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Tagebücher aus der Schwangerschaft von Helena

Eine neue wunderbare, aufregende und vielleicht auch lang erwartete Lebenszeit beginnt. Für unsere Tagebücher-Blogs haben wir immer 3-4 schwangere Frauen in unterschiedlicher Schwangerschaftsphase, die in freudiger Erwartung über jede Woche dieser spannenden Zeit schreiben, uns und die vielen tausend Follower:innen daran teilhaben lassen und damit unvergessliche Momente schaffen.

0. Schwangerschaftswoche

In Murphys Fängen

Zwei, eins oder keins?? Zweite Chance????

Vorbei!!!

Vielen Dank für die gedrückten Daumen, aber sie müssen wohl noch einen dritten Zyklus herhalten. Auch diesmal hat es nicht gefruchtet - im wahrsten Sinne des Wortes. Und so chaotisch und blöd dieser Zyklus angefangen hat, so ist er auch geendet.

Während wir zunehmend nervöser auf das Ende des Zyklus hin fieberten, stellte sich bei mir schon Tage vorher eine Vorahnung ein. Die gleichen Anzeichen wie die vergangenen Monate… aber es ist schon verblüffend, wie man sich Kraft seiner eigenen Gedanken selbst manipulieren kann. Da werden die vertrauten typischen Anzeichen wie Stimmungsschwankungen, das Ziehen im Unterleib oder ein flaues Gefühl umgedeutet in Einnistungsschmerz, Morgenübelkeit und generelle Merkmale für eine Schwangerschaft. Ich bin wirklich sehr gespannt, ob ich zu der Fraktion von Schwangeren gehören werde, die völlig überrascht den positiven Schwangerschaftstest beäugt. Oder ob ein Test gar nicht mehr nötig sein wird, weil die Anzeichen dann doch völlig anders sind? Vielleicht komme ich ja noch dazu, euch davon zu berichten.

Gedanken bzw. die graue Masse im Allgemeinen sind sowieso ein interessantes Konstrukt der menschlichen Natur. Während mich mein Hirn während der Abizeit vor allem in den mathematischen Angelegenheiten eher im Stich ließ, ist es jetzt in der Lage innerhalb weniger Nanosekunden komplizierte Rechnungen anzustellen und den voraussichtlichen Entbindungstermin auszuspucken – ganz ohne mein Zutun oder meinen ausdrücklichen Befehl! Die Ärztin braucht nur so erwähnen: Eisprung voraussichtlich an Tag X und zack! Schon spuckt mein Hirn den dazugehörigen möglichen Entbindungstermin aus.
Das ist sehr nervig, vor allem, weil ich mich weiterhin bemühe, so wenig wie nur möglich einen Gedanken an eine Schwangerschaft oder gar Geburt zu verschwenden. Leider interessiert das mein Gehirn herzlich wenig. So hat es seit einiger Zeit auch wieder den automatischen Zyklustagzähler aktiviert. Während der Insemination kommt man natürlich nicht umhin, genau zu wissen, wie der aktuelle Stand bezüglich Eisprung o.ä. ist. Doch auch in den Zyklen zwischen den Inseminationen flitzen meine Gedanken umher, werden Synapsen verknüpft und fleißig Wahrscheinlichkeitsrechnungen angestellt: heute Tag 12, wahrscheinlich noch 2 Tage bis zum Eisprung, Wahrscheinlichkeit für eine Schwangerschaft bei ca. 30%. Manchmal wünschte ich mir wirklich, ich hätte einen Aus- oder zumindest einen Standby-Knopf für meinen Kopf. Über die gut gemeinten Ratschläge diverser Freunde und Bekannten à la „Denk doch einfach mal nicht dran“ kann ich jedenfalls immer nur müde lächeln.

