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Tagebücher aus der Schwangerschaft von Lina

Eine neue wunderbare, aufregende und vielleicht auch lang erwartete Lebenszeit beginnt. Für unsere Tagebücher-Blogs haben wir immer 3-4 schwangere Frauen in unterschiedlicher Schwangerschaftsphase, die in freudiger Erwartung über jede Woche dieser spannenden Zeit schreiben, uns und die vielen tausend Follower:innen daran teilhaben lassen und damit unvergessliche Momente schaffen.

Geburt

Dieser Weg wird kein leichter sein!

Dieser Weg wird steinig und schwer! Ähnlich wie der Weg zur Schwangerschaft war auch der Geburtsweg wahrlich nicht einfach.

Hallo ihr Lieben!

Erstmal danke an Pia für den Tipp zur Einleitung. Gebraucht habe ich ihn allerdings nicht mehr, wie du diesem Eintrag entnehmen kannst. Und danke an Brygida und das kidsgo Team für die Glückwünsche zur Geburt.

Den Bericht zur Geburt habe ich tatsächlich schon länger mehr oder weniger fertig in meinem Kopf. Zum Schreiben zu kommen ist mit Baby nur nicht mehr ganz so einfach. Ständig ging mir, vor allem in der ersten Woche danach, die Geburt durch den Kopf, stets begleitet von vielen Tränen. Dabei habe ich ganz unbewusst quasi schon einen Bericht erstellt. Bereits unter der Geburt habe ich immer mal wieder meinen Mann nach der Uhrzeit gefragt, weil ich unbedingt auch hinterher noch wissen wollte wann was passiert ist. Das immer wieder durch den Kopf gehen lassen des Erlebten sowie jetzt das Aufschreiben hilft mir bei der Verarbeitung. Entschuldigt daher bitte die Länge des Berichts.

Montag 7.9. 16:00 Mein Frauenarzttermin steht an. Im CTG zeigt sieht man deutliche aber unregelmäßige Wehentätigkeit. Diese spüre ich auch, aber nicht schmerzhaft. Im Ultraschall zeigt sich die Maus weiterhin bestens versorgt, sie wird auf 3700-3800 g geschätzt. Der Gebärmutterhals ist noch bei 3,5 cm und der Muttermund allenfalls minimal geöffnet. Mein Frauenarzt ist aber zuversichtlich, dass wir uns das letzte Mal vor Geburt sehen und traut sich sogar einen Tipp abzugeben, dass die Maus morgen kommen wird. Er rät mir zu einem großen Spaziergang.

Montag 7.9. 19:00 Mein Mann und ich gehen eine ausgedehnte Runde spazieren. 2x muss ich aufgrund der Wehen stehenbleiben. Ernstzunehmende Schmerzen verspüre ich nicht. Ich bin positiv aufgeregt und freue mich, dass die Maus nun sehr bald kommen wird.

Dienstag 8.9. 00:00 Es geht los mit häufigeren und deutlich heftigeren Wehen. Ich schaue gerade den letzten Harry Potter Teil und mein Mann liegt bereits seit 2h im Bett. Ich öffne den Wehenzähler meiner Schwangerschaftsapp - Wehen kommen alle 5-7 Minuten, dauern ca. 50-60 Sekunden.

Dienstag 8.9. 04:20 Die Wehen wurden im Verlauf der letzten Stunden immer häufiger und regelmäßiger, aber auch deutlich heftiger. Das Veratmen fällt mir nicht mehr ganz so leicht. Die Zeit habe ich größtenteils mit meinen Meditationen, Affirmationen und Mantras verbracht. Seit ca. 1,5 h kommen die Wehen schon im 3-5 Minutentakt. Auf der Toilette bemerke ich rosafarbenen Schleim. Ich beschließe, dass wir nun doch mal ins Krankenhaus sollten und wecke meinen Mann. Wir packen gemeinsam die Kliniktasche fertig (zum Glück habe ich Klebezettel dran gemacht mit allem was noch fehlt), ich ziehe mich an und putze meine Zähne. All das wird von den häufigen und heftigen Wehen unterbrochen.

