Es ist kaum zu glauben. Seit einem halben Jahr sind wir nun zu fünft. Aus diesem Anlass gibt es diese Woche mal einen etwas anderen Wochenrückblick.
Lieber Brudi,
es ist Dienstagabend. Gerade bist du auf meinem Arm eingeschlafen. Ich habe an deinen weichen, mittlerweile 3cm langen goldenen Haaren geschnüffelt und mir kullerten die Tränchen vor Glück. Vor Glück, dass es dich gibt. Dass mein persönlicher Albtraum seit sechs Monaten endlich zu Ende ist. Denn gäbe es einen 30. Februar, dann würdest du jetzt 6 Monate alt werden. Wir fragen uns grade alle, wann wir deinen Halbzeit-Geburtstag feiern sollen. Am 28. Februar oder am 2. März? Egal, auf deiner Milestonekarte steht „30.“ Februar.
Geboren wurdest du an deinem perfekten Geburtstag. Genauso wie deine Schwestern an ihrem perfekten Geburtstag geboren wurden. Alle Geburten waren schön, doch deine war irgendwie die schönste. So unglaublich kraftvoll und selbstbestimmt. Man wird halt irgendwie Profi als Mama. ;) Es fühlt sich an wie gestern, als du nass und nach Fruchtwasser duftend klatsch! auf mir lagst. Aus dem Bauch mitten ins Herz!
Es stimmt, was meine Freundinnen aus der realen oder virtuellen Welt sagen. Das Nachfolgekind versöhnt mit dem Erlebten. Du bist du. Kein Ersatz für deine Sternengeschwister. Jeden Tag darf ich DICH ein bisschen besser kennen lernen.
Ich kann mich noch gut an die schwere Zeit erinnern. Zum Glück verblasst die Erinnerung. Keine Wunde mehr, die klafft. Sondern Narben im Herz sind geblieben. Sie gehören zu mir.
Und gleichzeitig, während ich dich in den Schlaf wiege, denke ich an all die wundervollen Personen, die ich in den letzten Jahren kennenlernen durfte. Deren Reise zum Glück noch weitergeht trotz vieler Stolpersteine oder an die, die wegen zu großer Felsbrocken andere Pfade beschreiten mussten. Ich wünsche mir von Herzen, dass sie es finden werden. Wie auch immer ihr Glück aussehen mag.
Brudi, was wären wir ohne dich? Sogar deine Schwestern sind dieser Ansicht. Das wäre komisch, da würde was fehlen, sagen sie, als ich sie heute danach frage. Du machst unsere Familie irgendwie komplett.
Das Wochenbett war gemütlich mit dir. Wir haben zwei Wochen viel gekuschelt. Auch wenn es verständlicherweise kürzer, lebhafter und lauter war mit drei Kindern als die Male zuvor. Dank des guten Wetters im September konnten wir noch oft ins Schwimmbad. Der Bademeister war sehr froh, dass er in dieser Saison keine Wale mehr retten musste. ;) Du warst der jüngste Zuschauer beim Summergame der Frankfurter Löwen und der jüngste Gast auf einer richtig großen Bar Mitzwah.
Im Oktober, als du sechs Wochen alt warst, bist du auf deine erste große Reise gegangen. Du hast deine Urgroßmutter und deine Großtanten kennen gelernt. Danach bist du mit uns an unseren Lieblingsplatz in Italien gereist. Das Sonnetanken vor dem Winter tat uns allen gut. Du hast das alles prima mitgemacht. Aber bei der Irrfahrt nach Hause hast du deutlich zu verstehen gegeben, dass auch deine Gelassenheit Grenzen hat.
November und Dezember habe ich als Mama als sehr kraftraubende Monate in Erinnerung. Erst eine erneute Würmer-Attacke, dann Läuse-Alarm, Magen-Darm und grippale Infekte reihten sich aneinander und machten unsere Nächte schlaflos. Streitende Schwestern und schlechtes, graues Wetter machen es nicht besser. Doch irgendwie ruderten wir uns durch diese anstrengenden Wochen. Dein freundliches Wesen, dein ansteckendes Lächeln und deine ersten Fortschritte machten mich wieder froh, wenn mir eigentlich vor Müdigkeit und Erschöpfung eher zum Heulen war. Du bist und bleibst einfach ein sympathisches Baby! Unser 2. Sonnenschein.
Den Januar und Februar schaffen wir ohne größere, nennenswerte Krankheiten. Es macht wöchentlich peng! was du alles so kannst. Greifen, sich drehen, Beine hoch und runter, wild strampeln, sich schlapp lachen, nicht müde werden beim Guckuck-Da!-Spielen, Grinsen was das Zeug hält. Das bist du! Es gibt bisher nur wenige Tage, an denen du untröstlich bist.
Dennoch schwirren einem ja manchmal so Gedanken im Kopf rum. Wie wäre es eigentlich ohne Kinder? Wie wäre mein Leben verlaufen? Welchen Personen wäre ich begegnet? Welche Länder hätte ich gesehen? Wo würde ich leben? Wären ohne Kinder Situationen, z.B. wie der Würmer-Läuse-Winter nicht leichter gewesen oder hätte es ihn überhaupt gegeben? Ja, alles wäre defintiv anders. Ich kann’s mir beim bloß besten Willen nicht vorstellen.
Denn immer wieder, lieber Brudi, komme ich zu dem Schluss, dass ich das so wollte: Dass mein Leben durch euch manchmal einfach unberechenbar ist. Dass ich Sorgen habe. Dass es bei uns enger wird. Räumlich und finanziell. Dass ich noch häufiger umdisponieren muss, weil die Dinge anders laufen, als ich es möchte. Sonst wäre es ja langweilig. ;)
Deine Schwestern und du, ihr kleinen Unsicherheitsfaktoren, gehört einfach zu uns. Ich möchte keinen Tag ohne euch missen. Ihr macht mich so reich.
Merci, dass es dich gibt.
In Liebe,
Deine Mama
P.S.
Liebe Leser,
falls ihr was zum Halbzeit-Geburtstag schenken wolltet...Hmmm...Ja, also... Einen Baby-Wender brauchen wir nun nicht mehr. Brudi kann das Zurückdrehen von Bauch auf Rücken seit Freitag (24.2.17) selbst. ;) Yeah!
Bild: Privat
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