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Baby-Tagebücher von Tanja

Hautnah. Intensiv. Liebenswert. Folgt hier den Babytagebuch-Bloger:innen und erlebt regelmäßig, wenn frischgebackene Mütter und Väter ihr Leben mit euch teilen. Jede Woche lassen sie euch an ihrer neuen Lebenszeit mit Baby teilhaben und geben ganz persönliche Einblicke: Was hat der Sprössling diese Woche Tolles gelernt? Wie geht es den jungen Eltern mit dem kleinen Knirps? Welche Herausforderungen begegnen den Neu-Mamas und Neu-Papas mit ihrem Neugeborenen? In den Baby-Tagebüchern seid ihr live dabei, von ersten Arztbesuchen bis zu holprigen Gehversuchen. Ob liebenswert chaotisch oder rührend besinnlich: Immer erhaltet ihr einen unverfälschten, authentischen und persönlichen Einblick in das aufregende Leben einer Jungfamilie.

38. Woche

Eigentlich. 1 Woche vorher alles anders.

Wie ist es, wenn eine Woche vor der Entbindung, der Vater operiert werden muss und die zwei Kids mit mir "alleine" sind?


Eigentlich wollte ich vom Babybauch-Fotoshooting in China und meiner Geburtsvorbereitung mit einem Ultra-Marathon-Militärtyp-Buch schreiben, aber jetzt geht es darum, wie es sich anfühlt, die 38. SSW ohne Mann, Vater und Fels zu verbringen.

Eigentlich wollte ich die Woche richtig entspannt angehen.

Am Montag wollte ich zu meinem fast 10. „3-Kind-Mama-Talk“ gehen. Alle Mamas mit drei oder mehr Kindern frage ich gerade darüber aus, wie das mit 3 Kindern genau geht, wenn der Altersabstand der Kinder eigentlich mindestens eine Hand pro Kind verlangt, ich aber nur zwei habe.

Am Dienstag wollte ich eigentlich in die Druckerei. So aufregend. Im Rahmen eines Wohlstätigkeitsclubs haben wir ein Buch herausgebracht. In China, auf Chinesisch, Englisch und Deutsch. Mit vielen Events und unglaublich intensiven Erfahrungen.

So intensiv, dass es mein erstes und letztes Projekt dieser Art sein wird, aber wirklich bewegend. Und hier wäre jetzt der Final Countdown, weil der Probedruck letzte Woche eintraf und nun die Freigabe für die Verlagsdruckerei anstand, aber mein Team musste ohne mich in die Druckerei.

Am Mittwoch wollte ich eigentlich zu meinem Geburtstag einen Familientag machen. Die Große vom Kindergarten daheim lassen, mein Mann hatte sich Urlaub genommen und wir wollten unter uns bleiben:

Von den Kids durch die Gegend am Fluss und/oder den Spielplätzen führen und dort die Herbstsonne ins Gesicht strahlen lassen. Und unbedingt Schoko Brownies mit Schokoladenlawa, Schokosträußelchen, Smarties machen und das alles mit Schokoeis garnieren und mit Vollmilchschokolade.

Dazu kommt es aber heute nicht.

Am Donnerstag wollte ich eigentlich nach Wochen wieder zu einer beeindruckenden Freundin. Wir mussten unser Treffen mittlerweile seit drei Monaten wegen diverser Krankheiten verschieben. Sie ist Mama von drei Kindern, und ich wollte noch ein paar Fragen dazu stellen.

Der eigentliche Grund ist aber, dass sie Kindermodendesignerin ist (www.coco-ray.com alleine das Durchstöbern ihrer Kindheitsträume zaubert gute Laune) und weil sie eben eine ganz Liebe ist, schneidert sie mir Umstandsmode und vor allem richtig coole und angenehme Kleidung für das Stillen. Die taugt mir so, dass ich sie auch danach tragen will.

Die passende Kleidung gibt mir richtig Energie, deshalb ist es mir vor der Geburt noch so wichtig, aber zu dem Treffen konnte ich nicht.

Am Freitag und Wochenende mit Montag sollte eigentlich Ruhe einkehren, bis meine Eltern am Dienstag zu uns kommen. Ich wollte mich endlich wieder mit der deutschen Heimat verbinden. Was bedeutet hätte, in der Sonne, auf dem Roller und der Bank am Fluss oder beim Spaziergehen viele Nachrichten zu versenden.

