Über Geschlechter-Klischees, Vorurteile und Erwartungen...
Liebe Leserinnen und Leser,
zunächst einmal vorab: Vielen lieben Dank für eure zahlreichen Klicks und die netten Kommentare. Man muss sich doch in diese Erzählerrolle ein bisschen einfinden. Umso schöner finde ich es, dass so viele von euch schon jetzt mitlesen und mitfiebern. Obwohl ja eigentlich noch nicht wirklich viel passiert ist.
Denn eine weitere Woche ist vorbei. Eine weitere Woche bei meiner Hebamme zur Moxa-Behandlung. Eine weitere Woche Daumen drücken, dass sich unser Baby endlich drehen möchte. Und eine weitere Woche mit dem ernüchternden Ergebnis: Nichts hat sich getan. Ich bin mittlerweile in der 37. Woche angekommen und statistisch gesehen schwinden unsere Chancen auf ein Entkommen aus der Beckenendlage. Mist!
Am kommenden Freitag steht also das Gespräch zur Geburtsplanung in der Klinik an. Dort wird mich die Ärztin zum Kaiserschnitt aufklären und wir werden das Datum fixieren. Mir wurde schon am Telefon gesagt, dass ein geplanter Kaiserschnitt einige Tage vor dem errechneten Geburtstermin stattfinden wird. Um zu vermeiden, dass auf natürlichen Weg die Wehen einsetzen.
Ganz lose warf die nette Hebamme den 08./09. April in den Raum.
Ach du liebe Zeit… Jetzt müssten wir vielleicht doch mal langsam den Kindersitz im Auto installieren.
Noch immer hadere ich ein bisschen mit dem geplanten Kaiserschnitt. Kann dem aber mittlerweile auch ein paar positive Punkte abgewinnen. So bin ich eben. Ich brenne für Dinge, die ich im nächsten Moment auch wieder verwerfen kann. Mein Willi würde sowieso zu mir sagen: Wenn es helfen würde sich aufzuregen, dann würden wir uns aufregen. Und bekanntlich hat sich so noch nie ein Kind im Bauch gedreht. Also habe ich mir positive Kaiserschnitterlebnisse von unbekannten Bloggerinnen und lieben Freundinnen einverleibt und sehe nun auch ein paar Vorteile. In der Corona-Zeit sowieso. Dann bleibt nämlich ganz entspannt Zeit für einen ordentlichen PCR-Test am Vorabend und mein Mann kann während der Operation bei mir sein.
Ach und dann habe ich euch ja noch gar nicht erzählt, welches Geschlecht wir erwarten. Wir haben durch den Harmony-Test in der 13. Woche schon sehr früh erfahren: Wir bekommen einen Sohn!
Und nun Achtung: Hier kommt die Stereotyp-Passage! War ich am Anfang total euphorisch, dass ich eine richtige „Fußball-Mom“ mit dem kleinen Racker werde und jeden Sonntagabend 11 verschwitzte Trikots in die Waschmaschine schmeiße, so habe ich jetzt manchmal Zweifel. Jungs sind doch nicht so gefühlsdusselig wie Mädchen, oder? Wenn meine Schwester und ich also jedes Jahr an Weihnachten Gedichte aufsagten, Flöte vorspielten und Lieder singen wollten, würden sich Jungs mit Sicherheit nicht so hingebungsvoll um ein Rahmenprogramm kümmern. War es mir immer wichtig, meiner Mama mit Karten oder Briefen zu sagen, wie lieb ich sie habe, lacht mein Mann über diese Art von Liebesbekundung. Eine Mutter würde doch auch ohne niedergeschriebene Zeile wissen, dass das Kind sie liebe. Achja? Da gehen unsere Meinungen aber ganz schön auseinander.
Ich habe mit meiner Mama ab einem bestimmten Alter nicht nur den Kleiderschrank geteilt, sondern auch wahnsinnig viele Tränen gemeinsam vergossen. Natürlich nicht nur aus Trauer, sondern überwiegend Glückstränen. Naja, außer bei Walt Disneys Arielle. Kennt ihr diese unfassbar traurige Abschiedsszene von ihrem Vater Neptun? Da haben meine Schwester, meine Mama und ich gemeinsam Rotz und Wasser geheult. Ich merke, ich schweife ab…
Eigentlich scheitere ich schon bei mir an Zöpfen und Schminkskills und bin froh, dass ich noch Zeit habe, bis ich eventuell irgendwann einmal meiner Tochter die Fingernägel lackieren muss. Aber kuscheln Jungs auch noch mit 12 Jahren mit ihrer Mutter so wie ich es getan habe? Vermutlich nicht. Werde ich mich daran gewöhnen? Vermutlich schon.
Ganz anders hat mein Mann die Reaktion auf unseren Sohn aufgenommen. Ja, das Geschlecht wäre ihm wirklich völlig egal. Das beteuert er seit unserem positiven Test fast täglich. Doch bei der Verkündung reißt er dann doch die Arme jubelnd in die Luft und berichtet jedem (wirklich jedem!) davon, dass er einen Sohn (!) bekommen wird. Und eventuell ist in diesem Zusammenhang auch das Wort „Bullenhoden“ gefallen.
Ja, ich habe euch gewarnt: Dieses Tagebuch wird emotionale Ausdrücke beinhalten.
All seine männlichen Freunde gratulieren ihm zu diesem „irren Erfolg“ und ich sehe immer dieses Glitzern in seinen Augen, wenn er stolz sagt, dass er einen Jungen gezeugt hat.
Und damit wollte ich die Stereotyp-Schublade eigentlich schließen. Immerhin haben wir uns fest vorgenommen, dass wir in einem Fall nicht jedes Klischee bedienen – und zwar bei der Farbwahl von allen neu erworbenen Teilen. Unser Kinderzimmer soll auf keinen Fall blau erstrahlen und auch sonst möchten wir Kinderwagen, Autositz, Strampler und Co. in nahezu allen Nuancen der Farbpalette haben. Denn ausschließlich rosa bei Mädchen und blau bei Jungs nervt uns irgendwie ein bisschen.
Und die Realität? Es scheint, unser Motto laute „Fifty Shades of Blue“. Es ist mir selbst fast peinlich…
In diesem Sinne verabschiede ich mich für heute. Ich glaube, ich kaufe noch ein grünes Spucktuch. Einfach fürs Gefühl. :)
Liebe Grüße
Maike