Wenn das Immunsystem Antikörper gegen Spermien bildet
In einigen Fällen kann es passieren, dass das Immunsystem der Frau auf die Spermien ihres Partners reagiert. Es produziert dann Antikörper, die gegen die Samenzellen gerichtet sind. Antikörper sind Eiweißmoleküle, die das Immunsystem beim Kontakt mit körperfremden Substanzen bildet. Sie sollen eigentlich Infektionen mit Krankheitserregern wie Viren und Bakterien abwehren.
Diese Antikörper binden an die Spermien und können sie verklumpen, ihre Beweglichkeit vermindern und sie daran hindern, den Zervixschleim zu passieren.
Immun-Inkompatabilität: Ursache noch nicht geklärt
Warum der weibliche Organismus Spermien-Antikörper produziert, ist bislang noch nicht geklärt. Womöglich kann ein häufiger Kontakt mit Sperma beim Geschlechtsverkehr ohne Kondome die Antikörper-Reaktion begünstigen. Denkbar ist auch, dass akute oder vergangene Infektionen, Operationen oder Stress die Immunreaktion auslösen können.
Mehr Sex, weniger Abwehr
Eine Studie der Indiana University in Bloomington ergab, dass häufiger Sex auch an den unfruchtaren Tagen die Wahrscheinlichkeit schwanger zu werden erhöht. Denn: Das Immunsystem sexuell aktiver Frauen ist dann eher bereit die Spermien zur Eizelle durchzulassen.
Es kann übrigens auch vorkommen, dass Männer selbst Antikörper gegen ihre eigenen Spermien bilden. Die Qualität der Spermien kann dadurch stark beeinträchtigt sein. Häufig kann das nach Verletzungen des Hodens, einer Sterilisation oder nach Infektionen der Fall sein.
Postkoitaltest: Sind Spermien-Antikörper vorhanden?
Ein Postkoitaltest (PCT) kann Hinweis darauf geben, ob dein Zervixschleim Antikörper gegen die Spermien deines Partners enthält. Dafür solltet ihr kurz vor dem Eisprung Sex haben. Ungefähr acht Stunden später wird der Arzt mit einer Pipette Zervixschleim und Ejakulat von deinem Gebärmutterhals entnehmen. Anschließen überprüft er die Qualität und Beweglichkeit der enthaltenen Spermien unter dem Mikroskop.
Rund um den Eisprung herum verflüssigt sich der Zervixschleim und hat eigentlich eine hohe Durchlässigkeit. Falls die Spermien im Postkoitaltest beschädigt sind und Probleme haben, sich frei durch den Zervixschleim zu bewegen, kann das auf Antikörper hinweisen: Das gilt insbesondere dann, wenn sich im Spermiogramm eine normale Samenzellqualität gezeigt hatte.
Spermien-Antikörper können auch im Blut der Frau oder im Zervixschleim bestimmt werden. Die Aussagekraft all dieser Untersuchungen und des Postkoitaltests ist allerdings begrenzt. So sind spontane Schwangerschaften auch trotz der Bildung von Spermien-Antikörpern möglich. Daher wird der Test auch von einigen Ärzten nicht mehr durchgeführt.
Welche Behandlung hilft bei Spermien-Antikörpern?
Wenn Untersuchungsergebnisse darauf hindeuten, dass Spermien-Antikörper eine Befruchtung verhindern, kann eine Intrauterine Spermien-Injektion (IUI) von Erfolg sein. Dabei müssen die Spermien nicht durch den Zervixschleim und sind deshalb nicht dem Kontakt mit möglichen Antikörpern ausgesetzt.
Auch eine künstliche Befruchtung kann in Erwägung gezogen werden. Hierbei kommt es auf weitere Befunde an und darauf, wie lange schon ein unerfüllter Kinderwunsch besteht.