Dabei an die vielen Lieben zu denken und vor allem vieles mit bzw. durch sie zu durchdenken und gedanklich zu strukturieren, bis das Neugeborene die Kontrolle übernimmt. Dieser Austausch fehlt mir gerade sehr.

Hier in China habe ich gefühlt zwei Leben. Jegliche Kommunikationsmöglichkeiten sind doppelt:

1 x das chinesische Umfeld, mit Kindergarten, medizinischen Anlaufstellen, Wohltätigkeitsvereinsarbeit und natürlich Bekannten plus Freunden und
1 x die deutsche Heimat, Familie, Freunde, Bekannte, Schreib- und Lektoratsgruppen.

Viel Terminiertes gewinnt dann in den Kommunikationsverläufen, immer die obersten Plätze, obwohl es die im Herzen jetzt halt so gar nicht mehr hat. Insofern hoffe ich noch, dass es wenigstens dazu noch kommt.

So mein Plan.

Und nun wie sich das Leben dafür interessierte.

Am Montag musste mein Mann wegen Blinddarm operiert werden.

Nicht wie ich einer privaten, internationalen Klinik, die über dem deutschen Standard ist. Nein, im Universitätskrankenhaus. Fachlich super, aber alles drum rum. Ein öffentliches chinesisches Krankenhaus ist schon allein wegen seiner Größe, aber vor allem wegen der Prozesse für Deutsche unvorstellbar.

Die Kompetenz ist enorm hoch und auch die Gerätschaften sind vergleichbar bzw. sind es oft deutsche Marken. Aber es gibt keine Krankenpflege, es gibt keine Nachsorge, wie wir sie kennen, und die Räumlichkeiten haben mich an Simbabwe erinnert. Er muss bis mindestens Donnerstag im Krankenhaus bleiben.

Am Dienstag musste ich deshalb allein zur letzten Untersuchung vor der Entbindung. Ich weiß von vielen Müttern, dass das für sie normal ist. Ich weiß von vielen, dass es gar nicht anders möglich ist. Und selbst in der eigenen Familie weiß ich von Müttern, die überzeugt sind, einen Mann, also nach meinem Verständnis den Vater, braucht es in der Schwangerschaft bei den gynäkologischen Untersuchungen nicht.

Ich verstehe es nicht. Ich brauche meinen Moderator für den Ultraschall. Ich sehe und verstehe nur Chinesisch. Freude und Aufregung über das Wunder in mir allein zu teilen ist das eine, aber das andere ist eben, dass ich dieses Schwarz-Weiß-Stummfilm-Fernsehen nicht verstehe. Charlie Chaplin zeigte wenigstens Humor und Szenen, aber beim Schwangerschaftsfilm ändert sich das Bild, klar ist mal ein Kochen zu sehen, aber ob das gerade Hirn, Bauch oder sonst was ist: keine Ahnung.

Ich könnte nach ein paar Sekunden wieder aufstehen, weil mich seit meinen Sternenkindern nur dafür interessiere, ob das Herzle schlägt, und das checken sie auf meinen Wunsch hin immer sofort (das erkenne selbst ich auf dem Bildschirm).

Mein Mann hatte die Ultraschallfilminterpretation schon seit der ersten Schwangerschaft voll drauf und hat sich immer wunderbar mit dem medizinischen Personal unterhalten. So macht selbst einer Person wie mir Sport anschauen Spaß.

Ich schaue maximal Basketball, weil da was vorangeht, dafür mache ich ansonsten lieber selbst Sport, als anderen dabei zuzuschauen. Aber wenn es richtig leidenschaftliche und gute Kommentierende gibt, dann taugt mir Darts, selbst Tour de France oder Fußball.

Und so geht es mir halt auch beim Ultraschall. Hier in China ist es ohnehin etwas anderes. Die Spezialistin für den Ultraschall ist nicht die Person, die ihn für mich interpretiert, d. h. selbst auf Chinesisch wäre nur bedingt Erklärung dabei und generell, wenn der Vater sein Kind moderiert, ists halt das Beste. Aber eine Woche vor Entbindung war ich allein.

Der einzige Plan, der die Woche aufging war am Dienstag. Das Gefühl für den Weltgedenktag. Wie geplant habe ich um 19:00 Uhr Kerzen für meine Sternenkinder angezündet, und es war eine ganz besondere Stimmung. Alles kann die Natur halt doch nicht kontrollieren. Am liebsten würde ich jetzt „Ätsch“ schreiben, aber ich mag es selbst gar nicht, solche Ausdrücke zu lesen.

