... und der Alltag wird bald wieder beginnen
Dienstag, morgens nach 10 Uhr
Unsere Große ist in der Kita. Ausnahmsweise habe ich sie heute zusammen mit Johann hingebracht. Jünger Kinder – im Grunde Johanns spätere Gruppe - wollten gerade in den Garten spielen gehen. Meine Güte! Was für ein Gewusel! Wie viele Kleidungsstücke bei den aktuellen Außentemperaturen angezogen werden müssen! Johann fühlte sich hier aber wie immer sehr wohl. Er kennt das Haus und den Garten durch seine Schwester schon gut. Während sie sich fertig macht, wuselt er meist zwischen den Schuhschränken herum und macht sich manchmal – leider zu meinem Leidwesen - selbst auf den Weg, krabbelt den Flur entlang bis er eine offene Tür zu einem Gruppenraum findet. Er weiß bereits, dass dort viele spannende Spielsachen auf ihn warten.
Vor einigen Wochen hat Johann seinen späteren Kontakterzieher kennenlernen dürfen. Seitdem wird er nun jedesmal mit einem „Hallo! Da kommt ja mein Kumpel Johann!“ begrüßt. Beim nachmittäglichen Laterne-Basteln der Großen hatte ich ihn in die Kita mitnehmen müssen. Die super tollen und sehr engagierten ErzieherInnen haben ihn gleich bei sich behalten. Er durfte zwischen den anderen Kindern herumwuseln. Spielen. Auf dem Schoß sitzen. Eine ganze Stunde war er weg. Meine Große war natürlich sehr glücklich, dass Mama für das Basteln ganz viel Zeit hatte. Nur für mich war es komisch. Ich hatte damit gerechnet, dass er weinen würde. Aber dafür ist er wohl zu neugierig, meinte anschließend sein zukünftiger Erzieher. Ich hoffe, dass das für die Eingewöhnung ein gutes Omen ist.
Das Thema „Fremdbetreuung“ wird immer wieder heiß und sehr emotional diskutiert. Es gibt ja im Grunde auch kein Richtig oder kein Falsch. Letztendlich muss es jede Familie selbst für sich entscheiden, ob und wann und wie sie die Kinder durch anderen Menschen betreuen lässt. Und nicht selten ist es auch eine Frage des Geldes und der Jobsituation, ob Mamas oder Papas länger zu Hause bleiben und/oder längere Zeit Teilzeit arbeiten können. Innerlich die Augen verdrehe ich aber immer wieder, wenn die Gesellschaft angeprangert wird. Sie sei ja an allem Schuld. Wie bitte? Sprechen wir hier von selbstverantwortlichen erwachsenen Menschen oder vom Kleinen trotzigen inneren Kind, das andere für seine „Unfreiheit“ verantwortlich macht?
Auch wenn für mich ganz klar ist, dass ich im Januar wieder arbeiten gehe - die Entscheidung bei mir früh gefallen ist - bin ich auch traurig. Natürlich! Das gehört dazu! Genau wie die Angst vor dem Orga-Stress. Der Angst vor den Kita-Krankheiten. Der Angst vor der wenigen Zeit für beide Kinder. Der Angst vor der wenigen Zeit für Beziehung und für die Erledigung des Alltags-Haushaltskram. Aber ich werde nach dem Abschiednehmen auch einiges dazugewinnen. Ich denke, wenn man mit offenen Händen durch das Leben geht, kann man zwar nicht alles festhalten, aber man kann Geschenke annehmen.
Auch Johann wird sicherlich nach der ersten harten Zeit und dem emotionalen Stress von der Kita-Betreuung profitieren. Er wird bestimmt auch bezüglich seiner Selbständigkeit und seiner allgemeinen Entwicklung dazugewinnen. So wie wir es bei unserer Tochter täglich miterleben, die auch mit 12 Monaten eingewöhnt wurde. Ich werde wieder mein eigenes Geld verdienen. Das ist auch ein wichtiger und guter Grund. Ich werde wieder am Berufsalltag teilhaben. Ich hoffe von Herzen, dass ich zum Sommer dann an eine Grundschule wechseln kann.
Ich habe in der letzten Woche endlich nach Schulen im Netz recherchiert, mit Behörden in Berlin und Brandenburg sowie mit der Gewerkschaft telefoniert. Immer dann, wenn Johann schlief oder sich gerade selbst in der Wohnung beschäftige. Ich habe sogar gutes Geld in sehr hübsche Bewerbungsfotos investiert. Ich frage mich aber manchmal, wie dieser riesige schwerfällige Verwaltungs-Beamten-Apparat überhaupt funktioniert. Nein, man wisse jetzt noch nicht, welche Schulen im kommenden Schuljahr Lehrer benötigen. Nein, man wisse jetzt noch nicht, wie schnell einem Umsetzungsantrag stattgegeben wird. Bitte? Ich verstehe nicht, warum nicht ehrlich gesagt werden kann, man wisse einfach noch nicht, wie sich die Haushaltslage entwickelt. Das ist doch der eigentliche Grund. Lehrer gesucht werden doch mehr als genug!
Noch eine kurze Episode am Schluss, denn für schöne und ausführliche Berichte habe ich diese Woche keine Zeit und Kraft. Jedoch vielen Dank für die lieben letzten Kommentare. Als ich am Wochenende meinen Lebenslauf aktualisierte, sagte ich zu meinem Mann frustriert, dass ich seit den Kindern kaum an nennenswerten Fort- und Weiterbildungen teilgenommen hätte. Ich hätte keine besonders tolle Leistung vollbracht. Darauf sah mich mein Mann mit großen Augen an und erwiderte, meine tollen nennenswerten Leistungen würden gerade hinten in ihren Betten liegen und tief schlafen. Ach so, klar! Die eigenen Kinder zu erziehen ist ja wirklich eine tolle Leistung, auf die ich stolz sein sollte.
Schöne Woche euch! Antje
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