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Tagebücher aus der Schwangerschaft von Marina

Eine neue wunderbare, aufregende und vielleicht auch lang erwartete Lebenszeit beginnt. Für unsere Tagebücher-Blogs haben wir immer 3-4 schwangere Frauen in unterschiedlicher Schwangerschaftsphase, die in freudiger Erwartung über jede Woche dieser spannenden Zeit schreiben, uns und die vielen tausend Follower:innen daran teilhaben lassen und damit unvergessliche Momente schaffen.

26. Schwangerschaftswoche

Zeit zum Entspannen

Erstes Gespräch mit meiner Doula und weitere Formen der Geburtsvorbereitung

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Mein Tagebuch, das sich bisher mehr oder weniger mit der Auslegung meiner Gedankengänge beschäftigte, tendiert momentan dazu, auf die reine Berichtsform auszuweichen. Es passiert sehr viel in der letzten Zeit. Verschiedene Dinge und Aktivitäten kommen sehr plötzlich auf mich zu, und ich habe keine Zeit und Lust, darüber zu reflektieren. Ich nehme an, dass diese extreme Faulheit auch nur temporär durch die Schwangerschaft verursacht wird. Ganz spontan habe ich meinen zweiwöchigen Urlaub bekommen – dank meiner Chefin, die jetzt auch im Urlaub ist. Also habe ich sehr unerwartet sehr viel Freiraum für jegliche Terminvereinbarungen bekommen, vom Arzt bis zum Berater beim Jugendamt. Ich kann in den Schwimmkurs für Schwangere nächste Woche reinschnuppern oder beim Kaffetrinken im Geburtshaus vorbeikommen, was ich am vergangenen Dienstag auch tat.

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Wer sucht, der findet. Und, wie letzte Woche und auch wieder am Montag habe ich einen anderen unerwarteten Anruf – von einer russischsprachigen Hebamme – bekommen, die ich schon vor langem kennen gelernt habe. Damals klagte sie, dass es wohl in diesem Sommer für sie unmöglich sein wird, einen russischsprachigen Geburtsvorbereitungskurs anzubieten – die Nachfrage war einfach nicht da. Wir haben noch zusammen überlegt, wie wir ein bisschen Werbung dafür machen könnten, aber ich musste die Suche nach schwangeren Russinnen aus Zeitmangel aufgeben. Und jetzt rief sie mich an, um mich zu einem siebenwöchigen Kurs, der am gleichen Tag begann, spontan einzuladen. Dieses Angebot passte mir an meinem ersten Urlaubstag ganz gut, und ich habe die ersten zwei Stunden bereits hinter mir. Es ist ein sehr kleiner Kurs und unsere Kursleiterin spricht einen prachtvollen Dialekt – ein Patchwork aus Aussiedlerrussisch und Deutsch, der von Linguisten noch unbedingt untersucht werden muss. In unserer Gruppe habe ich den kleinsten Bauch, also habe ich mich noch rechtzeitig um die Kurssuche gekümmert. Der andere Kurs, zu dem ich mich im Herbst angemeldet habe und den ich jetzt absagen musste, wäre erst nach meinem Geburtstermin beendet gewesen. Aber jetzt habe ich meinen Wunschkurs, sogar in meiner leicht verzerrten Muttersprache, nur zwei Bahnstationen von meinem Zuhause.

Wie sprachen über Vermerke im Mutterpass und machten Atem- und Entspannungsübungen. Ein Mann war auch dabei – er begründete seine Anwesenheit im Kurs damit, dass er die Richtigkeit der Ausführung der Übungen bei seiner Frau kontrollieren wollte. Als es zum etwas verführerisch aussehenden Bauchtanz kam, habe ich lachend vorgeschlagen, dass er nicht nur als reiner Beobachter da steht, sondern auch mitmacht. Ich habe wohl seine Männlichkeit dabei verletzt, da er schnell rausgegangen ist. Die Kursleiterin musste ihn später bittend zurückholen, als es zu schwierigen Atemübungen kam. Ansonsten herrschte dort eine ganz entspannte Atmosphäre und wir alle haben uns ziemlich schnell angefreundet. Alle Frauen im Kurs sind verheiratet und alle wurden später mit Autos von ihren Partnern abgeholt. Aber als ich im Regen zur Straßenbahnhaltestelle ging, dachte ich an meine persönliche Freiheit, die in diesem bestimmten Fall als Kompensation für die Absenz angesehen werden kann.