Dienstag 8.9. 05:15 Wir sind im Kreißsaal angekommen. Auf der 20-minütigen Fahrt in die Klinik waren die Wehen deutlich seltener. Der Weg vom Parkplatz bis in die Notaufnahme dauerte dafür ewig. Ständig hatte ich Wehen und musste mich während dieser bei meinem Mann einhalten. Im Kreißsaal wird uns ein Raum zugewiesen und wir dürfen sofort beide unsere Masken abnehmen.

Dienstag 8.9. 07:00 Ein sehr langes CTG, das auf meinen Wunsch im Stehen geschrieben wurde, und eine vaginale Untersuchung später werden wir erstmal Spazieren geschickt. Die Wehen sind zwar regelmäßig und heftig zu sehen, sie sind aber in der Dauer eher kurz und scheinen bisher nicht wirklich muttermundswirksam. Dieser ist nämlich bei nur 1 cm und der Gebärmutterhals noch fest und lang.

Dienstag 8.9. 08:20 Wir waren “Spazieren” - in einem Schneckentempo haben wir einmal die Klinik umrundet, alle paar Meter musste ich stehen bleiben und mich auf meine Atmung konzentrieren während ich mich an den Schultern meines Mannes einhielt. Wieder im Kreißsaal war inzwischen bei den Hebammen Schichtwechsel. Eine sehr nette ältere Hebamme hat nun Dienst und zeigt mir wie ich mit Tönen besser mit den weiterhin heftigen Wehen umgehen kann. Sie überredet mich außerdem zu einem Buscopan-Zäpfchen. Eine neuerliche Untersuchung zeigt einen Muttermund von 2 cm und einen Gebärmutterhals der sich wohl etwas verkürzt hat. Im Ultraschall vom diensthabenden Oberarzt wird die Maus auf 4100-4200 g geschätzt. Sie hat sich noch nicht fest ins Becken gesenkt. Ursache könnte wohl ein Zuviel an Fruchtwasser sein.

Dienstag 8.9. 12:00 Mehr oder weniger unveränderter Befund am Muttermund. Die Wehen sind nun etwas seltener und unregelmäßiger. Zumindest konnte ich in den letzten Stunden ab und zu mit den Meditationen in meinem Ohr dösen. Wir werden auf die Station geschickt, wo man wohl ein Zimmer für uns habe und ich solle doch dort Mittagessen.

Dienstag 8.9. 14:00 Ziemlich erschöpft (zumindest ich) sind wir wieder im Kreißsaal angekommen. Das Essen hat nur mäßig geklappt da jeder Bissen, wie auch fast jede Bewegung, heftigste Wehen auslöst. Trotzdem waren wir auch noch ein paar Schritte spazieren. In dieser Mittagspause außerhalb des Kreißsaal hat sich nun aber was getan. Der Gebärmutterhals hat sich verkürzt und der Muttermund sich auf ca. 3 cm geöffnet. Die Hebamme schlägt erstmals eine PDA vor. Ich möchte aber nicht, ich bin voller Ehrgeiz die Geburt alleine zu schaffen. Wir einigen uns auf Badewanne und nochmal ein Buscopan-Zäpfchen.

Dienstag 8.9. 18:00 Mittlerweile bin ich fix und fertig. Seit nun 18 Stunden habe ich Wehen und ich habe das Gefühl langsam nicht mehr zu können. Die Hebamme macht mir aber Mut. Der Muttermund sei nun bei 5 cm und der Gebärmutterhals zunehmend verstrichen. Sie schlägt nochmal die PDA und dann ggf. eine Eröffnung der Fruchtblase vor, damit die kleine Große Maus ins Becken rutscht und die Geburt vorangeht. Ich stimme zu.

Dienstag 8.9. 20:30 Endlich sitzt die PDA. Aufgrund von Notfall-OPs und dann dem Fehlen einer Schwester die assistieren kann, musste ich lange warten. Das Legen des Periduralkatheters habe ich im Vergleich zu den Wehen kaum bemerkt. Am Meisten hat mich noch das viele Licht im Kreißsaalzimmer gestört, weshalb ich die Augen geschlossen hielt. Mein Mann hat mir hinterher erzählt, dass das auch besser so war. Der Anästhesist war ein ziemlicher Chaot und er und die Schwester haben wohl ständig sterile Sachen runtergeschmissen (die sie natürlich nicht mehr benutzt haben).