Nachdem das Scheitern dieses Versuches offenbar wurde, war ich die erste Zeit wieder traurig und niedergeschlagen. Und wütend – natürlich. Aber diesmal kam noch etwas Anderes dazu: eines abends packte mich plötzlich die Angst. So richtig eiskalt kroch sie mir die Rücken hoch und schloss sich um mein Herz. Die wildesten Gedanken schossen mir plötzlich durch den Kopf: Was, wenn es nie klappen würde? Was, wenn wir mit In-Vitro anfangen müssen, uns verschulden und es dann auch nie klappt? Was, wenn wir am Ende das einzige ungewollt kinderlose Paar im Freundeskreis bleiben und immer verstohlen mitleidig betrachtet werden? Was, wenn ich am Ende völlig neidisch, missgünstig und verhärmt bin und mich nicht mehr für andere Schwangerschaften und Babys freuen kann?

Rational kann ich diese plötzliche Angst nicht begründen. Es war erst der zweite Versuch und auch wenn unsere Krankenkasse nur drei Versuche bezahlt – wir haben uns entschieden einen vierten Versuch dranzuhängen, da sich die Kosten hierfür wirklich im Rahmen halten.
Dennoch - ich habe Angst davor den nächsten Schritt zu gehen und InVitro zu beginnen. Irgendwie schwebt das Damoklesschwert über dieser Behandlung. In meiner Vorstellung ist das wirklich das letzte Mittel, die letzte Chance, bevor man sich auf ein Leben ohne Kinder einstellen muss. Und das macht mir irrsinniger Weise jetzt schon Angst.
Bisher dachte ich immer: ach, es wird schon klappen. Kinderwunschbehandlung war nur ein vager Streifen am Horizont. Nachdem es Monate nicht geklappt hatte und die ersten unterstützenden Maßnahmen ergriffen wurden, dachte ich immer noch: ach, es wird schon klappen. Aber am Horizont begannen sich bereits Wolken aufzutürmen. Nach der ersten Insemination dachte ich immer noch: ach, es wird schon klappen. Aber mittlerweile hat sich der Horizont verdunkelt und die Wolken kommen bedrohlich näher. Mit der zweiten gescheiterten Insemination sind sie nun noch ein Stückchen näher gerückt.
Versteht mich nicht falsch, rational gesehen denke ich immer noch, dass wir gute Chancen haben und das es klappen wird. Aber emotional gesehen, habe ich auch mit dieser Insemination ein weiteres Stück meiner Zuversicht eingebüßt.

Dass der Zyklus so blöd geendet ist, hat nicht nur mit der nicht vorhandenen Schwangerschaft zu tun. Ich hatte zusätzlich noch einen äußerst hitzigen Disput mit einer Freundin, der mich einige Tränen und Nerven gekostet hat.
Wahrscheinlich sind vielen die vier Freundinnen aus Big Apple ein Begriff? Plötzlich sah ich mich in Charlottes Position versetzt und fand mich unverhofft in Diskussionen über Abtreibung, Pille danach und dem Pech der ungewollten Schwangerschaft wieder! Wie unsensibel! Ich bin mir durchaus bewusst, dass sich nicht alles ständig um meinen Kinderwunsch drehen kann und gerne plaudere ich auch mit Freunden über deren Kinderwunsch, über bestehende Schwangerschaften, über Kinder und ach, über tausend andere Sachen. Ich stehe Freunden auch gerne bei Problemen bei und versuche Lösungen zu finden. Aber muss man mir wirklich ein Gespräch über Abtreibung aufzwängen? Und muss man sich dann noch lauthals darüber beklagen, wie ungerecht die Welt doch sei, weil man schwanger ist?
Und darf ich das als Freundin blöd finden? Oder sollte ich vielmehr meine Situation außen vorlassen und neutral damit umgehen? Nachdem ich erstmal explodiert bin und meinem Ärger Luft gemacht habe, tat es mir dann kurze Zeit später schon wieder Leid und ich überlegte, ob ich mal wieder meinen Hormonschwankungen unterlegen bin und überreagiert habe? Was meint ihr? Ich bin noch zu keinem eindeutigen Entschluss gelangt.
Während ich also immer noch darüber nachgrüble, liegen schon die nächsten Spritzen bereit: auf in den dritten Versuch!