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Die Doula war am Freitag da. Eine Liebe auf den ersten Blick kann man es ruhig nennen, und das auf keinen Fall, weil man einem geschenkten Gaul nicht ins Maul schaut. Meine Geburtsbegleiterin – und ich darf sie jetzt „meine“ nennen, weil ich auch ihre Sympathie gewonnen habe, wie sie mir offen sagte – ist zehn Jahre älter als ich, allein erziehend, attraktiv, kompetent, erfahren und weise. Ich bin davon überzeugt, dass sie ihren Beruf als Berufung empfindet, und dass es der Hauptgrund ihres sofortigen Erfolges sowohl bei mir als auch bei anderen Kundinnen ist. Es ging beim Gespräch um mein gesundheitliches Problem, das gegen eine natürliche Entbindung spricht, um die ersten Anschaffungen, das Verhalten bei Wehen, ihre bisherigen Geburtserfahrungen und um vieles mehr. Egal, was die Doula mit ihrer Begeisterung erzählte – auch wenn es um Schmerzen ging – klang wie etwas Positives. Ich schaute in ihre strahlenden Augen und dachte, dass ich sie sehr gern bei der Geburt meiner Tochter dabei haben würde.

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Ich habe mit einer von unseren gemeinsamen Bekannten zu Mittag gegessen. Sie hat Kontakt zum Vater meines Kindes und zu mir, aber versucht, ihre Neutralität zu bewahren. Diese gemeinsame Freundin kennt die Situation nur „von außen“ und meinte es natürlich nur gut. Sie sprach von ihrer eigenen kaputten Beziehung, die nur noch wegen dem Kind einigermaßen funktioniert, von Männern, die schwangere Frauen heiraten, obwohl die Chemie eigentlich nicht stimmt, also von Männern, die zu den Opfern ihrer eigenen Vorstellung von Ehre und Moral werden. Darunter leiden nicht nur die Verheirateten selbst, sondern auch ihre Kinder. Also wäre es wohl das Beste für uns alle, getrennt zu bleiben, und ich soll ihn als Vater akzeptieren und ihm jegliche Rechte einräumen. Sie dachte, dass der Wunsch nach Heirat und fester Bindung in meiner Kultur tief verankert ist. Ich musste sie enttäuschen. Es ging mir nie ums Heiraten. Es war lediglich die tiefe geistige Bindung und das Vertrauen, die ich mir wünschte und die er mir gern bewusst auf Dauer zugesprochen hatte, um später das alles abrupt zu beenden – gerade dann, als ich angefangen hatte, daran wirklich zu glauben. Es ist möglich, einen Mensch zu töten, ohne ihn dabei physisch anzugreifen. Und es geht hier nicht um einen einmaligen Ausrutscher, sondern um sein konsequentes Verhalten seit er Kenntnis über meine Schwangerschaft hat. Was ich bis vor kurzem auf Dauer gespürt habe, war psychischer Druck und Verachtung, wenn nicht gar Hass, mir gegenüber. Die Durchsetzung seiner Interessen, und nicht der des Kindes, stand im Vordergrund. Vaterrechte sollen nicht zum Instrument der Machtausübung werden.




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Kommentare von Lesern:

Gast:24.08.2010 02:16

Liebe Marina,
es ist von Mal zu Mal deutlicher zu spüren,wie Du in Deine bevorstehende Mutterrolle hinein wächst. Ich stelle es mir sehr schwer vor, sich allein auf ein Baby vorzubereiten und niemanden an der Seite zu haben, der das alles miterlebt. Aber ich bin überzeugt davon,dass Du das alles meistern kannst, denn Du bist nicht allein-Du bekommst bald eine kleine Tochter und die wird immer zu Dir halten und Dich lieben!
In diesem Sinne wünsche ich Euch Beiden alles alles Gute!

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Gast23.08.2010 22:34

Liebe Marina,

Wow, Du wirst so fantastisch vorbereitet sein: Du hast nicht umsonst geschrieben, dass wenn Du etwas unternimmst, dann willst Du es nicht weniger als perfekt können ))))

Das mit dem Ex ist nur eine Phase. Nach der Geburt schaffst Du es bestimmt, ihn gegenüber gleichgültig genug zu werden, um mit ihm ganz freundlich und emotionslos einen Arrangement zu finden. Jetzt kannst Du aber sich total erlauben, wütend zu sein. Dein Wut muss von alleine gehen, ohne unterdrücken.
Ich bin eine eher einfache Frau, aber ich halte diese ganze "tiefe geistige Bindung" für so ein bullshit, Pardon my french. Es ist normal und gesund, den Mann, den Du liebst, heiraten zu wollen, warum muss frau sich da so unaufgeklärt fühlen und rechtfertigen? Egal, ob mit einem Schein oder ohne, aber erst wenn ein Bund, eine Familie entsteht, fängt eine richtige persönliche Wachstum, weil erst dann das Egoismus endet! Aber, wie gesagt, nur mein humble opinion.
Warum bist Du ins Geburtshaus gegangen? In unserem gibt's kein Kaffee, nur Bio-Saft und Tee ))) Ich habe dort meine Nachsorgehebamme gefunden und das war genau wie Du beschreibst - Liebe auf den ersten Blick. Und jetzt, nach der Geburt, bin ich so froh, sie bei mir zu haben und einfach solche Person kennengelernt zu haben!
Einen schönen Urlaub und alles Gute!

Julia.

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Geburtsvorbereitungskurs, Doula, Vatersein