesungsfortschritte. So wollte meine Frau nur mal kurz in die Praxis, in der wir dann fast vier Stunden zubrachten, um dann den Tag alsbald zu beschließen. Am Abend saß meine Gattin noch für einige Zeit auf der Treppe, um nach den Kindern zu lauschen und dort die restlichen Unterlagen zusammen zu stellen. Erst wollte ich ja nichts dazu sagen. Aber das kann ich nicht. So diskutierten wir kurz erneut, ob das alles gesundheitsfördernd ist. Ich beschloss liebevoll den Bogen zu bekommen und nicht weiter darauf zu drängen, meinen Ideen zu folgen. So gab ich die Diskussion verloren, nicht ohne zu wissen, dass die Zeit für mich arbeitet.
So endete unsere erste Woche im Jahr 2018. Ich habe für mich neues Wissen erworben, aber nichts von meinen Vorhaben erledigt. Das nagt an mir. Die erste Ehediskussion, mehr war es wirklich nicht, verloren und alle Bazillen in der Familie behalten. Somit kann es nur besser werden.
Ein schönes, gutes und vor allem gesundes Jahr 2018, wünsche ich allen.
Euer Daniel
Bild: Privat
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