HLA-Sharing: Immunabwehr gegen das Embryo
Ein Embryo ist nur zur Hälfte genetisch mit seiner Mutter identisch. Die andere Hälfte seines Genmaterials stammt vom Vater. Der Organismus der Mutter müsste auf den Embryo daher eigentlich mit einer Abwehrreaktion reagieren. Diese wird durch eine Interaktion des Embryos mit dem Immunsystem der Mutter verhindert. Es baut sich ein Schutz vor Angriffen des Immunsystems auf das Kind auf.
Für das Auslösen der Schutzreaktion spielen die sogenannten HL-Antigene (HLA) eine wichtige Rolle. Das sind Moleküle, die sich auf der Oberfläche der Körperzellen befinden. Sind die HL-Antigene zwischen Mutter und Vater zu ähnlich – der Arzt spricht hierbei vom HLA-Sharing –, dann unterscheiden sich auch die HLA von Mutter und Kind kaum. In diesem Fall bleibt die Interaktion mit dem Immunsystem der Mutter aus, und es kann kein Immunschutz für den Embryo aufgebaut werden. Es besteht eine erhöhte Wahrscheinlichkeit, dass der Körper der Mutter den Embryo abstößt und bei einer Fehlgeburt verliert.
Diagnose und Behandlung bei HLA-Sharing
Eine Ähnlichkeit der HL-Antigene kann, muss aber nicht, zu einer Abstoßung des Embryos führen. Eine Diagnostik wird daher in der Regel erst dann empfohlen, wenn es wiederholt zu Fehlgeburten oder einer fehlgeschlagenen künstlichen Befruchtung gekommen ist und andere Ursachen bereits ausgeschlossen werden konnten.
Spezialisierte immunologische Labors können mit einer Blutuntersuchung feststellen, wie sehr sich die HL-Antigene von Mutter und Vater ähneln und ob das Immunsystem einen Schutz für den Embryo aufgebaut hat. Wird ein HLA-Sharing als Ursache für wiederholte Frühaborte vermutet, dann kann eine Immunisierung versucht werden. Dabei werden der Frau aufbereitete weiße Blutzellen (Lymphozyten) des Partners injiziert, um den Aufbau des erwünschten Immunschutzes auszulösen.
Rhesus-Faktor: Blutgruppenunverträglichkeit von Mutter und Kind ausschließen
Es gibt keine Blutgruppenunverträglichkeit zwischen Paaren, die einer Schwangerschaft im Wege steht. Es kann aber eine Unverträglichkeit zwischen der Blutgruppe von Mutter und Kind entstehen, wenn das Blut der Mutter Rhesus-negativ (Rh-) ist, und das des Vaters Rhesus-positiv (Rh+). Auch das Kind kann dann Rhesus-positiv sein.
Wenn dann Blutzellen des Kindes in den mütterlichen Blutkreislauf gelangen, werden Antikörper gegen die roten Blutkörperchen des Kindes gebildet. Meist geschieht das aber erst bei der Geburt und schadet dem Kind dann nicht. Erst dann, wenn es zu einer neuen Schwangerschaft mit einem Rhesus-positiven Kind kommt, können diese Antikörper lebensgefährlich für das Ungeborene werden, sie würden dann seine roten Blutkörperchen zerstören. Um Schäden für das Kind vorzubeugen, werden Schwangere die Rhesus-negativ sind und deren Kind womöglich Rhesus-positiv wird, heute mit einer Prophylaxe behandelt. Das Bilden von Antikörpern wird dadurch verhindert. Ein neuer Test ermöglicht, schon vor der Geburt den Rhesus-Faktor des Kindes zu bestimmen. Eine Behandlung muss dann nur noch erfolgen, wenn diese sicher positiv ist.
Achtung: Auch nach einer Fehlgeburt oder bei einer Chorionzottenbiopsie kann Blut des Embryos in den mütterlichen Kreislauf gelangen und die Immunreaktion auslösen. Es sollte daher auch in diesem Fall eine Behandlung der Mutter erfolgen, damit keine Antikörper gebildet werden.
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