Dienstag 8.9. 21:30 Die PDA wirkt super. Die Wehen bemerkte ich quasi nicht mehr und auch die vaginalen Untersuchungen sind nicht mehr sonderlich unangenehm. Zwischenzeitlich habe ich Nebenwirkungen im Sinne von aufsteigendem Hautkribbeln bemerkt und Angst bekommen. Scheinbar war es aber nur Juckreiz als Nebenwirkung eines der Narkosemittel. Die diensthabende Hebamme entscheidet bei einem Muttermundbefund von 7-8 cm ein manuelles Öffnen der Fruchtblase, damit sich die Kleine endlich ordentlich ins Becken senkt. Das Eröffnen ist für mich absolut schmerzfrei - das Fruchtwasser ist etwas grün. Die Oberärztin, die ebenfalls kurz Hallo sagt, beschließt zusätzlich einen Wehentropf, damit die Geburt voran geht.

Mittwoch 9.9. 00:45 “Jetzt kommt das Kind tatsächlich am 9.9., das Datum hast du dir doch neulich noch gewünscht.”, sage ich zu meinem Mann. Plötzlich habe ich wieder starke Schmerzen bei jeder Wehe und muss heftig tönen und atmen. Der Muttermund ist nun fast vollständig geöffnet, das Gewebe wohl noch eher hart. Meine Temperatur ist bei 37,6°C, die Hebamme findet das bedenklich. Ich trinke viel und bekomme viel Flüssigkeit über die Vene.

Mittwoch 9.9. 03:00 Wir wurden in den letzten Stunden viel alleine gelassen da die Hebammen mit Geburten in den Nachbar-Kreißsälen beschäftigt waren. Mein Mann übernimmt den Hebammenjob und gibt mir neue Vorlagen wenn ich danach verlange und er versorgt mich auch mit Wasser. Meine Wehen sind weiterhin heftig und sehr unangenehm. Extra-Boli bei der PDA helfen dagegen nicht. Zwischenzeitlich verspüre ich Pressdrang. Bei Pressversuchen im Rahmen der Untersuchungen zeigt sich jedoch das Köpfchen des Babys weiterhin sehr beweglich. Es hat sich also nach wie vor nicht ordentlich ins Becken gesenkt. Die Berührung ihres Köpfchen mag die Maus gar nicht, sie protestiert heftig, was wiederum heftige Wehenstürme auslöst. Immer wieder weine ich vor Schmerzen und Erschöpfung. Meine Körpertemperatur ist auf 38°C angestiegen und ich habe Schüttelfrost. Aufgrund der Schmerzen frage ich nach einer anderen Position. Im Vierfüßlerstand und auf meinen Knien habe ich keine Schmerzen mehr, das blöde CTG misst nur nicht richtig. Immer wieder soll ich mich in Linksseitenlage begeben.

Mittwoch 9.9. 04:30 Langsam fühle ich mich wieder richtig erschöpft. Im Liegen in der Linksseitenlage habe ich weiterhin ziemliche Schmerzen. In aufrechteren Positionen ermüde ich jedoch zusehends. Der Schüttelfrost hält auch weiterhin an und die Temperatur ist bei 38,5°C. Erneute Untersuchungen. Man hält Rücksprache mit der Oberärztin. Die Aussage lautet: Wenn sich in der nächsten halben Stunde nichts tut wird ein Kaiserschnitt gemacht bei Verdacht auf Amnioninfektionssyndrom. Ich erhalte außerdem ein Antibiotikum. Der Befund ist seit einiger Zeit unverändert. Muttermund vollständig eröffnet, mittlerweile auch alles weich, Köpfchen aber immer noch beweglich. Ich frage nach einer anderen Position, außer Linksseitenlage, die die Geburt voranbringen könnte. Ich darf wieder in eine kniende Position mit einem Bein aufgestellt. Als alle aus dem Zimmer sind, breche ich in Tränen aus. “Jetzt wird das nach all diesen Stunden auch noch ein Kaiserschnitt” sage ich weinend zu meinem Mann.