Am Mittwoch, an meinem Geburtstag ging die Große in den Kindergarten, weil sie einen ganz besonderen Herbsttag im Freien geplant hatten, also einen Ausflug, auf den sie sich den ganzen Dienstag über vorbereitet hatten und sie sich freute. Meine Kleine durfte dann auch in ihre Musikgruppe und mit einer Freundin gehe ich zu einem Geburtstagsabendessen. Wobei ich noch überlege, weil ich eigentlich mit den Kids sein will, eigentlich aber mit ihnen bei meinem Mann. Hochschwanger will aber weder er noch das medizinische Personal, dass ich ins Krankenhaus komme. Mal sehen. Jedenfalls verlege ich meinen Geburtstag auf Samstag und aus der Schokoexplosion wird mein chinesisches Lieblingsgericht: Die Peking Ente.

Am Donnerstag wird mein Mann hoffentlich heimkommen.

Und ab Freitag lasse ich einfach das Leben planen.

Hier zu schreiben, tut mir richtig gut, dieses Alleinsein, aber vor allem die Angst:

ob bei meinem Mann die Genesung gut verläuft,
ob er nächste Woche in der Lage ist, das Neugeborene zu halten und vor allem,
ob sich unser Jüngstes überhaupt an den Kalender hält und bitte nicht in China, wenn mein Mann im Krankenhaus ist mit ihm früher Krankenhausluft schnuppern will,


Diese Ängste werden weniger bzw. lächle ich gerade beim Schreiben. An der Stelle muss ich an die wahnsinnig wundertolle Marion Glück mit ihrer Methode „Heilen durch Teilen und Genesen durch Lesen“ denken. Dank ihr bin ich überhaupt bei kidsgo.

Und da fällt mir noch etwas Normales, planmäßiges als Geburtsvorbereitung ein. Es war so gut, dass wir ein 4-Wochen-junges Baby besucht haben. Die Schwester von der Kindergartenfreundin unserer Tochter. Es war so gut zu sehen, wie miniklitzeklein diese Wunder auf die Welt kommen.

Vor zwei Jahren fand ich noch alle Neugeborenen groß. Selbst als ich das 2.500 Gramm Baby meiner besten Freundin direkt nach der Geburt im Krankenhaus besuchte. Ich hatte davor meine Sternenkinder zur Welt gebracht. Meine Tochter mit 250 Gramm und mein Sohn wog keine 200 Gramm. Äuglein, Näslein, Fingerchen, Fältchen, alles war schon vorhanden, nur die Haut war rot, daher war das meine Relation für Babys und ein Baby mit 2.500 Gramm, das auch noch schrie, erschien mir quickfidel und wunderbar.

Mit meinen zwei Töchtern an der Hand verschob sich die Relation wieder. Sie wogen beide um die 3.500 Gramm. Daher konnte ich der Bodygröße 50/56 wirklich nicht glauben, als wir sie für die Krankenhaustasche gepackt haben. Zur Sicherheit habe ich noch eine 62 dazu gepackt. Aber seit dem Besuch weiß ich, nein, sie sind wirklich zu klein, selbst Größe 50/56 schlackert.

Eigentlich.

Wir werden sehen. Für alle Fälle bleibe ich auf alles und alle Größen vorbereitet ;)

Sendet mir gerne weiterhin eure Fragen und Anregungen an tanja@sternenkinder.org

Seid ganz lieb gegrüßt aus Shenyang

Tanja



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Kommentare von Lesern:

Marion Glück16.10.2024 18:01

Liebe Tanja, wie aufregend. Nicht unbedingt das, was es kurz vor der Geburt braucht. Du machst das ganz toll und alles wird gut laufen. Davon bin ich überzeugt.
An dieser Stelle habe ich gelacht: "Ich brauche meinen Moderator für den Ultraschall. Ich sehe und verstehe nur Chinesisch. " Ist mega, wie ausgeprägt deine (medizinischen) Fremdsprachenkenntnisse bereits sind. ?
Ich drücke dir alle meine Daumen für die kommenden Tage. Bleib stark.

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Geburtsvorbereitung, Krankenhaustasche, Alleinsein, Alleine beim der Voruntersuchung