Bis bald, eure Helena



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Kommentare von Lesern:

Sara, Frankfurt 25.06.2017 17:30

Ich bin da voll und ganz bei dir. So was möchte man nicht in unserer Situation hören.
Jemand, der mir sehr nahesteht, hat während meiner Odyssee abgetrieben. Anfangs war es schwierig zwischen uns, da sie ein 3. Kind nicht wollte, was ich mir so sehr wünschte.
Doch schlussendlich ist es ihre Gesundheit, ihr Leben und ihre persönliche Lebenssituation. Die Entscheidung war keine leichtfertige. Durch viele Gespräche sind wir nun wieder ganz eng. Ich bin sehr froh, dass sie zu Brudi trotz allem ein tolles Verhältnis hat. Auch wenn er ihr stets vor Augen führt, wie es mit drei Kindern so ist. Davor hatte ich Angst.

Ich wünsche euch von Herzen, dass ihr euch aussprechen könnt und es irgendwann wieder besser zwischen euch wird. Es braucht seine Zeit.

Ansonsten drück ich weiter die Däumchen.
Mein Lieblingszitat steht da unten ja schon ;)

LG Sara

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Tina22.06.2017 19:57

Ich kann Dich gut verstehen! Wir haben eine gesunde Tochter ohne Probleme bekommen. Als wir es mit NR. 2 versucht haben hatte ich vier Fehlgeburten und der Arzt sagte immer nur "das passiert, alles normal". Daher habe ich schon lange gezögert, überhaupt in eine Kiwu-Praxis zu gehen obwohl man natürlich nervlich schon ziemlich fertig war. Hier kam dann relativ schnell der Schock. Schlechte Werte, einige Autoimmunerkrankungen -- es wird schwer. Wir haben dann einige Monate mit Hormonen versucht, aber es passierte nichts. Damals war für mich die IVF auch noch nicht denkbar. Irgendwann sagte die Ärztin, dass sie keine andere Chance mehr sehe. Ich war geschockt, aber nach kurzer Zeit dann ehrlichgesagt erleichtert. Denn perfekter als dann konnte alles nicht mehr geplant werden und irgendwie hatte ich das Gefühl, dass ich bzw. mein Körper nicht mehr alleine über Erfolg oder Misserfolg entscheidet. Hört sich vielleicht blöd an, aber ich würde den Schritt aus heutiger Sicht früher gehen. Ich möchte Dich damit nur ermutigen und sehe es nicht als schlimm an. Es ist ein guter Weg dem Kind näher zu kommen wenn Du in guten Händen bist.
Bei uns hat es leider nicht mehr geklappt, was aber an meinen Autoimmunerkrankungen lag. Es war sehr schwer, den Weg zu beenden. Aber wir haben wenigstens ein Kind und sind sehr glücklich darüber. Trotzdem tut es auch mit einem Jahr Abstand noch weh, von ungeplanten Schwangerschaften zu hören, die eigentlich nicht gewollt sind und Sätze "erst abwarten, ob es gesund ist, dann entscheiden wir, ob wir es bekommen" machen mich wütend. Daher kann ich Dich in Bezug auf Deine Freundin sehr gut verstehen. Versuche es anders zu sehen; ob sie ein Kind bekommt oder nicht ändert nichts an Deiner Situation. Deswegen bekommst Du nicht früher oder später ein Kind. Es sind viele Faktoren, welche passen müssen und ich wünsche Dir alles Glück der Welt, dass es klappt. Auf welchem Weg auch immer. Wichtig ist, dass Du hinter dem Weg, den Du

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Steffi München21.06.2017 20:34

Das Leben ist nicht gerecht, Tatsache. Manche leiden Hunger, manche leiden am Überfluss, Manche leiden an einer unerwünschten Schwangerschaft, manche, weil es nicht klappen will. Definitiv bist du im Moment nicht der richtige Ansprechpartner für Abtreibung. Ich würde das an deiner Stelle karstellen, allerdings ohne eure Freundschaft zu gefährden.
Ansonsten drück ich dir die Daumen für den nächsten Versuch. Lass dich nicht von den dunklen Wolken erdrücken. Am Ende wird alles gut. Wenn es nicht gut wird, ist es noch nicht das Ende. Alles Liebe für Dich und Euch.

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