Mittwoch 9.9. 05:20 An mir wurde und wird herumgezerrt und gemacht. Alle wollen was von mir. Eine Unterschrift, T-Shirt aus, Thrombosestrümpfe an, meinen Arm für die Blutdruckmanschette, Maske auf, Sauerstoffclip ans Ohr. Die PDA wird aufgespritzt. Von der Kreißsaalliege auf das Bett klettern. “Können Sie ihre Beine noch spüren?” Nun wieder auf den OP-Tisch klettern - ohne Beine etwas schwierig. Nun bitte noch die Position verändern. Wie denn bitte, wenn meine Beine nicht mehr funktionieren und man schon beide Arme festgemacht hat? Wild wird in meinem Intimbereich und an meinem Bauch herumgerührt und gerüttelt. Desinfektion und das Legen des Blasenkatheters. Gleich wird man schneiden, informiert man mich. Ich bitte den chaotischen Anästhesisten von vorhin, mich über die Vorgänge auf der anderen OP-Tuch-Seite auf dem laufenden zu halten. Er ist erstaunt über meinen Wunsch. Man fragt mich immer wieder wie es mir geht. Ich antworte, überfordert mit der Situation zu sein. Das bin ich auch, aber irgendwie ist mir auch alles egal und ich will nur noch, dass die Maus kommt. Eine Hand berührt liebevoll meine Schulter, ich erschrecke. Erst da bemerke ich, das mein Mann schräg hinter mir sitzt - zum Glück ist er da!

Die halbe Stunde, die man uns gegeben hatte, hat trotz veränderter Position und fleißigem Beckenkreisen keine Befundänderung gebracht, also gibt es nun gleich den Kaiserschnitt. Da ich in dieser Zeit absolut schmerzfrei war, war ich mir auch sicher, dass es so sein würde. Zumindest konnte ich die Zeit nutzen mit der Entscheidung ein wenig meinen Frieden zu schließen. Es liegt nicht in meiner Hand und ich habe auch nicht das Gefühl versagt zu haben, aber ich bin trotzdem sehr traurig, dass es nun so kommt.

Mittwoch 9.9. 05:32 Es ist ein Mädchen! Die Maus schreit lauthals. Ich heule und schluchze laut und heftig und kann gar nicht mehr damit aufhören. Der ganze Kreißsaal ist sichtlich gerührt. Man legt mir den kleinen Schreihals unmittelbar auf die Brust, direkt unter mein Kinn. Ein Arm wird befreit, damit ich sie halten kann. Mein Mann darf ihren Hintern stützen damit sie nicht fallen kann. Überwältigende Augenblicke - die bis dahin schönsten in meinem Leben!



Von der Zeit im Krankenhaus nach der Geburt und wie wir uns zu Hause eingelebt habe möchte ich euch in meinem Nachbericht erzählen.

Bis dahin alles Liebe,
Eure Lina

Foto: Privat

 



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Kommentare von Lesern:

Ina07.10.2020 11:23

Alles Gute wünsche ich Euch noch zur Geburt Eurer Tochter. Genießt die tolle Kennenlernzeit und diese neue kleine Liebe.

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Silke, Braunschweig30.09.2020 11:45

Liebe Lina!
Meine herzlichsten Glückwünsche und Gratulation zur Geburt eures großen und kleinen Wunders! Mir kamen auch gerade die Tränen beim Lesen und die Erinnerung an Annas Geburt, die sich ähnlich lange zog. Das Aufschreiben half auch mir.
Die kleinen Wesen entschädigen es glücklicherweise.
Weiter eine schöne Kennenlernzeit und nicht verrückt machen lassen. Die Kleine hat jetzt erst einmal das Sagen mit all ihren Bedürfnissen. Deine sind aber genauso wichtig und ich hoffe, es gibt genügend hilfreiche Hände, die mal den Kinderwagen schieben und dich schlafen lassen... Alles Gute euch!

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